Beckenbodentraining

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 17. September 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Beckenbodentraining wird auch Kegeltraining genannt. Benannt nach dem Erfinder Arnold H. Kegel. Bei diesem Training wird die Muskulatur rund um den Beckenboden trainiert. Ist der Beckenboden nicht optimal trainiert, entstehen oft Probleme. Ein Beispiel dafür ist die Harninkontinenz. Ein Beckenbodentraining kann Abhilfe schaffen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Beckenbodentraining?

Es gibt qualifizierte Physiotherapeuten, die gezielt das Beckenbodentraining durchführen. Nach einer Einweisung des Physiotherapeuten können die Übungen auch zu Hause durchgeführt werden.

Experten nennen den Beckenboden die Begrenzung des Beckenkanals. Anatomisch ist es die Beckenbodenmuskulatur, die im Fachjargon perineale (Damm) Muskulatur genannt wird.

Das Beckenbodentraining hilft, die Muskulatur straff zu halten. Durch diese Muskulatur wird der Verschluss der Urethra (Harnröhre) und des Anus unterstützt.

Eine weitere Funktion ist eine optimale Muskulatur für die Lage der Bauch- und Beckenorgane. Ist die Muskulatur des Beckenbodens schlaff, empfehlen Experten ein Beckenbodentraining. Es wird nicht nur bei bereits bestehen Beschwerden angewandt, sondern auch zur Vorbeugung.

Geschichte & Entwicklung

Die Geschichte des Beckenbodentrainings lässt sich bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zurückverfolgen. Der amerikanische Gynäkologe Dr. Arnold Kegel war einer der ersten, der die Bedeutung des Beckenbodens und seiner Muskulatur erkannte. In den 1940er Jahren entwickelte Kegel spezielle Übungen, um Frauen zu helfen, die nach der Geburt an Harninkontinenz litten. Diese Übungen wurden später als "Kegel-Übungen" bekannt und zielten darauf ab, die Muskeln des Beckenbodens zu stärken und die Blasenkontrolle zu verbessern.

Vor Kegels Zeit wurde der Beckenboden und seine Rolle bei der Kontinenz und sexuellen Gesundheit kaum erforscht oder beachtet. Kegels Entdeckung, dass das gezielte Training der Beckenbodenmuskulatur Beschwerden wie Inkontinenz lindern kann, führte zu einer Welle neuer Forschung und Anwendung in der Gynäkologie und Urologie.

In den folgenden Jahrzehnten wurde das Beckenbodentraining weiterentwickelt und verfeinert, insbesondere durch neue Erkenntnisse über die Funktion der Muskulatur im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und im Alter. Mit der Zeit fand das Training auch Anwendung in der Behandlung von Männern, insbesondere nach Prostataoperationen, zur Verbesserung der Blasen- und Darmfunktion sowie der sexuellen Gesundheit. Heute ist Beckenbodentraining ein fester Bestandteil der Physiotherapie und Präventivmedizin.

Einsatz & Indikation

Beckenbodentraining wird durchgeführt, wenn die Muskulatur des Beckenbodens geschwächt ist oder Beschwerden auftreten, die mit einer mangelnden Beckenbodenfunktion in Verbindung stehen. Eine der häufigsten Situationen, in denen Beckenbodentraining notwendig wird, ist nach einer Schwangerschaft und Geburt, da die Muskulatur durch das Tragen des Kindes und den Geburtsvorgang stark beansprucht wird. Das Training hilft, die Muskeln zu stärken und Inkontinenzprobleme zu verhindern oder zu lindern.

Es wird auch bei Harn- und Stuhlinkontinenz angewendet, da der Beckenboden eine zentrale Rolle bei der Kontrolle von Blase und Darm spielt. Männer, die sich einer Prostataoperation unterzogen haben, profitieren ebenfalls vom Beckenbodentraining, um die Blasenfunktion wiederherzustellen und Kontinenzprobleme zu verbessern.

Bei chronischen Rückenschmerzen kann Beckenbodentraining ebenfalls helfen, da die Beckenbodenmuskulatur mit den Bauch- und Rückenmuskeln interagiert und eine stabile Körpermitte unterstützt.

Frauen in den Wechseljahren können vom Beckenbodentraining profitieren, da hormonelle Veränderungen die Muskelspannung im Beckenboden verringern können, was zu Inkontinenz oder Senkungsbeschwerden führt.

Schließlich kann Beckenbodentraining bei sexuellen Funktionsstörungen, wie vermindertem Empfinden oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, hilfreich sein, da eine starke Beckenbodenmuskulatur die sexuelle Gesundheit und das Wohlbefinden verbessern kann.

Vorteile & Nutzen

Beckenbodentraining bietet zahlreiche Vorteile gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, da es eine nicht-invasive und risikoarme Therapieform ist. Im Gegensatz zu chirurgischen Eingriffen oder medikamentösen Behandlungen, die potenzielle Nebenwirkungen und Komplikationen mit sich bringen können, ist das Beckenbodentraining eine schonende Methode, um die Muskulatur gezielt zu stärken und Symptome zu lindern. Es kann bequem zu Hause oder unter Anleitung eines Physiotherapeuten durchgeführt werden und erfordert keine teuren Geräte oder spezielle medizinische Verfahren.

Ein weiterer Vorteil ist die langfristige Wirksamkeit des Beckenbodentrainings. Durch regelmäßiges Training wird die Muskulatur dauerhaft gestärkt, was langfristig zur Verbesserung von Inkontinenz, Rückenschmerzen oder anderen Beschwerden beiträgt. Im Vergleich zu kurzfristigen Maßnahmen wie Medikamenten, die oft nur Symptome lindern, zielt das Training darauf ab, die Ursache der Beschwerden – die Schwäche der Beckenbodenmuskulatur – direkt zu behandeln.

Zusätzlich fördert Beckenbodentraining das Körperbewusstsein. Patienten lernen, die Muskulatur bewusst anzuspannen und zu entspannen, was auch präventiv wirkt und hilft, zukünftigen Problemen vorzubeugen. Es ist auch eine gute Ergänzung zu anderen Therapieformen und kann mit wenig Aufwand in den Alltag integriert werden, wodurch es eine flexible und nachhaltige Lösung für viele gesundheitliche Probleme darstellt.

Anwendungsgebiete

Eine schlaffe Beckenbodenmuskulatur kann Rückenschmerzen verursachen, sexuelle Probleme machen oder es kann eine Harninkontinenz entstehen, sogar bis hin zur Stuhlinkontinenz.

Deshalb ist das Beckenbodentraining wichtig. Nach der Geburt haben Frauen oft eine ausgedehnte und schlaffe Beckenmuskulatur. Aber auch Blasen- und Gebärmuttersenkungen, das Älterwerden und Übergewicht, können zu einer schlaffen Muskulatur rund um den Beckenboden führen. Ein Beckenbodentraining stärkt nach einer Geburt die beanspruchte Muskulatur.

Männer sind anatomisch anders aufgebaut als die Frauen, die deshalb selten unter einer schlaffen Beckenbodenmuskulatur leiden. Auch für ein Mann ist ein Beckenbodentraining wichtig. Hat ein Mann eine Prostatakrebsoperation hinter sich, ist ein Beckenbodentraining wertvoll, weil nach diesen Operationen eine Harninkontinenz entstehen kann.

Die Muskulatur rund um den Beckenboden ist eher nicht zu spüren. Sie wird nicht aktiv genutzt. Hat eine Frau einen Orgasmus, wird diese automatisch aktiviert. Genannt wird er auch Liebesmuskel. Das Beckenbodentraining unterstützt nicht nur die Ausscheidungsorgane, sondern auch die Orgasmusfähigkeit. Auch die vorzeitige Ejakulation des Mannes kann mit dem Beckenbodentraining herausgezögert werden. Dies hat der Erfinder Arnold H. Kegel 1952 erfolgreich dokumentiert.

Anwendungsverfahren - Funktion, Wirkung & Ziele

Es gibt einige konservative Anwendungsverfahren für das Beckenbodentraining. Beim Beckenbodentraining werden von Experten auch Hilfsmittel genutzt. Dazu gehören sogenannte Ring- oder Würfelpessare sowie Schaumstofftampons. Diese Hilfsmittel werden individuell angepasst. Der Patient muss dieses selbst wechseln. Ebenfalls gibt es als Beckenbodentraining Vaginalkegel, die ein unterschiedliches Gewicht haben. Wie ein Tampon wird der Kegel in die Scheide eingesetzt. Die Patientin muss diese Kegel aktiv in der Scheide halten.

Als ein weiteres Anwendungsverfahren für das Beckenbodentraining gibt es eine spezielle Beckenbodenmaschine in einem Fitnesscenter. Geschultes Personal gibt dem Anwender Instruktionen für die richtige An- und Entspannung der Beckenbodenmuskulatur während des Beckenbodentrainings.

Ein sogenanntes EMS-Gerät (elektrische Muskelstimulation) gilt bei Experten ebenfalls als ein Anwendungsverfahren für ein Beckenbodentraining. Dieses Gerät hat eine Sonde, die entweder rektal oder vaginal eingeführt wird. Das Gerät erzeugt Reizstromimpulse. Durch diese Impulse erfolgen automatisierte Kontraktionen.

Es gibt qualifizierte Physiotherapeuten, die gezielt das Beckenbodentraining durchführen. Nach einer Einweisung des Physiotherapeuten können die Übungen auch zu Hause durchgeführt werden. Dazu gehören die An- und Entspannung im Wechsel, die vor dem Fernseher, im Auto oder beim Bügeln als Beckenbodentraining ausgeführt werden können.


Durchführung & Ablauf

Ein Beckenbodentraining beginnt mit dem Bewusstsein für die Beckenbodenmuskulatur. Viele Menschen wissen nicht genau, wo sich diese Muskeln befinden oder wie sie aktiviert werden. Ein einfacher Weg, die Beckenbodenmuskulatur zu spüren, ist, so zu tun, als wolle man den Harnfluss anhalten oder das Gesäß zusammenkneifen. Dabei sollten nur die inneren Muskeln angespannt werden, ohne die Bauch-, Gesäß- oder Oberschenkelmuskeln zu benutzen.

Das eigentliche Training besteht aus verschiedenen Übungen zur Anspannung und Entspannung der Beckenbodenmuskulatur. Eine typische Übung ist das wiederholte Anspannen der Muskeln für etwa 5 Sekunden, gefolgt von einer Entspannung für 5 Sekunden. Dies wird oft in Sets von 10 bis 15 Wiederholungen durchgeführt und mehrmals täglich wiederholt. Wichtig ist, die Muskulatur gleichmäßig und ohne Ruck zu aktivieren und dabei ruhig und tief zu atmen.

Es gibt auch fortgeschrittene Übungen, bei denen die Muskulatur in unterschiedlichen Intensitäten angespannt wird, um die Kraft und Ausdauer zu steigern. Zusätzlich können Übungen in verschiedenen Positionen – im Sitzen, Stehen oder Liegen – ausgeführt werden, um die Muskulatur unter verschiedenen Bedingungen zu trainieren.

Insgesamt ist das Beckenbodentraining eine sanfte, aber wirkungsvolle Methode, die mit zunehmender Übung mehr Kontrolle und Stärke in der Beckenbodenmuskulatur ermöglicht.

Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Experten empfehlen Patienten, das Beckenbodentraining zunächst bei einem Psychotherapeuten oder einer Hebamme durchzuführen. Geschultes Personal ist von Vorteil, um das Beckenbodentraining richtig zu erlernen.

Nur wenn das Beckenbodentraining richtig durchgeführt wird und regelmäßig kann die Beckenbodenmuskulatur gestrafft werden. Das Beckenbodentraining hat mehr Vor- als Nachteile, birgt aber auch Gefahren. Wird das Beckenbodentraining nicht optimal durchgeführt, können die Muskeln gezerrt werden oder es werden die "falschen" Muskeln in Anspruch genommen. Dann kann die Beckenbodenmuskulatur nicht gestrafft werden.

Je länger das Beckenbodentraining andauert, je mehr Druckgeschwüre können entstehen. Dies geschieht oft beim Anwenden von EMS-Geräten. Auch Keime können in die Vagina eindringen und zu Harnwegsinjektionen führen. Die Nebenwirkungen sind allerdings positiv. Wird das Beckenbodentraining optimal durchgeführt, werden die inneren Organe gestützt.

Es ist wichtig, das Beckenbodentraining täglich durchzuführen, dafür Zeit aufzuwenden und Selbstdisziplin.

Alternativen

Wenn Beckenbodentraining nicht möglich oder nicht ausreichend wirksam ist, stehen verschiedene alternative Verfahren zur Verfügung. Eine Möglichkeit ist die Elektrostimulation, bei der elektrische Impulse gezielt die Beckenbodenmuskulatur stimulieren und so Kontraktionen auslösen. Dieses Verfahren ist besonders für Patienten geeignet, die Schwierigkeiten haben, die Muskulatur selbstständig zu aktivieren. Es kann in einer Praxis oder zu Hause mit speziellen Geräten durchgeführt werden.

Eine weitere Option ist das Biofeedback, bei dem Sensoren verwendet werden, um die Aktivität der Beckenbodenmuskulatur zu überwachen. Der Patient erhält visuelles oder akustisches Feedback über die Stärke der Muskelkontraktionen, was hilft, die richtige Technik zu erlernen und die Muskulatur besser zu steuern.

In schwereren Fällen, bei denen konservative Methoden nicht ausreichen, können chirurgische Eingriffe notwendig werden. Eine Möglichkeit ist die Sakralnervenstimulation, bei der ein kleines Gerät implantiert wird, das elektrische Impulse an die Nerven sendet, die die Blasen- und Beckenbodenfunktion steuern. Dies kann bei schweren Formen der Inkontinenz eingesetzt werden.

Zusätzlich können medikamentöse Behandlungen in Erwägung gezogen werden, insbesondere bei Dranginkontinenz. Medikamente können helfen, die Blasenmuskulatur zu entspannen und die Symptome zu lindern.

In manchen Fällen werden auch Pessare verwendet, kleine Hilfsmittel, die in die Vagina eingeführt werden, um den Beckenboden mechanisch zu unterstützen und die Blase zu entlasten.

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Quellen

  • Bo, K., Brown, C., et al.: Beckenboden. Physiotherapie und Training. Thieme, Stuttgart 2012
  • Höfler, H.: Training für den Beckenboden. BLV, München 2005
  • Schmelz, H.U., Sparwasser, C., Weidner, W.: Facharztwissen Urologie. Springer, Berlin 2010

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