Hallux Varus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die große Zehe wird auch als „Hallux“ bezeichnet. Beginnt diese abzuweichen, wird von einer Hallux Varus gesprochen. Hierbei entwickelt sich auf der inneren Seite des Großzehengrundgelenks oftmals eine Schwellung, die im normalen Schuhwerk störend sein und sich zudem entzünden kann.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Hallux Varus?

Zu den typischen Symptomen bei einem Hallux Varus gehören Druckschmerzen an der Großzehe, die durch die Achsenabweichung hervorgerufen werden.
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Hallux Varus (Spreizzehe) beschreibt einen Zustand, in welchem die große Zehe von der zweiten Zehe weg zeigt. Die laterale Gelenkkapsel ist dabei insuffizient oder nicht vorhanden und die mediale Kapsel kontrahiert. Im Gegensatz zum Ballen bleibt der 1. Mittelfuß in der anatomischen Position. Die große Zehe hingegen weicht in Richtung Körpermitte ab. Diese sehr seltene Deformität bezeichnet das Gegenteil eines so genannten Hallux Valgus.

Hallux Varus tritt sehr häufig als eine Komplikation einer Hallux Valgus Operation auf. Andere Fälle sind entweder angeboren oder posttraumatisch bedingt. Die Symptome hängen davon ab, wie stark die Fehlstellung ist. Der abgespreizte Zeh kann gegen den Schuh drücken. Die Haut wird dann in diesem Bereich mechanisch gereizt, wird gerötet und schmerzt, woraus Entzündungen resultieren können.

Ursachen

Hallux Varus tritt sehr häufig als Komplikation einer Hallux Valgus Operation auf. Wenn während der Operation ein übermäßiges Korrigieren der Weichteile erfolgt oder das laterale Sesambein wird entfernt, ist die Gefahr erhöht, dass dadurch ein Hallux Varus entsteht. Die Fehlstellung kann sich schon kurz nach dem operativen Eingriff zeigen oder sich auch erst mit der Zeit entwickeln.

Die Fehlstellung wird häufig beim Gehen aufgrund einer Belastung des Fußaußenrands begünstigt. Doch ebenso andere Ursachen können zu dieser Erkrankung führen, beispielsweise eine angeborene Fehlbildung. Dies wird als Hallux Varus Congenitus bezeichnet. In manchen Fällen wird ein Hallux varus zudem durch Wachstumsstörungen, spastische Krankheiten oder komplexe Syndrome verursacht.

Mitunter können auch Unfälle, welche zu Verletzungen führen, zum Beispiel ein Hängen bleiben mit der großen Zehe, zu einem Hallux Varus führen. Bei barfußgehenden Menschen ist die Fehlstellung im mittleren Lebensalter häufig zu beobachten.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Zu den typischen Symptomen bei einem Hallux Varus gehören Druckschmerzen an der Großzehe, die durch die Achsenabweichung hervorgerufen werden. Zudem verbreitert sich im Schuh der Vorfuß. Es kommt im Großzehengrundgelenk häufig auch zu bewegungsabhängigen Schmerzen. Störend sind für den Betroffenen insbesondere der Druck im Schuh sowie das Hängen bleiben, beispielsweise beim Anziehen der Strümpfe. Gelegentlich kann die Fehlstellung ebenso zu einem eingewachsenen Nagel führen.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose ist ziemlich einfach, denn es ist leicht zu sehen, wie der große Zeh von der zweiten Zehe Richtung Körpermitte zeigt. Bei der Untersuchung wird die mediale Seitabweichung der großen Zehe in Grad bestimmt. Zudem werden die manuelle Redressierbarkeit und die Beweglichkeit im Großzehengrundgelenk überprüft. Der Vorfuß wird zudem röntgenologisch in zwei Ebenen beurteilt, um den Zustand des Großzehengrundgelenks, die Lage des Sesambeins und das Ausmaß der Großzehenfehlstellung beurteilen zu können.

Bei vielen Kindern bildet sich die Fehlstellung im Laufe der Entwicklung von selber wieder zurück. In den anderen Fällen ist die Prognose meist gut. Nur in wenigen Fällen, die unbehandelt bleiben, kann Hallux Varus auf lange Sicht zu Bewegungseinschränkungen, Schmerzen bis hin zur Arthrose führen. Diese Fehlstellung ist ab einem bestimmten Grad weder funktionell noch kosmetisch zu tolerieren und sollte daher möglichst bald behoben werden. Wenn beim Gehen Schmerzen bestehen oder die Abspreizung ist deutlich größer, ist eine Behandlung anzuraten.

Komplikationen

Durch den Hallux Varus kommt es in der Regel zu Beschwerden an der großen Zehe. Dabei treten vor allem Schwellungen auf, die zu erheblichen Schmerzen und damit zu Einschränkungen beim Gehen und Laufen führen können. Vor allem in einem Schuhwerk kann diese Schwellung sehr störend sein und führt dabei nicht selten zu Entzündungen.

Die Schmerzen können sich dabei auf den gesamten Fuß ausbreiten und damit zu einer Fehlstellung des Fußes oder des gesamten Beines führen. Weiterhin kann sich auch eine Arthrose ausbilden und die Lebensqualität des Betroffenen wird durch die Hallux Varus erheblich verringert. Nicht selten werden damit anstrengende Bewegungen gemieden, wobei auch das Durchführen von verschiedenen Sportarten für den Patienten nicht mehr möglich ist.

Durch die Fehlstellung kommt es in der Regel auch zu einer kosmetischen Beschwerde, sodass sich die Betroffenen für diese Beschwerde schämen und an einem verringerten Selbstwertgefühl leiden. Unter Umständen kann es damit auch zu Minderwertigkeitskomplexen kommen. Bei der Behandlung kommt es nicht zu weiteren Komplikationen.

Mit einem geeigneten Schuhwerk kann die Hallux Varus behandelt werden. In schwerwiegenden Fällen oder bei starken Fehlstellungen kann auch ein operativer Eingriff durchgeführt werden. Es kommt nicht zu einer Verringerung der Lebenserwartung.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Druckschmerzen an dem großen Zeh bemerkt werden, liegt womöglich ein Hallux Varus zugrunde. Ein Arzt sollte konsultiert werden, wenn die Beschwerden nicht von selbst zurückgehen oder weitere Symptome hinzukommen. So sollte bei Begleiterscheinungen wie einem eingewachsenen Zehnagel, Druckstellen und Ödemen in jedem Fall ein Arzt hinzugezogen werden.

Ein Hallux Varus muss abgeklärt und behandelt werden, um weitere Komplikationen zu vermeiden. Bleibt die Fehlstellung unbehandelt, können sich chronische Beschwerden einstellen, die für den Betroffenen in der Regel eine große Belastung darstellen.

Aus diesem Grund sollten ungewöhnliche Symptome beobachtet und medizinisch untersucht werden. Sollten die Beschwerden nach einer Hallux-Valgus-Operation auftreten, muss der zuständige Arzt informiert werden. Dann ist meist ein weiterer Eingriff vonnöten, bei dem die Fehlstellung korrigiert wird.

Personen, die eine angeborene Fehlbildung am Fuß oder Großzeh haben, sind besonders anfällig für einen Hallux Varus. Auch Patienten mit Wachstumsstörungen oder spastischen Krankheiten gehören zu den Risikopatienten, die ungewöhnliche Symptome rasch untersuchen lassen sollten. Neben dem Hausarzt kann ein Orthopäde eingeschaltet werden.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung der Erkrankung hängt von der Ursache ab. Bei Kindern mit einer engen Adduktorensehne ist es empfehlenswert, dass die Behandlung darauf abzielt, die Sehne zu strecken, beispielsweise durch Dehnübungen oder einer Schienung von Zehen. Eine Fehlstellung der großen Zehe unter 10° bedarf in der Regel keine Therapie. Größere Fehlstellungen können durch ein geeignetes Schuhwerk mit einem engen Vorfußbereich ausgeglichen werden, wenn der Hallux Varus redressierbar ist.

Dies bedeutet, dass der große Zeh wieder in die ursprüngliche Position gedrückt werden kann. Die konservative Therapie umfasst eine manualtherapeutische Behandlung, um die medialseitigen Weichteile zu dehnen. Zur Akuttherapie gehören redressierende Verbände und Schienen. Wenn die Fehlstellung mit einer konservativen Behandlung erfolglos bleibt, kann eine Operation erforderlich werden. Die Zehe wird hierbei in eine neutrale oder gerade Position gebracht. Beim Hallux Varus, der sich als Komplikation einer Hallux Valgus Operation ergeben hat, sind oftmals zusätzliche korrigierende Eingriffe erforderlich.

Die operativen Therapiemaßnahmen bestehen darin, die medialen Kapselanteile zu verlängern und die lateralen Anteile zu raffen. In seltenen Fällen kann bei schweren Deformitäten die Arthrodese des Großzehengrundgelenks notwendig sein. Der Umfang der Operation hängt letzten Endes stets vom Grad der Fehlstellung ab. Je früher die Erkrankung erkannt und behandelt wird, desto einfacher sind auch die korrigierenden Eingriffe. Eine mehrmonatige Zügelung der Großzehe ist notwendig, um den Erfolg der Therapie zu gewährleisten.

Aussicht & Prognose

Die Prognose bei der Erkrankung Hallux Varus lässt sich als äußerst günstig einstufen. Das liegt nicht nur daran, dass sich bei Kindern die Fehlstellung meist von alleine wieder zurückbildet. Auch eine operative Behandlung verspricht lebenslange Beschwerdefreiheit. Darüber hinaus reicht in vielen Fällen sogar eine konservative Therapie aus.

Oft besteht lediglich eine Deformität von 10 Grad. In diesen Fällen greifen Mediziner nicht ein, weil keine wirkliche Beeinträchtigung vorliegt. Eine Behandlung wäre eher kosmetischer Natur. Darüber hinaus muss man nicht automatisch die Operation wählen. Eine konservative Therapie führt nicht selten auch zum Erfolg. Die Erfahrung der Therapeuten im Rahmen einer Dehnung der Weichteile zeigen gute Ergebnisse. Zudem greift man auf eine Traktionstherapie zurück.

Bei einer Operation bestehen kaum andere Risiken als bei anderen Eingriffen. Infektionen, Blutungen, Thrombosen oder Schäden an Nerven sind denkbar, stellen aber eine allgemeine Gefahr dar. Äußerst selten wird der Funktionsumfang des Großzehs gemindert. Patienten können zum positiven Ausgang nach einer Operation viel beitragen. Ein empfohlenes Schuhwerk ist zu tragen, Trainingsübungen zur Stärkung der Muskulatur sind einzuhalten. Nach gut sechs Monaten bauen sich Schwellungen und Bewegungseinschränkungen ab.


Vorbeugen

Wenn Hallux Varus erblich bedingt ist, kann der Entstehung gewöhnlich nicht vorgebeugt werden. Um die Erkrankung zu verhindern, kann es helfen, beim Säugling in der Bauchlage eine Innendrehung des Fußes zu vermeiden. Wenn sich erste Anzeichen für Hallux Varus zeigen, sollte ein ärztlicher Rat eingeholt werden. Falls es nötig ist, können in diesem Fall so früh wie möglich Maßnahmen gegen die Erkrankung ergriffen werden.

Nachsorge

Je nach Heilungsverlauf ist der große Zeh nach der Operation für mindestens vier Wochen mit einem Zügelverband zu stabilisieren. So soll vermieden werden, dass sich die heilende Knochenstelle wieder löst und der Zeh in die Fehlstellung zurückkehrt. Auch im Rahmen der konservativen Therapie wird zur Zügelung geraten.

Der Verband fixiert die Großzehe nicht nur in der gewünschten Position. Er trägt durch leichte Kompression auch dazu bei, die Venentätigkeit zu verbessern und Blut und Lymphflüssigkeit leichter abzuführen. So wird der innere Druck auf die Wunde minimiert, was der Schwellung entgegenwirkt. Der Erstverband wird durch einen Facharzt angelegt. Nach erfolgter Anweisung kann der Patient das regelmäßige Wechseln jedoch selbst übernehmen.

Ein Vorfußentlastungsschuh hilft dabei, sich nach der Operation zu schonen und den Heilungsprozess zu unterstützen. Dennoch wird dazu geraten, den Fuß möglichst bald wieder über die Großzehe abzurollen und zu einem normalen Gangbild zurückzukommen.

Unerlässlich sind in jedem Fall die regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen durch den Facharzt. Schwellungen und Bewegungseinschränkungen im Grundgelenk sollten in den ersten sechs Monaten nach dem Eingriff nachlassen, können im Einzelfall aber auch deutlich länger anhalten. Zeigen jedoch weder die operative noch die konservative Therapie Erfolg oder hat der Patient weiterhin mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen zu kämpfen, ist die Stilllegung durch Gelenkversteifung zu überlegen.

Das können Sie selbst tun

Eine Spreizzehe entwickelt sich sehr häufig infolge einer Hallux Valgus Operation. Die sogenannten Ballenzehen wiederum entstehen meist als Reaktion auf eine permanente Fehlbelastung des Fußes. Statt auf die Ferse, wird das Körpergewicht auf die Zehen geleitet.

Ursächlich dafür ist sehr häufig modisches, aber aus orthopädischer Sicht völlig unsinniges Schuhwerk. Die beste Form der Selbsthilfe besteht darin, gesunde und gut sitzende Schuhe zu tragen. Schuhe, zumal solche, die regelmäßig und über einen längeren Zeitraum getragen werden, sollten weder hohe Absätze aufweisen, noch nach vorne spitz zulaufen. Schuhe mit flachen, dicken Sohlen und einem hochwertigen Fußbett tragen dazu bei, Fuß- und Zehenfehlstellungen vorzubeugen.

Allerdings muss eine Spreizzehe nicht in jedem Fall behandelt werden. Bei Kindern bildet sich die Störung während des Heranwachsens oft von selbst wieder zurück. Ab dem mittleren Alter zeigt sich ein Hallux Varus außerdem sehr oft bei Menschen, die sehr viel barfuß gehen. Die Betroffenen leiden meist nicht an Schmerzen und müssen keine Gegenmaßnahmen ergreifen, sofern die optische Beeinträchtigung sie nicht irritiert.

Im Frühstadium kann das Fortschreiten des Hallux Varus aber auch durch eine Verhaltensanpassung aufgehalten oder zumindest verzögert werden. Statt ständig barfuß zu laufen, sollten die Betroffenen sich orthopädische Spezialschuhe anpassen lassen. Derartiges Schuhwerk kann auch bei ausgeprägteren Formen des Hallux Varus dazu beitragen, Schmerzen bei Gehen oder Stehen zu reduzieren. Eine Operation kann so vermieden oder doch zumindest verzögert werde.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014

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