Faktor-V-Leiden

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Faktor-V-Leiden wird eine unter Kaukasiern häufige Gerinnungsstörung bezeichnet, die ein mit einem erhöhten Risiko für die Bildung von Thrombosen assoziiert ist. Unter einem Thrombus versteht der Mediziner ein Blutgerinnsel in den Blutgefäßen. Zur Therapieprophylaxe stehen neben Heparinen sogenannte Cumarine zur Verfügung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Faktor-V-Leiden?

Träger des Faktor-V-Leiden sind von Thromboseneigung betroffen. Unter einer Thrombose versteht die Medizin eine Gefäßerkrankung, bei der sich Blutgerinnsel in Blutgefäßen bilden.
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Faktor-V-Leiden-Mutation oder Faktor-V-Leiden ist ein genetischer Gerinnungsdefekt. Die genetische Disposition betrifft den Gerinnungsfaktor V der Gerinnungskaskade. Die Betroffenen leiden an einer Thromboseneigung und bilden daher deutlich häufiger ein Blutgerinnsel aus als andere Menschen. Bei Faktor-V-Leiden handelt es sich außerdem um die häufigste Ursache der APC-Resistenz.

Einen Mangel am Blutgerinnungsfaktor V entdeckte Max-Hermann Hörder 1955 erstmals. Er führte den Mangel damals auf den Blutgerinnungsfaktor-V-Inhibitor zurück. 1993 beschrieb der schwedische Arzt Björn Dahlbäck erstmals die Faktor-V-Leiden-Mutation. Dahlbäck benannte die genetische Disposition für Thrombosen nach der Stadt Leiden, in der er während seiner Forschungen in diesem Bereich lebte.

Die FVL-Mutation folgt dem autosomal-dominanten Erbgang. Sogar wenn nur ein Elternteil die FVL-Mutation trägt, besteht für Nachkommen ein fünf- bis zehnfach höheres Risiko zur Bildung von Thrombosen.

Ursachen

Faktor-V-Leiden basiert auf einer Punktmutation. Die Mutation betrifft je das Gens, das für den Faktor V der Blutgerinnung kodiert. Faktor-V-Leiden entsteht durch eine Punktmutation im Gen für Faktor V (Mutation F506Q oder G169A). In Europa sind etwa 2-15% der Bevölkerung heterozygote Träger der FVL-Mutation. (Quelle: MVZ Dr. Eberhard & Partner Dortmund) Faktor V ist die Vorstufe des Co-Faktors Va, der für die Blutgerinnung unersetzlich ist und den Faktor Xa bei der Thrombin-Bildung unterstützt.

Der Faktor V wird durch Thrombin und Faktor Xa über einen positiven Feedback-Mechanismus aktiviert und vom Protein C/Protein S-System gehemmt. Wenn Faktor V mutiert, dann lässt er sich durch das aktivierte Protein C nicht spalten und inaktivieren. Aus diesem Grund verläuft die Gerinnungskaskade der Patienten mit erhöhter Aktivität und die Gefahr für Blutgerinnsel steigt.

In Europa sind fünf Prozent der Bevölkerung Träger der Mutation heterozygot. Bei lediglich 0,5 Prozent der Erkrankten handelt es sich um homozygote Träger mit Mutationen beider Elternteile. Die Faktor-V-Leiden-Mutation existiert ausschließlich unter Kaukasiern, nicht aber unter anderen ethnischen Gruppen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Träger des Faktor-V-Leiden sind von Thromboseneigung betroffen. Unter einer Thrombose versteht die Medizin eine Gefäßerkrankung, bei der sich Blutgerinnsel in Blutgefäßen bilden. Prinzipiell können alle Gefäße von Thromben betroffen sein, allerdings kommen Blutgerinnsel in den Venen weitaus häufiger vor. Die am häufigsten verbreitete Thrombose ist zum Beispiel die der tiefen Beinvenen, die vor allem in der Schwangerschaft einer häufigen Komplikation entspricht.

Menschen mit Faktor-V-Leiden können auch in den Arterien Thrombosen entwickeln. Etwas seltener sind die Sinusvenen im Gehirn betroffen. Bei Blutgerinnseln in den Sinusvenen ist von einer Sinusvenenthrombose die Rede. Oberflächliche Venenthrombosen zeigen klinisch ein anderes Bild als Blutgerinnsel der tiefen Venen.

Oft ist die Gerinnselbildung in oberflächlichen Venen mit entzündlichen Komponenten vergesellschaftet. Zu den verbreitetsten Symptomen einer Thrombose gehören Schwellungen und Wärmegefühle oder Spannungsgefühle. Die Haut kann sich röten oder sogar blau verfärben. Viele Thrombosen bleiben symptomlos.

Gerade symptomlose Gerinnsel können im Nachhinein aber Einschwemmungen verursachen, so zum Beispiel bei der Lungenembolie als häufigste Komplikation der Thrombose.

Diagnose

Die Faktor-V-Leiden-Mutation kann mithilfe funktioneller Tests und molekulargenetisch diagnostiziert werden. Bei den funktionellen Testungen imponiert die Mutation als Verlängerung der Gerinnungszeit. Bei der molekularbiologischen Untersuchung weist das Labor dagegen die ursächliche Punktmutation in der DNA nach.

Außerdem wird der Patient im Rahmen der Analyse in die heterozygote oder homozygote Form eingeordnet. Diese Differenzierung ist allesentscheidend. Die beiden Formen sind mit einem klar unterschiedlichen Risiko zur Thrombosebildung assoziiert. Daher gelten für die Formen unterschiedliche Therapierichtlinien. Falls Personen im engen Verwandtschaftskreis vonThrombosen betroffen sind, kann eine Untersuchung auf Faktor-V-Leiden in Erwägung gezogen werden.

Auch bei Patientinnen mit wiederholten Fehlgeburten unklarer Ursache oder bei intrauteriner Wachstumsretardierung kann eine Analyse angezeigt sein. Die Prognose hängt vom Zeitpunkt der Diagnostik ab. Faktor-V-Leiden lässt sich mittlerweile gut behandeln. Wenn wegen Unwissen allerdings auf eine Prophylaxe verzichtet wird, kann eine ungünstige bis hin zu einer tödlichen Prognose gelten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Anzeichen einer Thrombose – also Schwellungen, Wärmegefühle oder eine Blaufärbung der Haut - bemerkt werden, ist ein Arztbesuch zu empfehlen. Das Faktor-V-Leiden ist eine ernste Erkrankung, die zügig abgeklärt und behandelt werden muss, um Komplikationen auszuschließen. Sollten Beschwerden auftreten, muss noch am selben Tag zu einem Mediziner oder in eine Klinik gegangen werden. Eine Lungenembolie muss umgehend ärztlich behandelt werden. Wenn plötzlich Brustschmerzen, Atemnot und Herzrasen auftreten, deutet dies auf ein ernstes Leiden hin und ein Notarzt ist zu alarmieren.

Der Betroffene muss auf jeden Fall in einem Krankenhaus behandelt werden. Wurde das homozygote Faktor-V-Leiden diagnostiziert, sollte regelmäßig ein Arzt aufgesucht werden, damit etwaige Thrombosen frühzeitig erkannt werden können. Bei ungewöhnlichen Beschwerden oder Anzeichen eines erneuten Blutgerinnsels wird am besten der Rettungsdienst gerufen bzw. sollte der Patient in die nächstgelegene Klinik gebracht werden. Sind Personen im Familienkreis von Thrombosen oder sogar einem Faktor-V-Leiden betroffen, ist eine vorbeugende Untersuchung hinsichtlich der Gerinnungsstörung sinnvoll.

Behandlung & Therapie

Die Faktor-V-Leiden-Mutation lässt sich nicht ursächlich behandeln. Eine symptomatische Therapie steht zur Verfügung. Die Behandlung von Faktor-V-Leiden ist nur in zwei Situationen erforderlich. Bei einer akuten Thrombose und bei bestimmten Risikosituationen sollte eine Therapie stattfinden. Die Rede ist in diesem Zusammenhang von einer Thromboseprophylaxe. Zur Behandlung von akuten Thrombosen werden vor allem Heparinen und Vitamin-K-Antagonisten wie Cumarine gegeben.

Heparine lösen Blutgerinnsel und hemmen die Blutgerinnung. Cumarine drosseln die Produktion von Vitamin-K, das bei der Blutgerinnung eine entscheidende Rolle spielt. Das Vitamin K ist für die Bildung von Gerinnungsfaktoren essentiell, sodass durch die Drosselung mit Cumarinen die Gerinnungsfaktoren nur noch in geringer Menge gebildet werden. Auf diese Weise wird durch die Substanzen die Blutgerinnung herabgesetzt.

Die gerinnungshemmende Behandlung dauert etwa sechs Monate. Für Patienten mit homozygotem Faktor-V-Leiden gilt eine längere Therapiedauer, da ihr Thrombose-Risiko höher ist. Die dauerhafte Thromboseprophylaxe erfolgt mit Vitamin-K-Antagonisten in Tablettenform.

Aussicht & Prognose

Die Prognose beim Faktor-V-Leiden ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. So ist vor allem der Lebensstil des Betroffenen an der Wahrscheinlichkeit der Bildung eine Thrombose beteiligt. Ein gesunder Lebensstil und Sport verringern das Risiko. Das Rauchen und Übergewicht erhöhen hingegen das Risiko immens. Dennoch wird auch bei sich (aus medizinischer Sicht) vorbildlich verhaltenden Menschen eine Thrombose gelegentlich auftreten.

Ob diese zu einer Gefahr für den Betroffenen wird, hängt vom Zeitpunkt der Erkennung ab. Desto besser die Bildung möglicher Thrombosen im Blick behalten und behandelt wird, desto geringer ist auch das Risiko eines gefährlichen Vorfalls durch die Thrombose. Die meisten Thrombosen lassen sich zudem problemlos auflösen.

Zudem ist auch von Relevanz, ob es sich um ein heterozygotes oder um einen homozygotes Faktor-V-Leiden handelt: Während das erste die Thromboseneigung lediglich verzehnfacht, verhundertfacht das zweite diese. Entsprechend müssen Personen mit homozygotem Faktor-V-Leiden noch aufmerksamer ihrem Körper gegenüber sein.

Zudem gilt noch, dass betroffene Frauen keinen Gebrauch der klassischen Anti-Baby-Pille machen sollten, da diese diese das Thrombose-Risiko in Kombination mit der Faktor-V-Leiden-Mutation abermals erhöht. Da die Krankheit nicht ursächlich heilbar ist, müssen Betroffene ein Leben lang mit ihr umgehen.


Vorbeugung

Faktor-V-Leiden ist ein genetischer Defekt. Daher lässt sich der Gerinnungsstörung bislang nicht aktiv vorbeugen. Die molekulargenetische Analyse der Blutgerinnungsfaktoren kann zumindest als Vorbeugemaßnahme für schwerwiegende Folgen der Mutation verstanden werden. Falls die Analyse Faktor-V-Leiden ergibt, lässt sich Thromben gegebenenfalls durch die prophylaktische Therapie vorbeugen.

Nachsorge

Beim Faktor-V-Leiden stehen dem Betroffenen in der Regel keine besonderen Möglichkeiten der Nachsorge zur Verfügung. Die Krankheit kann dabei meist auch nicht vollständig behandelt werden, sodass die Patienten in der Regel auf eine lebenslange Behandlung angewiesen sind. Eine Selbstheilung tritt dabei nicht auf.

Im Allgemeinen wirkt sich die Unterstützung und die Pflege der Betroffenen durch die Familie und durch die engen Freunde positiv auf den Verlauf der Krankheit aus. Dabei können vor allem psychische Verstimmungen oder Depressionen verhindert werden. In vielen Fällen sind intensive Gespräche mit den engen Freunden notwendig.

Auch der Kontakt zu anderen Betroffenen des Faktor-V-Leidens kann sehr sinnvoll sein. Die Behandlung des Faktor-V-Leidens selbst erfolgt dabei meist mit Hilfe von Medikamenten. Dabei ist auf eine richtige und regelmäßige Einnahme zu achten, wobei auch mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu beachten sind.

Da auch das Risiko einer Thrombose durch das Faktor-V-Leiden deutlich erhöht ist, sollten regelmäßige Untersuchungen durch einen Arzt durchgeführt werden, um diese zu verhindern. Im Allgemeinen wirkt sich auch eine gesunde Lebensweise positiv auf den Verlauf dieser Krankheit aus, wobei auch eine gesunde Ernährung notwendig ist.

Das können Sie selbst tun

Beim Faktor-V-Leiden ist keine Selbstbehandlung möglich. Die Patienten sind dabei immer auf eine Behandlung durch einen Arzt angewiesen, um weitere Beschwerden zu vermeiden.

In der Regel wirkt sich allerdings die Einnahme von Vitamin-K positiv auf die Erkrankung aus. Allerdings sind die Betroffenen auch auf die Einnahme von blutgerinennden Mitteln angewiesen, um die Beschwerden des Faktor-V-Leiden zu lindern. Wichtig bei dieser Erkrankung ist eine frühzeitige Diagnose und Behandlung. Je früher die Krankheit erkannt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines positiven Krankheitsverlaufes.

Sollte es durch das Faktor-V-Leiden zu einer Lungenembolie kommen, so ist sofort ein Arzt aufzusuchen. In akuten Notfällen kann dabei auch ein Notarzt gerufen werden. Die Verfärbungen der Haut können in einigen Fällen durch Kälteanwendungen gelindert werden.

Falls das Faktor-V-Leiden zu psychischen Beschwerden führen sollte, so eignet sich hierbei die Unterstützung des Patienten durch Freunde und Angehörige. Hierbei kann sich auch der Kontakt mit anderen Betroffenen positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken. Da die Erkrankung auch die Ausbildung von Thrombosen fördert, ist der Betroffene auf regelmäßige Untersuchungen bei einem Arzt angewiesen.

Quellen

  • Encke, A., Breddin, H. K.: Die venöse Thrombose. Prophylaxe und Therapie. Schattauer, Stuttgart 2000
  • Luther, B. (Hrsg.): Kompaktwissen Gefäßchirurgie. Springer, Berlin 2011
  • Marshall, M., Loew, D.: Venenerkrankungen. Springer, Berlin 2003

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