Machado-Joseph-Krankheit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Machado-Joseph-Krankheit ist eine neurodegenerative Erkrankung aus der Gruppe der spinozerebellären Ataxien. Krankheitsursache ist eine genetische Mutation, die im autosomal-dominanten Erbgang weitergegeben wird. Bislang stehen ausschließlich supportive Behandlungsmethoden wie Physio- und Ergotherapie zur Verfügung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Machado-Joseph-Krankheit?

Da die Purkinjezellen von Patienten mit Machado-Joseph-Krankheit fortschreitend degenerieren, ist vor allem die Motorik der Betroffenen gestört. Im mittleren Lebensalter treten zunehmend unspezifische Bewegungsstörungen auf.
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Neurodegenerative Erkrankungen sind durch pathologische Prozesse im Nervensystem gekennzeichnet, die einen Funktionsverlust von Nervenzellen herbeiführen. Die Gruppe der neurodegenerativen Erkrankungen besteht aus unterschiedlichen Untergruppierungen.

Eine davon ist die spinozerebelläre Ataxie 3, eine Krankheitsgruppe mit Degenerationen des Zentralnervensystems. Die spinozerebelläre Ataxie 3 entspricht der Machado-Joseph-Krankheit (MJD). Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einem fortschreitenden Untergang der Purkinjezellen. Hierbei handelt es sich um die größten Nervenzellen des Kleinhirns mit Lokalisation im Stratum ganglionare der Kleinhirnrinde.

Purkinje-Zellen sind mit metabotropen Glutamatrezeptoren ausgestattet, die der Modulation und Integration motorischer Efferenzen dienen und so das Lernen von Bewegungsabläufen ermöglichen. Die Prävalenz von spinozerebellären Ataxien wird mit eins bis neun Fällen auf 100 000 Menschen angegeben. Die Machado-Joseph-Krankheit ist in Deutschland die verbreiteteste Form.

Ursachen

Die Machado-Joseph-Krankheit ist eine Erberkrankung. Wie für alle anderen Erberkrankungen liegt die primäre Ursache für die spinozerebelläre Ataxie 3 in den Genen. Für die Machado-Joseph-Krankheit gilt ein autosomal-dominanter Erbgang. Familiäre Häufungen wurden daher an den bisher dokumentierten Fällen beobachtet.

Ein sporadisches Auftreten ohne familiäre Häufung ist eher selten. Vererbt wird bei der Machado-Joseph-Krankheit eine genetische Mutation. Diese Veränderung des genetischen Materials betrifft das auf Chromosom 14 im Genlocus q24.3-32.1. Das dort angesiedelte Gen wird seiner physiologisch vorgesehenen Kodierung nicht mehr gerecht und verlängert durch die Mutation den Polyglutamin-Bereich.

Mehr als ein Dutzend unterschiedlicher Gene wurden bislang als Mutationslokalisation für spinozerebelläre Ataxien identifiziert. Im Verlauf der MJD verursacht die Mutation anders als andere Formen der spinozerebellären Ataxie eine fortschreitende Degeneration der defekten Purkinjezellen, was vorwiegend zu Bewegungsstörungen führt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit Machado-Joseph-Krankheit leiden an Störungen der Bewegungskoordinationszentrale. Diese Bewegungszentrale ist im Cerebellum angesiedelt und steht mit den Purkinjezellen in Zusammenhang, die in einem gesunden Organismus über ihre metabotropen Glutamatrezeptoren die Integration von motorischen Bewegungssignalen steuern.

Da die Purkinjezellen von Patienten mit Machado-Joseph-Krankheit fortschreitend degenerieren, ist vor allem die Motorik der Betroffenen gestört. Im mittleren Lebensalter treten zunehmend unspezifische Bewegungsstörungen auf. Die Betroffenen führen scheinbar unsinnige Bewegungsmuster aus, da ihre Steuerzentrale die motorischen Efferenzen nicht mehr sinnig integriert und damit die Bewegungsplanung erschwert.

MJD äußert sich zunächst meist in Augenbewegungen ohne logisches Muster. Die Fixation scheint durch die Bewegungen erschwert zu sein. Je weiter die Erkrankung fortschreitet, desto stärker beeinträchtigt ist der Orientierungssinn.

Starke Störungen der Wahrnehmung treten zur Symptomatik hinzu. Zwar hängt die Symptomatik im Einzelfall von der Schwere des Verlaufs ab, allerdings besteht ab einem gewissen Zeitpunkt in der Regel zumindest eine mittelgradige Behinderung.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose der Machado-Joseph-Krankheit wird anhand der klinischen Symptome gestellt, wobei in frühen Stadien vor allem die charakteristischen Augenbewegungen diagnosebildend sind. Die Familienanamnese ist im Rahmen der Diagnostik ein entscheidender Punkt. Die differenzialdiagnostische Abgrenzung der Erkrankung von anderen spinozerebellären Ataxien lässt sich auf den ersten Blick nicht ohne Weiteres vornehmen.

Bildgebungen des Gehirns zeigen typische Veränderungen innerhalb des Kleinhirns. Diagnosesichernd und der Differentialdiagnostik dienlich kann eine molekulargenetische Analyse sein, die einen Nachweis über die zugeordnete Mutation erbringt. Die Prognose hängt für Patienten mit Machado-Joseph-Krankheit von den Symptomen und dem Verlauf im Einzelfall ab.

Die Lebenserwartung der Betroffenen ist in der Regel nicht beeinträchtigt. Allerdings ist für besonders schwere Verläufe eine multiple Behinderung zu erwarten, die mit mehr oder weniger hohen Pflegestufen einhergeht. Auch leichtere Fälle mit moderater Beeinträchtigung im alltäglichen Leben sind dokumentiert worden.

Komplikationen

Durch die Machado-Joseph-Krankheit leiden die Betroffenen in erster Linie an verschiedenen Störungen der Koordination oder der Konzentration. Der Alltag der Betroffenen wird durch diese Krankheit erheblich eingeschränkt, sodass sie in einigen Fällen auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind. Weiterhin verschlechtert sich der allgemeine Zustand des Patienten im Laufe der Erkrankung, sodass es weiterhin auch zu Störungen der Bewegung kommt.

Auch die motorischen Fähigkeiten der Patienten sind verringert und es kommt zu Beschwerden bei der Bewegungsplanung. Nicht selten leiden auch die Orientierung unter der Machado-Joseph-Krankheit, sodass die Betroffenen oft verwirrt sind und nicht wissen, an welchem Ort sie sich befinden. Die genauen Beschwerden und Komplikationen hängen allerdings sehr stark von der Ausprägung und vom allgemeinen Zustand des Patienten ab. In der Regel führt die Machado-Joseph-Krankheit zu einer geistigen Behinderung des Patienten.

Es ist nicht möglich, die Machado-Joseph-Krankheit ursächlich zu behandeln. Aus diesem Grund können nur die Symptome und Beschwerden eingeschränkt werden, wobei es allerdings nicht zu einem vollständig positiven Krankheitsverlauf kommen wird. Die Lebenserwartung der Betroffenen wird durch die Krankheit allerdings nicht verringert. Die Patienten sind dann auf verschiedene Therapien angewiesen, die ihren Alltag erleichtern können.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Zeigt ein neugeborenes Kind Störungen der Mobilität, wird eine ärztliche Untersuchung benötigt. In vielen Fällen können Kinderärzte oder Pflegekräfte unmittelbar nach der Niederkunft erste Unregelmäßigkeiten der Bewegung feststellen. Sie leiten selbständig in einem routinierten Ablauf die notwendigen Schritte für eine medizinische Versorgung ein. Treten die ersten Auffälligkeiten innerhalb des Wachstumsprozesses des Kindes auf, sollte ein Kinderarzt aufgesucht werden. Sind Bewegungsabläufe ungewöhnlich oder werden sie von den Eltern als unsinnig interpretiert, sind die Beobachtungen einem Arzt vorzustellen.

Werden die Augenbewegungen als ab der Norm wahrgenommen, besteht Anlass zur Besorgnis. Sobald sie keinen Sinn ergeben und über mehrere Tage oder Wochen anhalten, ist eine ärztliche Untersuchung anzuraten. Hat das Kind sichtliche Schwierigkeiten bei der Bewegungsplanung oder sind Orientierungsstörungen erkennbar, wird ärztliche Hilfe benötigt.

Zeigen Kinder Probleme bei der Fixation von Gegenständen und gleichzeitig den eigenen Bewegungsabläufen bei der Erreichung des Ziels, liegt eine Erkrankung vor. Damit die Ursache der Beschwerden ermittelt werden kann, ist ein Arztbesuch notwendig. Bei einer Störung der Wahrnehmung, Lernproblemen oder einer Entwicklungsverzögerung ist ein Kontrollbesuch bei einem Arzt erforderlich. Können im direkten Vergleich zu gleichaltrigen Kindern starke Differenzen der Gedächtnistätigkeit oder der Fortbewegung festgestellt werden, ist ein Arzt zu konsultieren.

Behandlung & Therapie

Die Machado-Joseph-Krankheit zählt zu den unheilbaren Erkrankungen. Eine kausale Therapie steht für Patienten mit den Bewegungsstörungen also nicht zur Verfügung. Kausale Therapien lösen die Ursache einer Erkrankung auf, um alle Symptome verschwinden zu lassen.

Da die Ursache von spinozerebellären Ataxien in den Genen liegt, könnten nur gentherapeutische Ansätze eine kausale Behandlung und die damit verbundene Heilung in Aussicht stellen. Gentherapie ist derzeit ein Fokus der medizinischen Forschung. Allerdings haben die Ansätze die klinische Phase bislang nicht erreicht. Deshalb werden Patienten mit Machado-Joseph-Krankheit bislang ausschließlich supportiv behandelt.

Symptomatische Behandlungsansätze sind stark limitiert, was nicht zuletzt an der Seltenheit der Erkrankung im US-amerikanischen und mitteleuropäischen Bereich liegt. Zu den supportiven Behandlungsmaßnahmen zählen vor allem Physio- und Ergotherapie. Insbesondere in der Ergotherapie lernen die Betroffenen mit der Erkrankung im Alltag umzugehen.

Der Einsatz von unterschiedlichen Hilfsmitteln und anderen Kompensationsstrategien erleichtert ihnen das alltägliche Leben und steigert ihre Lebensqualität. Außerdem wird den Betroffenen meist Psychotherapie angeboten. Zusammen mit einem erfahrenen Therapeuten setzen sie sich mit ihrer Erkrankung auseinander und verarbeiten die Diagnose.

Auch für Angehörige kann psychotherapeutische Hilfestellung ein sinnvoller Schritt zur Verarbeitung sein. Ebenso wichtig ist für betroffene Familien die genetische Beratung. Medikamentöse Behandlungsansätze zur Verzögerung des Krankheitsverlaufs existieren bisher nicht. Allerdings kann regelmäßige Physiotherapie den Verlauf Spekulationen zufolge verzögern.


Aussicht & Prognose

Die Aussichten für Menschen mit der Machado-Joseph-Krankheit sind als mittelmäßig einzustufen. Die Verläufe der Machado-Joseph-Krankheit sind individuell verschieden. Diese Erkrankung wird genetisch verursacht. Die Symptome der Machado-Joseph-Krankheit können bisher nur unterstützend gelindert werden. Außerdem schreitet die erbliche Erkrankung im Laufe der Jahre fort. Die Machado-Joseph-Krankheit sorgt spätestens in der Lebensmitte für beträchtliche Behinderungen und zunehmende Bewegungseinschränkungen. Mit dem Altern verschlechtert sich die Aussichten auf ein symptomfreies Leben daher zunehmend.

Die Aussichten bezüglich des Krankheitsverlaufs sind jedoch abhängig von den vorliegenden Symptomen. Meistens wird die Lebenserwartung der Betroffenen nicht von der Machado-Joseph-Krankheit beeinträchtigt. Problematisch ist jedoch, dass es Betroffene mit besonders schweren Verläufen gibt. Bei diesen Patienten kommt es zu multiplen Behinderungen. Diese ergeben eine Pflegebedürftigkeit, die in unterschiedlichen Graden vorliegen kann. Der Grund dafür ist eine mehr oder minder schwere Störung der Bewegungskoordination.

Trotz insgesamt mittelmäßiger Prognose sind bei den Betroffenen auch leichtere Fälle der Machado-Joseph-Krankheit dokumentiert, bei denen es durch motorische Störungen zu moderaten bis mittelschweren Beeinträchtigung im Alltag kam. Auch der Orientierungssinn wird mit dem Fortschreiten der Machado-Joseph-Krankheit zunehmend gestört. Da der Zustand Betroffener sich verschlechtert, erhöht sich oft der Grad der Behinderung oder Pflegebedürftigkeit in ihrem Verlauf. Als Minimum ist bei älteren Betroffenen ein mittelschwerer Behinderungsgrad anzunehmen.

Vorbeugung

Wie alle anderen Erberkrankungen lässt sich auch der Machado-Joseph-Krankheit bisher nur über genetische Beratung in der Phase der Familienplanung vorbeugen. Paare mit einem erhöhten Risiko können sich gegebenenfalls gegen eigene Kinder und für Adoption entscheiden.

Nachsorge

Da die Behandlung der Machado-Joseph-Krankheit komplex und langwierig ist, findet keine Nachsorge im eigentlichen Sinne statt. Vielmehr zeigt sie sich als begleitende Maßnahmen, um einen sicheren Umgang mit der Erkrankung zu erlangen. Die Betroffenen sollten versuchen, trotz der schwierigen Umstände eine positive Haltung aufzubauen. Dabei können Entspannungsübungen und Meditation helfen, den Geist zu beruhigen und zu fokussieren.

Die Betroffenen sind in der Regel dauerhaft auf die Hilfe von Angehörigen angewiesen, da der Alltag durch die Krankheit erheblich eingeschränkt wird. Die behandelnden Ärzte versuchen die Beschwerden einzuschränken, damit das Führen eines normalen Lebens für die Betroffenen erleichtert wird. Die Machado-Joseph-Krankheit kann nicht geheilt werden. Erkrankte müssen sich dauerhaft verschiedenen Therapien unterziehen, damit ein normales Leben geführt werden kann. Um die Strapazen besser zu verarbeiten, kann es helfen, sich psychologische Unterstützung zu suchen.

Das können Sie selbst tun

Die Machado-Joseph-Krankheit ist eine genetische Erkrankung, welche nicht heilbar ist. Sie ist fortschreitend und führt zu einer Ataxie des Betroffenen, die Bewegungsabläufe werden beeinträchtigt.

Dieser Beeinträchtigung kann zumindest teilweise mit einer Physiotherapie entgegengewirkt werden. Es wurde bereits gezeigt, dass das Fortschreiten der Erkrankung durch eine Physiotherapie verlangsamt werden konnte. Wichtig ist generell, dass der Patient sich nicht aufgibt und sich weiterhin so gut wie möglich bewegt. Teilweise ist auch das Gehirn von der Erkrankung betroffen. Sollte das Sprechen beeinträchtigt sein, so können logopädische Maßnahmen zu einer Verbesserung führen.

Das Fortschreiten der Machado-Joseph-Krankheit ist leider mit den heute verfügbaren Maßnahmen nicht möglich. Es kommt oft zu körperlichen und geistigen Behinderungen aufgrund des Fortschreitens der Erkrankung. Dies kann bei dem Betroffenen zu einer seelischen Belastung führen. Das soziale Umfeld bestehend aus Partner, Familie und Freunden kann für den Betroffenen eine seelische Unterstützung sein und ihm beim Bewältigen des Alltags zu Seite stehen. Zusätzlich ist die Betreuung durch einen Psychotherapeuten hilfreich, da dieser den Betroffenen während der fortlaufenden Erkrankung professionell betreuen kann. Sollte der Betroffene eine Familie haben, so ist es von Bedeutung, dass sich die Familie einer genetischen Untersuchung und Beratung unterzieht, da die Erkrankung genetisch vererbt werden kann.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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