Gliomatosis cerebri
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei der Gliomatosis cerebri handelt es sich um einen Hirntumor primären Typs. Die Gliomatosis cerebri ist durch eine diffuse Infiltration im Gewebe des Gehirns geprägt, die auch für andere Gliome typisch ist. Bedingt durch die Ausdehnung dieser Infiltration spielen die soliden Strukturen des Tumors eine untergeordnete Rolle. Die Gliomatosis cerebri stellt eine sehr seltene Krankheit dar, wobei eine hohe Dunkelziffer aufgrund des geringen Bekanntheitsgrades der Erkrankung zu vermuten ist.
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Was ist ein Gliomatosis cerebri?
Prinzipiell kommt die Gliomatosis cerebri mit einer niedrigen Prävalenz vor. Zum Teil bestehen klinische Parallelen der Gliomatosis cerebri zu bestimmten Typen der Enzephalitis. Es handelt sich um einen primären Hirntumor, der durch diffuse Infiltrationen geprägt ist. Der Mediziner Nevin beschrieb die Gliomatosis cerebri zum ersten Mal im Jahr 1938.
Bisher sind auf der ganzen Welt erst etwa 200 Krankheitsfälle der Gliomatosis cerebri bekannt. Dabei kommt die Gliomatosis cerebri in der Regel bei erwachsenen Patienten vor. Hier tritt die Gliomatosis cerebri gehäuft bei Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter auf. In Einzelfällen betrifft die Gliomatosis cerebri allerdings auch Personen im Kindesalter. Zudem ist ein Vorkommen der Gliomatosis cerebri bei Hunden möglich.
Die Gliomatosis cerebri ist dadurch gekennzeichnet, dass beide Hemisphären des Großhirns von der Erkrankung betroffen sind. Zudem zeigen sich typische Anomalien der Gliomatosis cerebri auch im Bereich von Kleinhirn und Hirnstamm sowie dem Mark des Rückens. Die Gliomatosis cerebri gehört entsprechend der Richtlinien der WHO zu den Tumoren dritten Grades, die das Zentralnervensystem befallen.
Ursachen
Die genauen Entstehungsursachen der Gliomatosis cerebri sind aktuell nicht bekannt. So handelt es sich den Angaben der WHO zufolge um einen Tumor des Gehirns mit unklarer Pathogenese. Die Gliomatosis cerebri bildet sich infolge einer Proliferation heraus, die bestimmte Zelltypen in der grauen und weißen Hirnsubstanz betrifft.
Während die genauen Entstehungsumstände der Gliomatosis cerebri meist unbekannt sind, weisen Mediziner bei manchen Patienten genetische Mutationen nach. Forscher gehen derzeit davon aus, dass die Gliomatosis cerebri durch kontinuierlich fortschreitende Entdifferenzierungsprozesse entsteht. Dabei sind die Zellen selbst kaum maligner Natur. Jedoch gehört die Gliomatosis cerebri bedingt durch das typische Wachstumsverhalten zu den bösartigen Tumoren des Gehirns.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Gliomatosis cerebri ist in den meisten Fällen im Hirnstamm, den beiden Hemisphären des Großhirns, dem Kleinhirn oder dem Rückenmark lokalisiert. Der Tumor zeichnet sich durch eine diffuse Infiltration im Nervengewebe aus. Während die einzelnen Zellen kaum bösartig sind, ist die Gliomatosis cerebri bedingt durch ihre gesamte Struktur ein hochgradig maligner Tumor.
Die Beschwerden der Gliomatosis cerebri richten sich im Einzelfall vor allem nach der Verortung des Tumors. Meist sind die Symptome der Gliomatosis cerebri jedoch relativ unspezifisch, sodass sich die Diagnose des bösartigen Hirntumors häufig verzögert. So leiden die Patienten durch die Gliomatosis cerebri oft an Kopfschmerzen, die in ihrer Stärke kontinuierlich zunehmen. Auch epileptische Krampfanfälle durch die Gliomatosis cerebri sind möglich.
Meist zeigen Menschen mit Gliomatosis cerebri erhebliche seelische und verhaltenstechnische Veränderungen und sind von Störungen des Gedächtnisses betroffen. Weitaus seltener bilden sich infolge der Gliomatosis cerebri ischämische Beschwerden mit Lähmungen, Dyskinesien und Störungen der Sensibilität heraus.
Diagnose
Die Diagnose der Gliomatosis cerebri erfolgt in vielen Fällen relativ spät und in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung. Dies hängt vor allem mit den unspezifischen Beschwerden zusammen, die die Gliomatosis cerebri zu Beginn der Erkrankung prägen. Patienten wenden sich oft erst dann an einen Arzt, wenn sich die Gliomatosis cerebri durch schwerwiegende Symptome wie Lähmungen oder starke Gedächtnisprobleme bemerkbar macht.
So konzentriert sich das Patientengespräch zunächst auf die exakten Beschwerden sowie den Beginn der Krankheitssymptome. Üblicherweise führt der Arzt auch eine Familienanamnese durch, um eventuelle Hinweise auf ähnliche Erkrankungen in der Verwandtschaft zu erhalten. Die klinische Untersuchung führt der Arzt vor allem mittels bildgebender Verfahren durch, wobei er das Gehirn des Patienten in den Fokus nimmt.
Meist kommen eine MRT- und eine CT-Untersuchung zur Diagnose der Gliomatosis cerebri zum Einsatz. Dabei erhalten die Patienten vor der Untersuchung häufig Kontrastmittel, die verschiedene Strukturen im Hirn sichtbar machen. Bei verstorbenen Menschen kommt eine Biopsie zur Feststellung der Todesursache und der Identifikation der Gliomatosis cerebri infrage.
Komplikationen
Da es sich bei der Gliomatosis cerebri um einen Tumor im Gehirn handelt, kommt es zu den üblichen Beschwerden und Komplikationen bei einer Krebserkrankung. Wie auch bei jedem anderen Tumor, kann es auch in diesem Fall zu erheblichen Beschwerden und im schlimmsten Falle auch zum Tode kommen. In der Regel kommt es durch die Gliomatosis cerebri zu starken Kopfschmerzen, welche sich bis in den Rücken oder den Nacken ausbreiten können.
Außerdem treten Krampfanfälle in verschiedenen Bereichen des Körpers auf, wobei es weiterhin auch zur Epilepsie kommen kann. Der Alltag des Betroffenen wird durch die Krankheit deutlich eingeschränkt. Es treten auch Veränderungen des Verhaltens auf, wobei auch das Gedächtnis gestört werden kann. In vielen Fällen können sich die Patienten an Geschehnisse nicht mehr richtig erinnern, sodass diese im Alltag auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind.
Auch die Sensibilität kann durch den Tumor gestört sein. In den meisten Fällen leiden auch die Angehörigen an psychischen Beschwerden. Da eine operative Behandlung nicht möglich ist, kann der Tumor mit Hilfe einer Strahlentherapie entfernt werden. In den meisten Fällen ist es allerdings nicht möglich, den Tumor vollständig zu entfernen. Die Lebenserwartung sinkt aus diesem Grund auf ein weiteres Jahr nach der Diagnose.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Leidet der Betroffene unter wiederholt auftretenden Kopfschmerzen, besteht Anlass zur Besorgnis. Nehmen die Schmerzen an Intensität zu oder breiten sie sich weiter aus, muss ein Arzt konsultiert werden. Auf die Einnahme eines Schmerzmedikaments sollte bis zur Rücksprache mit einem Arzt vollständig verzichtet werden. Es können weitere Komplikationen auftreten und zusätzlich breitet sich der Gliomatosis cerebri ungehindert weiter aus. Dies sollte nach Möglichkeit verhindert werden.
Treten Funktionsstörungen ein, gilt dies als ungewöhnlich. Ein Arztbesuch ist zur Abklärung der Ursache notwendig. Kommt es zu motorischen Problemen, Lähmungen oder Einschränkungen des Bewegungsapparates wird ein Arzt benötigt. Epileptische Anfälle sind grundsätzlich umfassend von einem Arzt untersuchen zu lassen. Bei Störungen des Sehens, Hörens oder des Gleichgewichts wird ärztliche Hilfe benötigt. Probleme der Sensibilität sollten ebenfalls untersucht und behandelt werden.
Ein Krankheitsgefühl, allgemeines Unwohlsein, eine verringerte Leistungsfähigkeit oder Benommenheit sind von einem Arzt untersuchen zu lassen. Abgeschlagenheit, ein erhöhtes Schlafbedürfnis oder ein Druckgefühl im Kopfinnern müssen von einem Arzt abgeklärt werden. Ein Arztbesuch ist zusätzlich bei psychischen Problemen erforderlich. Kommt es zu Ängsten, Schlafstörungen oder einem sozialen Rückzug, sollte ein Arzt konsultiert werden. Auffälligkeiten des Verhaltens, innere Unruhe oder Störungen der Persönlichkeit müssen einem Arzt vorgestellt werden.
Behandlung & Therapie
Die Möglichkeiten der Therapie der Gliomatosis cerebri sind relativ beschränkt. Eine operative Entfernung des Hirntumors ist in der Regel nicht möglich, da die Gliomatosis cerebri einem solchen Eingriff unzugänglich ist. Zwar besteht die Option einer Bestrahlungstherapie, doch bedingt durch die schwere lokale Eingrenzung des Hirntumors ist dabei meist eine Bestrahlung des kompletten Gehirns sowie des Rückenmarks erforderlich.
Versuche mit chemotherapeutischen Ansätzen weisen darauf hin, dass sich die Gliomatosis cerebri zeitweise zurückbildet. Als besonders erfolgreich hat sich dabei der Wirkstoff Temozolomid erwiesen. Die generelle Prognose der Gliomatosis cerebri ist allerdings relativ ungünstig. Eine vollständige Heilung der Gliomatosis cerebri ist meist nicht möglich. Die Patienten leben nach der Diagnosestellung durchschnittlich noch 14,5 Monate.
Aussicht & Prognose
Unbehandelt oder in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium hat der Gliomatosis cerebri eine sehr ungünstige Prognose. Die Krebserkrankung führt zu starken Beeinträchtigungen der Lebensführung sowie des Wohlbefindens. In den meisten Fällen kommt es zu einem vorzeitigen Ableben des Betroffenen. Die Sterberate ist bei der Erkrankung insgesamt als hoch einzustufen und liegt bei ungefähr 14 Monaten nach Diagnosestellung. Neben den eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten ist dafür die meist sehr späte Diagnosestellung verantwortlich.
Wird der Tumor rechtzeitig erkannt, ist die Prognose an die Verortung der Gewebeveränderungen gebunden. In eher seltenen Fällen befindet sich der Tumor in einer günstigen Lage und kann in einem operativen Eingriff entfernt werden. Anschließend wird eine Krebstherapie eingeleitet, damit eine Wiederkehr möglichst ausgeschlossen werden kann.
Charakteristisch für den Gliomatosis cerebri ist eine ungünstige Position des Tumors. Hier muss abgewogen werden, ob ein operativer Eingriff vorgenommen werden kann oder die Risiken für lebenslange Beeinträchtigungen und Funktionsstörungen zu hoch sind.
Oftmals besteht die Gefahr, dass die Persönlichkeit des Betroffenen in einer operativen Entfernung des erkrankten Gewebes verändert werden könnte. Daher wird bei den meisten Patienten keine Operation vorgenommen. Im Normalfall kommt es zu einer Bestrahlung des Hirntumors. Die Behandlung ist darauf ausgerichtet, dass sich der Tumor dadurch zurückbildet.
Vorbeugung
Präventive Maßnahmen bezüglich der Gliomatosis cerebri sind nicht bekannt. Die Ursachen der Krankheitsentstehung sind bei der Gliomatosis cerebri noch weitgehend unerforscht.
Nachsorge
Bei der Gliomatosis cerebri sind in den meisten Fällen keine Möglichkeiten der Nachsorge möglich. Dabei ist der Betroffene in erster Linie auf die frühzeitige Erkennung und Behandlung der Krankheit angewiesen, da nur dadurch weitere Komplikationen verhindert werden können. Eine Selbstheilung kann dabei nicht eintreten, sodass es ohne einer medizinischen Behandlung zu einer deutlich verringerten Lebenserwartung des Betroffenen kommt.
Auch nach einer erfolgreichen Behandlung der Gliomatosis cerebri sollten regelmäßige Nachuntersuchungen erfolgen, um das erneute Auftreten von Tumoren zu verhindern oder frühzeitig zu erkennen. Die Behandlung erfolgt dabei in der Regel durch eine Strahlentherapie, wobei auch Medikamente eingesetzt werden können, um die Gliomatosis cerebri zu behandeln.
Der Betroffene ist dabei auf die richtige und regelmäßige Einnahme der Medikamente angewiesen, um die Krankheit richtig zu behandeln. Dabei ist auch die Unterstützung und die Pflege der Familie und der Freunde sehr wichtig, um den Betroffenen zu unterstützen und ihm dabei im Alltag zu helfen. Auch die psychologische Begleitung ist dabei sehr wichtig. In einigen Fällen sind auch operative Eingriffe notwendig. Dabei sollte sich der Betroffene nach einem solchen Eingriff immer ausruhen und seinen Körper dabei schonen.
Das können Sie selbst tun
Bei der Gliomatosis Cerebri handelt es sich um die Ausbildung eines Hirntumors nach WHO Grad 3 mit nicht eindeutig vorherbestimmbarem Verlauf. Auch die Auswirkungen auf den Patienten und die mit der Krankheit verbundenen Einschränkungen können ganz unterschiedlich ausfallen.
Deshalb hängt es sehr stark von der Form und Ausprägung der Gliomatosis Cerebri ab, welche Formen der Selbsthilfe der Patient anwenden kann und wie er seinen Alltag bestreitet. In den meisten Fällen ist die Hilfe von pflegenden Angehörigen oder eines Pflegedienstes notwendig.
Patienten mit Gliomatosis Cerebri sollten dazu angeleitet und dabei unterstützt werden, ihren Alltag möglichst lange selbstbestimmt und selbstständig bewältigen zu können. Dies vermittelt Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und erhöht die Lebensqualität, was sich häufig positiv auf den Krankheits- und Therapieverlauf auswirkt. Um die Leistungsfähigkeit und Motorik des Körpers zu erhalten, sind rehagestützte Übungen sehr hilfreich, die den Patienten dazu befähigen, länger mobil zu bleiben.
Sind Areale im Gehirn betroffen, die das Denken und die Erinnerungsfähigkeit betreffen, so kann der Patient durch eine Person unterstützt werden, die administrative Tätigkeiten und zum Beispiel Behördengänge oder die Abwicklung mit der Krankenkasse abnimmt. Einfache Denkspiele und Gedankenübungen können das Krankheitsbild verbessern. Wichtig ist es, dem Patienten Sicherheit zu geben, dass gut für ihn gesorgt wird.
Quellen
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014