Hämodialyse-Dysäquilibrium
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Hämodialyse-Dysäquilibrium handelt es sich um eine typische Komplikation, die sich bei manchen Patienten im Zusammenhang mit einer Peritoneal- oder Hämodialyse entwickelt. Die Erkrankung wird von einem Teil der Ärzte auch mit den Synonymen Dysäquilibrium-Syndrom oder Erstdialyse-Syndrom bezeichnet.
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Was ist ein Hämodialyse-Dysäquilibrium?
Dem Hämodialyse-Dysäquilibrium liegt die Tatsache zu Grunde, dass das Blut im Rahmen einer Hämodialyse bestimmte Stoffe verliert. Der Verlust dieser Substanzen erfolgt relativ rasch, sodass die Konzentration im Blut schlagartig abnimmt. Mögliche Schlüsselsubstanzen sind zum Beispiel Natriumchlorid und Harnstoff. Diese Stoffe zeichnen sich unter anderem durch bestimmte Effekte im Zusammenhang mit der Osmose aus.
Im Rahmen einer Nierenschwäche verändern sich Konzentrationen an osmoseaktiven Substanzen. Diese Komplikation tritt in der Regel bei der Durchführung einer Dialyse auf. Eine wichtige Rolle spielt hier zum Beispiel der Harnstoff. Durch die plötzliche Abnahme der Substanzen im Blut infolge der Dialyse verändert sich der Gradient zwischen dem Blut und dem interzellulären Bereich. Dadurch bewegt sich mehr Flüssigkeit in die Zellen hinein, sodass das Volumen anders verteilt wird.
Bemerkenswert ist, dass sich der gleiche Effekt auch durch den übermäßigen Konsum von Alkohol ergibt. In der heutigen Zeit tritt das Hämodialyse-Dysäquilibrium jedoch zunehmend seltener auf. Nur etwa jeder 200. Patient, der auf eine Dialyse angewiesen ist, erkrankt am Hämodialyse-Dysäquilibrium. Der Grund für das verringerte Risiko liegt in erster Linie darin, dass sich die Technik der Dialysegeräte im Verlauf der vergangenen Jahre deutlich verbessert hat. Moderne Geräte verfügen über sensible Vorrichtungen, die die Blutwerte kontinuierlich überwachen.
Ursachen
Bedingt durch Prozesse der Diffusion ist es möglich, dass bestimmte Stoffe in die Blutbahn eintreten. Auf diese Weise besteht die Gefahr der Auswaschung spezieller Substanzen. Besonders gefährlich ist das durch das Hämodialyse-Dysäquilibrium entstehende Konzentrationsgefälle an der Blut-Hirn-Schranke. In diesem Zusammenhang spielt das Zentralnervensystem eine entscheidende Rolle.
Dieses wird normalerweise durch die Blut-Hirn-Schranke vor dem Eintritt giftiger Stoffwechselprodukte sowie neurotoxischer Stoffe geschont. Der Schutz des zentralen Nervensystems ergibt sich vor allem daraus, dass die Diffusion in diesem Bereich unter normalen Umständen verringert ist. Anders verhält es sich, wenn die Konzentrationsgradienten infolge der Dialyse verändert sind.
Durch das schnelle Absinken von Stoffkonzentrationen durch die Hämodialyse ist die Blut-Hirn-Schranke nicht schnell genug in der Lage, das enorme Konzentrationsgefälle auszugleichen. Dadurch steigt die Gefahr, dass sich durch das Hämodialyse-Dysäquilibrium Ödeme im Gehirn bilden. Die Ursache dafür liegt in der Einlagerung von Wasser in das Hirn, wobei durch eine Ausgleichsreaktion des Gehirns die erhöhten Konzentrationen bestimmter Stoffe gesenkt werden. Im schlimmsten Fall drohen dem vom Hämodialyse-Dysäquilibrium betroffenen Patienten ein Koma oder der Tod.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Hämodialyse-Dysäquilibrium äußert sich in diversen Krankheitsanzeichen, die sich entsprechend des Schweregrades der Krankheit unterscheiden. Die typischen Beschwerden des Hämodialyse-Dysäquilibriums sind Erbrechen und Übelkeit, niedriger Blutdruck, Beeinträchtigungen des Bewusstseins und Krämpfe in der Muskulatur. In besonders gravierenden Fällen leiden die betroffenen Patienten zusätzlich an zerebralen Krämpfen.
Außerdem entwickelt sich unter Umständen ein Ödem im Gehirn, das mit schwerwiegenden Komplikationen verbunden ist. Im Rahmen der Störungen des Bewusstseins sind die erkrankten Patienten deutlich reizbarer und agitierter als sonst. Andererseits ist auch eine erhöhte Schläfrigkeit möglich. Der Blutdruck fällt in der Regel stark ab.
Symptome wie Schmerzen im Bereich des Kopfes und epileptische Krampfanfälle gesellen sich zu den anfänglichen Beschwerden hinzu. Die Krämpfe in den Muskeln zeichnen sich dadurch aus, dass sie im überwiegenden Teil der Fälle von den Waden ausgehen.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Das Hämodialyse-Dysäquilibrium stellt einen medizinischen Notfall dar, der eine sofortige Behandlung der betroffenen Personen erforderlich macht. Zunächst beginnt der behandelnde Arzt die Diagnosestellung mit einer Anamnese. Dabei ergründet er die Symptomatik, die Krankengeschichte sowie die Lebensumstände des am Hämodialyse-Dysäquilibrium erkrankten Patienten.
Danach erfolgen verschiedene klinische Untersuchungen, die wichtige Indizien auf das Vorliegen eines Hämodialyse-Dysäquilibriums geben. Dabei sind vor allem labortechnische Analysen des Blutes relevant. Die vom Patienten geschilderten Beschwerden weisen typischerweise auf das Hämodialyse-Dysäquilibrium hin und stärken den Verdacht auf die Erkrankung. Die Diagnose ist mit Hilfe von Blutuntersuchungen relativ sicher zu stellen.
Komplikationen
Der Betroffene fühlt sich krank und muss oft erbrechen. Ebenso können Übelkeit und zu Bewusstseinsstörungen auftreten. Weiterhin kann es sogar zum Bewusstseinsverlust kommen, bei welchem sich der Patient auch verletzen kann. Der Blutdruck fällt ab und die Belastbarkeit des Patienten sinkt erheblich.
Ebenfalls können starke und stechende Kopfschmerzen auftreten, die im schlimmsten Falle zu einem epileptischen Anfall führen. Die meisten Betroffenen fühlen sich müde und abgeschlagen und können diese Müdigkeit oft nicht durch Schlaf ausgleichen. Ohne Behandlung kommt es durch das Hämodialyse-Dysäquilibrium in der Regel zum Tode des Patienten.
Die Behandlung selbst erfolgt in der Verkürzung der Dialysesitzungen, wobei gleichzeitig die Frequenz der Anwendungen erhöht werden muss. Damit kommt es nicht zu weiteren Komplikationen oder Beschwerden und die Symptome verschwinden wieder. Die Lebenserwartung wird durch das Hämodialyse-Dysäquilibrium nicht eingeschränkt, wenn die Sitzungen verkürzt werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da es sich beim Hämodialyse-Dysäquilibrium um eine schwerwiegende Erkrankung handelt, die im schlimmsten Fall zum Tod des Betroffenen führen kann, sollte die Erkrankung immer durch einen Arzt untersucht und behandelt werden. Dadurch können weitere Komplikationen vermieden werden. Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an dauerhafter Übelkeit oder an Erbrechen leidet. Dabei kann es auch zu einem niedrigen Blutdruck und zu langsamen Puls kommen, sodass sich der Betroffene im Allgemeinen sehr müde und abgeschlagen fühlt.
Weiterhin können auch Krämpfe in den Muskeln auf das Hämodialyse-Dysäquilibrium hinweisen und sollten von einem Arzt dann untersucht werden, wenn sie häufig auftreten. Ebenfalls können auch epileptische Anfälle in schwerwiegenden Fällen eintreten. Weiterhin ist auch dann ein Besuch bei einem Arzt notwendig, wenn der Betroffene an starken Kopfschmerzen oder an Bewusstseinsstörungen leidet. Die erste Untersuchung kann dabei durch einen Allgemeinarzt erfolgen, wobei die weitere Behandlung durch verschiedene andere Fachärzte erfolgen muss.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung des Hämodialyse-Dysäquilibriums setzt zunächst daran an, die aktuelle Dialysesitzung zu unterbrechen. Zur Vermeidung zukünftiger Fälle des Hämodialyse-Dysäquilibriums ist es wichtig, die einzelnen Dialysesitzungen zu verkürzen. Dies gilt vor allem dann, wenn sich der Patient noch ganz am Anfang seiner Dialyse-Behandlung befindet. Stattdessen ist die Frequenz der Sitzungen zu erhöhen. Auf diese Weise sind gravierende Komplikationen durch das Hämodialyse-Dysäquilibrium weitgehend zu vermeiden.
Vorbeugung
Die Prävention des Hämodialyse-Dysäquilibriums setzt an der Verkürzung der Abstände zwischen den einzelnen Sitzungen der Dialyse-Therapie an. Zur gleichen Zeit ist die Dauer der einzelnen Sitzungen zu verkürzen. Dadurch ist es möglich, das Risiko eines Hämodialyse-Dysäquilibriums zu reduzieren.
Nachsorge
Dem Betroffenen stehen bei einem Hämodialyse-Dysäquilibrium in den meisten Fällen keine direkten Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung. Dabei muss die Krankheit selbst in erster Linie schon sehr früh erkannt und behandelt werden, damit nicht eine weitere Verschlechterung der Beschwerden eintreten kann. Eine frühzeitige Diagnose wirkt sich dabei in der Regel immer positiv auf den weiteren Verlauf der Krankheit aus.
Betroffene sollten daher schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Krankheit einen Arzt aufsuchen. In den meisten Fällen muss beim Hämodialyse-Dysäquilibrium die aktuelle Dialyse abgebrochen werden, damit die Beschwerden gelindert werden können. Die Sitzungen selbst werden dabei verkürzt, wobei die Frequenz der Sitzungen deutlich erhöht werden muss. Eine vollständige Heilung des Hämodialyse-Dysäquilibriums ist in der Regel nicht möglich, sodass die Betroffenen immer auf diese Maßnahmen angewiesen sind.
Im Allgemeinen ist die Hilfe und Unterstützung von Eltern oder von Freunden sehr sinnvoll, da diese das Leben des Betroffenen stark erleichtern kann. Ebenso sind intensive und liebevolle Gespräche mit dem Patienten notwendig, wodurch eventuell psychische Beschwerden oder sogar Depressionen verhindert werden können. Aufgrund des Hämodialyse-Dysäquilibriums ist in vielen Fällen die Lebenserwartung des Betroffenen verringert.
Das können Sie selbst tun
In vielen Fällen leiden die Patienten auch an psychischen Beschwerden. Hierbei kann sich ein Gespräch mit anderen betroffenen Menschen oder mit einem Psychologen sehr positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken. Auch Gespräche mit den engsten Freunden oder mit den Angehörigen können psychische Verstimmungen und Depressionen beheben. Vor allem Freunde und Familie müssen den Patienten bei der Dialyse unterstützen und Beistand leisten. Während der Sitzungen kann der Patient begleitet werden, um ihm die Sitzung angenehmer zu gestalten. Die Beschwerden der Hämodialyse-Dysäquilibrium werden dann gelindert, wenn die Abstände zwischen den Sitzungen verkürzt und die Dauer der Sitzungen ebenso verkürzt werden.
Quellen
- Geberth, S., Nowack, R.: Praxis der Dialyse. Springer, Berlin 2014
- Hörl, W.H., Wanner, C. (Hrsg.): Dialyseverfahren in Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2004
- Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010