Basalganglien

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Anatomie Basalganglien

Als Basalganglien wird eine Gruppe von Nervenkernen bezeichnet, die sich unterhalb der Großhirnrinde (Kortex) paarig in jeder der beiden Hirnhälften befinden. Die Basalganglien nehmen wichtige Funktionen in der Kontrolle und Steuerung von Abläufen innerhalb des peripheren Nervensystems wahr.

Ihre Funktionen sind wichtig für die gesamte willkürliche und reflektorische Motorik sowie für kognitive Prozesse. Auch an der Bildung emotionaler, vom limbischen System erzeugter Prozesse wie Motivation, Spontaneität, Willenskraft und bei Affekten spielen die Basalganglien eine wichtige Rolle.

Inhaltsverzeichnis

Was sind die Basalganglien?

Die Basalganglien sind Teil komplexer Regelkreise, die in viele ausführende „Befehle“ des Kortex eingebunden sind. So werden z. B. im motorischen Bereich komplexe Bewegungsabläufe, die nur unter Beteiligung vieler verschiedener Muskeln möglich sind, zusammengestellt.
© joshya – stock.adobe.com

Basalganglien, die nach neuerer Nomenklatur konsequenterweise meist als Basalkerne (Nuclei basales) bezeichnet werden, bestehen aus einer Ansammlung von Nervenzellkörpern, die sich im Gehirn unterhalb der Großhirnrinde (subkortikal) befinden.

Einige Basalganglien sind identisch mit speziellen Nervenkernen wie dem geschweiften Kern (Nucleus caudatus), andere setzen sich aus mehreren Nuclei zusammen und bilden eine funktionale Einheit wie der linsenförmige Kern (Nucleus lentiformis), der sich aus dem Schalenkörper (Putamen) und dem Pallidum (Globus pallidus) zusammensetzt. Der Globus pallidus (bleiche Kugel) wiederum unterteilt sich in ein internes und ein externes Segment mit jeweils unterschiedlichen Funktionen.

Die Basalganglien erfüllen zwar wichtige Aufgaben in komplexen Bewegungsabläufen, sind aber nicht mit den Pyramidenzellen, dem pyramidalen System, verbunden, über das im Wesentlichen die Bewegungskoordination beim Menschen für willkürliche und unwillkürliche Bewegungsabläufe erfolgt. Die Basalganglien werden stattdessen dem extrapyramidalmotorischen System (EPMS) zugerechnet, nehmen aber über ihren Einfluss auf die Bewegungskoordination hinaus zusätzlich wesentlich breitere Aufgaben im Bereich emotionaler Leistungen wahr.

Anatomie & Aufbau

Der Nucleus caudatus, der den Basalganglien zugeordnet wird, stellt eine paarig angeordnete große Ansammlung von Nervenkernen des Großhirns dar. Vom seitlich benachbarten Putamen wird der Nucleus caudatus durch Nervenfasern, die als weiße Streifen sichtbar sind, abgegrenzt. Beide Nuclei zusammen werden deshalb auch als Streifenkörper (Corpus striatum oder einfach Striatum) bezeichnet.

Verschiedentlich werden auch der Globus pallidus externa und interna, die dem Putamen seitlich anliegen, zum Striatum gerechnet. In der Fachliteratur werden das Putamen und das Pallidum häufig als Nucleus lentiformis zusammen gefasst. Als Verbindungsglied zwischen Putamen und Nucleus caudatus fungiert der Nucleus accumbens, der auch wichtige Aufgaben im Belohnungssystem des Gehirns wahrnimmt. Neben dem Pallidum nimmt die sogenannte Substantia nigra, auch als Soemmering-Ganglion bezeichnet, eine wichtige Funktion in den Regelkreisen Aktivierung-Deaktivierung ein.

Es handelt sich um einen Kernkomplex des Mittelhirns, der aus dem Pars compacta und dem Pars reticularis besteht. Der Pars compacta enthält eine hohe Konzentration an Eisen und Melanin, so dass er fast schwarz erscheint. Meist wird auch der Nucleus subthalamicus zu den Basalganglien gezählt, weil er im Regelkreis der Basalganglien die Funktion des Verstärkers besetzt. Die Basalganglien arbeiten mit unterschiedlichen Neurotransmittern für die Aktivierung bzw. für die antagonistische Hemmung. Die wichtigsten Neurotransmitter in den Regelkreisen der Basalganglien sind Gamma-Aminobuttersäure, Glutamat und Dopamin.

Funktion & Aufgaben

Die Basalganglien sind Teil komplexer Regelkreise, die in viele ausführende „Befehle“ des Kortex eingebunden sind. So werden z. B. im motorischen Bereich komplexe Bewegungsabläufe, die nur unter Beteiligung vieler verschiedener Muskeln möglich sind, zusammengestellt. Gleichzeitig übernehmen die Basalganglien innerhalb der Regelkreise verstärkende (exzitatorische) und hemmende (inhibitorische) Funktionen mit jeweiligen Rückmeldungen.

Sie komponieren quasi hochintegrative Prozesse – auch im nichtmotorischen Bereich - und üben gleichzeitig eine filternde Wirkung aus. Wenn auch nicht alle Funktionen und Aufgaben der Basalganglien vollständig verstanden sind, besteht zumindest Einigkeit über die wichtigsten Meldewege innerhalb des Regelkreises. Der Regelkreis wird durch Meldungen des Kortex über Nervenverbindungen, die über Glutamatrezeptoren (glutamaterg) verfügen, an das Striatum aktiviert.

Vom Pars reticularis der Substantia nigra und vom Pars interna des Globus pallidus gelangt die bereits aufbereitete Information im Falle der Hemmung über Verbindungen, die auf Gamma-Buttersäure als Botenstoff reagieren, direkt in den Thalamus. Der Thalamus meldet über glutamaterge Nervenverbindungen direkt zurück an den Kortex.

Im Falle beabsichtigter Verstärkungen regt die Pars compacta der Substantia nigra über dopaminerge Verbindungen das Striatum an. Der Nucleus subthalamicus kann in den Verstärkungsprozess über glutamaterge Verbindungen zur Substantia nigra und zum Globus pallidus verstärkend einwirken.


Krankheiten

Die komplexen und flüssigen „normalen“ Bewegungsmuster, die von den Regelkreisen der Basalganglien erzeugt werden, können bei auftretenden Funktionsstörungen der Basalganglien erheblich beeinträchtigt werden. Funktionell beeinträchtigte Basalganglien führen typischerweise zu Dystonien, die sich in länger anhaltenden unkontrollierbaren Muskelanspannungen der Skelettmuskulatur mit entsprechenden anormalen Körperhaltungen äußern.

Ein anderer Symptomkomplex besteht in der Ausprägung von Hyperkinesen. Darunter versteht man unwillkürlich einsetzende, nicht steuerbare Bewegungen von Gliedmaßen, Kopf und Hals. Eine der bekanntesten Dystonien ist die Parkinson-Krankheit, die durch einen fortschreitenden degenerativen Prozess der Substantia nigra verursacht wird. Es kommt zu einem Abbau der melaninhaltigen Nervenzellen, so dass sich ein Dopaminmangel einstellt, der flüssige Bewegungsabläufe erschwert und bei fortschreitender Krankheit unmöglich macht.

Hauptsymptome der Parkinson-Krankheit sind Muskelstarre, Muskelzittern (Tremor), verlangsamte Bewegungen und zunehmende Instabilität in der Körperhaltung. Auch das bei Kindern relativ häufig diagnostizierte Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) wird von einer Störung im Regelkreis der Basalganglien ausgelöst. Athetosen, die mit unwillkürlichen, langsam ablaufenden ausfahrenden Bewegungen verbunden sind und häufig zu Gelenküberdehnungen führen, werden ebenfalls mit Fehlfunktionen des Striatums in Verbindung gebracht.

In diesem Fall geht die Schädigung des Striatums meist auf Geburtsvorgänge zurück. Sogenannte Tics wie das Tourette-Syndrom, die ebenfalls auf einer Fehlfunktion der Basalganglien beruhen, zeigen deutlich, dass die Basalganglien nicht nur den extrapyramidalen motorischen Bereich abdecken. Tics können zusätzlich zu den zwanghaften und sich wiederholenden Bewegungen mit dem Zwang gekoppelt sein, z.B. zusammenhanglos bestimmte Wörter auszusprechen oder auszurufen.

Typische & häufige Nervenerkrankungen

Quellen

  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Klinke, R. & Silbernagl, S.: Lehrbuch der Physiologie. Thieme, Stuttgart 2005

Das könnte Sie auch interessieren