Hirnstamm
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Hirnstamm (Truncus encephali) bezeichnet man den Bereich des Gehirns, der sich unter dem Zwischenhirn befindet. Dazu zählen das Mittelhirn, die Brücke sowie das verlängerte Rückenmark.
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Was ist der Hirnstamm?
Der Hirnstamm ist der Abschnitt unterhalb des Zwischenhirns, der alle Gehirnteile umfasst, die sich aus dem zweiten und dritten Hirnbläschen bilden. Laut Definition gehört auch das Kleinhirn dazu, dieses zählt man aber aus historischen Gründen nicht zum Truncus encephali.
Anatomie & Aufbau
Der Hirnstamm ist etwa daumengroß und verbindet die Abschnitte des zentralen Nervensystems miteinander. Hinter dem Hirnstamm schließt das Kleinhirn an, oberhalb befinden sich das Zwischen- und Großhirn. Der Hirnstamm umfasst das Mittelhirn, das verlängerte Rückenmark sowie die Brücke. Das Mittelhirn ist etwa zwei Zentimeter groß und teilt sich in die Vierhügelplatte, die Haube sowie die beiden Hirnschenkel.
Die wichtigsten Kerne dieses Bereiches sind die so genannte Formatio reticularis, die schwarze Substanz sowie der rote Kern. Die Brücke besteht aus dem Velum medullare, der Brückenhaube und dem Brückenfuß. Das verlängerte Rückenmark ist dreischichtig und besteht aus einer Haube und einem vorderen bzw. hinteren Gebiet. An der Vorderseite verlaufen die so genannten Pyramiden und die Pyramidenbahnen, seitlich liegen die Oliven, an der Hinterseite die Rautengrube und im Inneren findet man das Brechzentrum.
Im Hirnstamm ist eine Vielzahl an Neurotransmittern und verschiedensten chemischen Substanzen zu finden. Außerdem kann mittels der Berliner-Blau-Reaktion auch ein sehr hoher Gehalt an Eisen nachgewiesen werden, das in den Gliazellen sowie in den Neuronen gespeichert wird. Die Enzyme im Hirnstamm werden nach einem bestimmten Muster verteilt, wobei die Aktivität vor allem in den Kernen der Hirnnerven sehr hoch ist.
Funktion & Aufgaben
Durch den Hirnstamm verlaufen die Kerngebiete der Hirnnerven sowie alle Bahnen, die am Großhirn beteiligt sind. Dazu gehören die Bahnen des extrapyramidalen und des pyramidalen Systems, die Kleinhirnseitenstrangbahnen sowie die Bahnen der epikritischen und protopathischen Sensibilität. Die Hirnnerven liegen hauptsächlich im Bereich des Rhombencephalons und sie sind wie Säulen angeordnet.
Die Gehirnteile, die dem Hirnstamm angehören, dienen somit der Regelung, Steuerung, Modulation und Koordination. So wirken die Kerne als eine Art Umschaltstation und steuern viele Körperfunktionen. Der Hirnstamm ist für die Kontrolle der Herzfrequenz und des Blutdrucks verantwortlich, außerdem steuert er das Schwitzen und die Atmung. Darüber hinaus koordiniert er das Wachen und Schlafen und ist auch für Reflexe wie Husten, Erbrechen oder Schlucken lebenswichtig.
Das Zentrum bildet die Formatio reticularis mit den Raphe-Kernen, außerdem befinden sich im Hirnstamm zehn Gehirnnerven, die das Gleichgewicht regulieren, für die Steuerung der Augen- und Gesichtsmuskulatur verantwortlich sind und Hör- und Geschmackseindrücke weiterleiten. Darüber hinaus werden vom Hirnstamm aus auch Muskelbewegungen koordiniert. Die Formatio regularis steuert die Stimmung, motorische Vorgänge, Sekretionsreflexe bei der Verdauung sowie okulomotorische Reflexe. Des Weiteren ist der Hirnstamm die Quelle von Endorphin, Noradrenalin, Dopamin und Serotonin.
Krankheiten
Eine mögliche Erkrankung im Bereich des Truncus encephali ist der Hirnstamminfarkt, der unterschiedliche Formen annehmen kann. Die schwerste Form ist das Locked-In-Syndrom, bei dem die Betroffenen beinahe vollständig gelähmt sind und nur noch vertikale Augenbewegungen ausführen können. Die Patienten sind aber bei vollem Bewusstsein und können auch komplexe Zusammenhänge aufnehmen.
Eine weitere Form ist das Wallenberg-Syndrom, bei dem das Rückenmark nicht mit ausreichend Blut versorgt wird. Dadurch kommt es zu Bewegungs-, Schluck- und Gefühlsstörungen. In vielen Fällen tritt ein Hirnstamminfarkt auf Grund einer Arterienverkalkung auf. Wie die Krankheit verläuft, ist von der Schwere des Hirnstamminfarkts abhängig. Nach einem leichten Infarkt können die Patienten meist wieder ein selbstständiges Leben führen, bei einem schweren Infarkt muss man jedoch mit zahlreichen Einschränkungen rechnen. Leiden Betroffene an einem Benedikt-Syndrom, so ist das Gewebe im Bereich des Mittelhirns geschädigt.
In diesem Fall treten Funktionsstörungen an der kontralateralen Körperseite auf, die Pupille ist lichtstarr und die Patienten sehen oftmals Doppelbilder. Ein sehr klassisches Hirnstammsyndrom ist das so genannte Weber-Syndrom. Dieses entsteht durch eine Schädigung des Gewebes in der Region des Mittelhirnfußes. Die Patienten sehen Doppelbilder und die Augenbeweglichkeit ist eingeschränkt. Die Pupille ist sehr weit und es tritt Lähmungsschielen auf. Auf der gegenüberliegenden Seite kommt es zu einer spastischen Halbseitenlähmung. Beim Babinski-Nageotte-Syndrom wird das verlängerte Mark geschädigt. Es ist ein alternierendes Hirnstammsyndrom, bei dem ungekreuzte und gekreuzte Nervenfasern ausfallen.
Die Betroffenen leiden an neurologischen Ausfällen, die auf der kontralateralen Seite oder auch auf der leichten Seite des Körpers auftreten. Zu den Entwicklungs- und Anlagestörungen des Hirnstamms gehören die unterschiedlichsten Formen der Chiari-Malformationen sowie die Dandy-Walker-Malformation. Bei der Chiari-Malformation handelt es sich um eine Fehlbildung, die durch ein Größenmissverhältnis zwischen dem Metencephalon und der hinteren Schädelgrube charakterisiert ist. Die Symptome treten meistens zwischen dem 10. und 40. Lebensjahr auf, wobei die Betroffenen vor allem unter Nacken-Hinterkopf-Schmerzen, Sehstörungen, Hörstörungen, Gleichgewichtsstörungen und Schwindel leiden.
Durch eine fetale Entwicklungsstörung des Kleinhirns kommt es zur Dandy-Walker-Malformation, bei der Spastik und Augenbewegungsstörungen bereits im 1. Lebensjahr auftreten. Im Bereich des Hirnstamms kann außerdem ein Tumor auftreten, wobei die häufigste Tumorart das so genannte Astrozytom ist. Ein Hirnstammtumor führt zu Seh- und Sprachstörungen sowie spastischen Paresen, manchmal treten auch Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen auf.
Typische & häufige Gehirnerkrankungen
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Kugler, P.: Der Menschliche Körper. Anatomie, Physiologie, Pathologie. Urban & Fischer/ Elsevier, München 2017
- Weniger, W.: Gehirn und Nervensystem. Facultas, Wien 2019