Taucherkrankheit
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Taucherkrankheit oder Dekompressionskrankheit ist in der Vergangenheit vielen Tauchern zum Verhängnis geworden, weil deren Ursachen nicht genügend erforscht und bekannt waren. Mit den heute bestehenden Erkenntnissen und einer hoch modernen Technik kann die Taucherkrankheit besiegt und vorgebeugt werden.
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Was ist die Taucherkrankheit?
Die umgangssprachliche Bezeichnung Taucherkrankheit wird für eine gesundheitliche Beeinträchtigung benutzt, die unter dem Begriff Dekompressionskrankheit wesentlich aussagefähiger ist.
Die Taucherkrankheit oder Dekompressionskrankheit kommt nicht nur bei Tauchern vor. Sie kann auch beim Ausstieg in einen luftleeren Raum wie im Weltall zum Verhängnis werden. Andere Benennungen für die Taucherkrankheit sind die Druckluft- oder Caissonkrankheit.
Erst seit der Mitte des 20. Jahrhunderts sind die ursächlichen Faktoren bekannt, welche zur Taucherkrankheit führen. Der Name Caissonkrankheit geht auf sogenannte Caissons zurück, mit denen die Caissonarbeiter in die Tiefe von Gewässern eingelassen und wieder herauf gezogen wurden. In der Medizin gilt die Taucherkrankheit als Trauma.
Ursachen
Die Ursachen bei der Taucherkrankheit liegen darin begründet, dass es nach einem Aufenthalt in einer bestimmten Tiefe durch das Auftauchen zu einem narkoseähnlichen Trauma im neurologischen Bereich kommt.
Wenn Menschen tauchen und dabei eine enorme Tauchtiefe erreichen, wird der in der Pressluft befindliche Stickstoff in einzelne Geweben des Körpers gedrückt. Lässt der Wasserdruck während des Auftauchens nach, steigen die Gase schlagartig in das Gehirn auf, weil diese nicht über die Lunge abgeatmet werden können, sodass die Taucherkrankheit entsteht.
Dieser Vorgang vollzieht sich bei der Taucherkrankheit dann, wenn es zu einem hastigen Auftauchen kommt.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Man teilt die Taucherkrankheit je nach Schwere der Symptome in zwei Klassen ein. Bei Typ I entstehen nur leichte Beschwerden, typisch sind Schmerzen an den Gelenken und Muskeln. Durch den Verschluss kleiner Blutgefäße (Mikroembolien) beginnt die Haut im Gesicht, an den Ohren, am Oberkörper und an den Armen zu jucken und es entwickeln sich Hautflecken, die an Insektenstiche erinnern (Taucherflöhe).
Die Bildung von Ödemen ist möglich. Luft kann sich in der Unterhaut ansammeln, was durch Deformierungen deutlich sichtbar ist. Beim Abtasten knistern oder knirschen diese Luftansammlungen. Der Typ II der Erkrankung zeigt zusätzlich zu den Beschwerden von Typ I weitere starke Symptome, die lebensbedrohlich werden können. Das Zentralnervensystem ist betroffen und es kommt zu neurologischen Ausfällen. Lähmungen und Sensibilitätsstörungen sind möglich.
Durch Stickstoffblasen in den Gefäßen oder im Organ selbst kann die Sauerstoffversorgung des Gehirns und des Herzens unterbrochen werden. Es können Bewusstseinseintrübungen auftreten, die bis zur Bewusstlosigkeit und zu Atemstillstand führen. Weitere Beschwerden sind starke Kopfschmerzen, Schmerzen im Brustkorb, Herz- und Kreislaufstörungen und Schwindelgefühle.
Es tritt Atemnot ein und der Patient hat das Gefühl zu ersticken. Koordinationsstörungen entstehen und die Sprachfähigkeit ist beeinträchtigt. In schweren Fällen kann es zu Nekrosen von Gewebe und Knochen kommen. Unbehandelt kann die Erkrankung zum Tode führen.
Diagnose & Verlauf
Steigen die Taucher aus einer großen Tiefe und nach einem langen Tauchgang zu schnell auf, führen die im Gewebe befindlichen Mikrobläschen nicht nur zu einem Rauschzustand, sondern können bei der Taucherkrankheit auch einzelne Gewebsregionen zerstören, in denen sie eingelagert waren.
Bei der Taucherkrankheit können die Betroffenen ihre Orientierung und sogar das Bewusstsein verlieren, was früher häufig zum Ertrinken beitrug. Zu den für einen Verlauf der Taucherkrankheit typischen Symptomen gehören Schmerzen in den Gelenken und Muskeln, Ödeme, anhaltendem Juckreiz, Müdigkeit und Kraftlosigkeit, Störungen der Hautwahrnehmung und Koordination, Übelkeit, Erbrechen, Verlust des Hörens und Sehens sowie nach Bewusstlosigkeit ein Stillstand der Atmung.
Bei der Taucherkrankheit gibt es leichte und schwere, tödliche Verlaufsformen. Bei der Diagnose der Taucherkrankheit steht insbesondere das Befinden der Betroffenen im Mittelpunkt.
Komplikationen
Je nachdem, um welchen Typ der Taucherkrankheit es sich handelt, können unterschiedliche Komplikationen und Spätfolgen auftreten. Bei der Taucherkrankheit vom Typ 1 kommt es zu Schmerzen in den Arm- und Beinmuskeln und in den Gelenken. Diese sind unter Umständen mit Bewegungseinschränkungen und Fehlhaltungen verbunden, aus denen Gelenkschäden und in der Folge ein vorzeitiger Gelenkverschleiß resultieren können.
Typ 2 der Taucherkrankheit ruft fast immer ernsthafte Komplikationen hervor, die auch lebensbedrohlich sein können. Wenn Stickstoffblasen die Blutgefäße verstopfen, nehmen das zentrale Nervensystem, das Herz und die Lunge erheblichen Schaden. Auch kann die Versorgung des Gehirns blockiert sein, wodurch sich rasch irreversible Schäden einstellen.
Zu den typischen Folgesymptomen zählen Sprachstörungen, Lähmungen, Schäden des Innenohrs, Schmerzen und Bewusstlosigkeit. Als Komplikation der Taucherkrankheit kann eine Gasembolie in der Lunge auftreten, wodurch es zum Absterben von Lungengewebe und schließlich zum Organversagen kommt. Ferner können Symptome eines Schlaganfalls auftreten.
Falsch ausgeführte Erste-Hilfe-Maßnahmen können ernste Komplikationen hervorrufen. Die medizinische Behandlung ist immer mit dem Risiko verbunden, dass verabreichte Medikamente Neben- und Wechselwirkungen hervorrufen oder es zu einer allergischen Reaktion kommt.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Haben Taucher Schmerzen in der Muskulatur, den Knochen oder den Gelenken, benötigen sie eine ärztliche Untersuchung. Ein Juckreiz im Bereich des Oberkörpers, Veränderungen des gewohnten Hautbildes sowie Schwellungen sind Anzeichen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Ein Arztbesuch ist notwendig, da es in schweren Fällen zu Komplikationen kommen kann. Störungen der Sensibilität, Luftansammlungen im Organismus sowie Einbußen der Gedächtnistätigkeit sind Alarmsignale des Organismus.
Charakteristisch bei der Taucherkrankheit sind knisternde Geräusche, sobald von außen auf die Schwellungen des Körpers leichter Druck ausgeübt wird. Wird eine Geräuschentwicklung wahrgenommen, ist schnellstmöglich ein Arzt zu konsultieren. Bei einer Bewusstlosigkeit oder einem Stillstand der Atmung muss ein Rettungsdienst alarmiert werden. Eine intensivmedizinische Behandlung wird benötigt, da das Ableben des Betroffenen droht. Bis zur Ankunft des Notarztes müssen von anwesenden Personen Erste-Hilfe-Maßnahmen durchgeführt werden.
Kommt es unmittelbar nach einem Tauchgang oder während des Auftauchens zu Kopfschmerzen, Schwindel, Einschränkungen der Atemtätigkeit sowie Veränderungen des Sprachvermögens, wird eine medizinische Untersuchung benötigt. Eine innere Schwäche, ein allgemeines Unwohlsein sowie der Verlust der körperlichen Leistungsfähigkeit sind einem Arzt vorzustellen. Beschwerden im Brustkorb sowie Störungen der Koordination sind weitere Anzeichen einer Unregelmäßigkeit. Werden die Beschwerden bei Menschen festgestellt, die aus einem luftleeren Raum kommen, ist ebenfalls ein Arztbesuch notwendig.
Behandlung & Therapie
Damit sich die bei der Taucherkrankheit auftretenden Beschwerden gelindert und die Risiken eines tödlichen Verlaufs sowie umfangreicher Spätfolgen verringern lassen, ist eine sofortige Behandlung erforderlich.
Sollte der Zustand des Betroffenen bei einer Taucherkrankheit akut lebensbedrohlich sein (Bewusstlosigkeit, Atemstillstand) muss eine Notfallversorgung vorgenommen werden (künstliche Beatmung, stabile Seitenlage).
Als weitere Therapiemaßnahme wird ein unterschiedlich langer Aufenthalt in einer sogenannten Druckkammer eingeleitet. Dies hat den Zweck, dass die im Gewebe eingelagerten Gasbläschen durch die Druckanpassung wieder langsam entweichen können. In der Druckkammer wirkt ein Überdruck auf die Patienten und Patientinnen ein. Diese bleiben während dieser Zeitdauer über Funk in unmittelbarem Kontakt mit dem Arzt, um eine gezielte Beobachtung durchführen zu können und weitere Gefährdungen auszuschließen.
Durch die Überdruckkammer kommt es bei der Taucherkrankheit nach und nach zu einer Anpassung des Organismus an die auf der Erdoberfläche herrschenden Druckverhältnisse. Die unbehandelte Taucherkrankheit ist auch im Zusammenhang mit den möglichen Spätfolgen nicht zu unterschätzen. Diese wirken sich insbesondere auf das Knochen- und Lungegewebe aus.
Vorbeugung
Um einer Taucherkrankheit vorzubeugen, ist es wichtig, funktionstüchtige Kontroll- und Anzeigeinstrumente beim Tauchgang mitzuführen. Die Risikofaktoren für eine Taucherkrankheit nehmen zu, je länger und tiefer getaucht wird. Die gesamte Tauchunternehmung sollte zudem an die gegebenen körperlichen Voraussetzungen angepasst sein, um einer Dekompressionskrankheit vorzubeugen.
Die Taucher sollten sich nicht überschätzen, um die Risiken der möglichst gering zu halten. Beim Auftauchen sollte man nicht allein bleiben und die entsprechenden Dekompressionszeiten unbedingt einhalten, damit eine Taucherkrankheit vermieden werden kann.
Nachsorge
Eine erfolgreiche, abgeschlossene Behandlung der Taucherkrankheit setzt eine komplette Eliminierung der Gasbläschen im Körper voraus. Je nach Schwere der Erkrankung sind bleibende Schäden nicht ausgeschlossen. Ist die Behandlung einer leichten bis milden Erkrankung einmal abgeschlossen, sind keine weiteren Nachfolgeuntersuchungen mehr notwendig. Der Betroffene ist frei von Symptomen und Anzeichen.
Im Falle einer schweren Erkrankung mit bleibenden Schäden oder Behinderungen sind entsprechende Nachfolgebehandlungen einzuleiten. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Betroffene erneut tauchen möchte. In diesem Fall ist ein speziell ausgebildeter Taucharzt aufzusuchen. Dieser entscheidet, ob und wann das Tauchen wieder möglich ist. Je nach Schwere der Erkrankungen variiert dies zwischen einigen Tagen und mehreren Monaten.
Da der Betroffene vorbelastet ist, ist bei erneutem Tauchen ein Rückfall oder eine weitere Erkrankung nicht ausgeschlossen. Nicht selten ist diese schwerwiegender als die erste Erkrankung. In Zukunft muss konservativer getaucht werden als zuvor, was eine strikte Einhaltung der allgemein bekannten Taucherregeln beinhaltet.
Keine Dekompressionstauchgänge oder extrem tiefen Tauchgänge, da das Risiko einer erneuten Erkrankung deutlich höher ist. Statt mit normalem Luftgemisch mit sauerstoffangereichertem Gemisch (Nitrox) und Tauchcomputer im Luftmodus tauchen. Vermeidung häufig wiederholter Tauchgänge mit kurzen Oberflächenpausen. Vermeidung jeglicher körperlicher Anstrengung vor, nach und während des Tauchgangs.
Das können Sie selbst tun
Vor jedem Tauchgang ist zu prüfen, ob der allgemeine Gesundheitszustand optimal für das Vorhaben ist. Bei den kleinsten Unannehmlichkeiten oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen sollte der Tauchvorgang abgesagt oder verschoben werden. Vorhandene Ängste, innere Unsicherheiten oder eine Schwächung des Organismus können während des Tauchens zu erheblichen Folgen führen. Daher ist im Bereich der Selbsthilfe eine frühzeitige und kritische Kontrolle des eigenen Wohlbefindens notwendig.
Eine Überschätzung der eigenen Kompetenzen kann zu lebensbedrohlichen Entwicklungen führen. Ein Tauchvorhaben sollte niemals allein durchgeführt werden. Ein Partner wird benötigt, damit bei aufkommenden Unregelmäßigkeiten unverzüglich Hilfe geleistet werden kann. Im Vorfeld sind gemeinsam die Notfallsignale festzulegen. Eine gute Absprache gehört neben der Prüfung der Ausrüstung zu den notwendigen Maßnahmen vor einem Tauchantritt. Ebenso sollten gesundheitliche Themen angesprochen werden. Erfahrungen aus der Vergangenheit sind dem Partner mitzuteilen. Jeder Taucher muss seine eigenen körperlichen Grenzen kennen und beachten.
Sobald während des Tauchvorgangs Probleme oder gesundheitliche Störungen auftreten, ist der Tauchpartner entsprechend zu informieren und der Tauchvorgang muss schnellstmöglich ohne Hektik beendet werden. Häufig genügt es, wenn die Kontrolle der erreichten Tiefe rechtzeitig stattfindet, damit es zu keinen Beeinträchtigungen kommt. Das Auftauchen darf nicht zu schnell erfolgen. Es ist Vorsicht geboten, damit sich keine irreversiblen Schäden entwickeln.
Quellen
- Boenninghaus, H. G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2012
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009