Spastik

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Begriff Spastik oder Spastizität kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie "Krampf". Eine Spastik ist demnach eine Verhärtung und Versteifung von Muskeln, was dazu führt, dass Bewegungen unkontrollierbar werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Spastik?

Eine Spastik kann durch einen Kinderarzt oder durch einen Allgemeinarzt erkannt werden. Die weitere Behandlung richtet sich jedoch sehr stark nach der Ausprägung und der Art der Spastik und wird dann von einem Facharzt durchgeführt.
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Unter einer Spastik bzw. Spastizität versteht man keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom einer Erkrankung beziehungsweise Verletzung des Zentralen Nervensystems. Dabei spielt immer eine Schädigung des Gehirns oder des Rückenmarks eine Rolle.

Die willkürlichen Bewegungen des Körpers werden vom Zentralnervensystem koordiniert; liegt hier eine Verletzung vor, wird die Signalübertragung von den Nerven zu den Muskeln beeinträchtigt. Die Folge davon ist eine unkoordinierbare Muskelkontraktion, was zu Verhärtungen und Versteifungen führt.

Diese Muskelanspannungen haben natürlich unangenehme Schmerzen zur Folge. Allerdings ist nicht jede Spastik gleich stark ausgeprägt bei den Betroffenen. Manche Menschen haben nur eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit, andere wiederum sind durch die Spastik völlig körperlich behindert. Das Muster einer spastischen Lähmung sieht also bei jedem Patienten anders aus.

Ursachen

Es können viele verschiedene Erkrankungen beziehungsweise Verletzungen verantwortlich für eine Spastik sein. Ursächlich für dieses Symptom ist eine Schädigung der absteigenden Nervenverbindungen vom Gehirn bis zum Rückenmark (Pyramidenbahn).

Es liegt aber auch immer eine Schädigung des unbewussten Teils des Nervensystems vor, dem sogenannten extrapyramidalmotorischen System. Dadurch werden beruhigende Signale an den Muskel unterbunden, was die Regulation der Eigenreflexe stört.

Die Folge sind schmerzhafte Muskelverkrampfungen. Eine der häufigsten Ursachen für eine Spastik ist ein Schlaganfall, der motorische Hirnregionen zerstört. Außerdem können Hirnblutungen, Tumore im Rückenmark oder im Gehirn, Verletzungen oder Entzündungen des Zentralen Nervensystems, Multiple Sklerose, Hirnschädigungen bei Kindern (meist schon durch Sauerstoffmangel bei der Geburt) sowie neurodegenerative Erkrankungen eine Spastik auslösen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Spastik zeigt sich sehr individuell. Sie kann dabei im besten Falle nur in einer sehr leichten Form bestehen und keine nennenswerten Einschränkungen verursachen. Am anderen Ende stehen starke Symptome, die eine ernste körperliche Behinderung zur Folge haben.

Grundsätzlich kann eine Spastik jeden Muskel betreffen. Dabei kommt es vor der spastischen Lähmung häufig zu einer schlaffen Lähmung. Weiterhin werden noch vier Formen der Spastik unterschieden, die jeweils unterschiedliche Symptomatiken zeigen. Die Lähmung einer Extremität stellt eine Monospastik dar; die Lähmung beider Beine stellt eine Paraspastik dar; die Lähmung einer Körperseite stellt eine Hemispastik dar; die Lähmung aller Extremitäten stellt eine Tetraspastik dar. Letztere kann auch mit Lähmungserscheinungen am Rumpf oder Hals einhergehen.

Weitere Symptome, die bei einer Spastik auftreten, umfassen Lähmungen der Augen oder des Kehlkopfes. Es kann dann entsprechend zum Schielen, zu Sprach- und Schluckproblemen und zu verlangsamten Blick- und Sprechreflexen kommen. Die Reflexe bei spastischen Personen sind häufig ausladend, folgen falsch anmutenden Bewegungsmustern oder sind verzögert.

Zuweilen kommt es zu unwillkürlichen Bewegungen. Die Auge-Hand-Koordination kann schwer gestört sein. Bewegungen sind von den Betroffenen teils nur sehr schwierig auszuführen. Eine Spastik kann mit Schmerzen verbunden sein. Bei einer angeborenen Spastik bleiben zudem die frühkindlichen Reflexe erhalten. Betroffene behalten also beispielsweise den Palmarreflex bei.

Diagnose & Verlauf

Für die Diagnose einer Spastik ist eine ausführliche klinisch-neurologische Untersuchung notwendig. Diese konzentriert sich erst einmal auf die genaue Analyse der ursächlichen neurologischen Erkrankung. Da sich eine Spastik oft erst einige Wochen oder Monate nach einer Nervenschädigung herauskristallisiert, müssen auch Vorfälle aus der weiter zurückliegenden Vergangenheit bei der Befunderhebung mit einbezogen werden.

Das können Wirbelsäulenoperationen, Infektionen, Schlaganfälle oder nervenschädigende Unfälle sein. Bei einer Spastik können die unterschiedlichsten Körperregionen betroffen sein. Im Allgemeinen unterscheidet man zwischen einer Monospastik (die Spastik einer einzelnen Extremität), einer Tetraspastik (die spastische Lähmung aller Extremitäten), einer Hemispastik (die Spastik einer Körperhälfte) und einer Paraspastik (der spastischen Lähmung der Beine).

Auch die Augen-, die Schluck- und die Sprechmuskeln können durch eine Spastik beeinträchtigt sein, was zu weiteren Einschränkungen beim Patienten führt.

Komplikationen

Eine Spastik wirkt sich sehr negativ auf das Leben und den Alltag des Betroffenen aus. Der weitere Verlauf hängt allerdings sehr stark von der genauen Ausprägung der Spastik ab, sodass eine universelle Prognose in der Regel nicht gegeben werden kann. Die Patienten leiden allerdings an verschiedenen Lähmungen oder an Störungen der Sensibilität.

Dabei kann es auch zu Schluckbeschwerden kommen, sodass eine gewöhnliche Einnahme von Nahrung und Flüssigkeiten für die Patienten nicht ohne Weiteres möglich ist. Auch die Reflexe und Bewegungen der Muskeln sind deutlich verlangsamt und es kommt zu einem Muskelschwund. Vor allem bei Kindern kann eine Spastik auch zu Hänseleien oder zu Mobbing führen und damit auch psychische Beschwerden oder Depressionen verursachen. Die Betroffenen leiden häufig an unwillkürlichen Bewegungen und Zuckungen.

Auch Störungen der Koordination und Krämpfe in den Muskeln können dabei auftreten und den Alltag des Betroffenen deutlich erschweren. Eine kausale Behandlung der Spastik ist leider nicht möglich. Die Betroffenen sind auf verschiedene Therapien angewiesen, die den Alltag erleichtern sollen. Die Lebenserwartung wird durch eine Spastik in der Regel nicht verringert. Allerdings kann leider kein vollständig positiver Krankheitsverlauf erreicht werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einer Spastik muss ein Arzt aufgesucht werden. Es kann bei dieser Krankheit nicht zu einer Selbstheilung kommen, sodass der Betroffene immer auf eine medizinische Behandlung angewiesen ist. In den meisten Fällen kann eine Spastik zwar nicht vollständig geheilt werden, allerdings können die Beschwerden gelindert werden, sodass auch der Alltag des Patienten erleichtert wird. Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an unwillkürlichen Zuckungen in den Muskeln leidet. Dabei können auch Lähmungen von Muskeln auf eine Spastik hindeuten und sollten durch einen Arzt untersucht werden.

Viele Betroffene können auch nicht richtig sprechen oder schlucken, sodass auch die Aufnahme von Nahrung und von Flüssigkeiten durch die Spastik deutlich erschwert ist. Treten diese Beschwerden auf, muss sofort ein Arzt aufgesucht werden. Je früher der Arzt aufgesucht wird, desto besser ist meist der weitere Verlauf der Erkrankung. Eine Spastik kann durch einen Kinderarzt oder durch einen Allgemeinarzt erkannt werden. Die weitere Behandlung richtet sich jedoch sehr stark nach der Ausprägung und der Art der Spastik und wird dann von einem Facharzt durchgeführt.

Behandlung & Therapie

Die komplette Heilung einer Spastik ist zwar nicht möglich, jedoch können die einzelnen Krankheitszeichen symptomatisch behandelt werden. Da es sich um ein komplexes Krankheitsbild handelt, ist es von Vorteil, die Behandlung der Spastik unter Einbeziehung von Ärzten verschiedener Fachrichtungen durchzuführen.

Jeder Patient bekommt einen individuell auf seine Beschwerden ausgerichteten Therapieplan. Am wichtigsten hierbei ist, eine annähernde Wiederherstellung der durch die Spastik verloren gegangenen motorischen Fähigkeiten zu erreichen. Da unser Gehirn in der Lage ist, sich solche Dinge wieder neu anzutrainieren, kann zum Beispiel durch eine Ergotherapie, eine Physiotherapie oder ähnliche Maßnahmen eine Funktionswiederherstellung erlangt werden.

Durch die Bewegungstherapie sollen die betroffenen Muskelpartien gezielt trainiert werden, was zum Beispiel durch das Training an bestimmten Therapiegeräten erlangt werden kann. Teilweise werden bestimmte Bewegungsübungen auch durch den Einsatz von Schienen oder Gipsverbänden unterstützt. Auch das Therapeutische Reiten ist ein geeignetes Mittel, um einer Spastik entgegenzuwirken.

Natürlich gibt es auch verschiedene medikamentöse Behandlungen, die bei einer spastischen Lähmung eingesetzt werden. Ein bewährtes Mittel ist hierbei Botulinumtoxin, welches durch eine Injektion in den betroffenen Muskel verabreicht wird. Bei einer Spastik werden auch orale Medikamente zur Muskelentkrampfung und zur Hemmung der neuromuskulären Reizübertragung eingesetzt. Allerdings sind hierbei die unerwünschten Nebenwirkungen oft größer als der erhoffte Effekt zur Bekämpfung der Spastik.


Vorbeugung

Vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung einer Ausweitung der Spastik sind zum Beispiel operative Eingriffe, um einer Deformation vorzugreifen oder um einer Verschlimmerung der spastischen Bewegungsmuster entgegenzuwirken. Dazu zählen beispielsweise die Verlängerungen von Sehnen, Knochenumstellungen oder Muskelversetzungen.

Nachsorge

Inwieweit eine Nachsorge notwendig ist, hängt von den Beschwerden einer Spastik ab. Grundsätzlich lassen sich zwei Extreme unterscheiden: Einige Betroffene verbleiben ihr Leben lang in einem spastischen Zustand, andere können bei verbleibenden Anzeichen an ihrem üblichen Alltag teilnehmen. Damit kommen der Nachsorge die Funktionen Alltagsbegleitung und Dauerbehandlung zu.

Zur Milderung der Symptome hat sich vor allem die Bewegungstherapie bewährt. Patienten lassen sich Sitzungen mit einem Therapeuten von ihrem behandelnden Arzt verschreiben. Die Intensität der Übungen hängt vom individuellen Beschwerdestand ab. Zusätzlich dazu verwenden sie in ihrem Alltag geeignete Hilfsmittel, die eine weitestgehende Eigenständigkeit ermöglichen.

Oft werden Rollstühle, Gehilfen und Korsetts genutzt. Darüber hinaus existiert auch eine Reihe an antispastisch wirkenden Medikamenten. Ein Arzt verschreibt geeignete Mittel und passt sie regelmäßig an das Krankheitsbild an. Manchmal spielt in der Nachsorge auch die Frage eine Rolle, inwiefern eine Operation zu einer Besserung der Beschwerden beitragen kann.

Dadurch lässt sich etwa Deformationen vorbeugen. Eine Spastik kann jeden Lebensbereich betreffen. Angefangen von der Wohnsituation bis zur Berufsausübung sind Einschränkungen und Auswirkungen gegeben. Dieses belastet vor allem bei Erwachsenen die Psyche. Eine Therapie führt zu einer Stabilisierung.

Das können Sie selbst tun

Treten Krämpfe ein, ist grundsätzlich von dem Betroffenen aber auch von den anwesenden Personen nach Möglichkeit Ruhe zu bewahren. Zusätzliche Stressoren oder hektische Bewegungen sind zu unterlassen. Sie verschlechtern den allgemeinen Gesundheitszustand um ein weiteres und tragen keinesfalls zur Verbesserung der Situation bei. Wichtig sind die Kenntnis und der Umgang mit Erste Hilfe Maßnahmen, damit in Notfallsituationen lebensrettende Handlungen vorgenommen werden können.

Eine Spastik deutet auf eine vorliegende Grunderkrankung hin. Es handelt sich hierbei um ein Symptom und keine eigenständige Erkrankung. Daher muss die Ursache für die Beschwerden in Zusammenarbeit mit einem Arzt ermittelt werden. Je nach der vorliegenden Grunderkrankung gestalten sich die weiteren Möglichkeiten der Selbsthilfe. Sie sind daher individuell und müssen im Einzelfall geprüft werden.

Ihnen allen gemein ist die Anwendung einer Bewegungstherapie. Diese kann eigenverantwortlich von dem Betroffenen nach dessen Möglichkeiten auch außerhalb der Therapie genutzt werden. Gezielte Trainings und Übungseinheiten zur Verbesserung der Mobilität helfen bei der Bewältigung der vorliegenden Grunderkrankung und können das Auftreten von Spastiken vermindern. Die Bewegungsübungen sollten täglich durchgeführt werden, damit eine Linderung der Beschwerden auftritt und das Wohlbefinden verbessert wird. Darüber hinaus ist ein stabiles soziales Umfeld bei der Bewältigung der Grunderkrankung hilfreich.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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