Heileurythmie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eurythmie ist Teil der anthroposophischen Medizin. Es handelt sich dabei um eine Bewegungskunst, die als Therapieform genutzt wird. Entwickelt wurde die Heileurythmie vom Begründer der Anthroposophie Rudolf Steiner.
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Was ist Heileurythmie?
Eurythmie kann mit "schöne Bewegung" übersetzt werden. Die Eurythmie ist fester Bestandteil der Anthroposophie. Die Anthroposophie ist eine Weltanschauung, die von Rudolf Steiner ins Leben gerufen wurde. Teil der Anthroposophie ist die wissenschaftlich nicht anerkannte anthroposophische Medizin.
Es handelt sich dabei um eine holistische Komplementärmedizin, die in vielen Ländern ergänzend zur Schulmedizin praktiziert wird. Die Eurythmie wurde von Rudolf Steiner selbst entwickelt. Sie basiert auf den Anweisungen des britischen Schriftstellers, Malers, Sozialphilosophen und Künstlers John Ruskin. Steiner erschuf die Eurythmie als eine Art Gebärdensprache und verstand sie als expressionistischen Ausdruck von Kunst. Durch den Körper sollte das ausgedrückt werden, was durch Sprache nicht ausgedrückt werden konnte. Dafür entwickelte Rudolf Steiner viele verschiedene Eurythmieformen zu Musikstücken oder zu Gedichten. Diese werden als Choreografien bezeichnet und in speziellen Eurythmieschulen gelehrt.
Die erste Eurythmieschülerin unterrichtete Steiner im Jahr 1911. Im Laufe der Jahre gab es immer mehr Eurythmieinszenierungen. Bereits im Jahr 1924 wurden die ersten Eurythmieschulen in Stuttgart und in Dornach begründet. Heute ist die Eurythmie ein Unterrichtsfach an Waldorfschulen. Dort wird die Bewegungskunst von der ersten bis zur elften Klasse unterrichtet. Auch in Waldorfkindergärten wird Eurythmie praktiziert. Heileurythmie wird unter anderem in anthroposophischen Krankenhäusern oder Arztpraxen angeboten. Im Gegensatz zur Eurythmie werden bei der Heileurythmie die Übungen alleine durchgeführt.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Kosten für die Heileurythmie können von gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Trotz eines entsprechenden Urteils des Bundessozialgerichts ist die Versorgung mit anthroposophischer Medizin und damit auch mit Heileurythmie nur in wenigen Rahmenverträgen der gesetzlichen Krankenkassen verankert.
Die Ursache für Krankheit liegt der Anthroposophie zufolge in einer Störung der leiblichen, seelischen und geistig-individuellen Ebene des Betroffenen. Die gezielten Übungen der Eurythmie zielen darauf ab, die gestörten Bereiche durch Bewegungen wieder zu harmonisieren. Die Empfindungen und Gefühle des Menschen sollen von außen nach innen fließen. Damit wird eine Umkehr erreicht. Normalerweise treten Emotionen und Empfindungen über Gestik und Mimik von innen nach außen. Dadurch sollen die Empfindungen positiv beeinflusst werden. Sie harmonisieren die einzelnen Ebenen und sorgen somit für ein harmonisches Gleichgewicht.
Die Heileurythmie basiert somit auf einer holistischen Betrachtung des Menschen. Die Anthroposophen gehen davon aus, dass auch körperliche Erkrankungen ihre Ursachen häufig auf der seelischen oder geistigen Ebene haben. Umgekehrt kann auch eine seelische Störung organisch bedingt sein. Die Heileurythmie soll durch ihre sanften Bewegungsabläufe alle Ebenen miteinander verbinden und so einen gesundheitsfördernden Austausch zwischen den einzelnen Ebenen fördern.
Heileurythmie wird in freien Praxen, in Kliniken, Schulen, Kindergärten, heilpädagogischen und sozialtherapeutischen Einrichtungen, in Sanatorien und in Rehabilitationszentren eingesetzt. Die Bewegungsübungen können im Liegen, im Stehen oder im Sitzen durchgeführt werden. Selbst Patienten, die selbst kaum in der Lage sind sich zu bewegen, können Heileurythmie mit Hilfe des Therapeuten durchführen.
Bei Kindern wird Heileurythmie vor allem zur Behandlung von Haltungsstörungen, Bettnässen, Wahrnehmungsstörungen, Entwicklungsstörungen und Schlafstörungen eingesetzt. Auch Fehlsichtigkeit oder Verhaltensauffälligkeiten sind mögliche Indikationen. In der Rehabilitation kommt Heileurythmie vor allem im Bereich der Inneren Medizin zum Einsatz. So werden Herz-Kreislauferkrankungen, Asthma, allergische Erkrankungen, Neurodermitis und Krebserkrankungen begleitend mit Heileurythmie behandelt.
Bei älteren Menschen kommt Heileurythmie häufig präventiv zur Gesunderhaltung zum Einsatz. Die psychische und die physische Beweglichkeit stehen dabei im Vordergrund. Auch die Lebenskräfte sollen durch die Bewegungsübungen der Heileurythmie gestärkt und stimuliert werden. Des Weiteren wird Heileurythmie bei Parkinson, Alzheimer, Demenz und Schlaganfall angewendet. Dadurch soll der aktuelle Gesundheitszustand verbessert oder zumindest gehalten werden.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Die Therapieentscheidungen der Anthroposophie beruhen hingegen meistens auf Erkenntnissen, die aus Einzelfällen gewonnen wurden. Die Behandlungserfolge der Anthroposophischen Medizin führen Kritiker auf die Zuwendung des Therapeuten zurück. Die empathische Pflege des Therapeuten führe beim Patienten zu einer Besserung der Symptome. Eine weitere Theorie ist, dass die Behandlungserfolge rein auf dem Placeboeffekt beruhen. Die meisten Ärzte empfehlen die Heileurythmie deshalb allenfalls als präventives Verfahren. Ernsthafte Erkrankungen sollten mit der Heileurythmie nicht behandelt werden. Die Verfahren der Anthroposophischen Medizin sind in der Regel nebenwirkungsfrei.
Eine Gefahr besteht allerdings, wenn ernste Erkrankungen übersehen und nicht schulmedizinisch therapiert werden. Vor Anwendung der Heileurythmie sollte deshalb immer ein Arzt aufgesucht werden. In den anthroposophischen Krankenhäusern wird die Heileurythmie in der Regel auch nicht als solitäres Therapieverfahren, sondern immer in Ergänzung zu anderen Therapieverfahren genutzt. Wer bei der Behandlung auf die Heileurythmie nicht verzichten möchte, sollte sich deshalb einen versierten anthroposophischen Arzt suchen. Nur dieser kann einen adäquaten Behandlungsplan entwickeln und zudem abschätzen, wann eventuell doch schulmedizinische Therapieverfahren zur Behandlung zum Einsatz kommen müssen.
Quellen
- Federspiel, F., Herbst, V. : Die andere Medizin. Stiftung Warentest, Berlin 2005
- Kraft, K., et al.: Lehrbuch Naturheilverfahren. Hippokrates, Stuttgart 2010
- Van den Berg, Frans: Angewandte Physiologie 5. Komplementäre Therapien verstehen und integrieren. Thieme, Stuttgart 2005