Harnwege

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter den Harnwegen werden alle Organe und Teile von Organen subsumiert, die der Harnsammlung und -ableitung dienen. Alle Organe der (ableitenden) Harnwege sind mit der anatomisch identisch aufgebauten Schleimhaut, dem Urothel, ausgekleidet. Harnwegsinfektionen können daher auf alle Organe der ableitenden Harnwege übergreifen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind die Harnwege?

Schematische Darstellung zur Anatomie und Aufbau der Harnblase. Klicken, um zu vergrößern.

Den Anfang der ableitenden Harnwege bilden die Nierenkelche, die den in den Nierentubuli gebildeten Sekundärharn aufnehmen und in die Nierenbecken ableiten. Der Sekundärharn (Urin) wird durch Resorption des Primärharns und Beimengungen bestimmter Sekrete in den Nierenkanälchen gebildet.

Die Nierenbecken fungieren quasi als erste Sammelstelle des Urins. Die beiden, als muskuläre Hohlorgane ausgebildeten, Harnleiter (Ureteren), die die beiden Nierenbecken mit der Harnblase verbinden, nehmen den Harn auf und transportieren ihn in die Blase. Dieser Vorgang geschieht unwillkürlich durch regelmäßige peristaltische Kontraktionen der Harnleiter.

In der Harnblase wird der Urin zunächst gesammelt und bei entsprechendem Füllungsgrad wird ein Gefühl von Harndrang ausgelöst. Der Harn kann anschließend über die Harnröhre nach außen in die Umwelt entsorgt werden. Im Gegensatz zur unwillkürlichen Ableitung des Urins von den Nierenbecken zur Harnblase, unterliegt das Wasserlassen durch die Harnröhre dem Willen.

Anatomie & Aufbau

Die Nierenkelche und die Nierenbecken sind mit der für Organe der ableitenden Harnwege charakteristischen Schleimhaut, dem Urothel, ausgekleidet. Ebenso sind auch die Harnleiter, die den Urin aus den Nierenbecken aufnehmen und in die Harnblase abtransportieren, mit dem Urothel ausgekleidet. Die beiden Ureteren bestehen aus ca. 30 cm langen Muskelschläuchen mit einem Durchmesser von ca. 7 mm.

Die Harnleiter sind von einer Schicht aus glatten Muskelzellen umgeben, die auf Signale des vegetativen Nervensystems reagieren und nicht dem Willen unterliegen. Nach außen hin sind die Harnleiter mit einer Schicht aus Bindegewebe eingehüllt. An der Eintrittsstelle in die Harnblase verlaufen die Ureteren ein kurzes Stück in der Blasenwand. Die Harnblase stellt ein Hohlorgan dar, das der Sammlung und Zwischenspeicherung des Urins dient.

Die Lamina propria, eine Schicht aus Bindegewebe und kollagenen Fasern verleiht der Blase ihre Festigkeit. Die Entleerung erfolgt- willentlich – über die Harnröhre (Urethra). An der Einmündung der Harnröhre in die Blase befinden sich zwei Schließmuskel (Sphinkter), von denen einer vegetativ über glatte Muskulatur gesteuert wird.

Funktion & Aufgaben

Die Nierenkelche sammeln den Sekundärharn, der kontinuierlich aus den Tubuli in die Nierenkelche tropft und leiten ihn weiter in die Nierenbecken. Die Nierenbecken dienen als erster Zwischenspeicher für den Sekundärharn. Am Eingang zu den Nierenbecken nehmen die Ureteren den Harn auf und transportieren ihn weiter in die Harnblase.

Die anatomische Ausgestaltung der Harnleiter als Muskelschläuche ist erforderlich, um angesammelten Sekundärharn aus den Nierenbecken, auch in liegender Position, und notfalls gegen die Schwerkraft, in die Harnblase abführen zu können.

Die Muskelschläuche, die aus glatter Muskulatur bestehen, können ihre Aufgaben über die Peristaltik, eine dynamische und reflexartige Kontraktion des Harnleiters, erfüllen. Die unbewusst ablaufenden Kontraktionen verlaufen immer vom Ausgang des Nierenbeckens bis zum Eingang der Harnblase und befördern den Harn aus den Nierenbecken quasi zwangsweise in die Harnblase.

Der Eingang der Ureteren in die Harnblase ist vergleichbar mit einem Rückschlagventil. Es sorgt dafür, dass der Urin nur in einer Richtung passieren kann. Ein Rückfluss (Reflux) in die Harnleiter oder sogar bis in die Nierenbecken ist normalerweise ausgeschlossen.

Die Harnblase nimmt die Funktion eines Urinsammelbehälters wahr und kann bis zu max. 1,5 l (Mann) und bis zu 0,9 l (Frau) Urin speichern. Ein Urindrang tritt meist schon bei einem Füllungsgrad von 300 ml bis 500 ml auf. Der Entleerungsvorgang kann normalerweise willentlich gesteuert werden.


Krankheiten & Beschwerden

Die häufigste Erkrankung eines Organs der ableitenden Harnwege ist eine Blasenentzündung bzw. Harnwegsinfektion, die bei Frauen aufgrund der sehr viel kürzeren Harnröhre häufiger auftritt als bei Männern. Die bakteriell verursachten Entzündungen können auf Harnleiter und sogar auf die Nierenbecken übergreifen und eine schmerzhafte Nierenbeckenentzündung hervorrufen.

Ein weiteres Problem können Harnsteine verursachen. Falls es zur Ausbildung von Harnsteinen im Nierenbecken kommt, versucht der Körper, die Steine über den Ureter zunächst in die Blase zu verfrachten. Meist bleiben die Steine im Eingangsbereich des Harnleiters stecken, was den Harnleiter zu peristaltischen Kontraktionen anregt, um den Stein weiter zu transportieren. Diese unbewussten und willentlich nicht steuerbaren Kontraktionen führen zu heftigen Schmerzen und werden als Nierenkolik bezeichnet.

Es sind auch erblich bedingte Fehlanlagen der Harnleiter bekannt, besonders am Eingang in die Harnblase. Da alle Organe der ableitenden Harnwege mit der gleichen, identisch aufgebauter, Schleimhaut ausgekleidet sind, können sich bei allen Organen der ableitenden Harnwege Urothelkarzinome bilden, die bei frühzeitiger Diagnose durch einen minimalinvasiven Eingriff entfernt und anschließend einer Chemotherapie zugeführt werden können.

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Quellen

  • Fritsch, H., Kühnel, W.: Taschenatlas der Anatomie. Bd. 2: Innere Organe. Thieme, Stuttgart 2018
  • Hautmann, R., Huland, H.: Urologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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