Botulismus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Botulismus handelt es sich um eine meldepflichtige, lebensbedrohliche Vergiftung, die durch ein starkes Nervengift ausgelöst wird. Botulismus ist umgangssprachlich auch als Fleischvergiftung bzw. Wurstvergiftung bekannt.
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Was ist Botulismus?
Botulismus ist das Fachwort für eine Vergiftung, die durch das Stoffwechselprodukt des Bakteriums Clostridium (Cl.) botulinum, verursacht wird.
Hierbei handelt es sich um das stärkte uns bekannte Nervengift. Die Erkrankung wird durch Keime hervorgerufen, die bei ihrer erstmaligen Beschreibung in verdorbenen Wurstwaren gefunden wurden. Hierauf ist die lateinische Bezeichnung Botulus für Wurst zurückzuführen.
In Deutschland werden pro Jahr nur wenige Botulismus-Fälle am Menschen bekannt. Verbraucher können einer Erkrankung durch den richtigen Umgang mit Lebensmitteln weitestgehend vorbeugen.
Botulismus tritt in Deutschland sehr selten auf. Pro Jahr werden dem Robert Koch-Institut ungefähr 20 Fälle gemeldet. Da eine Erkrankung allerdings häufig zum Tod des Betroffenen führt, ist Botulismus eine ernstzunehmende Krankheit, die der sofortigen Behandlung durch einen Arzt bedarf.
Bereits der Verdacht auf Botulismus ist meldepflichtig. Botulismus ist nicht ansteckend. Nicht nur beim Menschen kommt Botulismus vor. Auch unter unseren Haus- und Nutztieren, insbesondere bei Wiederkäuern, kommt es in immer wieder zu einem Ausbruch der Erkrankung.
Ursachen
Kommen bestimmte Umstände zusammen, so kann das Botulismus-Bakterium unter Abwesenheit von Sauerstoff Giftstoffe produzieren, die die Nerven schädigen und die eigentliche Vergiftung zur Folge haben.
Heute sind verschiedene Wege bekannt, auf denen die Erreger für Botulismus in den menschlichen Körper gelangen können. In Deutschland liegt die Ursache meist im Verzehr von mit Giftstoffen belasteten Nahrungsmitteln, vor allem beim Fleisch. Außerdem können Konserven hiervon betroffen sein. Problematisch ist, dass belastete sich nicht von unbedenklichen Lebensmitteln hinsichtlich Geruch oder Aussehen unterscheiden und ein mögliches Gesundheitsrisiko vom Laien nicht zu erahnen ist.
Auch über offene Wunden kann das Botulismus-Gift in die Blutbahn und später zu den Nerven gelangen. Bei neugeborenen Babys ist in sehr seltenen Fällen zudem eine Darmbesiedelung mit Cl. Botulinum denkbar. Dies liegt daran, dass das Bakterium nur in den ersten Monaten im Darm auskeimen und dort Giftstoffe bilden kann. Bei Kindern, die das erste Lebensjahr vollendet haben sowie bei Erwachsenen ist diese Form des Botulismus unwahrscheinlich.
In jüngster Zeit wird bei uns auch ein Zusammenhang zwischen Hochleistungslandwirtschaft und der Entstehung von Botulismus diskutiert. Jedoch gibt es hierzu noch keine offiziellen Ergebnisse oder Empfehlungen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Bei einem Botulismus durch Nahrungsmittel treten die ersten Symptome ungefähr 2 bis 48 Stunden auf, nachdem der Körper das Bakteriengift aufgenommen hat. Durch das Gift kommt es zu schweren Beeinträchtigungen der Übermittlung von Signalen zwischen Nerven und Muskeln. Dies hat wiederum eine Lähmung der betroffenen Muskeln zur Folge.
Bei den meisten Patienten werden zuerst die Augenmuskeln in Mitleidenschaft gezogen, was sich durch verschwommenes Sehen, Lichtempfindlichkeit oder das Wahrnehmen von Doppelbildern bemerkbar macht. Außerdem werden die Augenlider schwer und lassen sich kaum noch offen halten. Botulismus geht mit typischen Symptomen einher.
Dazu gehören in erster Linie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Darüber hinaus werden durch die Bakterientoxine auch die Nervenzellen geschädigt, wodurch sich am ganzen Körper Lähmungserscheinungen zeigen. Besonders betroffen davon sind Gaumen, Lippen sowie der Kehlkopf. Infolgedessen leidet der Patient unter Schluckstörungen. Dadurch erhöht sich wiederum die Gefahr, dass sich der Erkrankte verschluckt.
Ein weiteres häufiges Anzeichen von Botulismus ist das Aussetzen der Speichelproduktion, wodurch es zu Mundtrockenheit kommt. Schreitet die Vergiftung weiter voran, leiden auch die inneren Organe darunter. Nach drei bis acht Tagen droht sogar eine lebensgefährliche Atemlähmung. Ohne eine fachgerechte Behandlung kann diese einen tödlichen Ausgang nehmen. Obwohl die Beschwerden des Botulismus äußerst schwerwiegend sind, wird das Bewusstsein des Patienten dadurch nicht beeinträchtigt.
Diagnose & Verlauf
Bei Botulismus stellt der Arzt die Diagnose meist aufgrund der typischen Beschwerden. Er befragt dazu den Patienten, welche Nahrungsmittel er vor Kurzem zu sich genommen hat. Danach wird eine Blutprobe entnommen und auf Botulinumtoxin im Blutserum untersucht.
Gegebenenfalls wird auch eine weiterführende Stuhlprobe entnommen. Meist steht dann schon das Ergebnis der Diagnose fest. Gelegentlich muss auch eine Differentialdiagnose auf andere Magen-Darm-Erkrankungen vorgenommen werden, um diese auszuschließen.
Zunächst gelangt das Nervengift über die Blutbahn zu dem Ort, an dem es seine schädliche Wirkung entfaltet – der Nervenzelle. Hier blockiert das Gift die Signalübertragung vom zentralen Nervensystem.
Innerhalb von wenigen Stunden klagen Betroffene über Übelkeit, Durchfall, Verstopfung, Schluckstörungen und Mundtrockenheit. Es komm zu einer Lähmung der Muskulatur. Die Muskeln werden schlaff. Hiervon kann letztendlich auch die Atemmuskulatur betroffen sein, die für uns lebensnotwendig ist.
Komplikationen
Bei einem Botulismus kann es zu verschiedenen Komplikationen kommen. Zunächst erschwert Botulismus das Sprechen und Schlucken, wodurch sich Entzündungen im Rachenraum bilden können. Im Extremfall entwickelt sich aus den Beschwerden eine Lungenentzündung, welche in Verbindung mit dem Grundleiden tödlich enden kann. Häufig kommt es in der Folge der Fleischvergiftung zu einer Atemlähmung, die unbehandelt zum Tod führt.
In schweren Fällen kann ein Botulismus zum Herzstillstand führen. Die Lebensmittelvergiftung belastet die Betroffenen oft noch lange nach der Genesung. Häufig bleibt eine körperliche Abgeschlagenheit zurück und die Lähmungserscheinungen können sich zu bleibenden Lähmungen entwickeln. Nach einer Atemlähmung treten oftmals Probleme beim Atmen auf, die zu Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und Panikattacken führen können.
Seltener kann die Atemlähmung zu einem Sauerstoffmangel und dessen Folgen führen. Aufgrund seiner weitreichenden Komplikationen sollte ein Botulismus möglichst rasch behandelt werden. Wird die Lebensmittelvergiftung frühzeitig behandelt und auskuriert, bleiben üblicherweise keine Langzeitschäden zurück. Unbehandelt nimmt die Erkrankung in 25 bis zu 70 Prozent der Fälle einen tödlichen Verlauf. Eine ärztliche Abklärung der Komplikationen ist deshalb in jedem Fall zu empfehlen
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei Verdacht auf Botulismus sollte unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. Wird die Vergiftung rechtzeitig adäquat behandelt, bleiben nur äußerst selten Langzeitschäden zurück. Ganz anders gestaltet sich die Sache aber, wenn die Vergiftung nicht professionell therapiert wird. Dann drohen nicht nur schwere Komplikationen und Langzeitschäden, sondern es besteht auch ein signifikantes Risiko an der Vergiftung zu sterben.
Botulismus wird in Deutschland ganz überwiegend durch den Verzehr kontaminierter Fleisch- und Wurstwaren, einschließlich Konserven, verursacht. Für den Konsumenten sind die verdorbenen Lebensmittel nicht immer anhand eines veränderten Aussehens oder Geruchs zu erkennen. Sobald nach dem Verzehr von Fleisch- oder Wurstwaren Botulismus-Symptome auftreten, muss deshalb auch dann unverzüglich ein Arzt zu Rate gezogen werden, wenn die konsumierten Lebensmittel völlig normal wirkten.
Typische Anzeichen für eine Fleischvergiftung sind Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, insbesondere in Verbindung mit Muskellähmungen, Sprachstörungen und Schluckbeschwerden. Sobald Patienten diese Symptome bemerken, muss unverzüglich ein Arzt konsultiert werden. In schweren Fällen kann Botulismus zu einer akuten Atemlähmung und Herzstillstand führen. Bei ausgeprägten Symptomen sollte deshalb keine Zeit verschwendet und unverzüglich der Notarzt verständigt werden.
Behandlung & Therapie
Betroffene gehören umgehend in ärztliche Behandlung. Meistens wird Botulismus allerdings erst spät vom Arzt erkannt, da er zunächst auf harmlosere Magen-Darm-Erkrankungen schließt. Insbesondere dann, wenn es sich um die einzige oder die erste von mehreren Personen handelt, die betroffene Nahrungsmittel verzehrt haben. Der behandelnde Arzt kann ein Gegengift verabreichen und den Erreger anhand von Blut- oder Stuhlproben nachweisen.
Wenn Botulismus rechtzeitig erkannt wird, bestehen gute Chancen, dass Betroffene vollständig geheilt werden können. Mitunter kann sich das Nervengift mehrere Monate im Körper halten, so dass die Behandlung längere Zeit beansprucht.
Betroffene werden zumindest in den ersten Tagen auf der Intensivstation im Krankenhaus betreut. Magenspülungen sollen Nahrungsreste aus dem Körper befördern, während Medikamente die Beschwerden lindern und ein Gegengift das Nervengift deaktivieren soll.
Aussicht & Prognose
Die Prognose bei Botulismus ist ganz wesentlich davon abhängig, wie stark die Vergiftung ist, wie schnell sie erkannt wird und ob der Patient sofort eine intensivmedizinische Behandlung erfährt. Für Kleinkinder, im Fall des Säuglingsbotulismus, sowie ältere oder bereits ohnehin gesundheitlich angegriffene Personen muss eine Prognose zudem pessimistischer ausfallen als bei gesunden Patienten.
Unbehandelt beträgt die Sterblichkeitsrate bei Botulismus 70 Prozent und mehr, da das Botulinumtoxin Lähmungen verursacht, die das Herz oder die Atemmuskulatur betreffen können. In diesen Fällen kommt es zu einem Herzstillstand oder einer Atemlähmung. Bei Überlebenden können Lähmungen der Hirnnerven sowie eine Sauerstoffunterversorgung des Gehirns in einigen Fällen zu bleibenden Schäden führen.
Wird eine Botulismuserkrankung rechtzeitig erkannt und intensivmedizinisch bekämpft, ist die Prognose deutlich positiver. Die Sterblichkeitsrate ist mit unter zehn Prozent deutlich reduziert. Jedoch müssen sich Patientinnen und Patienten auf eine langwierige Rehabilitation einrichten. Die Lähmungserscheinungen, die das Botulinumtoxin verursacht, bilden sich nur sehr langsam, im Verlauf mehrerer Monate zurück. Darüber hinaus sind bleibende Schäden jedoch selten. In der Regel können Patientinnen und Patienten nach überstandenem Botulismus ein normales Leben führen.
Vorbeugung
Botulismus kann wirksam vorgebeugt werden. Hierzu sollte in Zusammenhang mit Lebensmitteln auf bestimmte Dinge geachtet werden. So ist es ratsam, Nahrungsmittel aus aufgeblähten Dosen nicht zu verzehren. Zudem sollte darauf geachtet werden, die Kühlkette bei wärmeempfindlichen Nahrungsmitteln strikt einzuhalten und die auf der Verpackung gedruckten Lagerempfehlungen zu befolgen.
Honig gehört nicht auf den Schnuller von Säuglingen. Wenn Lebensmittel in der eigenen Küche haltbar gemacht werden, wie es beispielsweise beim Einwecken von Gemüse der Fall ist, wird die Sterilisation empfohlen. Das bedeutet eine kurzzeitige Erhitzung des Lebensmittels auf 100 Grad Celsius. Ist das nicht möglich, kann auch eine doppelte Erhitzung Botulismus-Sporen abtöten und an einer weiteren Vermehrung hindern.
Nachsorge
In leichteren Fällen ist keine Nachsorge notwendig. Der Patient kann ohne Beschwerden weiterleben und wird aus der medizinischen Obhut entlassen. Das bedeutet aber nicht, dass eine Immunität gegen Botulismus entstanden ist. Eine Vergiftung mit den Bakterientoxinen ist erneut möglich. Betroffenen bleibt nichts anderes übrig, als geeignete Vorsorgemaßnahmen zu treffen.
Dazu zählt in der westeuropäischen Welt die Meidung von Lebensmitteln aus beschädigten Konserven und Gläsern. Werden Fleisch gepökelt und Fisch eingelegt, sollte man unbedingt gängige Hygienestandards einhalten. Eine starke Erhitzung der Lebensmittel tötet nachweislich die Erreger ab. Ein Wiederauftreten der Erkrankung zu verhindern, erfordert eine hohe Eigenverantwortung im Alltag.
Nicht immer verläuft Botulismus sanft. Symptome wie Atemschwäche und Lähmungserscheinungen sind manchmal noch nach Monaten und Jahren spürbar. Der Patient muss sich dann regelmäßig bei seinem behandelnden Arzt vorstellen. Dieser ordnet zur Feststellung des Genesungszustands eine Blut- und Stuhlprobe an. Lähmungen lassen sich meist mit einer medikamentösen Behandlung lindern.
Betroffenen wird von körperlicher Belastung während der Nachsorge abgeraten. Botulismus führt in der Regel zu keinen bleibenden Schäden, weswegen sich bei einer geeigneten Therapie eine vollständige Beschwerdefreiheit einstellt. Gerade bei älteren Personen dauert die Heilung oft ungewöhnlich lang.
Das können Sie selbst tun
Bei Botulismus handelt es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung. Von einer Selbstbehandlung ist dringend abzuraten. Betroffene müssen sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben. Bei Besserung des Allgemeinbefindens können jedoch Maßnahmen ergriffen werden, die den Körper im Heilungsprozess unterstützen.
Da aufgrund der Vergiftung auch der Magen-Darm-Trakt lahmgelegt wurde und zudem oftmals eine künstliche Ernährung nötig war, gilt es den Kostaufbau langsam vorzunehmen. Blähende und stark reizende Speisen sind zu meiden. Auf eine ausreichende Trinkmenge – idealerweise mineralstoffreiches stilles Wasser – ist zu achten. Kommt die Verdauung wieder in Schwung, sollte der Speiseplan viel frisches Gemüse und Vollkornprodukte enthalten.
Der Körper verbraucht während der Erkrankung seine Vorräte an Fett und Mineralstoffen, diese gilt es wieder aufzufüllen. Auch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, welche Mikronährstoffe in konzentrierter Form bieten, ist möglich. Leichte Spaziergänge an frischer Luft regen Verdauung und Immunsystem wieder an.
Auch homöopathisch kann der Körper im Heilungsprozess unterstützt werden. In der akuten Phase der Erkrankung ist Arsenicum album das Mittel erster Wahl bei Lebensmittelvergiftungen. Anschließend können die Schüssler Salze Nummer 3 (Ferrum phosphoricum), 6 (Calium sulfuriucim) und 7 (Magnesium phosphoricum) als Immunkur in Tablettenform eingenommen werden. Um die Nebenwirkungen der Antibiotikabehandlung auszugleichen, empfiehlt sich die begleitende Einnahme von Probiotika. Diese ermöglichen eine erneute Besiedelung des Darms mit gesunden Darmbakterien.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015