Sympathikusblockade

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Sympathikusblockade werden künstliche Unterbrechungen bestimmter Nervenäste des vegetativen sympathischen Nervensystems in bestimmten Körperregionen bezeichnet.

Die meist irreversiblen Unterbrechungen oder Durchtrennungen der sympathischen Nerven werden durch endoskopische Eingriffe auf mechanischem Wege erreicht oder durch lokale Einbringung chemischer Substanzen in eine Vene, die nahe des zu verödenden Nervs verläuft. Die Eingriffe werden zur Therapierung chronischer Schmerzen und zur Eindämmung einer krankhaft gesteigerten Schweißabsonderung (Hyperhidrose) durchgeführt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Sympathikusblockade?

Als Sympathikusblockade werden künstliche Unterbrechungen bestimmter Nervenäste des vegetativen sympathischen Nervensystems in bestimmten Körperregionen bezeichnet.

Das vegetative Nervensystem, auch autonomes Nervensystem genannt, steuert unbewusst eine Vielzahl von Körperfunktionen, von denen nur einige wenige auch bewusst beeinflusst werden können wie beispielsweise die Atmung. Zum vegetativen Nervensystem werden das sympathische und das parasympathische Nervensystem gezählt, die meist antagonistisch zueinander wirken.

Als dritte Komponente wird auch das enterische Nervensystem (ENS), das Eingeweide- oder Darmnervensystem, dem autonomen Nervensystem zugerechnet. Das aktivierte sympathische Nervensystem setzt den Körper unter Stress und steuert Körperfunktionen so, dass kurzzeitig muskuläre und energetische Höchstleistungen für Flucht oder Angriff geleistet werden können. Das parasympathische Nervensystem fungiert meist als Gegenspieler des Sympathikus und steht für Erholung, Wachstum und innere Stabilisierung. Das sympathische System steuert nicht nur Körperfunktionen, sondern auch Empfindungen, die bewusst wahrgenommen werden wie Schmerz und viele andere.

Sympathikusblockaden sind - anders als der Begriff vermuten lässt – in der Regel nicht natürlichen Ursprungs, sondern werden willentlich durch einen operativen Eingriff herbeigeführt. Sympathikusblockaden werden an bestimmten Ästen des sympathischen Nervensystems durchgeführt, um offensichtliche Fehlfunktionen, deren Symptome anders nicht therapierbar sind, regelrecht auszuschalten. Eine Sympathikusblockade kann entweder mechanisch mittels endoskopischem Eingriff erreicht werden oder durch ein Mittel, das intravenös an der Stelle verabreicht wird, in deren unmittelbarer Nähe der sympathische Nervenast verläuft. Die meisten Verfahren sind reversibel, sofern der Nerv nicht vollständig durchtrennt wurde.

Funktion, Wirkung & Ziele

Die wichtigsten Anwendungsgebiete für die Durchführung einer Sympathikusblockade sind primäre Hyperhidrosen, übermäßige und unkontrollierbare Schweißabsonderungen an eingegrenzten Körperregionen und bestimmte chronische Schmerzzustände.

Schweißbildung am Körper wird sympathisch gesteuert und dient normalerweise der Regelung der Körpertemperatur. Mit gesteigerter Schweißabsonderung an nahezu der gesamten Körperoberfläche wird der Kühleffekt der Verdunstungskälte genutzt und ist ein effektives Mittel, um bei starker körperlicher Betätigung und/oder hohen Außentemperaturen den Körper herunter zu kühlen. Die Schweißabsonderung an bestimmten Regionen des Körpers wie in den Achselhöhlen, an der Stirn und im Intimbereich dient allerdings auch der Kommunikation, der Mitteilung über bestehende Gefühlsregungen wie Angst, Aggression Wut oder auch über den sexuellen Status. Die Geruchsstoffe, die in diesen Fällen im Schweiß enthalten sind, werden zum großen Teil unbewusst aufgenommen und direkt im Stammhirn verarbeitet.

Insofern erscheint es logisch, dass Schweißabsonderungen in den Achselhöhlen oder auf der Stirn Folge eines erhöhten Stresslevels sein kann und nicht mit der Schweißabsonderung am gesamten Körper zu Kühlungszwecken gekoppelt sein muss. Bei manchen Menschen kommt es zu einer krankhaft verstärkten und für die Betroffenen sehr unangenehmen Schweißbildung in den Achselhöhlen und zum Teil auch an anderen Körperregionen. Die verstärkte Schweißbildung ist häufig mit einem Erröten im Gesicht gekoppelt. Falls konservative Therapien und die Symptombekämpfung mit Deodorants oder Pudern keinen Erfolg zeigen, bleibt als wirksame Therapie meist nur noch eine Blockade der sympathischen Nerven übrig, die eine übermäßige Schweißbildung an den fraglichen Körperregionen verursachen.

Meist handelt es sich um sympathische Nerven im Brustbereich, wenn Kopf und Hände und mit leichten Abstichen auch die Achselhöhlen betroffen sind. Sympathische Nerven im Lumbalbereich müssen blockiert werden, wenn die Füße und der Intimbereich betroffen sind. Zur Anwendung kommen meist minimalinvasive Operationsverfahren zur Blockierung der sympathischen Nerven. Die Blockierung selbst kann durch ein Verschmoren, eine Durchtrennung oder durch ein regelrechtes Abklemmen mittels eines Titanclips erfolgen. Das Abklemmen mittels Titanclip ist in der Regel reversibel. Das zweite Anwendungsgebiet der Sympathikusblockade ist die Behandlung chronischer Schmerzen, von denen über Differenzialdiagnosen sichergestellt sein muss, dass sie von sympathischen Nerven verursacht werden.

Häufig handelt es sich um neuropathische Schmerzen als „Überbleibsel“ einer ernsthaften Vorerkrankung wie beispielsweise eines Herpes Zoster (Gürtelrose). Als Therapie kommt eine Sympathikusblockade erst dann zur Anwendung, wenn konservative Therapien nicht zu einer nachhaltigen Schmerzlinderung führen. Als Verfahren wird meist eine Blockierung des Sympathikusnervs durch chemische Wirkstoffe gewählt. Die Wirkstoffe werden in eine Vene injiziert, die nahe des fraglichen Nervenabschnitts verläuft. Die Vene wird während des Verfahrens für etwa 20 Minuten vor und hinter der Injektionsstelle abgebunden, damit der Wirkstoff von der Vene nicht weitertransportiert wird bevor er am Sympathikus Wirkung zeigt.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Die operativen minimalintensiven Verfahren, die eine Blockade bestimmter Nervenabschnitte zum Ziel haben, sind sehr gut entwickelt und die üblichen Risiken, die auch für andere minimalinvasive Eingriffe gelten, sind auch bei Sympathikusblockaden nicht höher. Allerdings erfordern die Eingriffe große Sorgfalt, weil grundsätzlich die Gefahr besteht, andere Nerven oder Gefäße zu verletzen mit teilweise gravierenden Folgen im Einzelfall.

Beispielsweise kann es im Fall einer Blockade des Sympathikus im Brustbereich (transthorakale Sympathektomie) bei Verletzung des Ganglion stellatum zu einer einseitigen Störung der Gesichtsmimik mit hängendem Augenlid kommen (Horner-Syndrom). Ebenso besteht ein geringes Risiko einer Stimmbandlähmung. Als unerwünschte Nebenwirkung tritt bei jeder Sympathikusblockade zur Behandlung der Hyperhidrose kompensatorisches Schwitzen auf, weil mit der Nervenblockade nicht die Ursache der übermäßigen Schweißabsonderung beseitigt wird. Grundsätzlich sind Operationstechniken zu bevorzugen, die eine Wiederaufhebung der Nervenblockade ermöglichen.

Bei der chemischen Blockade des Sympathikus durch Lokalanästhetika besteht einerseits das übliche Risiko der Verletzung der Vene oder auch arterieller Gefäße und ein geringes Infektionsrisiko. Nach Aufhebung der Venenblockade kann das Anästhetikum bei vorliegender Unverträglichkeit zu allergischen Reaktionen führen.

Quellen

  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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