Hypoxanthin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Hypoxanthin ist neben Xanthin ein Abbauprodukt aus dem Purinstoffwechsel. Es wird weiter in Harnsäure abgebaut. Erkrankungen können sowohl bei Hemmungen seines Abbaus zu Harnsäure als auch bei Störungen seines Recyclings über den Salvage-Pathway auftreten.
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Was ist Hypoxanthin?
Hypoxanthin ist ein Purinderivat und entsteht beim Abbau der Purinbasen Adenin und Guanin. Neben Xanthin ist es ein Zwischenprodukt bei der Synthese von Harnsäure. Unter dem Einfluss von Xanthinoxidase wird Hypoxanthin meist zunächst in Xanthin und dann in Harnsäure abgebaut.
Es besteht wie alle Purinderivate aus zwei heterocyclischen Ringen, welche sechs beziehungsweise fünf Atome enthalten. In den Ringen befinden sich insgesamt neun Atome. Dabei handelt es sich um fünf Kohlenstoff- und vier Stickstoffatome. Zwei Kohlenstoffatome gehören jeweils beiden Ringen an. Am Kohlenstoffatom der Position 6 ist eine Hydroxylgruppe gebunden. Über Stabilisierungseffekte kann das Molekül in mehreren tautomeren Formen vorliegen, die sich miteinander im Gleichgewicht befinden. Hypoxanthin besteht aus festen durchsichtigen Kristallen, die bei 250 Grad schmelzen. Es löst sich nicht in kaltem Wasser oder Alkohol. Allerdings ist es gut löslich in heißem Wasser, Säuren oder Laugen.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Des Weiteren kann Hypoxanthin sowohl zu Harnsäure abgebaut als auch über den Salvage-Pathway wieder in den Purinstoffwechsel eingespeist werden. Bei Xanthin erfolgt im Gegensatz dazu nur noch der Abbau zu Harnsäure. Hypoxanthin bildet mit Ribose das Nukleosid Inosin. Inosin wird in sehr seltenen Fällen in das Anticodon der tRNS eingebaut. Dabei wird es bei der Herstellung degenerierter Primer verwendet, die eine Polymerase-Kettenreaktion initiieren. Es ist eine neutrale Base, die sich mit allen Nukleinbasen paaren kann. Allerdings ist die Paarung mit Cytosin energetisch am günstigsten.
Eine weitere wichtige Verbindung, die sich von Hypoxanthin ableitet, ist Inosinmonophosphat. Diese Verbindung ist ein Phosphorsäureester von Inosin. Inosinmonophosphat (IMP) stellt ein zentrales Zwischenprodukt für die Synthese von Guanosinmonophosphat (GMP) und Adenosinmonophosphat (AMP) dar, welche beide wieder zur Nukleinsäuresynthese verwendet werden können. Die Synthese von IMP erfolgt aus Hypoxanthin direkt über den Salvage Pathway. Dafür sind die beiden Enzyme AICAR-Formyltransferase/IMP-Cyclase und Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase maßgeblich verantwortlich. Somit steht Hypoxanthin an der Schnittstelle zwischen Abbau der Purinbasen zu Harnsäure und Aufbau von Nukleinsäuren. Inosinmonophosphat kommt auch als Geschmacksverstärker zum Einsatz.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Hypoxanthin bildet sich im Rahmen des Purinstoffwechsels als Zwischenprodukt und steht an der Schwelle zwischen Abbau und Neuaufbau der Purinbasen. Wenn es durch das Enzym Xanthinoxidase in Xanthin oxidiert wird, ist die Rückreaktion zu den Nukleinbasen Adenin und Guanin nicht mehr möglich.
Hypoxanthin entsteht aus der Purinbase Adenin, während der Abbau von Guanin zu Xanthin führt. Allerdings sind die Reaktionen der verschiedenen Nukleoside und Nukleotide über ein kompliziertes Netzwerk miteinander verbunden. So führen Adenosinnukleotide auf direktem Weg zu Hypoxanthin, wobei als Schlüsselsubstanz AMP gilt. Allerdings kann auch GMP über IMP und Adenylosuccinat in AMP umgewandelt werden. AMP führt dann unter anderem über die Bildung von Adenosin und Inosin zu Hypoxanthin. Neben Guanin und Adenin kann dann auch Hypoxanthin über den Salvage-Pathway wieder Nukleotide als Nukleinsäurebausteine herstellen.
Krankheiten & Störungen
Wenn die Xanthinoxidase allerdings fehlt, sammeln sich Xanthin und Hypoxanthin im Blut an. Die Harnsäurewerte sind sehr niedrig. Allerdings steigt hauptsächlich die Konzentration von Xanthin an, denn Hypoxanthin hat die Möglichkeit, über den Salvage Pathway wieder recycelt zu werden. Es entwickelt sich das Krankheitsbild der Xanthinurie. Die Ausscheidung von Xanthin im Urin kann sich um 1500 Prozent erhöhen. Auch die Werte von Hypoxanthin erhöhen sich aber bei Weitem nicht so stark. Die hohen Konzentrationen an Xanthin können die Nieren schädigen. Bei geringer Flüssigkeitszufuhr können sich Nierensteine oder Steine in den ableitenden Harnwegen bilden. Auch die Ausscheidung von Harnkristallen ist möglich.
In sehr schweren Fällen kann es zu einem tödlichen Nierenversagen kommen. Da Xanthin und Hypoxanthin jedoch eine gewisse Wasserlöslichkeit aufweisen, ist die beste Therapie, viel zu trinken. Purinreiche Nahrungsmittel wie Fisch, Muscheln, Hülsenfrüchte oder Bier sollten gemieden werden. Es gibt jedoch auch schwerer verlaufende Formen der Xanthinurie. So kann es neben schweren Nierenerkrankungen zu verzögerter geistiger Entwicklung, Autismus oder sogar zu Zahnentwicklungsstörungen kommen. Da Hypoxanthin über den Salvage-Pathway im Gegensatz zu Xanthin auch recycelt werden kann, führen die Störungen innerhalb dieses Prozesses zu einer verstärkten Harnsäurebildung, weil nur der Abbauweg der Purinbasen funktioniert.
Das entstandene Hypoxanthin kann nur in Xanthin oxidiert werden, welches sich wiederum in Harnsäure umsetzt. Oft liegt ein erblich bedingter Defekt des Enzyms Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase vor. Die Harnsäurekonzentration im Blut steigt stark an, wobei es zu Ausfällungen von Harnsäurekristallen in den Gelenken kommen kann. Die Folge sind Gichtanfälle. In schweren Fällen bildet sich das Lesch-Nyham-Syndrom heraus.
Quellen
- Christen, P., Jaussi, R., Benoit, R.: Biochemie und Molekularbiologie. Springer, Berlin 2016
- Koslowski, H., Fiehring, C., Zöllner, H.: Labordiagnostik von Stoffwechselerkrankungen. Books On Demand Verlag, Norderstedt 2003
- Reuter, P.: Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004