Vorzeitiger Samenerguss
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei einem vorzeitigen Samenerguss bzw. Ejaculatio praecox handelt es sich um eine häufig vorkommende Ejakulationsstörung bei Männern. Aus medizinischer Sicht handelt es sich dabei nicht um eine schmerzhafte Krankheit, dennoch kann die Störung das Sexualleben des Betroffenen und seiner Partnerin stark beeinträchtigen. Das Phänomen ist stark verbreitet und der Leidensdruck der Betroffenen zum Teil erheblich.
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Was ist ein vorzeitiger Samenerguss?
Für einen vorzeitigen Samenerguss gibt es keine einheitliche Definition. Wenn ein Mann den Zeitpunkt des Samenergusses nicht kontrollieren kann und der Orgasmus früher als gewünscht ausgelöst wird, wird dies ganz allgemein als vorzeitiger Samenerguss bezeichnet.
Dabei kommt es bereits entweder kurz vor oder kurz nach dem Eindringen in die Scheide zur Ejakulation (Samenerguss). In manchen Definitionen spielt auch die Fähigkeit, die Frau sexuell zu befriedigen eine Rolle. Hierbei wird von einem vorzeitigen Samenerguss gesprochen, wenn der Mann nicht in der Lage ist, seinen Samenerguss so zu kontrollieren, dass beide Partner beim Geschlechtsverkehr befriedigt werden.
Bei dem Phänomen wird zwischen einer angeborenen und einer erworbenen Störung unterschieden. Die angeborene Form kann körperliche Ursachen haben, die erworbene Form ist oftmals auf psychische Ursachen zurückzuführen. Ein vorzeitiger Samenerguss stellt immer eine große psychische Belastung dar.
Ursachen
Bei den psychischen Ursachen können die unterschiedlichsten Auslöser vorliegen. So können frühkindliche sexuelle Störungen, sexuelles Leistungsdenken, eine eingeschränkte Sexualerziehung oder auch Versagensängste zu einem vorzeitigen Samenerguss führen. Bei den körperlichen Erkrankungen sind häufig Harnwegsinfekte oder auch Diabetes mellitus für das Phänomen verantwortlich. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente kann zu einem vorzeitigen Samenerguss führen.
Die Ejakulation wird von verschiedenen Botenstoffen im Gehirn beeinflusst. Unter anderem ist auch der Botenstoff Serotonin daran beteiligt. Durch einen erhöhten Serotonin-Spiegel im Gehirn kann sich die Zeitspanne bis zur Ejakulation verlängern. Der vorzeitige Samenerguss kann als ein angeborenes oder erworbenes Phänomen auftreten.
Bei der angeborenen Form sind meist körperliche Erkrankungen ursächlich dafür verantwortlich. Die erworbene Form lässt sich in der Regel auf psychische Ursachen zurückführen. Eine vorzeitige Ejakulation kann unter Umständen eine lebenslange Beschwerde sein. Jedoch kann ein vorzeitiger Samenerguss auch nur für eine vorübergehende Zeit auftreten.
Diagnose & Verlauf
Nur wenige, von einem vorzeitigen Samenerguss betroffene Männer, begeben sich in ärztliche Behandlung. Um eine Diagnose zu stellen, sind in erster Linie die Befragung und das Gespräch mit dem Betroffenen wichtig. Über genaue Fragen zu den Beschwerden, aber auch zu sexuellen Erfahrungen und Entwicklung, sowie zu eventuell vorhandenen Ängsten, kann der Arzt zu einer Diagnose gelangen.
Vermutet er unter Umständen auch körperliche Ursachen können entsprechende weitere Untersuchungen vorgenommen werden. Der Arzt wird besonders die Krankengeschichte berücksichtigen. Diese gibt dem Mediziner wichtige Informationen über das Sexuallleben des Patietenten und kann so einen wichtigen Beitrag zur weiteren Behandlung liefern.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Ein vorzeitiger Samenerguss kann naturbedingt ausschließlich bei geschlechtsreifen Jungen oder Männern auftreten. Daher gehören sie zu Risikogruppe. Im Normalfall besteht jedoch kein weiterer Handlungsbedarf. Es handelt sich in den meisten Fällen bei diesem Phänomen um eine mangelnde Erfahrung im Bereich der sexuellen Erlebnisse. Daher tritt der vorzeitige Samenerguss meist bei Menschen des männlichen Geschlechts in jungen Jahren auf. Mit einer zunehmenden sexuellen Aktivität im Verlauf des Lebens, legen sich in fast allen Fällen die Beschwerden. Tipps aus dem Bereich der Selbsthilfe genügen häufig aus, um den vorzeitigen Samenerguss eigenständig regulieren zu können.
Ein Arzt muss daher nur in Ausnahmefällen konsultiert werden. Diese sind gegeben, sobald es zu einem seelischen Leid kommt. Darüber hinaus sollte bei anhaltenden Störungen der Libido oder Unregelmäßigkeiten des Sexualverhaltens die Rücksprache mit einem Mediziner gesucht werden. Schmerzen beim Sexualakt, eine starke emotionale Belastung oder Unregelmäßigkeiten der Erektion sind von einem Arzt näher begutachten zu lassen. Bei einer Vielzahl der Fälle kann der vorzeitige Samenerguss verhindert werden, wenn vor dem eigentlichen Sexualakt eine erfolgreiche Selbstbefriedigung stattgefunden hat. Eine mehrfache Ejakulation in kurzer Zeit führt zu einer Linderung vorhandener Beschwerden und kann bereits eine Beschwerdefreiheit initiieren. Dauerhafte Unregelmäßigkeiten, die bereits zu Störungen der Partnerschaft führen, sollten jedoch mit einem Arzt besprochen werden.
Behandlung & Therapie
Ein vorzeitiger Samenerguss kann mit Hilfe medikamentöser, psychotherapeutischer oder physischer Maßnahmen behandelt werden. Entscheidend für die Wahl der Behandlungsmethode sind immer die auslösenden Ursachen. Bei den psychotherapeutischen Methoden werden verschiedene Therapien angewandt. So können zum Beispiel Sexualtherapie, Paartherapie, Verhaltenstherapie oder Familientherapie eingesetzt werden.
Mit Hilfe einer entsprechenden Psychotherapie können Ängste abgebaut werden. Aber auch Denk- und Verhaltensweisen können verändert werden, sowie ein vorhandener Leistungsdruck angebaut werden. Eine Behandlung mit Medikamente wird meist eingesetzt, wenn eine psychotherapeutische Therapie keinen Erfolg bringen konnte. Häufig werden dann sogenannte Serotonin-Wiederaufnahmehemmer eingesetzt, welche den Orgasmus-Reflex verzögern können. Auch werden Cremes und Gels genutzt, die die Empfindsamkeit des Penis vermindern.
Durch die medikamentösen Methoden können zwar die Symptome behoben werden, die Ursachen bleiben jedoch bestehen. Darüber hinaus wurden spezielle Methoden entwickelt, die den betroffenen Männern helfen können, das Problem zu bewältigen. Dazu gehört zum Beispiel die sogenannte Stopp-Start-Methode, bei der die Betroffenen lernen, ihre Erregung zu kontrollieren und so einen vorzeitigen Samenerguss zu verhindern. Eine Fortführung dieser Methode stellt die Squeeze-Methode, bei der durch Druck auf den Penis der Ejakulationsreflex unterbrochen wird.
Vorbeugung
Da es sich bei einem vorzeitigen Samenerguss um eine Orgasmusstörung handelt, gibt es keine direkten Vorbeugemaßnahmen gegen das Auftreten des Symptoms. Durch verschiedene Therapien oder Methoden ist es für die Betroffenen jedoch möglich, die eigene Erregbarkeit besser wahrzunehmen und so einem vorzeitigen Samenerguss vorbeugen können. Darüber hinaus ist es wichtig, einem sexuellen Leistungsdruck entgegenzuwirken, da dies ein auslösender Faktor für einen vorzeitigen Samenerguss sein kann.
Nachsorge
Der vorzeitige Samenerguss kann, wie viele andere Potenzstörungen auch, behandelt werden. Nachdem der Behandlung erfolgt unmittelbar die Nachsorge. Die Nachsorge setzt sich in den meisten Fällen aus einer Anamnese und einer körperlichen Untersuchung zusammen. Im Rahmen des Patientengesprächs wird der Patient im Umgang mit den Potenzproblemen beraten.
Zuständig ist meist der Urologe, der bei der Anamnese außerdem ungewöhnliche Symptome erfragt, um den vorzeitigen Samenerguss wirksam behandeln zu können. Bei anhaltenden Beschwerden findet eine Dauerbehandlung statt. Die anhaltende Nachsorge wird an die Bedürfnisse des Patienten angepasst und erfolgt meist in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt oder einem anderen Facharzt, der die Krankheitsgeschichte im Blick hat.
Sie wird fortgesetzt, bis die Potenzstörungen behoben wurden oder der Patient die Behandlung beenden möchte. Im Allgemeinen richtet sich die Nachsorge jedoch nach der Ursache für die Potenzstörungen. Liegt beispielsweise eine Tumorerkrankung zugrunde, gestaltet sich die Nachsorge wesentlich komplexer. Bei seelischen Ursachen wird in der Regel auch ein Therapeut in die Behandlung involviert. Die Nachsorge erfolgt dann zeitnah nach Abschluss der Behandlung und muss über einen längeren Zeitraum fortgesetzt werden.
Das können Sie selbst tun
Männer, die vorzeitig ejakulieren, können verschiedene Maßnahmen ergreifen, um den Samenerguss hinauszuzögern. Wirksam ist beispielsweise das Training der Beckenmuskulatur, etwa mithilfe der Kegel-Methode. Hierbei werden Schließmuskel und Beckenboden trainiert, wodurch der Samenerguss besser kontrolliert werden kann. Bewährt hat sich auch die Start-Stopp-Methode. Hierbei wird der Penis bis kurz vor den sogenannten „Point Of No Return“ reguliert und anschließend die Stimulation eingestellt. Durch die gezielte Stimulation wird die Kontrolle über den Samenerguss verbessert. Zudem lässt sich auf diese Weise sexuelle Anspannung abbauen.
Kurz vor dem Samenerguss kann der sogenannte Squeeze-Griff angewendet werden. Hierbei wird mit dem Daumen auf die Eichel gedrückt, bis der Druck nachlässt. Die Notfall-Methode bietet sich vor allem dann an, wenn unerwartet ein vorzeitiger Samenerguss bevorsteht. Der Arzt kann zudem betäubende Cremes verordnen, welche den Penis unempfindlich gegenüber Reizen machen. Kondome mit entsprechenden Wirkstoffen sind inzwischen ebenfalls erhältlich.
Die Kommunikation mit dem Partner ist ebenso wichtig, um ein erfülltes Liebesleben zu erreichen. Beim gemeinsamen Üben mit dem Partner lässt sich der Zeitpunkt des Samenergusses trainieren. Sollten die Beschwerden weiterhin bestehen bleiben, empfiehlt sich ein Besuch beim Urologen oder einem Sexualmediziner. Gelegentlich liegen einem vorzeitigen Samenerguss auch seelische Leiden zugrunde, die es aufzuarbeiten gilt.
Quellen
- Finke, F., Piechota, H., Schaefer, R.M., Sökeland, J., Stephan-Odenthal, M., Linden, P.: Die urologische Praxis. Uni-Med, Bremen 2007
- Haag, P., Harnhart, N., Müller, M. (Hrsg.): Gynäkologie und Urologie. Für Studium und Praxis 2014/15. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2014
- Sökeland, J., Schulze, H., Rübben, H.: Urologie. Thieme, Stuttgart 2004