Corpus Callosum

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Corpus Callosum verbindet die Hemisphären des Gehirns miteinander. Es verläuft quer und besteht aus einer Vielzahl von Fasern. Es wird auch Balken genannt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Corpus Callosum?

Das Corpus Callosum übernimmt eine wichtige Funktion in der Verbindung der beiden Gehirnhälften. Das sich in ihm befindliche Kommissurensystem hat die wichtige Aufgabe der Informationsübertragung beider Hemisphären.
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Das Corpus Callosum wird medizinisch als Commissura magna bezeichnet. Darüber hinaus wird es auch Balken betitelt. Es besteht aus über 200 Millionen Nervenfasern. Im Großhirn werden efferente von afferenten Nervenfasern unterschieden.

Das Großhirns wird als Telencephalon bezeichnet. Es bildet den größten Teil des menschlichen Gehirns. Das Großhirn ist Teil des Zentralen Nervensystems und hat zwei Hemisphären. Damit wird es in die rechte und die linke Gehirnhälfte unterschieden. Das Großhirn verantwortet die Verarbeitung vieler Denk- und Handlungsprozesse. In ihm gibt es verschiedene aus Fasern bestehende Bahnsysteme. Diese werden in drei Kategorien unterteilt. Dazu zählen die Kommissurenfasern, die Projektionsfasern und die Assoziationsfasern. Die Projektionsfasern verbinden die Basalganglien mit dem Hirnstamm.

Die Assoziationsfasern verknüpfen einzelne Areale derselben Hemisphäre miteinander. Das Corpus Callosum bildet die Kommissurenfasern. Diese verbinden die Areale fast aller Teile beider Hemisphären miteinander. Ausgenommen ist der Bereich der primären Hör- und Sehrinde. Damit ist das Corpus Callosum dafür verantwortlich, dass die Kommunikation und die Informationsübertragung beider Gehirnhälften untereinander funktionieren kann.

Anatomie & Aufbau

Das Corpus Callosum hat eine gebogene Struktur und befindet sich in Höhe der Schläfenlappen. Von oben gesehen ist es in der Kopfmitte und verläuft entlang der Hirnlängsspalte. Es bildet das Dach der beiden Seitenventrikel. Die in ihm enthaltenen Kommissurenfasern sind doppelläufig.

Das Corpus Callosum wird in drei Bereiche unterteilt. Der frontale Abschnitt ist das Balkenknie oder das Genu. Der mittlere Abschnitt wird als Balkenstamm oder Truncus bezeichnet. Der hintere Bereich stellt die Balkenwulst oder das Splenium dar. Unterhalb des Genu läuft das Corpus Callosum als dünnes Rostrum aus. Die Fasern, die beide Frontallappen miteinander verbinden werden als Forceps frontalis oder Forceps minor bezeichnet.

Die Fasern, die beide Occipitallappen verbinden sind die Forceps occipitalis oder Forceps major. Das Corpus Callosum verbindet die Rindenareale mit den identischen Aufgaben der jeweiligen Hemisphären miteinander. Die hinteren und vorderen Fasern des Corpus Callosum sind U-förmig. Die Rückseite des Balkens wird als Dorsalfläche bezeichnet. Diese ist von einem dünnen grauen Belag überzogen. Bezeichnet wird er als Indusium griseum. Verortet wird er in den cortikalen limbischen Arealen.

Funktion & Aufgaben

Das Corpus Callosum übernimmt eine wichtige Funktion in der Verbindung der beiden Gehirnhälften. Das sich in ihm befindliche Kommissurensystem hat die wichtige Aufgabe der Informationsübertragung beider Hemisphären. Im rechten Occipitallappen wird die visuelle Information des linken Gesichtsfeldes verarbeitet.

Analog verarbeitet der linke Occipitallappen den visuellen Input des rechten Gesichtsfeldes. Das Corpus Callosum ermöglicht, dass beide Occipitallappen über einen sekundären Kommunikationsweg das Gesehene des ganzen Gesichtsfeldes miteinander austauschen können. Das Gleiche gilt für alle weiteren rezeptiven und motorischen Zentren im Cortex des Großhirns. Ohne das Corpus Callosum wäre dieser Austausch nicht gegeben. Es findet eine Koordination der Informationen aus den jeweiligen Gehirnhälften statt. Die Kommissurenfasern des Corpus callosum verlaufen sowohl homotop als auch heterotop. Dadurch werden die Areale des Cortex symmetrisch wie auch asymmetrisch miteinander verbunden. Dies ermöglicht, dass im Großhirn einzelne Prozesse der Informationsverarbeitung in verschiedene Regionen aufgeteilt werden und später wieder zusammengefügt sowie miteinander abgestimmt werden können.

Dies bedeutet, dass Gegenstände, die über die linke Gesichtshälfte gesehen oder mit den Händen ertastet werden, erst durch die Funktionstätigkeit des Corpus Callosum auch benannt werden können. Grund dafür ist, dass die dazugehörige sensorische Information in der rechten Gehirnhälfte verarbeitet und interpretiert wird. In der linken Hirnhälfte erfolgt jedoch die Benennung des ertasteten Gegenstandes durch die Sprachzentren. Die Verknüpfung der Gehirnhälften miteinander hat eine wichtige Bedeutung bei der verbal-musischen wie auch der verbal-analytischen Informationsübertragung sowie Verarbeitung. Damit geht das Aufgabenfeld des Balkens weit über eine rein funktionelle Zusammenführung der Hemisphären hinaus.


Krankheiten

Läsionen im Bereich des Corpus Callosum führen zu einer fehlerhaften Informationsverarbeitung, die in den jeweiligen Hemisphären des Gehirns aufgenommen werden. Ertastete oder gesehene Gegenstände könnten nicht erkannt oder benannt werden.

Die Informationen, die durch die Sinne aufgenommen werden, können in den einzelnen sensomotorischen Bereichen nicht mehr vollständig verarbeitet und zusammengesetzt werden. Dies führt zu lebenseinschneidenden Veränderungen und hat große Auswirkungen auf die Bewältigung des Alltags.

Klinisch spielt der Corpus Callosum eine wichtige Rolle bei Erkrankungen wie Epilepsie. Bevor es gute Medikamente gab, die heutzutage bei der Behandlung einer Epilepsie genutzt werden, wurde operativ der Corpus Callosum chirurgisch durchtrennt. Dieser operative Eingriff wird Callosotomie oder auch „split-brain-Operation“ genannt. Heute findet er nur noch in Einzelfällen bei sehr schweren Formen der Epilepsie statt.

Mit einer Durchtrennung des Corpus Callosum wollen Mediziner verhindern, dass eine Ausbreitung des Erregers von einer Gehirnhälfte zur anderen erfolgen kann. Die Durchtrennung der Schnittstelle beider Hemisphären soll folglich eine Verschlimmerung der Erkrankung verhindern. Neben Erkrankungen wie einer schweren Epilepsie, wurde der operative Eingriff in der Vergangenheit oft auch nach schweren Sturzanfällen durchgeführt. Die Nutzung dieser Methode wurde auch bei diesen Patienten deutlich reduziert. Da die kognitiven Beeinträchtigungen eines derartigen Eingriffs immens sind, gilt die Methode als sehr umstritten, wenngleich sie bis heute nicht vollends aufgegeben wurde.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Silbernagl, S. et al.: Taschenatlas Physiologie. Thieme, Stuttgart 2007

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