Gipsersatz

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2025Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Knochenbrüche, Bänderrisse, Verstauchungen, Prellungen und Co.: Sie alle müssen fixiert, stabilisiert oder ruhiggestellt werden. Meist passiert das noch heute mit einem Gipsverband. Es gibt mittlerweile allerdings auch Gipsersatz. Auch dieser bringen jedoch Vor- und Nachteile im Vergleich zum gewöhnlichen Gips mit.
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Was ist ein Gipsersatz?
Wie auch ein gewöhnlicher Gips zielt der Gipsersatz stets darauf ab, eine Verletzung zu fixieren, zu stabilisieren oder das betroffenen Körperteil ruhig zu stellen. Entsprechende Verletzungsarten, die durch einen Gipsersatz versorgt werden sollen, gibt es viele. Ebenso stellen auch die möglichen Körperteile und Bereiche des Körpers, an denen ein Gipsersatz zu verschiedenen Behandlungszwecken zum Einsatz kommen kann, unterschiedliche Anforderungen an diesen. Deshalb ist Gipsersatz nicht gleich Gipsersatz: Je nach Einsatz- und Behandlungszweck kann sich dieser in seiner Beschaffenheit und Anwendung unterscheiden.
Der Vorteil des modernen Gipsersatzes ist, dass dieser mittlerweile in sehr vielen Arten und Ausführungen vertreten ist. Dadurch bringt er unter anderem den großen Vorteil mit sich, dass er oft flexibler an die vorliegende Verletzung und an das zu behandelnden Körperteil angepasst werden kann, als gewöhnlicher Gips.
Geschichte
Die Behandlung von Knochenbrüchen mit Gipsverbänden hat eine lange Tradition, doch im Laufe der Zeit wurden zahlreiche Alternativen entwickelt, um die Immobilisierung von Frakturen komfortabler, leichter und effizienter zu gestalten. Früher wurden Brüche oft mit einfachen Schienen aus Holz, Leinen oder sogar Harzen fixiert. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts führte der niederländische Militärarzt Antonius Mathijsen den modernen Gipsverband ein, der aus einem mit wasserlöslichem Kalziumsulfat getränkten Verband bestand. Diese Methode revolutionierte die Frakturversorgung und wurde jahrzehntelang als Standard verwendet.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts suchten Mediziner nach Alternativen zu Gips, da dieser zwar stabil, aber schwer, brüchig und wasserempfindlich war. In den 1970er Jahren wurden erstmals Kunststoffverbände auf Basis von Glasfaser und Polyurethanharzen entwickelt. Diese Materialien boten zahlreiche Vorteile: Sie waren leichter, wasserfest, stabiler und ließen sich einfacher formen. Zudem ermöglichten sie eine bessere Hautbelüftung, was das Tragen für Patienten angenehmer machte.
In den letzten Jahren wurden zudem 3D-gedruckte Orthesen als individuell angepasste Gipsersatzlösungen entwickelt. Diese modernen Stützstrukturen sind nicht nur passgenau, sondern auch atmungsaktiv und umweltfreundlicher als herkömmliche Kunststoffverbände. Die Technologie entwickelt sich stetig weiter, um Heilungsprozesse zu verbessern und den Patientenkomfort zu erhöhen.
Vorteile & Nutzen
Moderne Gipsersatzprodukte bieten eine Reihe von Vorteilen gegenüber traditionellen Gipsverbänden und anderen Immobilisierungsmethoden. Einer der größten Vorteile ist das geringere Gewicht. Während klassischer Gips relativ schwer und unhandlich ist, bestehen Gipsersatzprodukte häufig aus Kunststoffmaterialien wie Glasfaser oder Polyurethan, die deutlich leichter sind und dennoch eine hohe Stabilität bieten.
Ein weiterer entscheidender Vorteil ist die Wasserfestigkeit vieler moderner Gipsalternativen. Herkömmlicher Gips weicht bei Kontakt mit Wasser auf und verliert seine Festigkeit, sodass Patienten beim Duschen oder Schwimmen große Einschränkungen hinnehmen müssen. Gipsersatzprodukte, insbesondere aus Kunststoff oder 3D-gedruckten Materialien, sind hingegen oft wasserresistent und ermöglichen eine größere Bewegungsfreiheit im Alltag.
Auch in Bezug auf Hautfreundlichkeit und Komfort bieten moderne Alternativen erhebliche Vorteile. Kunststoffverbände sind luftdurchlässiger als klassischer Gips, wodurch das Schwitzen reduziert und Hautirritationen vorgebeugt werden. Manche innovativen Gipsersatzmodelle, insbesondere 3D-gedruckte Orthesen, sind so gestaltet, dass sie eine individuelle Passform bieten und den Heilungsprozess durch eine gezielte Stabilisierung fördern.
Zusätzlich ermöglicht Gipsersatz eine schnellere Aushärtung und eine einfachere Handhabung. Während traditioneller Gips oft mehrere Stunden benötigt, um vollständig auszuhärten, sind moderne Materialien innerhalb weniger Minuten belastbar, was den medizinischen Prozess effizienter gestaltet und den Patienten schneller mobilisiert.
Formen, Arten & Typen
Gipsersatz ist ein Sammelbegriff, der dadurch zustande kommt, dass alle die Fixierungs- und Stabilisierungsarten, die in diesen fallen, auch die Funktion eines gewöhnlichen Gipsverbandes erfüllen können.
Zusätzlich dazu bringen Gipsersatzarten wie Kunststoffgipsverbände (auch Cast genannt) oder verschiedenste Schienensysteme jedoch auch unterschiedliche Vorteile im Vergleich mit einem gewöhnlichen Gipsverband mit sich. Zum Teil sind diese leichter und angenehmer zu tragen, wie beispielsweise der Kunststoffgips. Oftmals lässt sich der Gipsersatz auch leichter anbringen und wieder entfernen. Letzteres trifft vor allem auf viele moderne Schienensysteme zu, wie etwa die Aircast-Schiene. Dieser kann sogar vom Patienten zu Hause, zum Beispiel zum Duschen, entfernt und später wieder angebracht werden.
Die Vorteile von Gipsersatz liegen meistens auf der Hand: Sie sind leichter im Gewicht, können meistens früher oder sogar sofort belastet werden, können schneller und unkomplizierter entfernt werden und sind angenehmer zu tragen.
Neben Nachteilen wie den höheren Kosten, die ein moderner Gipsersatz oft mitbringt, hinkt dieser dem tatsächlichen Gips aber oft auch mit Sicht auf die stabilisierende und fixierende Funktion hinterher. Aus diesem Grund werden viele Verletzungen in den ersten Tagen, in denen die richtige Stabilisierung der Verletzung Priorität hat, nach wie vor mit einem üblichen Gips versorgt. Erst später wird dieser dem Patientenkomfort zuliebe durch einen Gipsersatz ersetzt.
Aufbau & Funktionsweise
Gipsersatz teilt sich in der Regel übergreifend in zwei verschiedene Arten auf. Zum einen gibt es den Kunststoffgips, mit dem sich, wie auch mit dem gewöhnlichen Gips, Brüche und Frakturen der Knochen und Gelenke fixieren lassen. Zum anderen gibt es Schienensysteme, mit denen sich unter anderem Verstauchungen, Bänderrisse und ähnliche Verletzungen wie mit einer Gipsschiene ruhigstellen und stabilisieren lassen. Je nachdem um welche Art von Gipsersatz es sich handelt, unterscheidet sich auch deren Aufbau und Funktionsweise untereinander.
Beim Kunststoffgips oder auch einem Castverband handelt es sich um einen gipsartigen Verband, der sehr viel leichter ist als Gips und dennoch durch das Befeuchten mit Wasser stark aushärtet und somit für eine hohe Stabilisierung sorgt. Ein Castverband besteht heute aus Glasfasern, Kunstharz oder aus Polyester. Diese härten nach dem Befeuchten sehr schnell aus und sind zudem auch fester und somit belastbarer als gewöhnlicher Gips. Ein Nachteil sind die höheren Kosten und die höhere Umweltbelastung, die diese durch ihre Zusammensetzung darstellen. Eine bekanntere und häufiger im Volksmund verwendete Bezeichnung für einen Castverband ist Gehgips.
Schienensysteme, wie die bereits erwähnte Aircast-Schiene, bestehen meistens aus Kunststoffschienen, die den Fuß, je nach Bedarf, seitlich, von vorne, von hinten oder aber insgesamt Fuß stabilisieren. Sie werden durch Luft oder Schaumstoff gepolstert und durch Klett- oder Spannverschlüsse zusammengehalten.
Eine weitere moderne Art der Schiene sind zudem sogenannte Orthesen. Mit diesen lassen sich ganze Körperteile (etwa Beine) so stabilisieren und fixieren, dass etwa die Bewegungsfunktion erhalten oder unterbunden wird.
Medizinischer & gesundheitlicher Nutzen
Gipsersatz erfüllt grundlegend dieselbe Aufgabe, die auch ein Gipsverband seit Mitte des 19. Jahrhunderts erfüllt: Je nach Verletzungsart soll er diese stabilisieren, fixieren oder ruhigstellen und so eine Heilung unterstützen. Dadurch treten jedoch auch, wie beim gewöhnlichen Gipsverband, während der Behandlung Risiken wie eine erhöhte Thrombosegefahr oder die Gefahr einer Gelenkversteifung durch eine längere Ruhigstellung der verletzten Gliedmaßen auf.
Die verschiedenen Gipsersatzarten können dieses Risiko jedoch senken, etwa dadurch, dass die belastbarer sind als Gips und somit eine halbwegs funktionelle Beweglichkeit möglich machen. Dennoch dürfen die betroffenen Körperteile nicht über die ärztlich empfohlenen Maße hinaus belastet werden. Das kann die Heilung negativ beeinträchtigen und im schlechtesten Fall sogar zu Spätfolgen führen. Allerdings sollte der verletzte Teil, sofern entsprechend verordnet, behutsam belastet werden, auch um ein Rückbilden der Muskelmasse und eine schlechte Durchblutung der Nervenbahnen und des Gewebes zu verhindern.
Anwendung & Sicherheit
Die Anwendung eines Gipsersatzes erfolgt ähnlich wie bei klassischen Gipsverbänden, jedoch mit modernen Materialien und Techniken. Zunächst wird das betroffene Körperteil in die richtige Position gebracht. Anschließend wird der Gipsersatz, je nach Art, entweder als vorgefertigte Schiene oder als flexibles Bandagenmaterial, das mit einem speziellen Harz getränkt ist, um die verletzte Stelle gewickelt. Die Aushärtung erfolgt meist durch Kontakt mit Luft oder Wasser und dauert nur wenige Minuten. Moderne 3D-gedruckte Orthesen werden nach einem digitalen Scan individuell angefertigt und exakt an die Anatomie des Patienten angepasst.
Die Sicherheit von Gipsersatzmaterialien ist ein zentraler Aspekt in der medizinischen Anwendung. Kunststoff- und Glasfaserverbände sind extrem stabil und widerstandsfähig gegenüber äußeren Einflüssen wie Wasser oder mechanischer Belastung. Zudem reduzieren sie das Risiko von Hautreizungen und Druckstellen, da sie eine bessere Luftzirkulation ermöglichen. Um Druckstellen zu vermeiden, werden oft spezielle Polsterungen verwendet.
Die Qualitätskontrolle in der Herstellung von Gipsersatzprodukten erfolgt durch strenge Prüfverfahren. Die Materialien müssen hohen Standards hinsichtlich Stabilität, Flexibilität und Hautverträglichkeit entsprechen. Zertifizierte Hersteller unterziehen ihre Produkte Belastungstests, um sicherzustellen, dass sie den medizinischen Anforderungen genügen. Zudem wird darauf geachtet, dass die verwendeten Materialien biokompatibel sind, um allergische Reaktionen oder Hautirritationen zu vermeiden.
Alternativen
Wenn ein Gipsersatz nicht verwendet werden kann, stehen verschiedene alternative Verfahren zur Ruhigstellung und Stabilisierung von Frakturen oder Verletzungen zur Verfügung. Eine häufig genutzte Methode sind Orthesen und Schienen, die aus Kunststoff, Metall oder einer Kombination beider Materialien bestehen. Diese sind besonders bei weniger komplexen Brüchen oder Verstauchungen geeignet und bieten den Vorteil, dass sie je nach Heilungsverlauf angepasst oder entfernt werden können.
Eine weitere Alternative ist die funktionelle Verbandsbehandlung, bei der spezielle Bandagen oder Tape-Verbände verwendet werden, um die Beweglichkeit des betroffenen Körperteils teilweise zu erhalten, während die Heilung unterstützt wird. Diese Methode kommt besonders bei bestimmten Hand-, Fuß- oder Bänderverletzungen zum Einsatz, wenn eine vollständige Immobilisierung nicht notwendig oder sogar nachteilig wäre.
Bei komplexeren Brüchen oder in Fällen, in denen externe Fixierungen nicht ausreichen, kann eine operative Stabilisierung erforderlich sein. Hierbei werden Platten, Schrauben oder Marknägel eingesetzt, um die Knochen in der richtigen Position zu halten. Diese Methode wird oft bei komplizierten Frakturen oder Brüchen mit starker Fehlstellung angewendet.
Für Patienten mit empfindlicher Haut oder Allergien gegen bestimmte Materialien können individuell angepasste Vakuumschienen eine Alternative darstellen. Diese passen sich durch Unterdruck exakt an die betroffene Körperregion an und bieten eine stabile Fixierung, ohne die Haut zu reizen oder Druckstellen zu verursachen.