Intelligenzminderung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Von Intelligenzminderung sind statistisch gesehen etwa drei Prozent der Bevölkerung betroffen. Unterschieden werden unterschiedliche Schweregrade von der sogenannten „Borderline-Intelligenz“ bis hin zu „schwerster Intelligenzminderung“. Es handelt sich hierbei um eine Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Intelligenzminderung?

Ursächlich kann sein, dass die Mutter sich während der Schwangerschaft virale oder bakterielle Infektionen zugezogen hat (etwa Röteln) oder aber Drogen (Nikotin, Heroin), Medikamente oder Alkohol konsumiert hat beziehungsweise sich fehl- oder mangelernährt hat.
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Definiert ist Intelligenzminderung als eine unvollständige oder stehen gebliebene Entwicklung der geistigen Fähigkeiten, die das Intelligenzniveau betreffen (Sprache, Kognition, soziale und motorische Fähigkeiten). Je nach Intelligenzquotient werden verschiedene Stufen unterschieden: Bei einem IQ von 70 bis 84 wird von einer sogenannten „Borderline-Intelligenz“ gesprochen. Betroffene lernen langsamer und haben Schwierigkeiten, Schulstoff aufzunehmen.

Eine leichte Intelligenzminderung ist durch einen IQ zwischen 50 und 69 gekennzeichnet, was dem Alter eines neun- bis zwölfjährigen Kindes entspricht. Die Betroffenen können meist in Förderschulen für Lernbehinderte aufgefangen werden und sind schulfähig. Eine mittelgradige Intelligenzminderung bezeichnet einen IQ zwischen 35 und 49, was dem Intelligenzgrad von Sechs- bis Neunjährigen entspricht.

Beträgt das Intelligenzalter drei bis unter sechs Jahren (was einem IQ von 20 bis 34 entspricht), sprechen Fachleute von einer schweren Minderbegabung. Beträgt der IQ unter 20, lautet die Diagnose schwerste Intelligenzminderung, was starke Einschränkungen des Sprachvermögens, der Kontinenz und der Beweglichkeit mit sich bringt. Je nach Schweregrad benötigen die Betroffenen mehr oder weniger Fürsorge und einen geschützten Rahmen.

Ursachen

Die Ursachen für eine Intelligenzminderung sind häufig nicht mehr genau feststellbar. Jedoch gibt es einige Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit für eine spätere Minderbegabung deutlich erhöhen. Oft ist eine Intelligenzminderung genetisch-chromosomal bedingt (zum Beispiel bei Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt), ebenso sind stoffwechselbedingte Störungen denkbar.

Eine Minderbegabung kann auch die Folge eines hirnorganischen Entwicklungsdefekts sein, wie sie zum Beispiel bei Epilepsie auftritt, oder aber hormonell bedingt sein. Möglich ist es ebenfalls, dass die Mutter sich während der Schwangerschaft virale oder bakterielle Infektionen zugezogen hat (etwa Röteln) oder aber Drogen (Nikotin, Heroin), Medikamente oder Alkohol konsumiert hat beziehungsweise sich fehl- oder mangelernährt hat.

Frühgeburtlichkeit oder Geburtstraumen können gleichfalls bleibende Schäden zur Folge haben und Ursachen darstellen. In manchen Fällen tritt die Intelligenzminderung aber auch postnatal auf. Sie kann die Begleiterscheinung einer Infektion sein, wie sie die Meningitis darstellt, die durch Zeckenbisse übertragen wird. Festgestellt wurde ebenso, dass Impfschäden oder niedrige Vitamin-D-Blutwerte eine Rolle spielen können, da letztere ungünstig für die Gehirnleistung sind.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Es gibt zahlreiche Symptome, Beschwerden und Anzeichen, die auf eine Intelligenzminderung hinweisen. Allerdings ist es wichtig, diese von anderen psychischen Erkrankungen und von Demenz abzugrenzen. Dies ist Aufgabe einer sorgfältigen Diagnostik.

Generell treten bei Minderbegabung oft folgende Anzeichen auf: So weisen Betroffene häufig eine ausgesprochene Passivität und psychische Abhängigkeit auf sowie eine niedrige Frustrationstoleranz. Aus diesem Grunde sind sie sehr häufig auf Fürsorge und einen geschützten Rahmen angewiesen. Eine gestörte Impulskontrolle, Selbstverletzungen und Aggressivität können ebenfalls Hinweise auf eine Intelligenzminderung sein.

Menschen mit Minderbegabung verfügen ferner über eine verminderte Anpassungsfähigkeit an die Anforderung des alltäglichen Lebens und sind sehr oft in der verbalen und non-verbalen Kommunikation gestört, was das Zusammenleben mit der Umwelt schwierig machen kann, da sie sich häufig nur schwer verständlich machen können und ihrerseits massive Verständnisschwierigkeiten haben.

Schon einfache Aufgaben können unüberwindliche Probleme darstellen, was die Betroffenen in ihrer sozialen Entwicklung hemmen kann. Soziale Anpassungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten und möglicherweise auch körperliche Symptome sind weitere Anzeichen einer Minderbegabung.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Um die richtige Diagnose zu stellen, stehen im Wesentlichen zwei Instrumente zur Verfügung: Dies ist zum einen der klinische Eindruck, der sich aus der Beobachtung ergibt, und zum anderen die Messung des Intelligenzquotienten durch Intelligenztests. Letztere vermitteln verlässlich Informationen über den Schweregrad der Minderbegabung.

Ist eine Intelligenzminderung vorhanden, kann diese nicht mehr aufgehoben, sondern nur in ihren Auswirkungen geringfügig gemildert werden. Die Betroffenen sind auf gute Lebens- und Arbeitsbedingungen und oft auf intensive Fürsorge angewiesen, ansonsten droht sozialer Rückzug, Vereinsamung und Isolation, da die Umwelt meist wenig Verständnis aufbringt.

Komplikationen

Die Auswirkungen und Beschwerden bei einer Intelligenzminderung hängen sehr stark von der Ausprägung dieser Krankheit ab. In der Regel wird der Alltag des Patienten durch die Intelligenzminderung erheblich erschwert. Auch die Eltern und Angehörigen leiden dabei sehr oft an psychischen Beschwerden oder an Depressionen. Die meisten Patienten sind durch diese Minderung in ihrem Denken und Handeln eingeschränkt.

Weiterhin kann es zu starken Stimmungsschwankungen oder zu Denkstörungen kommen. Im schlimmsten Fall sind die Betroffenen aggressiv und können auch ein selbstverletzendes Verhalten zeigen. Nicht selten führt eine Intelligenzminderung zu sozialen Problemen, sodass vor allem Kinder in der Schule oder im Kindergarten aus Gruppen ausgeschlossen werden. Weiterhin kann es auch zu Mobbing oder zu Hänseleien kommen.

Auch das Lernen ist durch die Intelligenzminderung deutlich erschwert, sodass der Patient im Erwachsenenalter in den meisten Fällen ebenfalls an dieser Krankheit leiden wird. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt durch verschiedene Therapien und Förderungen. In einigen Fällen benötigen die Patienten einen besonderen Schutz, da sie Gefahren nicht richtig einschätzen und sich dabei verletzen könnten.

Ebenso ist in einigen Fällen eine Behandlung in einer geschlossenen Klinik notwendig. Ob die Behandlung der Intelligenzminderung zu einem positiven Krankheitsverlauf führt, kann allerdings nicht universell vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Nicht immer ist bei einer Intelligenzminderung ein ärztlicher Kontrollbesuch notwendig. Können normale Alltagsanforderungen ausgeführt werden, wird kein Arzt benötigt. In einigen Fällen braucht der Betroffene aufgrund der herabgesetzten Intelligenz mehr Zeit bei der Erfüllung von anstehenden Aufgaben. Liegt eine stark verminderte Intelligenz vor, benötigt der Betroffene oftmals Hilfe und Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags. Um genau einschätzen zu können, wie die geistige Leistungsmöglichkeit ist, sollte ein IQ Test durchgeführt werden, sobald Kinder oder Heranwachsende deutliche Unterschiede im Vergleich zu Gleichaltrigen zeigen.

Wirkt der Betroffene schnell überfordert oder fällt es ihm schwer, neue Dinge zu lernen, wird eine Einschätzung der vorhandenen Intelligenz empfohlen. Bei Verzögerungen der Entwicklung, einer starken Vergesslichkeit oder einem vorzeitigen intellektuellen Entwicklungsstopp, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Wirkt der Betroffene häufig abwesend, kommt es zu deutlichen Lernverzögerungen oder können nur sehr langsam und mit hohem Aufwand neue Fertigkeiten erworben werden, sollte ein Arztbesuch erfolgen. Zur Förderungen der vorhandenen Intelligenz kann ein Arzt wichtige Hinweise für Trainings oder regelmäßig anwendbare Übungseinheiten geben. Liegen Störungen der Merkfähigkeit vor, stellen sich deutliche Einbußen vorhandener geistiger Leistungen ein oder kommt es im Laufe des Lebens zu einem unnatürlichen geistigen Abbau, ist es ratsam, einen Arzt zu konsultieren.

Behandlung & Therapie

Eine Behandlung der Ursache der Intelligenzminderung ist zumeist nicht mehr möglich, da diese in der Regel hirnorganisch bedingt irreversibel ist. Umso mehr Bedeutung kommt der Prävention und Vorbeugung zu. Möglich ist es aber, Betroffene während ihrer Entwicklung sehr früh zu fördern und auf diese Weise vorhandene Ressourcen zu stärken und Schwächen abzumildern. Eine gute Integration in Familien oder in speziellen Einrichtungen ist bei Fürsorgebedürftigkeit außerdem notwendig.

Betroffene haben oft einen besonderen Schutz nötig, da sie aufgrund ihrer psychosozialen Konstitution eher Gefahr laufen, vernachlässigt oder missbraucht zu werden. Je nach Schweregrad sind auch Förderschulen für Lernbehinderte geeignet, wenn eine Schulfähigkeit vorhanden ist. Minderbegabte benötigen generell optimale Lebens- und Arbeitsbedingungen, um sich bestmöglich entfalten zu können.

Während sie in vergangenen Zeiten überwiegend in Heimen untergebracht wurden, werden inzwischen andere Lebensformen gefördert. So existieren beispielsweise das Betreute Wohnen oder verschiedene integrative Therapieprogramme, die die soziale Eingliederung verbessern und Hospitalisierung vorbeugen sollen. Auf diese Weise soll den Betroffenen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden.

Sind neben der Intelligenzminderung zusätzlich Verhaltensstörungen vorhanden, kann auch eine medikamentöse Therapie Sinn machen, um den Leidensdruck für die Betroffenen und für die Umwelt zu verringern. Eine medikamentöse Therapie für die Intelligenzminderung selbst gibt es jedoch nicht. Diese kann lediglich geringfügig abgemildert, nicht jedoch aufgehoben werden.


Aussicht & Prognose

Eine Intelligenzminderung hat eine ungünstige Prognose. Die Störungen des Gehirns sind irreparabel, so dass eine Heilung nicht stattfinden kann. Mit gezielten Trainings und Schulungen, die auf die individuellen Bedürfnisse des Betroffenen abgestimmt sind, können Verbesserungen der kognitiven Leistungen erzielt werden. Diese führen zu einer Zunahme allgemeinen geistigen Fähigkeiten sowie einer Stabilität des erworbenen Wissens. Eine Intelligenz im Normalbereich wird trotz aller Bemühungen nicht erreicht.

Ziel einer Therapie ist es, soweit wie möglich die vorhandenen Kompetenzen zu verbessern, damit die alltäglichen Aufgaben teilweise oder nahezu vollständig vom Betroffenen selbst übernommen werden können. Die verbale und nonverbale Kommunikation wird zudem trainiert, damit die zwischenmenschlichen Interaktionen verbessert werden. Dadurch wird ein verbessertes Wohlbefinden sowie eine Zunahme der allgemeinen Lebensqualität erreicht.

Liegen chronischen Erkrankungen vor, ist die Aussicht auf eine Stabilisierung der kognitiven Kompetenzen nicht gegeben. Die Prognose ist bei diesen Patienten besonders ungünstig. Es findet aufgrund der vorliegenden Grunderkrankung ein kontinuierlicher Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit statt, der sich mit den bisherigen schulmedizinischen Möglichkeiten nicht unterbrechen lässt. In einer Behandlung wird versucht, den Krankheitsfortschritt zu beeinflussen. Damit sollen die Abbauprozesse verzögert werden und möglichst lange ein vorhandenes Niveau erhalten bleiben. Ein Wiederaufbau der geistigen Leistungen ist in diesen Fällen nicht möglich.

Vorbeugung

Um einer Intelligenzminderung vorzubeugen, sollten zunächst Vorsorgemaßnahmen in der Schwangerschaft in Anspruch genommen werden. Viele Fehlentwicklungen können schon pränatal festgestellt und aufgehalten werden. Auch sollten werdende Mütter auf eine möglichst gesunde Lebensweise achten und auf Drogen und Alkohol in jeglicher Form verzichten.

Im Kindesalter sollten Eltern Maßnahmen zur Früherkennung von möglichen Krankheiten ergreifen, um so beizeiten eingreifen zu können. Letztlich ist Prävention bei Minderbegabung die beste Alternative, da diese später nur geringfügig verbessert, aber nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

Nachsorge

Eine Nachsorge erweist sich bei einer Intelligenzminderung in den meisten Fällen als relativ schwierig, sodass diese Krankheit auch nicht immer vollständig geheilt werden kann. In einigen Fällen kann diese Minderung dabei auch gelindert werden, wobei der weitere Verlauf auch sehr stark von der zugrundeliegenden Erkrankung und auch vom Zeitpunkt der Diagnose abhängig ist. Es kann dabei allerdings nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen.

Die meisten Betroffenen sind im Rahmen einer Intelligenzminderung auf die Unterstützung der eigenen Familie und der Freunde in ihrem Alltag angewiesen. Sie können den Alltag nicht selten alleine nicht meistern und benötigen daher eine intensive Pflege. Dabei sind auch liebevolle Gespräche mit der eigenen Familie sehr wichtig, da dadurch eventuell auch Depressionen oder andere psychische Verstimmungen verhindert werden können.

Ebenso kann der Kontakt zu anderen Betroffenen mit derselben Erkrankung sehr sinnvoll sein, da es dabei zu einem Austausch an Informationen kommt. Häufig müssen die Betroffenen in einer speziellen Einrichtung untergebracht werden. Falls die Intelligenzminderung durch eine genetisch bedingte Krankheit auftritt, sollte im Falle eines Kinderwunsches eine genetische Untersuchung und Beratung durchgeführt werden. Dadurch kann das erneute Auftreten der Minderung verhindert werden.

Das können Sie selbst tun

Der Betroffene kann in der Regel keine Maßnahmen ergreifen, die kausal wirken, da die Störung meist hirnorganisch bedingt und irreversibel ist. Darüber hinaus kann sich der Patient aufgrund seiner geistigen Retardierung oftmals ohnehin nicht selbst helfen. Gefordert sind stattdessen die Angehörigen und das soziale Nahfeld.

Eltern, die bei ihrem Kind Entwicklungsstörungen beobachten, sollten zeitnah handeln. Kognitive Beeinträchtigungen bei Kindern zeigen sich in der Regel dadurch, dass sich sowohl ihre motorischen als auch ihre sozialen Fähigkeiten nicht altersgerecht entwickeln. Viele betroffene Kinder zeigen außerdem eine stark verzögerte Sprachentwicklung. Der Wortschatz und die Fähigkeit, komplexe Satzgefüge zu bilden, liegen weit hinter dem Gleichaltriger zurück. Eltern sollten in solchen Fällen unverzüglich einen Arzt aufsuchen, um die Ursachen abklären zu lassen. Liegt tatsächlich eine Intelligenzminderung vor, ist es wichtig, dass das Kind möglichst früh optimal gefördert wird. Mittels psychologischer und pädagogischer Maßnahmen können vorhandene Defizite nicht immer kompensiert, meist jedoch gemindert werden.

Kinder mit einer Intelligenzminderung können außerdem nur selten eine normale Schule besuchen. Da geeignete Sonderschulplätze häufig knapp sind, ist es wichtig, dass sich die Familien der Betroffenen wenigstens zwölf bis 18 Monate vor Erreichen des schulpflichtigen Alters um einen geeigneten Betreuungsplatz kümmern. Sofern sich abzeichnet, dass der Betroffene lebenslang auf ein geschütztes Umfeld angewiesen ist, sollten sich Eltern rechtzeitig über alle angebotenen Betreuungsalternativen informieren, um die bestmögliche Versorgung ihres Kindes gewährleisten zu können.

Quellen

  • Gleixner, C., Müller, M., Wirth, S.: Neurologie und Psychiatrie. Für Studium und Praxis 2015/16. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2015
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
  • Kochen, M.M.: Duale Reihe. Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Thieme, Stuttgart 2012

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