Birt-Hogg-Dube-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Birt-Hogg-Dube-Syndrom ist eine autosomal-dominante Erberkrankung, die auf Mutationen im FLCN-Gen basiert. Die Patienten leiden an multiplen Hautläsionen, Lungenzysten und Nierentumoren. Die Behandlung beschränkt sich auf die symptomatische Resektion und gegebenenfalls Nachbehandlung der Tumore.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Birt-Hogg-Dube-Syndrom?

Die Patienten leiden an multiplen Hautläsionen, Lungenzysten und Nierentumoren.
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Erbkrankheiten sind Erkrankungen, die durch Mutation oder mehrere Mutationen in einem oder verschiedenen Genen verursacht werden und genetische Dispositionen prägen. Einige Erberkrankungen treten nicht nur in bestimmten Erbgängen, sondern auch spontan auf. In die Gruppe der Erberkrankungen fällt das Birt-Hogg-Dube-Syndrom.

Die Krankheit ist auch als Hornstein–Knickenberg-Syndrom oder Fibrofollikulomie mit Trichodiskomen und Akrochordonen bekannt. Benannt ist die Erkrankung nach ihren drei Erstbeschreibern, den kanadischen Ärzten Birt, Dogg und Dube. Schätzungen zufolge liegt die Prävalenz des Birt-Hogg-Dube-Syndroms bei einem bis neun Fällen auf 1 000 000 Menschen.

Neben Hautläsionen zählen Nierentumore und Lungenzysten zu der Krankheitssymptomatik. In der Regel liegt das Manifestationsalter im Erwachsenenalter. Obwohl die Erstbeschreibung der Erkrankung im Jahr 1977 erfolgte und seither von nur 100 bis 400 Familienfällen berichtet wurde, sind die Ursachen für das Birt-Hogg-Dube-Syndrom mittlerweile relativ gut erforscht.

Ursachen

Für das BHD wird ein autosomal-dominanter Erbgang beobachtet. Familiäre Häufung wurde in mehr als 100 Familien dokumentiert. Die einzelnen Familien zeigten unterschiedliche Varianten des Syndroms. Diese Beobachtung begründet den Verdacht auf ein familienintern geprägtes, klinisches Bild. Als genetische Ursache des BHD kommen verschiedene Mutationen in Betracht.

Einige Forscher halten beispielsweise Mutationen im FLCN-Gen auf Gen-Locus 17p11.2 für eine mögliche Hauptursache. Dieses Gen kodiert innerhalb der DNA für Folliculin. Die Funktion dieser Substanz ist bislang nicht bekannt. Spekulationen zufolge stellt das weitestgehend unerforschte Protein allerdings einen Teil der mTOR- oder Mammalian-Target-Of-Rapamycin-Signalkette dar.

Zusätzlich zu Folliculin könnten auch andere Proteine in einer Beziehung zu etwaigen Hamartom-Syndromen für das Syndrom relevant sein. Zumindest für die Entwicklung der symptomatischen Nierentumore und den damit assoziierten Veränderungen scheinen Mutationen im Gen-Locus 17p11.2 allerdings Sinn zu machen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit Birt-Hogg-Dube-Syndrom leiden an Hautläsionen, Lungenzysten und Nierentumoren. Die Nierentumore können benignen Onkozytomen, bösartig chromophoben und klarzelligen sowie papillären Nierenzellkarzinomen entsprechen. Auch gemischte Nierentumore kommen im Rahmen der Symptomatik in Frage.

Auf der Haut treten Fibrofollikulome mit umschriebener Proliferation der Fibroblasten auf. Ansammlungen von Kollagen werden um das Haarfollikel herum beobachtet. Teils reichen basaloide Zellen ins umliegend fibromuzinöse Stroma. Hautläsionen wie Trichdiscome oder Akrochordone können ebenfalls charakteristisch sein. In den meisten Fällen treten die dermatologischen Symptome des Syndroms erst zwischen dem dritten und vierten Lebensjahrzehnt ein und bleiben später dauerhaft bestehen.

Oft bilden sich die Nierentumore später als die Hautläsionen. Die Lungenzysten der Patienten weisen zystische Erweiterungen der Alveolar-Räume auf und können sowohl mikroskopischen Herden entsprechen, als auch Durchmesser von mehreren Millimetern annehmen. Die Zysten sind wirken dünnwandig und sind mit Epithel ausgestattet. Durch den Inhalationsdruck können sie reißen und Pneumothorax hervorrufen.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose des Birt-Hogg-Dube-Syndroms orientiert sich an der klinisch typischen Manifestation und den Befunden der Histologie. Auch eine Familienanamnese kann erste Hinweise auf das Syndrom liefern. Ein molekulargenetischer Mutationsnachweis im FLCN-Gen kann die Diagnose absichern und Differentialdiagnosen wie fest multiple Papeln ausschließen.

Im Rahmen der Diagnostik erfolgt eine nähere Bestimmung der multiplen Läsionen. Solche epithelialer Herkunft werden von Veränderungen mesodermaler und gemischter Herkunft abgegrenzt. Die Prognose hängt für Patienten mit Birt-Hogg-Dube-Syndrom vor allem von der Schwere der Ausprägung ab. Die Beteiligung innerer Organe ist prognostisch ebenso entscheidend wie die Art des Nierentumors.

Komplikationen

Patienten mit Birt-Hogg-Dube Syndrom leiden an Nierentumoren, Lungenzysten und multiplen Hautläsionen. Die Nierentumore können sowohl gutartig als auch bösartig sein. Auch auf die Schleimhaut begrenzte papilläre Nierenzellkarzinome und Mischformen sind möglich. Die dermatologischen Symptome treten in Form von unterschiedlich stark ausgebildeten Hautausschlägen auf.

Die Lungenzysten sind mikroskopisch klein bis mehrere Millimeter groß. Sie sind dünnwandig ausgeprägt und mit einer oberflächendeckenden Zellschicht versehen. Durch den Druck, der bei der Atmung in den Lungen entsteht, können die Zysten reißen und eine Luftansammlung zwischen Lunge und Brustkorb in Form eines Pneumothorax verursachen.

Obwohl die Ursachen dieser Erberkrankung vergleichsweise gut geklärt sind, bleibt nach wie vor unklar, welche Rolle der Gendefekt spielt. Daher stehen kausale Therapieansätze bisher nicht zur Verfügung und die Behandlung erfolgt symptomatisch. Behandlungserfolg und Prognose hängen davon ab, wie weit das Birt-Hogg-Dube-Syndrom fortgeschritten ist.

Eine spezifische, dermatologische Behandlung der Hautausschläge existiert nicht. Die operative Entfernung der betroffenen Haustellen ist möglich, wobei jedoch eine hohe Rückfallquote besteht. Da die Nierentumore auch auf umliegende Organe übergreifen können, muss eine regelmäßige Kontrolle potentiell bösartiger Veränderungen in diesen Bereichen erfolgen.

Durch die Lungenzysten besteht zudem ein erhöhtes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Die Entfernung von Tumoren in der Niere ist je nach Ausmaß des erkrankten Gewebes möglich. Die Lebenserwartung ist abhängig von der Ausprägung der Nierentumore und der Beteiligung der inneren Organe.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Birt-Hogg-Dube-Syndrom ist eine Erbkrankheit, die sich meist erst im Erwachsenenalter manifestiert. Personen, in deren Familien das Birt-Hogg-Dube-Syndrom bereits aufgetreten ist, sollten sich mit den Symptomen und dem Verlauf der Krankheit vertraut machen, um bereits die ersten Anzeichen als solche zu erkennen und diese zeitnah mit einem Arzt zu erörtern.

Typisch für die Krankheit sind Hautläsionen, insbesondere benigne Hauttumore wie Fibrofollikulome. Auf den Betroffenen wirken diese Hautveränderungen oft wie rote Bläschen oder Pusteln, die sich auch bei Kinderkrankheiten oder einer Kontaktallergie zeigen. Wenn das Birt-Hogg-Dube-Syndrom in der Familie bereits vorgekommen ist, sollten aber alle Hautveränderungen, auch wenn sie zunächst harmlos wirken, unverzüglich einem Arzt vorgestellt werden. Dabei muss der Mediziner unbedingt auf die Erbkrankheit hingewiesen werden.

Die zeitnahe Konsultation eines Arztes ist vor allem deshalb so wichtig, da sich die Hautläsionen meist zeigen, bevor sich die anderen typischen Symptome, insbesondere Lungenzysten und Nierentumore, einstellen. Während die Hautveränderungen meist ein vorwiegend kosmetisches Problem darstellen, das nicht zwingend sofort ärztlich behandelt werden muss, kann die frühzeitige Entdeckung und Behandlung bösartiger Tumore das Leben des Patienten retten.

Behandlung & Therapie

Die Ursachen des Birt-Hogg-Dube-Syndroms sind zwar relativ gut geklärt, allerdings ist die Rolle des defekten Proteins bisher eher unklar. Eine kausale Therapie steht den Patienten nicht zur Verfügung. Da es sich bei dem Syndrom um einen genetischen Defekt handelt, könnten Fortschritte in der Gentherapie in den nächsten Jahrzehnten ursächliche Behandlungsansätze eröffnen.

Bislang hat die Gentherapie das klinische Stadium allerdings nicht erreicht. Deshalb werden Patienten mit BHD zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr oder weniger symptomatisch behandelt. Die einzelnen Therapieschritte hängen damit von der Ausprägung der Erkrankung und den vorliegenden Symptomen im Einzelfall ab. Als supportiver Schritt wird den betroffenen Patienten eine genetische Beratung angeboten, die gegebenenfalls molekulare Analysen umfasst.

Die dermatologischen Manifestationen des Syndroms werden abhängig vom Einzelfall therapiert. Eine spezifische Behandlung existiert für die Hautläsionen nicht. In einigen Fällen ist eine Resektion die Therapie der Wahl. Solitär auftretende und perifollikuläre Fibrome müssen zum Beispiel mittels invasiver Verfahren behandelt werden. Diese invasiven Verfahren entsprechen einer chirurgisch möglichst vollständigen Entfernung der Läsion.

Im Einzelfall kommen Anwendungen wie Dermabrasion oder Elektro-Desikkation in Frage. In vielen Fällen besteht für die Hautläsionen ein hohes Rezidiv-Risiko. Daher wird eine regelmäßige Kontrolle durch den Dermatologen empfohlen. Darüber hinaus sollen Patienten mit dem Syndrom regelmäßig auf etwaige Veränderungen im Bereich der Lungen, der Nieren und des Magen-Darm-Trakts kontrolliert werden.

Bei der Entfernung von eventuell auftretenden Nierentumoren wird in der Regel nicht die gesamte Niere entfernt. Da die Betroffenen ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko besitzen, wird ihnen vom Rauchen dringend abgeraten.

Aussicht & Prognose

Das Birt-Hogg-Dube-Syndrom hat eine schlechte Prognoseaussicht. Es handelt sich um eine genetische Erkrankung, die mit den bisherigen medizinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht heilbar ist. Erschwerend ist, dass aufgrund der rechtlichen Vorgaben ein Eingriff in die Genetik des Menschen nicht gestattet ist.

Dennoch verschlechtern sich die Aussichten auf eine Linderung der Symptome ohne die Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung zusätzlich. Es sinken das Wohlbefinden und die Lebensqualität des Patienten erheblich, da die Erkrankung mit zahlreichen Folgeerkrankungen verbunden ist. Das Risiko eines frühzeitigen Ablebens steigt zudem in einem deutlichen Maß an, da die meisten Patienten eine Krebserkrankung erleiden.

In einer ärztlichen Versorgung werden die individuell auftretenden Beschwerden behandelt. Es kommt zu einer Entfernung der gebildeten Zysten oder Tumore. Zusätzlich wird der Organismus bei Mangelerscheinungen rechtzeitig unterstützt. Dies stärkt das Immunsystem und hilft bei der körperlichen Bewältigung der Erkrankung sowie der Folgeerscheinungen.

In regelmäßigen Kontrolluntersuchungen können frühzeitig Hautveränderungen festgestellt und diagnostiziert werden. Die Behandlung ermöglicht dem Patienten eine Verbesserung der Lebensumstände und verlängert die Lebenswahrscheinlichkeit. Zusätzlich kann in einer Psychotherapie die emotionale und seelische Stabilität des Betroffenen gefördert werden. Dort erlernt der Patient ein Leben mit der Erkrankung und kann damit die Herausforderungen des Alltags besser bewältigen.


Vorbeugung

Dem Birt-Hogg-Dube-Syndrom lässt sich bisher nur durch genetische Beratung in der Phase der Familienplanung vorbeugen. Bei entsprechenden Befunden können sich Paare gegebenenfalls gegen eigene Kinder entscheiden und stattdessen Adoptionen veranlassen.

Nachsorge

Da es sich beim Birt-Hogg-Dube-Syndrom um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, ist eine direkte Nachsorge in der Regel nicht möglich und auch nicht notwendig. Der Betroffene ist in seinem gesamten Leben damit auf eine ärztliche Behandlung angewiesen, um weitere Komplikationen zu vermeiden. Da das Birt-Hogg-Dube-Syndrom allerdings die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Tumoren deutlich erhöht, sind regelmäßige Untersuchungen notwendig, um die Ausbreitung der Tumor zu verhindern.

Ebenfalls sind regelmäßige Besuche bei einem Dermatologen erforderlich, um die Hautbeschwerden zu lindern. In einigen Fällen können die Hautbeschwerden dabei auch vollständig geheilt werden, sodass eine weitere Behandlung nicht mehr notwendig ist. Allerdings sind auch im Gesicht Untersuchungen auf Karzinome notwendig.

Da die Patienten des Birt-Hogg-Dube-Syndroms an einem deutlich erhöhten Risiko an Lungenkrebs leiden, sollte auf das Rauchen vollständig verzichtet werden. In einigen Fällen kann beim Birt-Hogg-Dube-Syndrom auch der Besuch bei einem Psychologen sinnvoll sein, um psychische Beschwerden zu behandeln oder vorzubeugen. Dabei können sich auch die Eltern und die Angehörigen des Patienten in psychologische Behandlung begeben, da auch diese unter der Erkrankung leiden.

Eine ursächliche Behandlung ist bei diesem Syndrom nicht möglich. Bei einem weiteren Kinderwunsch sollte eine genetische Beratung durchgeführt werden, um das erneute Auftreten des Birt-Hogg-Dube-Syndroms möglicherweise zu verhindern.

Das können Sie selbst tun

Das Birt-Hogg-Dube-Syndrom ist eine genetisch bedingte Erbkrankheit. Betroffene können keine Maßnahmen zur Selbsthilfe ergreifen, die ursächlich wirken.

Personen, in deren Familien das Syndrom bereits einmal aufgetreten ist, sollten sich mit der Krankheit vertraut machen und bei den ersten Anzeichen einen qualifizierten Arzt aufsuchen. Die Krankheit zeigt sich meist erst im Erwachsenenalter. Erste Symptome sind Hautläsionen, die medizinische Laien auch mit einem allergischen Ausschlag oder einer anderen harmlosen Hautveränderung verwechseln können. Die Hautläsionen selbst sind meist harmlos, auch wenn sie oft entstellend wirken.

Je nach Ausprägung können sie von einem Dermatologen entfernt oder auch nur mit kosmetischen Mitteln kaschiert werden. Patienten sollten aber aus anderen Gründen zeitnah reagieren. Die Hautveränderungen zeigen sich in der Regel, bevor sich andere typische Symptome der Krankheit einstellen. Zu den charakteristischen Symptomen gehören Zysten und Tumore, die vorwiegend die Nieren befallen. Diese Tumore können bösartig sein. Je früher sie erkannt und behandelt werden, desto größer sind die Heilungschancen für den Patienten.

Der wichtigste Beitrag zur Selbsthilfe besteht für die vom Birt-Hogg-Dube-Syndrom betroffenen Personen darin, ihren eigenen Körper gut zu kennen und zu beobachten, damit sie auf krankhafte Veränderungen zügig reagieren können.

Quellen

  • Buselmaier, W. et al.: Humangenetik für Biologen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2005
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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