Dermotrichie-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Dermotrichie-Syndrom handelt es sich um eine Krankheit, die in der Regel genetische Ursachen aufweist. Die betroffenen Patienten leiden folglich von Geburt an am Dermotrichie-Syndrom. Dabei zeigen bisherige Beobachtungen, dass die Erkrankung im Durchschnitt nur mit geringer Häufigkeit bei Personen vorkommt. Das Dermotrichie-Syndrom ist im Wesentlichen durch drei typische Beschwerden gekennzeichnet. Dabei handelt es sich um Alopezie, Ichthyose und Photophobie.
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Was ist das Dermotrichie-Syndrom?
Im Rahmen des Dermotrichie-Syndroms leiden die erkrankten Patienten an einer charakteristischen Kombination von drei Leitbeschwerden. Dabei entwickeln die betroffenen Personen eine Ichthyosis follicularis sowie eine Photophobie und Alopezie. Von diesen drei Hauptsymptomen leitet sich das Synonym IFAP-Syndrom ab. Grundsätzlich handelt es sich beim Dermotrichie-Syndrom um eine selten auftretende Krankheit.
Die Symptomatik zeigt sich schon kurz nach der Geburt, denn das Dermotrichie-Syndrom ist eine genetisch verursachte Erkrankung. Der Erbgang der Krankheit ist meist X-chromosomal. Nach dem bisherigen Forschungsstand ist die exakte Häufigkeit des Vorkommens des Dermotrichie-Syndroms noch nicht genau bekannt. Derzeit sind bereits circa 40 Krankheitsfälle nachgewiesen.
Auffällig bei diesen Patienten ist, dass überwiegend Männer an dem Dermotrichie-Syndrom erkranken, während weibliche Personen eher seltener von der Symptomatik betroffen sind. Jedoch geben Frauen die Krankheit an Nachkommen weiter. Dabei zeigen sie in manchen Fällen auch typische Beschwerden des Dermotrichie-Syndroms.
Ursachen
Prinzipiell handelt es sich beim Dermotrichie-Syndrom um eine Erbkrankheit. Das bedeutet, dass genetische Faktoren für die Entstehung der Krankheit sowie der typischen Beschwerden zuständig sind. Im Fall des Dermotrichie-Syndroms sind es vor allem spezielle Mutationen auf einem Gen, die die Erkrankung auslösen.
Konkret handelt es sich dabei um das sogenannte MBTPS2-Gen. In der Folge dieser Mutation läuft die Cholesterin-Homöostase nicht in der gleichen Weise wie bei gesunden Personen ab. Außerdem verändert sich die Antwort auf Stress durch das endoplasmatische Retikulum.
Aktuell wird die Prävalenz des Dermotrichie-Syndroms auf etwa 1:1.000.000 geschätzt, wobei keine gesicherten Aussagen möglich sind. Die Krankheit wird im überwiegenden Teil der Fälle auf X-chromosomal−rezessivem Weg vererbt. Darüber hinaus ist in einzelnen Fällen auch eine autosomal-dominante Vererbungsweise möglich.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Beim Dermotrichie-Syndrom leiden die betroffenen Patienten an einer charakteristischen Trias von Symptomen, also einer Kombination von drei typischen Leitbeschwerden. Dabei handelt es sich zum einen um eine follikuläre Ichthyose, die bereits von Geburt an besteht. Im Rahmen dieser Erkrankung kommt es zu Auswüchsen der Follikel, die in ihrer Form an Dornen erinnern. Zudem weisen sie eine spiegelgleiche Gestalt auf.
Die Beschwerden treten zum Großteil auf der Haut des Kopfes sowie an den Streckseiten der Gliedmaßen auf. Zum anderen ist eine Alopezie ein kennzeichnendes Leitsymptom des Dermotrichie-Syndroms. Typisch für die betroffenen Personen ist, dass sie am gesamten Körper keinerlei Haarwuchs aufweisen. Aus diesem Grund sind beispielsweise weder Wimpern noch Augenbrauen vorhanden.
Schließlich geht das Dermotrichie-Syndrom mit einer Photophobie einher, die sich schon bei kleinen Kindern bemerkbar macht. Außerdem entwickeln sich Ulzera im Bereich der Cornea, wobei es im Verlauf der Erkrankung zu einer Bildung von Narben kommt.
Weibliche Krankheitsüberträgerinnen leiden in zahlreichen Fällen nur unter schwach ausgeprägten Beschwerden des Dermotrichie-Syndroms.
Weitere mögliche Symptome der Krankheit sind ein ständiger Tränenfluss, eine Myopie sowie ein Katarakt. Unter Umständen zeigen die am Dermotrichie-Syndrom erkrankten Personen einen Astigmatismus. In seltenen Fällen leiden die betroffenen Patienten an einer Minderung der Intelligenz, krampfartigen Anfällen sowie an Kleinwüchsigkeit.
Zudem treten mitunter optische Anomalien auf, etwa vergrößerte Ohren oder eine sogenannte Balkonstirn. Bei manchen Patienten zeigen sich im Zusammenhang mit der Krankheit Spalthände, Missbildungen des Darmtraktes sowie eine Stenose des Dünndarms.
Diagnose
Die Konsultation eines Arztes ist dann angezeigt, wenn die typische Verbindung der drei Leitbeschwerden des Dermotrichie-Syndroms bei einer Person auftritt. Meist zeigt sich die Symptomatik bereits bei betroffenen Kindern und gibt dann Anlass zum Besuch des Kinderarztes. Wenn die Notwendigkeit besteht, überweist der Arzt den kindlichen Patienten an einen geeigneten Spezialisten weiter.
Bei der Stellung der Diagnose wird zunächst die vorliegende Symptomatik geklärt. Nach dem Gespräch mit Patient und Sorgeberechtigen setzt der Arzt verschiedene klinische Untersuchungsverfahren ein. Dabei geben die typischen Anzeichen der Krankheit bereits einen wichtigen Hinweis auf das Dermotrichie-Syndrom.
Eine Sicherung der Diagnose ist in der Regel mit Hilfe einer genetischen Analyse des betroffenen Patienten möglich. Bei der Diagnose des Dermotrichie-Syndroms führt der behandelnde Arzt auch eine gründliche Differenzialdiagnose durch. Dies ist besonders relevant, um das Dermotrichie-Syndrom nicht mit anderen Krankheiten zu verwechseln, die ähnliche Symptome aufweisen.
Dabei grenzt der Arzt die Beschwerden des Dermotrichie-Syndroms zum Beispiel von denen der mukoepithelialen hereditären Dysplasie sowie des KID-Syndroms ab. Außerdem ist das Vorliegen des Dermotrichalen Syndroms und der Keratosis follicularis decalvans auszuschließen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Besteht der Verdacht auf das Dermotrichie-Syndrom, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Symptome wie Follikel und Katarakt deuten zwar nicht unbedingt auf die Erbkrankheit hin. Fast immer liegt diesen Beschwerden aber eine ernste Erkrankung zugrunde, die in jedem Fall abgeklärt und gegebenenfalls behandelt werden muss.
Der fehlende Haarwuchs am Körper ist dagegen ein eindeutiger Hinweis auf das Dermotrichie-Syndrom. Wer dieses Warnzeichen bemerkt, sollte umgehend mit einem Arzt sprechen und die Ursache abklären lassen. Dasselbe gilt, wenn plötzlich Sehbeschwerden bemerkt werden oder immer wieder krampfartige Anfälle auftreten.
Die Erkrankung sollte am besten bereits in der frühen Kindheit oder spätestens im Jugendalter einem Kinder- oder Hausarzt vorgestellt werden. Der Allgemeinmediziner wird den Patienten unter Umständen an einen Facharzt für Erbkrankheiten verweisen. Zusätzlich sollte ein Augenarzt und bei psychischen Leiden auch ein Therapeut hinzugezogen werden.
In schweren Fällen benötigt der Erkrankte im späteren Leben umfassende Unterstützung im Alltag. Hier gilt: Die notwendigen Schritte frühzeitig einleiten und auch die Angehörigen über die Erkrankung informieren.
Behandlung & Therapie
Das Dermotrichie-Syndrom ist nicht ursächlich therapierbar. Zur Behandlung der follikulären Hyperkeratose kommen bei den Patienten Emollentien oder Substanzen mit Harnstoff zum Einsatz. Die Prognose des Dermotrichie-Syndroms variiert im Einzelfall. Manche betroffenen Personen versterben schon im Säuglingsalter, während andere ein durchschnittliches Lebensalter erreichen.
Aussicht & Prognose
Der Verlauf des Dermotrichie-Syndroms ist schwer vorauszusagen. So versterben einige Patienten bereits im Neugeborenenalter. Andere Betroffene haben aber eine ganz normale Lebenserwartung. Für alle Erkrankten gilt jedoch, dass das Dermotrichie-Syndrom eine erblich bedingte und unheilbare Krankheit ist.
Sämtliche Patienten leiden unter den drei Leitsymptomen Haarausfall, Verhornungsstörungen der Haut sowie einer erheblichen Fotoempfindlichkeit. In manchen Fällen können auch innere Organe betroffen sein. Besonders wenn Herz oder Lunge beteiligt sind, kann es zu tödlichen Verläufen kommen. Häufiger wird die Prognose jedoch durch die drei Leitsymptome bestimmt.
Im Rahmen der Alopezie kommt es zu völliger Haarlosigkeit des Körpers sowie zu fehlenden Augenbrauen und Wimpern. Vor allem auf der Kopfhaut und auf den Streckseiten der Extremitäten treten bereits seit der Geburt so starke Verhornungen auf, dass diese als dornige Follikelauswüchse erscheinen. Die Verhornungen können auch durch Hornhaut lösende Medikamente oder Harnstoffpräparate nur schwer beseitigt werden. Sowohl die Alopezie als auch die follikuläre Ichthyose (Verhornung) verkürzen zwar nicht die Lebenserwartung, sie können jedoch die Lebensqualität der Patienten schwer beeinträchtigen und das Auftreten psychischer Auffälligkeiten begünstigen.
Gefährlicher ist die Fotoempfindlichkeit der Patienten, die ohne Behandlung oft zur Einschränkung der visuellen Wahrnehmungsfähigkeit bis zur Blindheit führen kann. Obwohl viele Betroffene eine durchschnittliche Lebenserwartung haben, kann der Visusverlust allerdings deren Autonomie stark einschränken.
Vorbeugung
Eine Prävention des Dermotrichie-Syndroms ist nicht praktikabel, da die Erkrankung angeboren ist.
Nachsorge
In den meisten Fällen sind beim Dermotrichie-Syndrom keine besonderen Möglichkeiten der Nachsorge möglich oder notwendig. Da es sich bei dieser Erkrankung um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, kann sie auch nicht kausal, sondern nur rein symptomatisch behandelt werden. Eine vollständige Heilung ist in der Regel nicht möglich. Sollte beim Betroffenen des Dermotrichie-Syndroms auch ein Kinderwunsch vorliegen, kann unter Umständen auch eine genetische Beratung durchgeführt werden, um das erneute Auftreten des Syndroms zu verhindern.
In den meisten Fällen sind die Betroffenen beim Dermotrichie-Syndrom auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen. Dabei ist auf eine regelmäßige Einnahme zu achten. Bei Kindern müssen vor allem die Eltern auf das richtige und regelmäßige Einnehmen der Medikamente achten, um weitere Beschwerden zu verhindern. Die betroffenen Kinder sind dabei auf eine liebevolle und intensive Pflege durch die Eltern und die Angehörigen angewiesen.
Da es durch das Dermotrichie-Syndrom auch häufig zu einem frühen Tod des Kindes kommt, kann auch eine psychologische Unterstützung sehr sinnvoll sein. Dabei sind vor allem intensive Gespräche mit den Freunden und der eigenen Familie sehr hilfreich. Auch der Kontakt zu anderen betroffenen Eltern des Dermotrichie-Syndroms kann dabei sinnvoll sein, da es dabei zu einem Austausch an Informationen kommt.
Das können Sie selbst tun
Beim Dermotrichie-Syndrom handelt es sich um eine Erbkrankheit, weshalb der Patient keine Selbsthilfemaßnahmen ergreifen kann, die kausal wirken. Allenfalls können die Betroffenen dazu beitragen, einige der Symptome der Störung zu lindern.
Die Ichtyosis, die zu den Leitbeschwerden des Syndroms zählt, kann oftmals durch eine konsequente und gezielte Hautpflege gemildert werden. Hilfreich sind Bäder, die mit Salz vom Toten Meer angereichert sind. Nach dem Bad sollte die Haut vorsichtig abgetupft und anschließend mit einer Spezialsalbe gepflegt werden. Unterstützend wirken außerdem hypoallergene Produkte, die den Wirkstoff Urea (Harnstoff) enthalten.
Gegen die Photophobie hilft am besten eine sehr gute Sonnenbrille. Darüber hinaus können im häuslichen Umfeld leichte blaue Vorhänge für ein gedämpftes, aber dennoch als angenehm und wohnlich empfundenes Licht sorgen.
In seltenen Fällen leiden die Patienten auch an einer geistigen Retardierung. Die Eltern der betroffenen Kinder sollten dann für ein optimale Frühförderung Sorge tragen. Mit psychologischen und pädagogischen Methoden lässt sich die intellektuelle Entwicklung der betroffenen Kinder gezielt fördern.
Patienten, die aufgrund ihres oftmals auffälligen Erscheinungsbildes seelisch stark leiden, sollten rechtzeitig einen Psychotherapeuten zuziehen. Einige der optischen Auffälligkeiten, wie etwa übergroße Ohren oder eine Balkonstirn, lassen sich chirurgisch korrigieren.
Quellen
- Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003