Harnsteine
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Harnsteine gehören zu den Wohlstandskrankheiten, deren Häufigkeit in den letzten Jahren zugenommen hat. Sie entstehen, wenn der Körper mit der Ausscheidung seiner Giftstoffe überlastet ist.
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Was sind Harnsteine?
Bei Harnsteinen handelt es sich um mineralische Ablagerungen im Körper, die sich zu größeren Gebilden verbunden haben. Sie treten in den ableitenden Harnwegen (Harnleiter, Harnblase und Harnröhre) sowie in der Niere auf. Die Form und chemische Zusammensetzung kann unterschiedlich ausfallen.
Harnsteine entstehen, wenn im Urin gelöste Salze als Kristalle ausfallen. Die meisten bestehen aus Calciumoxalaten, doch auch Steine aus Zystin, Harnsäure oder Phosphat sind keine Seltenheit. Wenn die Ablagerungen nicht auf natürlichem Wege ausgespült werden können, wachsen sie im Laufe der Zeit zu Kristallen heran. Diese können rundliche oder verzweigte Formen annehmen.
Je nach Lokalisation ist eine Größe bis zu mehreren Zentimetern möglich, bevor die ersten Symptome auftreten. Ungefähr jeder 20. Deutsche leidet im Laufe seines Lebens unter Harnsteinen, darunter doppelt so viele Männer wie Frauen. Die Betroffenen erhalten ihre erste Diagnose meist zwischen Mitte 20 und 60 Jahren.
Ursachen
Harnsteine entstehen häufig als Folge von Stoffwechselerkrankungen oder Hormonstörungen, die den Abbau bestimmter Stoffe erschweren. Doch grundsätzlich kann jeder Mensch Harnsteine bekommen. Jedes Verhalten, durch das die Salz- und Säurekonzentration im Urin steigt, begünstigt die Entstehung der Kristalle.
Bei einer zu geringen täglichen Flüssigkeitszufuhr werden die Harnwege nicht ausreichend ausgespült. Auch eine falsche Ernährung spielt eine große Rolle. Ein Übermaß an Fleisch und Kaffee lässt den Harnsäuregehalt ansteigen. Durch das daraus folgende Missverhältnis zwischen Wasser und den darin gelösten Stoffen nimmt der Urin eine dunkelgelbe Farbe an. Wenn dies der Fall ist, kommt es auch bei gesunden Menschen zu Ablagerungen, aus denen sich Steine entwickeln können.
Blasensteine sind häufig die Folge einer unzureichenden Entleerung der Blase, bei der Restharn zurückbleibt. Das betrifft besonders Männer mit Prostatavergrößerung sowie Menschen, die unter einer Harnröhrenverengung, einer Querschnittslähmung oder Multiple Sklerose leiden.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Harnsteine verursachen plötzlich auftretende, kolikartige Schmerzen im Unterleib. Die Schmerzen treten meist in Schüben auf und können in die gesamte Bauchregion und bis zu den Genitalien ausstrahlen. Begleitend dazu verspürt der Patient einen starken Harndrang und Übelkeit. Oft bestehen Schwierigkeiten beim Wasserlassen und weitere Symptome, die eindeutig auf Harnsteine hindeuten.
Das deutlichste Anzeichen einer Erkrankung ist der rot verfärbte Urin. Bei fehlender Behandlung kann es zu einem vollständigen Harnverhalt kommen, der sich zunächst durch starke Schmerzen und eine zunehmende Übelkeit äußert. Im weiteren Verlauf kann es zu einer Ruptur der Harnröhre kommen, ebenfalls mit starken Schmerzen, Blut im Urin und Unwohlsein verbunden.
In weniger schweren Fällen verkeilt sich der Harnstein lediglich im Harnleiter und ruft leichte Druckschmerzen hervor. Bei Frauen kommt es aufgrund des kürzeren Harnleiters schneller zu brennenden Schmerzen. Äußerlich sind Harnsteine im Normalfall nicht zu erkennen. Allerdings kann es zu typischen Krankheitszeichen wie zum Beispiel Schweißausbrüchen und blasser Haut kommen.
Insbesondere bei chronischen Beschwerden sind auch äußerliche Veränderungen möglich, zum Beispiel ein kränkliches Aussehen oder Entzündungen. Bei einer frühzeitigen Entfernung der Harnsteine treten keine schwerwiegenden Symptome oder Spätfolgen auf.
Diagnose & Verlauf
Harnsteine werden am häufigsten erkannt, wenn sie sich im Harnleiter verkeilen. Dabei verursachen sie plötzlich auftretende, kolikartige Schmerzen, die in der gesamten Bauchregion bis zu den Genitalien spürbar sein können. Gleichzeitig verspürt der Betroffene einen starken Harndrang und Übelkeit.
Die Schmerzen bei Harnleitersteinen verschwinden ebenso schlagartig, wie sie gekommen sind, kehren jedoch in unregelmäßigen Abständen zurück. Krampfartige Schmerzen, ein erhöhter Harndrang und Schwierigkeiten beim Wasserlassen weisen auf Blasensteine hin. Steine mit scharfen Kanten können zu inneren Verletzungen führen, wenn sie sich in den Harnwegen bewegen. Dies äußert sich im rot verfärbten Urin und kann zu gefährlichen Infektionen führen.
Nierensteine werden oft zufällig entdeckt, da sie in der Regel keinerlei Symptome zeigen. Je nach ihrer chemischen Zusammensetzung können die Steine entweder auf Röntgenbildern oder bei Ultraschalluntersuchungen lokalisiert werden. Auch Harn- und Blutuntersuchungen helfen bei der Diagnose. Wird nichts unternommen, kann es in schlimmen Fällen zur Bildung eines sogenannten Ausgusssteins kommen. Hierbei ist der gesamte Harntrakt mit abgelagerten Mineralien "ausgegossen"
Komplikationen
Harnsteine verstopfen die Harnausgänge, was ernsthafte Folgen nach sich ziehen kann. Allgemein führen Harnsteine zu sehr starken Schmerzen, die in die Leiste ausstrahlen. Dadurch kann die Lebensqualität des Betroffenen stark eingeschränkt werden. Zum einen kann sich der Harn so weit aufstauen, dass er sich wieder in der Niere befindet.
Die Niere kann sich infolgedessen aufweiten (Hydronephros) und entzünden. Die Entzündung kann soweit gehen, dass die Niere versagt (Niereninsuffizienz). Dadurch kann die Niere nicht mehr ihre frühere Leistungen erbringen. Es wird weniger Harn abgepresst, so dass mehr Volumen im Körper zurückbleibt und so zu einem Bluthochdruck führt. Ein langjähriger Bluthochdruck kann zu Verschlüssen der Gefäße im Rahmen eines atherosklerotischen Prozesses führen.
Das erhöhte Blutvolume sorgt dafür, dass mehr Wasser in das Gewebe abgepresst wird, so dass Ödeme entstehen. Des Weiteren kann die Niere nicht mehr genügend Hormone produzieren, worauf ein Mangel an Vitamin D entsteht und eine Anämie (aufgrund von EPO-Mangel). Die Niere erlebt zudem Störungen im Elektrolyt- und dem Säure-Base-Haushalt.
Sie kann nicht mehr genügend Protonen ausscheiden, so dass der pH-Wert im Blut immer weiter sinkt. Dies hat zur Folge, dass sich ebenfalls Kalium im Blut ansammelt. Eine erhöhte Kaliumkonzentration begünstigt die Entstehung von Herzrhythmusstörungen, die mit einem plötzlichen Herztod einhergehen können.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei ungewöhnlichen Harnverhalten, Blut im Urin oder Fieber sollte ein Arzt konsultiert werden. Harnsteine bedürfen wie jede andere Art von Steinen einer umfassenden medizinischen Diagnose. Größere Steine müssen mittels Stoßwellentherapie zertrümmert werden, während die Entwicklung kleiner Steine ärztlich überwacht werden muss. Bei Harnsteinen ist zudem immer eine umfassende Nachsorge erforderlich. Darum sollte mit Harnverhalt, Schmerzen in der Nierenregion und anderen Beschwerden zum Hausarzt oder Urologen gegangen werden.
Ein Arztbesuch ist spätestens dann angezeigt, wenn die Beschwerden länger als fünf Tage bestehen bleiben oder im Verlauf an Intensität zunehmen. Treten die Symptome zusammen mit Fieber oder Kreislaufbeschwerden auf, wird am besten der Notarzt gerufen.
Patienten mit Harnwegsinfektionen, Kinder, Schwangere, ältere Menschen und Personen, die regelmäßig Alkohol oder Kaffee konsumieren, gehören zu den typischen Risikogruppen. Ebenso Menschen mit einer angeborenen Verengung der Harnwege oder einer chronischen Nierenerkrankung. Diese sollten bei genannten Symptomen zeitnah mit einem Mediziner sprechen, um ernste Komplikationen zu vermeiden.
Behandlung & Therapie
Bei einer akuten Kolik werden dem Patienten neben Schmerzmitteln und Entzündungshemmern auch krampflösende Mittel verabreicht. In den meisten Fällen rutschen die Harnsteine dann von selbst weiter und werden nach kurzer Zeit ausgeschieden. Viel Trinken ohne krampflösende Maßnahmen bringt jedoch nichts.
Wegen der Schmerzen ist das Innere des Patienten zu diesem Zeitpunkt so verkrampft, dass die Harnwege verengt werden und die Steine feststecken. Ab einer gewissen Größe können Harnsteine gar nicht mehr ausgeschieden werden. In diesen Fällen kann eine Operation nötig sein.
Auch möglich ist eine Zertrümmerung mit Stoßwellen. Hierbei werden die Steine nach ihrer genauen Lokalisierung von außen mit Energiewellen beschossen, wobei sie in kleine Teile zerspringen. Sie werden so lange zerkleinert, bis sie ausgeschwemmt werden können.
Im Falle von Harnsäuresteinen werden dem Patienten Medikamente verabreicht, die den Stein auf chemischem Wege auflösen. Wenn alle sanfteren Methoden erschöpft sind, erfolgt die Zerkleinerung mit Zangen oder Lasern. Das Risiko, erneut an Harnsteinen zu erkranken, ist für die betroffenen Menschen sehr hoch. Ein Viertel der Patienten muss im Laufe des Lebens mindestens vier Mal deswegen behandelt werden. Mit den entsprechenden Maßnahmen lässt sich die erneute Bildung von Harnsteinen verlangsamen oder komplett verhindern.
Aussicht & Prognose
Menschen, die Harnsteine haben, erhalten in den meisten Fällen eine günstige Prognose. Bei einer frühzeitigen Behandlung bestehen gute Therapiemöglichkeiten, so dass eine Linderung der Beschwerden und gleichzeitig eine Heilung der Erkrankung möglich ist.
Bei kleinen Harnsteinen, die nur wenige Symptome auslösen, genügt oftmals eine medikamentöse Behandlung. Im Optimalfall werden die Harnsteine aufgrund der gegebenen Wirkstoffe aus dem Organismus über die natürlichen Ausscheidungen abtransportiert und eine Genesung tritt ein. Bei größeren Harnsteinen findet eine Zertrümmerung oder operative Entfernung der Fremdkörper statt.
Im Anschluss werden die zertrümmerten Kleinteile ebenfalls über die Ausscheidungen aus dem Körper transportiert. Eine Genesung ist nach wenigen Wochen gegeben. In einer Kontrolluntersuchung wird in bildgebenden Verfahren abschließend geprüft, ob alle Fremdkörper beseitigt wurden.
Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen ist in den letzten Jahren eine Zunahme der Erkrankungen durch Harnsteine dokumentiert. Nicht selten kommt es zudem zu einem erneuten Auftreten der Steine im Verlauf des Lebens. Werden die Fremdkörper rechtzeitig erkannt und diagnostiziert, bleibt die Prognosestellung auch bei einer Wiederkehr günstig.
Wird keine medizinische Behandlung in Anspruch genommen, ist mit einer Verschlechterung der Gesundheit zu rechnen. In schweren Fällen droht ein akuter Zustand, der notfallmedizinisch versorgt werden muss. Andernfalls droht das vorzeitige Ableben des Betroffenen.
Vorbeugung
Das Trinken von mindestens zwei Litern Wasser am Tag verdünnt den Urin, sodass weniger Ablagerungen entstehen. Bereits vorhandene Ablagerungen und kleinere Steine können auf natürlichem Weg ausgeschwemmt werden. Körperliche Betätigung unterstützt diesen Prozess.
Eine Ernährungsumstellung ist sinnvoll, wenn der Betroffene bereits Probleme mit Harnsteinen hatte. Auf welche Lebensmittel er verzichten muss, hängt von der Zusammensetzung der Steine ab, die ihm entfernt wurden. Der Patient sollte mit Teststreifen zuhause seinen Urin kontrollieren und sein Trink- und Ernährungsverhalten entsprechend anpassen.
Nachsorge
Um einem Rezidiv vorzubeugen ist die richtige Nachsorge nach erfolgter Behandlung unumgänglich. Die aufgenommene Flüssigkeitsmenge ist dabei so weit zu erhöhen, dass die produzierte Urinmenge bei mehr als zwei Litern pro Tag liegt. Dies führt zu einer Verdünnung des Urins und einer generellen Verringerung der Steinbildung.
Eine auf den Einzelfall angepasste Ernährungsumstellung kann durch gezielte ph-Wert Veränderungen ebenfalls einer erneuten Steinbildung vorbeugen. Idealerweise konnte hierzu durch den behandelnden Arzt im Rahmen der Behandlung eine Harnsteinanalyse durchgeführt werden. Bei einem Großteil der Betroffenen handelt es sich um Kalziumoxalat-Steine, deren Entstehung durch oxalathaltige Lebensmittel begünstigt werden.
Hierzu zählen beispielsweise Rhabarber, Sellerie, Petersilie, Soja, rote Beete, Spinat, Kakao, Nüsse und schwarzer Tee. Oxalate, die durch zu geringe Flüssigkeitsaufnahme nicht ausreichend verdünnt und ausgeschieden werden können, haften sich dabei an Calcium und bilden Harnsteine. Die Nachsorge bestünde folglich in einer erhöhten Trinkmenge und idealerweise in einem Verzicht auf diese Lebensmittel.
Harnsäuresteine entstehen bei einer Übersäuerung des Urins, welche durch protein- und purinreiche Ernährung erfolgt. Der Verzicht auf purinreiche Lebensmittel wie Fleisch, Wurst, Innereien, Alkohol, Hülsenfrüchte und bestimmte Fische sowie eine eiweißarme Diät verringern den Säuregehalt im Urin. In Absprache mit dem Arzt kann dieser Effekt durch die gezielte Aufnahme von alkalisierenden Lebensmitteln verstärkt werden.
Das können Sie selbst tun
Gegen Harnsteine können Betroffene selbst einige Maßnahmen ergreifen. Wichtig ist vor allem Wärme, Bewegung (insbesondere Hüpfen und Treppensteigen) und viel Flüssigkeit. Daneben gelten diätetische Schritte: eine purinarme Kost und der Verzicht auf Milch- und Milchprodukte sowie Schokolade, Nüsse, Bohnen, Spinat und Genussmittel wie Alkohol und Koffein.
Vor allem Bier sollte aufgrund seines hohen Puringehalts und der negativen Auswirkungen auf die Harnsäurewerte gemieden werden. Strenge Diäten sind jedoch nicht zu empfehlen, denn dadurch entstehen unter Umständen weitere Harnsteine.
Unterstützend helfen Dragees oder pflanzliche Tropfen mit Birkenblättern, Hauhechel oder Schachtelhalm. Wirksame Mittel aus der Pflanzenheilkunde sind zudem Tees aus Echtem Labkraut, Löwenzahnwurzeln oder Orthosiphon. Mit Zitronensaft, Apfelessig und Selleriesaft gibt es zudem einige Mittel aus dem Haushalt, die gegen die Schmerzen helfen und den Abgang der Harnsteine fördern.
Sind die Steine einmal ausgespült, kann die Regenerierung des geschädigten Gewebes durch Vitamin A unterstützt werden. Um neuerliche Beschwerden zu vermeiden, muss langfristig auch die Ursache des Nierengrieß ermittelt und behoben werden. Bei starken Schmerzen, Krämpfen oder Harnverhalt sollte mit Harnsteinen zum Arzt gegangen werden.
Quellen
- Brühl, W., Wienert, V., Herold, A.: Aktuelle Proktologie. Uni-Med, Bremen 2011
- Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016