Gewebe
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der gesamte menschliche Körper besteht aus Wasser und einer Verbindung aus chemischen Bestandteilen. Wichtige Bausteine sind die Zellen, die sogenannten Zündkerzen des Körpers. Eine Ansammlung differenzierter Zellen stellt das Gewebe dar, wobei die Zellen ähnliche Aufgaben wie das Gewebe selbst erfüllen, um die Vorgänge im Körper zu ermöglichen und das benötigte Baumaterial für die Organe zu bilden. Überhaupt sind die meisten Körperzellen zu Gewebe zusammengefasst, machen z. B. das Muskel- und Nervengewebe aus. Dem gegenüber stehen die Keimzellen. Sie bilden kein Gewebe.
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Was ist Gewebe?
Allgemein betrachtet ist Gewebe eine Funktionseinheit, die aus Zellen aufgebaut ist und den Aufbau höherer Hierarchieebenen, wie die der Organe, möglich macht. Gerade für das Zellwachstum ist die gesamte Organisation der Zellen im Gewebe bedeutsam, da Zellen in gemeinsamer Tätigkeit anders reagieren als die einzelne Zelle.
Anatomie & Aufbau
Das Muskelgewebe ist für die aktive Bewegung zuständig und aus dem Nervengewebe werden Zellen gebildet, die Gehirn, Rückenmark und Nerven in Gang halten. Zu den Grundgewebearten können auch Lymphe und Blut gezählt werden. Selbst die Organe setzten sich aus Zwischen- und Funktionsgewebe zusammen.
Bei dem Organaufbau wirken meistens verschiedene Gewebearten zusammen. Der Muskel wird aus Binde- und Muskelgewebe aufgebaut, die Haut aus Binde- und Epithelgewebe.
Verschiedene Gewebearten sind unterschiedlich in der Zellwandbeschaffenheit, im Inhalt und in der Form. Bei Pflanzen zeigt sich eine bessere Anpassung an die Umwelt, je mehr Gewebearten sie aufweist. Pflanzen bestehen dabei aus zwei verschiedenen Gewebeformen. Sind die Embryonalzellen teilungsfähig, wird von einem Bildungsgewebe gesprochen, sind die Zellen nicht teilungsfähig, ist von einem Dauergewebe die Rede. Dieses wiederum hat ein Grundgewebe, bestehend aus Parenchym, Kollenchym (Festigungsgewebe aus lebenden Zellen und dehnungsfähigen Zellwänden) und Sklerenchym (Festigungsgewebe aus toten Zellen und verdickten Zellwänden), ein Abschlussgewebe, bestehend aus Epidermis und Periderm, und ein Leitgewebe, das wiederum aus Xylem und Phloem zusammengesetzt ist.
Funktion & Aufgaben
Die Erforschung und Untersuchung des Gewebes nennt sich Histologie. Die exakten Mechanismen der Gewebeformung werden weitgehend analysiert und sind nicht vollständig geklärt. Die Histologie wurde von dem Anatomen und Physiologen Xavier Bichat Ende des 18. Jahrhunderts begründet, der verschiedene Gewebetypen im menschlichen Organismus entdeckte und ohne das Nutzen eines Mikroskops dennoch einundzwanzig davon beschreiben konnte. Er selbst wurde nur dreißig Jahre alt und starb an Tuberkulose.
Auch heute untersucht die Histologie Gewebeproben. Sie werden unter einem Lichtmikroskop als mikroskopische und eingefärbte Gewebeschnitte betrachtet. Daraus lassen sich Frühdiagnosen über z. B. gut- und bösartige Tumore oder Stoffwechselerkrankungen stellen, die dann rechtzeitig behandelt werden können. Gerade in der Medizin muss jedes entfernte Gewebe untersucht werden. Besonders wichtig ist ein Befund, wenn es um die Bösartigkeit einer Gewebeveränderung geht.
Krankheiten
Die Histopathologie gehört zum Bereich der Pathologie und beschäftigt sich mit dem mikroskopisch feingeweblichen Aspekt krankhafter körperlicher Veränderungen. Aufgabe ist die Analyse von Gewebeproben der verschiedenen Organe, mit dem Ziel einer präzisen Beurteilung und Diagnose. Auch hier werden eingefärbte Gewebeschnitte genutzt, die von einem Pathologen gezielt auf Veränderungen untersucht werden. Die Darstellung unter dem Mikroskop wird durch molekularbiologische und biochemische Methoden verbessert. Daraus kann die geeignete Therapie, Prognose und das Ansprechen auf Medikamente abgeleitet werden.
Gerade das menschliche Gewebe ist äußerst anfällig für Veränderungen und ruft unterschiedliche Krebserkrankungen hervor, z. B. Hautkrebs. Mittlerweile ist es möglich, künstliches Gewebe zu erzeugen. So konnte beispielsweise bereits ein menschlicher Muskel durch die Verwendung von Muskelvorläuferzellen gezüchtet werden. Die Zellen waren zwar bereits über das Stammzellstadium hinaus, konnten aber noch nicht als Muskelzellen bezeichnet werden. Aus ihnen bildeten sich Muskelfasern.
In der Medizin versuchen Forscher gerade geschädigte Organe wieder aufzubauen. Biologisches Gewebe wie Haut oder Knorpel dienen dem Heilungsprozess und können bei allzu großem Gewebeverlust auch künstlich gezüchtet werden. Dies geschieht durch das so bezeichnete TE - Tissue Engineering, ein Überbegriff für die Herstellung künstlicher Gewebe durch Kultivierung von menschlichen Zellen, wobei aus humanen Zellen ganze Organe oder Teile davon rekonstruiert werden. Diese helfen, krankes Gewebe zu regenerieren oder ganz zu ersetzen, die Gewebefunktion zu bewahren, zu erneuern oder einfach nur zu verbessern.
Beim TE werden entnommene Zellen aus dem Spenderorganismus in einem Labor vermehrt. Das kann als ein Zellrasen durch zwei- oder dreidimensionale Zellgerüste erfolgen, die dann wieder in das erkrankte Gewebe rücktransplantiert werden. Dadurch wird eine Gewebefunktion wieder hergestellt.
Die Züchtung des Gewebes ist darum problematisch, weil bewerkstelligt werden muss, dass die Zellen ihre spezifische Funktionalität beibehalten. Gefäße müssen z.B ein Gewebe aufbauen können. Das ist u.a. durch die Vermehrung ausdifferenzierter Zellen bei Blutgefäßen, Haut und Knorpelgewebe gelungen. Forschung wird auch mit Ersatzgewebe betrieben, z.B. von einem anderen Menschen oder einem Tier. Erfolgreich war das TE mit Gewebe aus einer Zellenart, wie z.B. das Gewebe der Knorpel.
Quellen
- Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
- Krams, M., et al.: Kurzlehrbuch Pathologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Silbernagl, S. et al.: Taschenatlas Physiologie. Thieme, Stuttgart 2007