Myelin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Myelin wird eine spezielle, besonders lipidreiche, Biomembran bezeichnet, die hauptsächlich als sogenannte Myelin- oder Markscheide Axone der Nervenzellen des peripheren Nervensystems und des Zentralnervensystems umschließt und die enthaltenen Nervenfasern elektrisch isoliert.

Wegen regelmäßiger Unterbrechungen der Myelinscheiden (Ranvier-Schnürringe) erfolgt die elektrische Reizleitung sprunghaft von Schnürring zu Schnürring, was insgesamt zu einer höheren Reizleitungsgeschwindigkeit führt als bei kontinuierlicher Reizleitung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Myelin?

Eine der wichtigsten Funktionen des Myelins bzw. der Myelinmembran liegt in der elektrischen Isolierung der Axone und der innerhalb des Axons verlaufenden Nervenfasern und der schnellen elektrischen Signalübertragung.
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Myelin ist eine besondere Biomembran, die die Axone des peripheren Nervensystem (PNS) und des Zentralnervensystems (ZNS) umhüllt und elektrisch gegenüber anderen Nerven isoliert. Das Myelin im PNS wird von Schwann-Zellen gebildet, wobei die Myelin-Membran einer Schwann-Zelle immer nur ein Teilstück ein und desselben Axons in mehreren bis vielen Schichten „umwickelt“.

Im ZNS werden die Myelin-Membrane durch stark verzweigte Oligodendrozyten gebildet. Aufgrund ihrer speziellen Anatomie mit vielen verzweigten Armen können Oligodendrozyten ihre Myelin-Membrane gleichzeitig bis zu 50 Axonen zur Verfügung stellen. Die Myelinscheiden der Axone des sind alle 0,2 bis 1,5 mm von Ranvier-Schnürringen unterbrochen, was zu einer sprunghaften (saltatorischen) Übertragungsform elektrischer Reize führt, die schneller ist als die kontinuierliche Übertragungsform.

Das Myelin schützt die innen verlaufenden Nervenfasern vor elektrischen Signalen anderer Nerven und bedingt eine möglichst verlustarme Übertragung auch über relativ weite Strecken. Axone des PNS können eine Länge von über 1 Meter erreichen.

Anatomie & Aufbau

Der hohe Lipidanteil im Myelin weist eine komplexe Struktur auf und besteht hauptsächlich aus Cholesterinen, Cerebrosiden, Phospholipiden wie Lecithin und weiteren Lipiden. Die enthaltenen Proteine wie das Basische Myelinprotein (MBP) und das Myelin-assoziierte Glykoprotein und einige weitere Proteine haben entscheidenden Einfluss auf die Struktur und Festigkeit des Myelins.

Zusammensetzung und Struktur des Myelins ist im ZNS und PNS unterschiedlich. In der Myelinisierung der Axone des ZNS spielt das Myelin Oligodendrozyten Glykoprotein (MOG) eine wichtige Rolle. Das spezielle Protein kommt in den Schwann-Zellen, die die Myelinmembrane der Axone des PNS bilden, nicht vor. Wahrscheinlich sorgt das Periphere Myelinprotein-22 für die festere Struktur des Myelins der Schwann-Zellen im Vergleich zur Struktur des Myelins der Oligodendrozyten.

Außer den regelmäßigen Unterbrechungen der Myelinscheiden durch die Ranvier-Schnürringe, befinden sich in den Myelinscheiden sogenannte Schmidt-Lantermann-Einkerbungen, auch Myelininzisuren genannt. Es handelt sich dabei um Cytoplasmareste der Schwann-Zellen oder der Oligodendrozyten, die sich als schmale Streifen durch alle Myelinschichten ziehen, um für den notwendigen Stoffaustausch zwischen den Zellen zu sorgen.

Sie übernehmen die Funktion von Gap Junctions, die den Stoffaustausch zwischen dem Cytoplasma zweier benachbarter Zellen erlauben und ermöglichen.

Funktion & Aufgaben

Eine der wichtigsten Funktionen des Myelins bzw. der Myelinmembran liegt in der elektrischen Isolierung der Axone und der innerhalb des Axons verlaufenden Nervenfasern und der schnellen elektrischen Signalübertragung. Die elektrische Isolierung schützt einerseits vor Signalen anderer nicht-myelinisierter Nerven, und sie bedingt eine möglichst verlustarme und schnelle Übertragung der Nervenreize.

Übertragungsgeschwindigkeit und „Leitungsverluste“ haben besonders bei Axonen im PNS aufgrund ihrer Länge von teilweise über einem Meter eine besondere Bedeutung. Die elektrische Isolierung der Axone und auch einzelner Nervenfasern ermöglichten im Lauf der Evolution eine Art Miniaturisierung des Nervensystems. Erst die Erfindung der Myelinisierung durch die Evolution machten leistungsstarke Gehirne mit einer riesigen Zahl von Neuronen und einer noch größeren Zahl von synaptischen Verschaltungen möglich. Etwa 50 % der Hirnmasse bestehen aus weißer Substanz, also myelinisierten Axonen.

Ohne die Myelinisierung wäre eine auch nur annähernd ähnlich komplexe Hirnleistung auf so kleinem Raum vollkommen unmöglich. Zur Verdeutlichung der Größenverhältnisse dient der aus der Netzhaut austretende Sehnerv, der etwa 2 Millionen myelinisierte Nervenfasern enthält. Ohne den Schutz des Myelins müsste der Sehnerv bei gleicher Leistung einen Durchmesser von mehr als einem Meter aufweisen. Gleichzeitig mit der Myelinisierung entstand in der Evolution die saltatorische Reizweiterleitung, die gegenüber der kontinuierlichen Erregungsleitung einen deutlichen Geschwindigkeitsvorsprung hat.

Vereinfacht kann man sich vorstellen, dass über eine Depolarisation Ionenkanäle geöffnet und geschlossen werden, um so das Aktionspotential an den nächsten Abschnitt (Internodium) weiterzuleiten. Hier wird das Aktionspotential erneut in gleicher Stärke aufgebaut, weitergeleitet und am Endes Abschnitts über die Depolarisierung erneut die Ionenpumpe zu aktivieren und das Potential an den nächsten Abschnitt zu übergeben.


Krankheiten

Eine der bekanntesten Krankheiten, die mit einem allmählichen Abbau der Myelinmembran von Axonen in direktem Zusammenhang steht, ist die Multiple Sklerose (MS). Im Verlauf der Krankheit wird das Myelin der Axone vom eigenen Immunsystem abgebaut, so dass MS in die Kategorie neurodegenerative Autoimmunkrankheiten eingeordnet werden kann.

Anders als beim Guillain-Barré-Syndrom, in dessen Verlauf das Immunsystem die Nervenzellen trotz Schutz durch die Myelinmembran direkt angreift, dessen neuronale Schäden der Körper aber teilweise wieder regeneriert, kann das durch MS degenerierte Myelin nicht wieder ersetzt werden. Die genauen Ursachen für das Auftreten von MS sind (noch) nicht hinreichend erforscht, allerdings tritt MS familiär gehäuft auf, so dass zumindest von einer gewissen genetischen Disposition ausgegangen werden kann.

Krankheiten, die den Abbau des Myelins im ZNS bewirken und auf vererbbaren genetischen Defekten beruhen, werden als Leukodystrophien bezeichnet oder als Adrenoleukodystrophie, falls sich der Gendefekt auf einem Locus des X-Chromosoms befindet.

Eine Vitamin-B12-Mangelkrankheit, die perniziöse Anämie, auch Morbus Biermer genannt, führt ebenfalls zu einem Abbau der Myelinscheiden und löst entsprechende Symptome aus. In der Fachliteratur wird diskutiert, inwieweit das Entstehen psychischer Erkrankungen wie Schizophrenie auf Funktionsstörungen der Myelinmembrane in ursächlichen Zusammenhang miteinander gebracht werden kann.

Quellen

  • Lang, F., et al.: Basiswissen Physiologie. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2007
  • Lohr, M., Keppler, B. (Hrsg.): Innere Medizin – Kompendium für Studium und Klinik. Urban & Fischer, München 2005
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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