Genmutation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Veränderungen im menschlichen Genom, also der Gesamtheit aller Gene, können sich in vorteilhaften, meist jedoch in nachteiligen Symptomen äußern. Hier soll darüber aufgeklärt werden, wie es zu Genmutation kommt, wie die Diagnose erfolgt, welcher Art die Beschwerdebilder sein können und wie die Medizin diese behandelt und therapiert. Eine allgemeingültige Aussage ist aufgrund der Vielzahl von Möglichkeiten der Genmutation nicht möglich.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Genmutation?

Beim Verdacht auf eine Mutation können bereits im Mutterleib mittels Fruchtwasserpunktion und andere - für das Kind generell risikolose Methoden - Zellen des werdenden Kindes auf Vollständigkeit oder Veränderung des Genoms untersucht werden.
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Ein Gen ist ein Teil der DNA, der zuständig für genau ein Merkmal ist. Beispielsweise ist der Teil der DNA, der die Körpergröße bestimmt, oder jener, der die Augenfarbe codiert, ein Gen. Unter DNA werden jene basenhältigen Fäden im Zellkern verstanden, die die gesamte Information über den Bau eines Lebewesens tragen. Die Gesamtheit aller Gene eines Lebewesens wird als Genom bezeichnet.

Der Begriff Genmutation ist nun eine Zusammensetzung aus dem Wort Gen und dem Wort Mutation, welches vom lateinischen „mutare“ für "sich verändern" abstammt. Es handelt sich per definitionem um eine - meist sprunghaft auftauchende - Veränderung der Erbsubstanz.

Ursachen

In erster Linie ist festzustellen, dass niemand etwas zu einer oder gegen eine Genmutation beitragen kann. Meist passiert diese zufällig und sprunghaft. Interessant ist der Gedanke, dass ohne Genmutationen eine Evolution auf der Welt nicht stattgefunden hätte.

Genmutationen führten dazu, dass bestimmte Lebewesen besser an die Umweltbedingungen angepasst waren als andere und sich deshalb auch besser durchsetzen, sprich vermehren, konnten. Genmutationen, die keine Beschwerden verursachen, sind meist auch nicht auffällig, der Träger merkt sie nicht oder hat durch sie vielleicht sogar Vorteile, die ihm nicht bewusst sind.

Manches spricht in der medizinischen und biologischen Forschung allerdings dafür, dass bestimmte Substanzen in der Umwelt (Gifte wie Nikotin, Säuren) tendenziell Auslöser für Genmutationen sind. Bei der Meiose, der Keimzellenteilung (Bereitstellung befruchtungsfähiger Spermien und Eizellen) spielt für Mutationen, deren Träger das werdende Kind dann ist, ein höheres Alter eine Rolle. Weiteres sind Röntgenstrahlen und radioaktive Strahlung genauso wie Hitze- und Kälteschocks mögliche Auslöser von Mutationen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Handelt es sich um eine Mutation in einer Körperzelle, sind alle aus ihr durch Teilung hervorgehenden Körperzellen von der Mutation betroffen. Dies kann sich zum Teil negativ äußern, muss aber nicht. Es kommt immer darauf an, wie viel Gewebe des Körpers von der Mutation betroffen ist.

Handelt es sich allerdings um eine Mutation der Keimzellen wie oben beschrieben, ist jede einzelne Zelle des Körpers von der Mutation betroffen. Wichtig ist dabei zu verstehen, dass jede einzelne der Milliarden von Zellen dieselbe identische Information enthält. Um einen Gendefekt irgendeiner Art zu verändern oder zu beheben, müsste in jede dieser Unmengen von Zellen eingegriffen werden, was aus natürlich verständlichen Gründen unmöglich ist.

Die Symptome reichen von schwersten körperlichen oder/und geistigen Behinderungen über mittelschwere Beeinträchtigungen bis zur gänzlichen Beschwerdefreiheit, je nachdem, auf welchem Gen die Mutation aufgetreten ist.

Es leuchtet ein, dass eine Mutation auf dem Gen für die Augenfarbe keine Beschwerden auslösen wird, eine hingegen, die die Funktion der Insulin herstellenden Inselzellen der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigt, sehr wohl. Eine Aussage über eine allgemeine Symptomatik ist deshalb hier nicht möglich.

Diagnose

Beim Verdacht auf eine Mutation können bereits im Mutterleib mittels Fruchtwasserpunktion und andere - für das Kind generell risikolose Methoden - Zellen des werdenden Kindes auf Vollständigkeit oder Veränderung des Genoms untersucht werden. Bei Kindern oder Erwachsenen wird die DNA meist durch eine Zelle der Mundschleimhaut analysiert.

Die DNA eines Menschen bildet 23 Chromosomenpaare, die sich in Form und Muster voneinander unterscheiden. Durch komplizierte Laboranalyse werden Anomalien festgestellt. Viele gängige Mutationen sind der Medizin bekannt, jedoch tauchen immer wieder neue mit neuen Beschwerdemustern auf. Ist die Diagnose einmal gestellt, wird der Verlauf der Krankheit, so eine entsteht, kontrolliert.

Komplikationen

Da sich eine Genmutation im Erbgut abspielt und somit gravierenden Einfluss auf die Entwicklung, das Wachstum und den Stoffwechsel des Individuums hat, sind die Komplikationen zum Teil gravierend. So kann eine Genmutation zum Abschalten oder fälschlichen Aktivieren ganzer Genabschnitte führen. Über -und Unterproduktionen von Enzymen und Proteinen sind meist die Folge, was im schlimmsten Falle zu Fehlbildungen führt.

Sind diese Fehlbildungen gravierend, der Mensch aber noch lebensfähig, können meist Organschäden und eine Behinderung der geistigen Entwicklung festgestellt werden. In milden Fällen einer Genmutation, die lediglich kleine Bereiche des Stoffwechsels hemmt, können Lebensmittelunverträglichkeiten oder starke Allergien die Folge sein.

In vielen Fällen bedeutet eine Genmutation während der Entwicklung der Zygote den Tod des Organismus. Dies ist dann der Fall, wennn die Mutation die Entwicklung so massiv beeinträchtigt, sodass die Funktionalitäten der einzelnen Organe und das richtige Wachstum nicht mehr gelingen können.

Träger von Genmutationen können verschiedene Effekte durch sie erfahren, die sich in der Regel spätestens von der Geburt an zeigen. Schwerwiegende Organfehlbildungen und anschließende Wachstumsstörungen sind besonders häufige Effekte, denen aber operativ entgegen gewirkt werden kann. Komplikationen treten in diesem Zusammenhang unabhängig von ärztlicher Behandlung auf, da sie genetisch bedingt sind.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einer Genmutation ist ein Besuch beim Arzt erforderlich. Da die Beschwerden dieser Erkrankung sehr stark von ihrer Ausprägung abhängen, ist keine allgemeine Voraussage über die Symptome möglich. Eine Genmutation wird allerdings schon häufig vor der Geburt des Kindes festgestellt.

Verschiedene Ärzte müssen auch nach der Geburt aufgesucht werden, falls das Kind zum Beispiel an geistigen oder motorischen Behinderungen leidet. Auch verschiedene Hörbeschwerden oder Sehbeschwerden sollten von einem Arzt untersucht werden. Je früher die Genmutation dabei erkannt wird, desto besser ist der weitere Verlauf der Erkrankung.

Ein Arzt sollte bei einer Genmutation auch dann aufgesucht werden, wenn diese zu psychischen Beschwerden oder zu Konzentrationsstörungen führt. Damit können weitere Beschwerden und Komplikationen im Erwachsenenalter des Betroffenen vermieden werden. Da dabei häufig auch die Eltern oder die Angehörigen selbst an psychischen Beschwerden leiden, sollte auch für sie eine Betreuung gesucht werden. Auch bei einem Schwangerschaftsabbruch aufgrund der Genmutation ist eine psychologische Behandlung empfehlenswert.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung oder Therapie bei einer Genmutation richtet sich immer nach dem Beschwerdebild. Je nachdem, welches Organ, welches Gewebe oder welches System betroffen ist, muss sich die Therapie danach richten. Aus diesem Grund sind eine klare Diagnose und eine längerdauernde Beobachtung von Nöten. Erst daraus ergibt sich die Entscheidung für eine bestimmte Therapie.

Eine Therapie besteht meist darin, dass dem Betroffenen medikamentös Ersatzstoffe verabreicht werden, die sein Körper nicht bilden kann. Eine andere Form der Therapie greift dort, wo der Betroffene bestimmte Dinge nicht verträgt, indem er es lernen muss, auf diese zu verzichten oder diese zu vermeiden. Eine dritte Art von Therapieform ist eine physiotherapeutische, indem der Betroffene lernt, eine Kompensation für nicht funktionierende Körpersystem zu erreichen.

Aussicht & Prognose

Die Mutation der Gene ist ein unabänderlicher Prozess des Organismus. Sie entsteht bereits im Mutterleib und kann nicht korrigiert werden. Da aus rechtlichen Gründen nicht in die Genetik des Menschen eingegriffen werden darf, finden nach dem derzeitigen Stand keine Veränderungen des Erbmaterials statt. Die Genmutation kann eine Vielzahl verschiedener Erkrankungen oder Störungen auslösen.

Die meisten stellen sich im Verlauf des Lebens als Nachteil dar oder sind lebensbedrohlich. Nur selten werden durch die Genmutation Verbesserungen der Gesundheit dokumentiert. Bei einigen Mutationen gibt es für den Betroffenen keinerlei Überlebenschance. In diesen Fällen kann es zu einer Totgeburt kommen oder die Lebenserwartung beträgt wenige Stunden, Wochen oder Jahre.

Die medizinische Versorgung sieht eine rechtzeitige Diagnosestellung vor. Wird die Genmutation frühzeitig erkannt, können Angehörige Vorbereitungen bei der notwendigen Versorgung des möglichen Nachwuchs treffen oder sich bei schweren genetischen Störungen für einen Abort entscheiden.

Die Behandlung des Patienten ist auf die Linderung der individuellen Symptome ausgerichtet. Durch die Gabe von Medikamenten, Frühförderungsprogramme sowie operative Eingriffe sollen die potentiellen Möglichkeiten des Patienten gefördert und vorhandene Schäden minimiert werden. Die Optimierung der Lebensqualität und die Verlängerung der Lebenserwartung stehen dabei zentral im Mittelpunkt, da eine Heilung aufgrund der rechtlichen Vorgaben nicht möglich ist.


Vorbeugung

Nur durch Vermeidung der Mutagene, also der auslösenden Faktoren wie oben beschrieben, kann die Wahrscheinlichkeit einer Genmutation verringert werden. Die meisten Mutationen werden entweder vom Körper automatisch repariert oder die betroffenen Zellen sterben ab.

Die Genmutation ist auch eine der häufigsten Ursachen für eine Fehlgeburt - der Organismus ist in diesem Fall aufgrund einer Genmutation nicht lebensfähig. So kann aktiv kaum für oder gegen eine Genmutation beigetragen werden.

Nachsorge

Eine Nachsorge bei einer Genmutation an sich gibt es nicht. Dies ist damit zu begründen, dass eine Genmutation ein Prozess im Inneren des Erbguts ist, was jenseits der ärztlichen Reichweite liegt. Entweder ist die Mutation angeboren und führt zu mehr oder weniger gravierenden Auswirkungen. Oder aber die Genmutation ist erworben, was allenfalls bei Keimzellen relevant ist. Dies nachzuweisen, ist allerdings schwierig.

Bei Genmutationen, die eine hohe Chance der Vererbung haben und zu Krankheiten führen, kann Familienplanung ein Teil der individuellen Nachsorge sein. Entsprechend können Betroffene freiwillig darauf verzichten, Kinder mit der gleichen Mutation zu zeugen. Eine Therapie ist in den wenigsten Fällen möglich. Es ist hier der Einzelfall abzuwägen.

Ansonsten beziehen sich Nachsorgemaßnahmen auf die jeweiligen Krankheiten und Syndrome, die mit Genmutationen zusammenhängen können. Darunter sind zum Beispiel die Nachsorge bei der Sichelzellen-Anämie oder der Bluterkrankheit zu nennen. Wieder andere Leiden, die auf Genmutationen zurückzuführen sind, erfordern überhaupt keine Maßnahmen.

Dies gilt etwa für eine Farbsehschwäche oder die heterozygote Variante der Sichelzellen-Anämie. Letztere führt zu fast keinen Einschränkungen, bringt aber eine Resistenz gegen Malaria mit sich. Die meisten Genmutationen bleiben indes unbemerkt und können entsprechend weder therapiert werden, noch ist eine Nachsorge angebracht.

Das können Sie selbst tun

Die Möglichkeiten der Selbsthilfe einer Genmutation sind abhängig von den beschädigten Genen und deren Auswirkungen auf den Organismus. Eine Veränderung der Erkrankung kann der Patient aus eigenen Kräften im Normalfall nicht erzielen. Die Selbstheilungskräfte haben keinen Einfluss auf genetische Fehldispositionen.

Häufig liegt die Hilfe im Alltag bei dem Erlernen eines guten Umgangs mit der Genmutation. Dies gilt oftmals für den Patienten sowie dessen nahe Angehörige. Das Wohlbefinden und die Lebensqualität sollten trotz aller Beeinträchtigungen gefördert und stabilisiert werden. Maßnahmen zum Stressabbau helfen dabei immens. Dies kann über Gespräche mit Therapeuten, Freunden oder Angehörigen erfolgen.

Der gemeinsame Austausch vermittelt ein Gefühl der Sicherheit und gibt neue Lebenskraft. Zusätzlich helfen Entspannungsmethoden, um die mentale Stärke aufzubauen oder zu erhalten. In Selbsthilfegruppen können sich Betroffene austauschen und über ihre Erfahrungen im Alltag berichten. Tipps und Hinweise für eine verbesserte Lebensführung helfen und geben neue Zuversicht. Sie fördern zudem das optimistische Denken.

Patienten einer Genmutation sind oftmals auf eine alltägliche Hilfe angewiesen, da sie viele Vorgänge nicht eigenständig ausführen können. Angehörige sollten daher bereits frühzeitig den Fokus auf Tätigkeiten oder Aktivitäten legen, bei denen der Erkrankte gute Erfolgsaussichten hat. Das Selbstwertgefühl wird über das Erkennen der eigenen Kompetenzen aufgebaut und gefördert.

Quellen

  • Buselmaier, W. et al.: Humangenetik für Biologen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2005
  • Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011

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