Tuberculum olfactorium

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Tuberculum olfactorium ist ein kleiner Höcker im Schädel, in dem das menschliche Gehirn liegt. Er ist ein Teil der Riechbahn. Über ihn kommt die Riechwahrnehmung in das Bewusstsein des Menschen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Tuberculum olfactorium?

Im Tractus olfactorius befindet sich der Nucleus olfactorius anterior. In ihm werden Impulse des Bulbus olfactorius verschaltet und auf die gegenüberliegende Seite der Riechrinde weitergeleitet.
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Das Tuberculum olfactorium wird auch als Riechhügel bezeichnet. Aufgenommene Informationen oder Reize aus der Luft werden von der Riechschleimhaut der Nase in die weiteren Zentren des Gehirns zur Auswertung transportiert.

An diesem Vorgang ist der Riechhügel wesentlich beteiligt. Er hat einen starken Einfluss darauf, ob sich der Mensch bei einem wahrgenommenen Reiz aus der Luft dem Reiz weiter zu- oder abwendet. Damit sind jedoch weniger Gerüche der Gefahr impliziert. Vielmehr geht es um emotional ausgelöste Gerüche. Dies kann verschiedene Bereiche des Lebens beeinflussen. Die Partnerwahl beispielsweise. Gerüche, die mit Genuss einhergehen, wie die Nahrung, werden ebenfalls über das Tuberculum olfactorium ausgewertet.

Wird der Geruch als angenehm empfunden, wird ein Verhalten wie die Zuwendung ausgelöst. Bei einer negativen Geruchsempfindung bewirkt das Tuberculum olfactorium motivationales Verhalten das ein Abwenden zur Folge hat. Der Riechhügel gehört aus evolutionärer Sicht zu dem ältesten Teil des menschlichen Großhirns. Er wird dem Paleokortex zugeordnet und repräsentiert einen kleinen Bereich im Großhirn.

Anatomie & Aufbau

Der Paleokortex bildet mit seinen Strukturen das menschliche Riechhirn. Er besteht aus dem Bulbus sowie Tractus olfaktorius, dem Tuberculum olfactorium , dem Septum mit der Stria diagonalis, dem Präpiriformen Kortex und Anteilen der Amygdala, dem Corpus amydgaloideum.

Im Tractus olfactorius befindet sich der Nucleus olfactorius anterior. In ihm werden Impulse des Bulbus olfactorius verschaltet und auf die gegenüberliegende Seite der Riechrinde weitergeleitet. In der Stria olfactoria lateralis befinden sich Projektionsziele. Ihre Aufgabe ist es, die Wahrnehmung über den Geruch in das Bewusstsein des Menschen zu transportieren. Zu ihnen gehören der Präpiriforme Kortex, der Enorhinale Kortex und der Corpus amygdaloideum.

In der Stria olfactoria medialis befinden sich das Tuberculum olfactorium sowie die Septumregion. Das Tuberculum olfactorium ist eng verbunden mit dem Nucleus accumbens. In der Region um das Tuberculum olfactorium gibt es an dessen Oberfläche zahlreiche Gefäßeintritte. Daher wird dieser Bereich auch als Substantia perforata anterior bezeichnet. Dem gegenüber befindet sich die Substantia perforata posterior. Verortet ist sie zwischen den beiden Crura cerebri.

Funktion & Aufgaben

Die Funktion des Tuberculum olfactorium ist der Prozess der Bewusstwerdung des aufgenommen Geruchs. Es verarbeitet die olfaktorischen Reize, die über die Nase aufgenommen und weitergeleitet werden. Einen Einfluss auf die Wahrnehmung selbst hat das Tuberculum olfactorium nicht. Es ist jedoch an der Modulierung des durch einen Geruch ausgelösten Verhaltens beteiligt. Meist werden Reize multisensorisch aufgenommen. Das bedeutet, dass über die verschiedenen Sinnesorgane Informationen aufgenommen werden, die ursächlich einer Quelle zugeordnet werden können.

Essen beispielsweise hat eine gewisse Optik, riecht in einer bestimmten Weise und hat einen gewissen Geschmack. Alles gemeinsam wird im Gehirn verarbeitet und führt dazu, dass weitere Bestandteile einer servierten Mahlzeit aufgenommen oder angelehnt werden. Das Tuberculum olfactorium wird dem emotionalen und motivationalem Bereich des Riechsystems zugeordnet. Die über die Riechschleimhaut aufgenommenen Informationen fließen über den Tractus olfactorius, der Stria olfactoria medialis und dem Tuberculum olfactorium und weiter zum Septum.

Dieses befindet sich in der medialen Hemisphäre, also im mittleren Bereich des Gehirns. Im Tuberculum olfactorium befinden sich dopaminerge Neuronen. Dopamin hat im menschlichen Organismus einen wichtigen Einfluss auf Funktionen wie Belohnung. Dies bedeutet, dass dem Tuberculum olfactorium die Aufgabe zufällt, als angenehm empfundene Gerüche höher zu bewerten. Gleichzeitig ist er daran beteiligt, die Motivation des Abwendens bei einem negativen Geruch zu verstärken oder umzusetzen.


Krankheiten

Beeinträchtigungen des Tuberculum olfactorium führen zu einer Beeinflussung des Belohnungszentrums im menschlichen Organismus. Dies bedeutet, dass eine Verhaltensänderung erwartbar ist, wenn eine Funktionsstörung des Tuberculum olfactorium vorhanden ist.

Als vorher angenehm eingestufte Gerüche werden bei Läsionen als neutral empfunden. Das hat Auswirkungen auf das Sozialverhalten und bei Vorgängen, die mit einem Lustempfinden verbunden sind. Gerüche wie Parfum, der Eigengeruch eines anderen Menschen, der Umgebung oder der Nahrung werden als nicht mehr angenehm oder weniger unangenehm wahrgenommen. Insbesondere die Aufnahme der Nahrung ist an eine multisensorische Verarbeitung der unterschiedlichen Reize gebunden. Der Geruch von Kaffee löst bereits bestimmte Assoziationen aus. Sie können mit einer Wachheit oder erhöhten Aufmerksamkeit verbunden sein.

Der Geruch einer Hauptmahlzeit löst bereits den Speichelfluss im Mund aus. Gleiches geschieht bei süßen Speisen. Sobald das Tuberculum olfactorium nicht mehr voll funktionstüchtig ist, kommt es zu einer entsprechenden Einschränkung. Darüber hinaus ist der Geruch eines Menschen wichtig bei der Partnerwahl. Ein Partner mit einem genetisch gleichem Material wird evolutionär nicht gewählt, um Nachkommen zu zeugen.

Die Wahl fällt eher auf einen Partner, bei dem die Nachkommenschaft die höchsten Überlebenschancen sowie das stabilste Immunsystem hervorbringen wird. Sobald die Geruchsempfindung eingeschränkt ist, verändert sich die Einschätzung. Ein vorher als angenehm eingestufter Geruch des Partner kann nicht mehr ausreichend wahrgenommen werden. Automatisch ändert sich in gewissen Nuancen das soziale Verhalten zu diesem Menschen. Das sprichwörtlich gemeinte „ich kann diesen Menschen nicht riechen“ basiert auf wahren evolutionär bedingten Ursachen und findet einen seiner Ursprünge im Tuberculum olfactorium.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Mumenthaler, M., Mattle, H.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012

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