Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie ist eine Erberkrankung, die auf Basis einer Mutation entsteht und mit Muskelschwäche und Muskelschwund einhergeht. Zwei Formen der Krankheit mit verschiedenem Erbgang sind bislang bekannt. Zu den Therapiemaßnahmen zählt vor allem Physiotherapie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie?

Die Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie tritt nicht sporadisch auf. Stattdessen wurde im Zusammenhang mit der Erkrankung eine familiäre Häufung beobachtet, die für die genetische Basis und die Erblichkeit der Muskelkrankheit spricht.
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Die Krankheitsgruppe der Muskeldystrophien umfasst eine Reihe von progressiven Muskelerkrankungen, die den Erbkrankheiten zugeordnet werden können und auf Basis einer Mutation im Erbgut entstehen. Muskeldystrophien liegt meist ein Defekt oder Mangel von Muskelproteinen zugrunde. Die Folge ist eine Muskelschwäche, die später Muskelschwund verursacht.

Die Veränderungen im Muskelgewebe schreiten progredient fort und werden auch dystrophische Veränderungen genannt. Eine Erkrankung aus der Gruppe der Muskeldystrophien ist die Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie. Erstmals als eigenständige Muskeldystrophie beschrieben wurde die Erkrankung gegen Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Bezeichnung Hauptmann-Thannhauser-Syndrom gilt als Synonym für die Erbkrankheit.

Zwei verschiedene Formen der Erkrankungen existieren, die beide vererbbar sind und sich lediglich in der Lokalisation der betroffenen Gene und dem jeweiligen Erbgang unterscheiden. Wie alle Muskeldystrophien ist auch die Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie mit genetischen Mutationen assoziiert. Der AD-EDMD-Erbgang wurde von Hauptmann und Thannhauser schon 1941 dokumentiert. Emery und Dreifuss beschrieben 1966 die X-chromosomale Form der Erkrankung.

Ursachen

Die Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie tritt nicht sporadisch auf. Stattdessen wurde im Zusammenhang mit der Erkrankung eine familiäre Häufung beobachtet, die für die genetische Basis und die Erblichkeit der Muskelkrankheit spricht. Die zwei vererbbaren Formen der Krankheit unterscheiden sich nach der Lokalisation der beteiligten Gene. Beiden Formen liegt eine Mutation zugrunde.

Es handelt sich aber nicht um dieselbe Mutation. Die erste Form der Muskeldystrophie wird durch eine Mutation des codierenden Gens für das Kernprotein Emerin verursacht. Das zugehörige Gen befindet sich auf Gen-Locus Xq28. Diese Form der Erkrankung wird auch als X-linked-EDMD bezeichnet und wird in X-chromosomalem Erbgang weitergegeben. Der vollständige Verlust des Emerin scheint für die Muskelschwäche der Patienten ursächlich zu sein. Allerdings sind die Zusammenhänge bislang unklar.

Der zweiten Form liegen Mutationen des LMNA-Gens zugrunde, das sich auf Gen-Locus 1q21 befindet und an der Kodierung der Kernstrukturproteine Lamin A/C beteiligt ist. Eine Mutation dieses Gens leitet die autosomal-dominant vererbbare Form der Erkrankung ein, die auch als AD-EDMD bekannt ist. Bei dieser Krankheitsform liegt aufgrund der Mutation eine falsch zusammengesetzte motorische Endplatte an den Muskeln vor. Welche äußeren Faktoren zusätzlich zu den genetischen Faktoren eine Rolle für den Krankheitsausbruch spielen, ist bislang nicht abschließend geklärt.

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Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie leiden an einem Komplex aus klinischen Symptomen, die allesamt die Muskulatur betreffen und progredient fortschreiten. Obwohl die Erkrankung angeboren ist, müssen die Symptome daher nicht unmittelbar nach der Geburt ins Auge fallen. Oft sind sie anfangs kaum bemerkbar und werden erst durch die Progredienz erkannt.

Diese Progredienz schreitet eher langsam voran. In den meisten Fällen treten die einzelnen Symptome schon an relativ jungen Patienten in Erscheinung. Auch symptomlose Fälle bis ins junge Erwachsenenalter können aber vorkommen. Für die Krankheit sprechen vor allem drei verschiedene Symptome oder Anomalien. Die meisten Patienten sind von einer Verkürzung der Achillessehnen und zusätzlich der Ellenbogenmuskeln betroffen.

Aus diesem Grund sind sie in der Regel nicht dazu in der Lage, das Bein oder den Arm vollständig durchzustrecken. Das zweite charakteristische Symptom ist die fortschreitende Muskelschwäche, die sich unter anderem in Ungeschicklichkeit oder körperlich verminderter Leistungsfähigkeit äußern kann.

Oft geht die progrediente Schwäche der Muskeln mit einer gleichzeitigen Abnutzung der Muskulatur einher, die schließlich bis zum Muskelschwund führt. Eine spätere Folge der Emery-Dreifuss-Anomalie können erweiterte Herzgefäße sein, die speziell das rechte Atrium betreffen.

Diagnose

Die Verdachtsdiagnose auf eine Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie wird auf Basis von Anamnese, Bewegungstests und Labordiagnostik gestellt. In der Labordiagnostik zeigt sich eine Erhöhung der Kreatin-Kinase. In den Bewegungstests äußert sich Muskelschwäche mit Symptomen wie Gangunsicherheit.

Zur Sicherung der Diagnose kann eine Elektromyografie durchgeführt werden, die einen Beweis über die erweiterten Herzbestandteile erbringt. Zusätzlich kann eine Muskelhistologie durchgeführt werden, die meist eine Muskelnekrose oder eine Phagozytose nekrotischer Muskelzellen bestätigt. Die Früherkennung der Erkrankung ist prognostisch günstig.

Komplikationen

Bei der Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie sind die Betroffenen vor allem von einem Muskelschwund und einer allgemeinen Muskelschwäche betroffen. Es ist damit für den Patienten nicht möglich, körperliche Tätigkeiten oder verschiedene Sportarten durchzuführen. Der Alltag wird von der Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie erheblich eingeschränkt.

In vielen Fällen tritt nur eine verspätete Diagnose auf, da sich die Erkrankung nicht direkt nach der Geburt zeigt. Dies kann die Behandlung erschweren und zu weiteren Komplikationen führen. In seltenen Fällen treten die Symptome erst im Erwachsenenalter auf. Oft leiden die Patienten an Fehlbildungen und Anomalien der Muskeln und der Extremitäten. Dies zeigt sich vor allem in einer stark verringerten Leistungsfähigkeit und in eingeschränkten motorischen Fähigkeiten.

Oft wirken die Betroffenen tollpatschig und können bestimmte Dinge im Alltag nicht ohne fremde Hilfe ausführen. Die fortschreitende Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie führt schließlich zu einem Muskelschwund, der den Alltag des Patienten stark einschränken kann. Eine ursächliche Behandlung ist bei der Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie nicht möglich.

Aus diesem Grund können lediglich die Symptome behandelt werden. Dadurch kann die Lebenserwartung konstant gehalten werden. In der Regel sind für den Patienten regelmäßige Untersuchungen notwendig, damit keine weiteren Komplikationen auftreten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein Arztbesuch ist notwendig, sobald sich Probleme der Muskulatur einstellen. Kommt es ohne einen erkennbaren Grund zu einer verminderten Kraft oder körperlichen Leistungsfähigkeit, gilt dies als ungewöhnlich. Ein Arztbesuch ist notwendig, damit durch eine umfassende Untersuchung die Ursache geklärt werden kann. In vielen Fällen kommt es zu einem schleichenden Abbau der Muskelstärke. Ein Arztbesuch sollte erfolgen, sobald die Veränderungen im Alltag bewusst wahrgenommen werden.

Stellen sich Verkrampfungen, Schmerzen oder ein nicht erklärbarer Schwund der Muskeln ein, sind diese Beschwerden von einem Arzt untersuchen und behandeln zu lassen. Vor der Einnahme von Muskelaufbaupräparaten sollte die Rücksprache mit einem Mediziner erfolgen, um Risiken und Nebenwirkungen im Vorfeld abzuklären. Können gewohnte körperliche Verpflichtungen im Beruf oder im Privatleben nicht mehr erfüllt werden, ist ein Arztbesuch notwendig. Mangelt es bei üblichen sportlichen Aktivitäten plötzlich und anhaltend an der notwendigen Leistung, ist dies mit einem Arzt zu besprechen.

Kommt es aufgrund der Beschwerden zu emotionalen Beeinträchtigungen, sollte ein Arzt konsultiert werden. Bei Verhaltensauffälligkeiten, einem sozialen Rückzug, Teilnahmslosigkeit, einem verminderten Wohlbefinden oder einer depressiven Stimmung besteht Anlass zur Besorgnis. In der Zusammenarbeit mit einem Arzt oder Therapeuten kann eine Linderung der Probleme erzielt werden.

Behandlung & Therapie

Eine kausale Therapie existiert für Patienten der Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie nicht. Die Behandlung erfolgt rein symptomatisch und supportiv. In der konservativen Therapie passen die Patienten ihren Lebensstil an die Erkrankung an. Die Betroffenen müssen fortan sportliche Aktivitäten soweit wie möglich vermeiden, die den Muskel deformieren könnten. Nicht alle sportlichen Aktivitäten wirken sich ungünstig auf die Betroffenen aus.

In der Physiotherapie lernen die Patienten förderliche Sportaktivitäten kennen. Das Ziel dieser Behandlungsschritte ist die Erhaltung der Mobilität und die Bekämpfung des Muskelschwunds durch gezielte Muskelbelastung. Je früher die Krankheit der Patienten erkannt wird, desto eher lassen sich Herzdefekte vermeiden. Eine engmaschige Kontrolle durch den Kardiologen ist zur Beobachtung der eventueller Herzmanifestationen angezeigt.

Eventuell wird es in naher Zukunft kausale Behandlungen für Patienten der Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie geben. Gentherapeutische Ansätze zur Muskeldystrophie sind aktuell ein Forschungsgegenstand. Allerdings befinden sich diese Ansätze derzeit noch nicht in der klinischen Phase. Neben der Gentherapie wird der Einsatz adenoviraler Vektoren zur Einschleusung von emerinartigen Äquivalenten die Krankheit in naher Zukunft vermutlich zu einer heilbaren Erkrankung machen.

Aussicht & Prognose

Die Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie ist eine Erkrankung aus dem Bereich der Genkrankheiten. Die Mutation eines Gens löst damit die Beschwerden aus. Mediziner und Wissenschaftler dürfen aus rechtlichen Gründen nach dem derzeitigen Stand nicht in die Genetik des Menschen eingreifen, um Veränderungen vorzunehmen. Das hat zur Folge, dass es aktuell zu keiner Heilung der Erkrankung kommt.

Die Beschwerden werden symptomatisch behandelt. Da trotz aller Bemühungen der Krankheitsverlauf fortschreitend ist, wird die Prognose der Erkrankung als ungünstig beschrieben. Die Bemühungen der Ärzte konzentrieren sich auf die Förderung der Muskeln. In gezielten Therapien werden Übungen und Trainings erarbeitet, die eine Unterstützung des Muskelapparates zur Folge haben. Der Alltag und insbesondere die Auswahl sportlicher Aktivitäten sind für den Patienten eingeschränkt. Die Lebensgestaltung muss an die körperlichen Vorgaben angepasst werden, damit keine Überforderungen eintreten.

Je später die Erkrankung entdeckt und therapiert wird, desto weniger Verbesserungen der Beeinträchtigungen sind möglich. Es können Komplikationen entstehen, die zu einer Verschlechterung der Prognose führen. Dennoch wird durch die medizinische Versorgung des Patienten die durchschnittliche Lebenserwartung aufrechterhalten.

Aufgrund der seelischen und emotionalen Belastungen, die mit der Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie einhergehen, kann es zu Folgeerkrankungen und psychischen Störungen kommen. Eine solche Entwicklung verschlechtert die Gesamtprognose des Patienten in einem erheblichen Maß.

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Vorbeugung

Bislang stehen für die Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie bis auf die molekulargenetische Analyse zur Erkennung von familiären Dispositionen keine Vorbeugemaßnahmen zur Verfügung.

Das können Sie selbst tun

Der Patient der Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie kann zusätzlich zu der medizinischen Versorgung selbständig und eigenverantwortlich den Aufbau seiner Muskulatur planen. Regelmäßige sportliche Aktivitäten und ein gut ausgearbeitetes Training helfen dabei, um dem Abbau der Muskulatur, soweit es ist die Erkrankung zulässt, entgegenzutreten.

Zusätzlich hilft eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Durch die Auswahl der Lebensmittel und der Mahlzeiten kann gezielt die Muskulatur des Patienten unterstützt werden. Mit der Aufnahme von viel Eiweiß wird der Aufbau der Muskeln gefördert. Die Zufuhr von vielen Fetten und oder Schadstoffen ist gleichzeitig zu vermeiden. Der Genuss von Nikotin oder Alkohol wirkt sich schädlich auf die Gesundheit aus und verschlechtert das allgemeine Wohlbefinden.

Damit die Mobilität lange erhalten bleibt, sind die Bewegungsabläufe an die vorhandenen Möglichkeiten auszurichten. In allen Lebenssituationen können bestimmte Übungen eingebaut werden, die zu einer Verbesserung der Gegebenheiten beitragen und gleichzeitig eine vorbeugende Wirkung haben. Die Muskeln sind darüber hinaus gut und ausreichend durch eine ausreichende Wärmezufuhr zu unterstützen.

Kälteeinflüsse oder Zugluft sollten vermieden werden. Neben den körperlichen Angeboten ist eine mentale Stärkung hilfreich. Zum Abbau von Stress helfen Methoden der Entspannung. Der innere Druck wird dadurch reduziert und Gelassenheit beim Umgang mit den Herausforderungen des Alltags trainiert.

Quellen

  • Halle, M., Schmidt-Trucksäss, A., Hambrecht, R., Berg, A.: Sporttherapie in der Medizin. Schattauer, Stuttgart 2008
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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