Obliquus-superior-Myokymie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei einer Obliquus-superior-Myokymie handelt es sich um ein Augenzittern, welches in dieser Form sehr selten vorkommt. Daher wird es diagnostisch oft auch nicht erkannt. Die Symptome werden von den Betroffenen sehr intensiv empfunden, obwohl die Prognose der Erkrankung in der Regel günstig ist.
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Was ist Obliquus-superior-Myokymie?
Die Obliquus-superior-Myokymie stellt ein äußerst seltenes Augenleiden dar, bei welchem ein Mikrotremor am Auge auftritt. Das Augenzittern tritt episodisch und einseitig auf und wird oft nur vom Betroffenen selber bemerkt. Die Augenbewegungen können oft nur mit einer speziellen Apparatur ausgemacht werden. Der Patient sieht jedoch im Moment des Anfalls Doppelbilder.
Diese Form des Augenzitterns darf jedoch nicht mit einem Nystagmus verwechselt werden. Bei einem Nystagmus ist das Gleichgewichtsorgan beschädigt. Eine Obliquus-superior-Myokymie wird durch die unkontrollierte Aktivität des Nervus trochlearis hervorgerufen. Als vierter Hirnnerv innerviert der Nervus trochlearis den Augenmuskel Musculus obliquus superior.
Dieser Muskel ist für die Senkung des Auges mit dessen Rollung nach innen verantwortlich. Bei einer Obliquus-superior-Myokymie handelt es sich um eine gutartige Augenerkrankung, die für die betroffene Person jedoch äußerst störend ist.
Ursachen
Die Adrenoleukodystrophie ist eine erblich bedingte neurologische Erkrankung. Auch ein zeitgleiches Zusammentreffen einer Obliquus-superior-Myokymie mit einer Epilepsie wurde beschrieben. Möglicherweise haben diese Erkrankungen jedoch nichts mit der Auslösung des Augenzitterns zu tun. So wird auch ein zufälliges Zusammentreffen vermutet.
Mittels MRT wurde eine neurologische Untersuchungsreihe durchgeführt, welche die Vermutung einer Kompressionsstörung des Nervus trochlearis durch die Gehirnschlagader erhärtet. Nach den gewonnenen Ergebnissen dieser Untersuchungsreihe wird darüber diskutiert, ob die Obliquus-superior-Myokymie als neurovaskuläres Kompressionssyndrom bezeichnet werden kann.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Obliquus-superior-Myokymie zeichnet sich durch ein episodisch auftretendes Augenzittern aus, welches von außenstehenden Personen gar nicht bemerkt wird. Die Patienten spüren dieses feine, vertikale und rotierende Zittern der Augen jedoch sehr deutlich. Sie empfinden die Beschwerden sehr intensiv durch das Entstehen von verkippten Doppelbildern und Scheinbewegungen.
Insgesamt dauern die Anfälle nur einige Sekunden. Allerdings können sich die Attacken mehrmals täglich wiederholen. Nach Beendigung der Attacke normalisiert sich der Befund wieder. Das Augenzittern lässt sich mitunter provozieren, indem die betroffene Person nach unten schaut. In dieser Situation kann der Untersuchende allerdings kaum etwas erkennen, weil die Zitterbewegung durch viele andere normale physiologische Bewegungen überdeckt wird.
Wenn die Betroffenen wieder geradeaus blicken, besteht jedoch für den Augenarzt die Wahrscheinlichkeit, mit speziellen Apparaturen das feine Augenzittern doch wahrzunehmen. Insgesamt ist der Krankheitsverlauf gutartig. Nur in seltenen Fällen treten vereinzelt Lähmungen auf. Allerdings kommt es so gut wie nie zu weiteren neurologischen Störungen.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Eine Obliquus-superior-Myokymie könnte sehr leicht diagnostiziert werden, wenn die betroffenen Personen immer ernst genommen würden bei der Schilderung ihrer Symptome. Da äußerlich nichts zu sehen ist, werden sie häufig als hysterisch angesehen. Dabei handelt es sich jedoch um sehr typische Symptome, die bei einem erfahrenen Arzt sofort den Verdacht auf eine Obliquus-superior-Myokymie lenken würde. Mittels einer Spaltlampe kann der Augenarzt bei einem provozierten Anfall dann das feine Augenzittern erkennen.
Komplikationen
Auch ein Schleiersehen kann durch die Obliquus-superior-Myokymie auftreten und die Lebensqualität des Betroffenen verringern. Allerdings tritt das Zittern meistens nur sehr kurzfristig auf und verschwindet wieder von alleine. In einigen Fällen kann es dabei auch zu Lähmungen an den Augen oder im gesamten Gesichtsfeld kommen, sodass die Betroffenen in ihrem Alltag eingeschränkt sein können.
Besondere Komplikationen oder ein schwerwiegender Krankheitsverlauf treten bei der Obliquus-superior-Myokymie in der Regel nicht auf. Die Behandlung der Obliquus-superior-Myokymie kann durch die Einnahme von Medikamenten erfolgen. Damit können die meisten Beschwerden eingeschränkt werden. Komplikationen treten dabei nicht auf. In einigen Fällen sind allerdings operativen Eingriffe notwendig. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird durch diese Krankheit in der Regel nicht beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei einem Zittern der Augenlider liegt häufig eine Überlastung des Organismus vor. Reduzieren sich die Beschwerden nach einer Ruhephase oder einem erholsamen Nachtschlaf, wird kein Arzt benötigt. Tritt das Zittern in einer angespannten und stressigen Lebensphase des Betroffenen auf, sollte es weiter beobachtet werden. Zudem ist zu überprüfen, ob eine Mangelerscheinung vorliegt. Reduzieren sich die Beschwerden sobald es zu einer Normalisierung des Lebensalltags kommt, tritt häufig nach einiger Zeit ohne eine medizinische Behandlung Beschwerdefreiheit ein.
Ist das Augenzittern anhaltend, sehr stark oder tritt es episodisch auf, wird ein Arzt benötigt. Eine Abklärung der Beschwerden sollte erfolgen. Über eine Diagnosestellung wird der notwendige Behandlungsbedarf ermittelt. Kommt es zum Sehen von Doppelbildern oder anderen Einschränkungen der Sehkraft, ist ein Arzt aufzusuchen. Bei einer erhöhten Unfallgefahr, Schwindel oder Lähmungen des Augenlids, benötigt der Betroffene Hilfe.
Bei einer inneren Unruhe und Nervosität sowie einem allgemeinen Unwohlsein sollte ein Arzt aufgesucht werden. Kommt es zu Problemen bei der Alltagsbewältigung, einem Aufmerksamkeitsdefizit oder zu Störungen der Konzentration, ist ein Arztbesuch anzuraten. Stellen sich emotionale Unregelmäßigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten ein, sollten die Beschwerden mit einem Arzt besprochen werden. Bei Schielen, Lähmungen im Gesichtsbereich oder einem Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben sollte medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung der Obliquus-superior-Myokymie richtet sich nach den subjektiven Beschwerden der Patienten. Oft werden die Beschwerden als sehr intensiv empfunden. Es gibt Fälle von Spontanheilung. Diese sind allerdings sehr selten. Bei starken Beschwerden können Medikamente eingesetzt werden. Dabei finden solche Medikamente wie Carbamazepin oder Betarezeptorenblocker Anwendung.
Carbamazepin wird bei affektiven Störungen (Manie) oder Krampfanfällen sowie Neuralgien angewendet. Betarezeptorenblocker wie Propranolol oder Betaxolol hemmen die Bildung von Adrenalin und Noradrenalin. Neben der Anwendung bei Herzrhythmusstörungen werden sie auch bei Angststörungen oder Tremor eingesetzt.
Insgesamt sind bei der Anwendung bei Obliquus-superior-Myokymie die Nebenwirkungen dieser Medikamente jedoch größer als ihr Nutzen. Oft tritt nach monatelanger medikamentöser Behandlung keine Besserung der Symptome ein. In diesen Fällen kann die Durchtrennung der Sehne des Musculus obliquus superior Abhilfe schaffen. Allerdings kommt es bei dieser Operation zur Lähmung, die jedoch durch weitere chirurgische Eingriffe an der Augenmuskulatur befriedigend behoben werden kann.
Im Ergebnis handelt es sich um eine Defektheilung, da der Ausgangszustand nicht vollständig wiederhergestellt werden kann. Zurzeit ist dieser radikale chirurgische Eingriff jedoch die beste Möglichkeit, ein Rezidiv des Tremors zu verhindern. Alternativ zu diesen Behandlungsmethoden kann der Nervus trochlearis durch eine sogenannte mikrovaskuläre Dekompression entlastet werden. In manchen Fällen wurden damit gute Erfolge errungen.
Bei der mikrovaskulären Dekompression handelt es sich um einen neurochirurgischen Eingriff, bei welchem anomale Kontakte zwischen bestimmten Hirnnerven und Arterien getrennt werden. Bei dieser Operation muss der Schädel geöffnet und dann der Kontakt zwischen dem betreffenden Hirnnerv und der Arterie durch Interponieren (dazwischenlegen) eines Polsters aus Muskelgewebe oder Teflonschwämmchen beseitigt werden.
Die Erfolge bei der Obliquus-superior-Myokymie sind gut. Das deutet bereits darauf hin, dass diese Erkrankung durch eine Druckkompression des Nervus trochlearis hervorgerufen wird. Allerdings können Rezidive durch ein Verrutschen des Interponats auftreten.
Aussicht & Prognose
In seltenen Fällen ist die Prognose bei der Obliquus-superior-Myokymie gut. Sie heilt manchmal spontan von alleine aus. In den meisten Fällen ist das jedoch nicht der Fall.
Daher ist es eher die Regel, dass es die ausgeprägten subjektiven Beschwerden zumindest zu einer medikamentösen Therapie führen. Dabei wird zur Stabilisierung der Membran entweder Carbamazepin eingesetzt, oder es kommt eine Behandlung mit Betarezeptorenblockern infrage. Bei beiden Medikamentenarten sind erhebliche Nebenwirkungen zu erwarten. Ob die vorliegenden Beschwerden diese rechtfertigen, ist von Fall zu Fall abzuklären.
Oftmals tritt bei der Obliquus-superior-Myokymie trotz medikamentöser Behandlung keine Besserung ein. In diesem Fall stehen nur noch operative Optionen zur Wahl. Es könnte beispielsweise die Durchtrennung und Entfernung der M. obliquus superior-Sehne in Erwägung gezogen werden. Daraus entsteht meistens eine Lähmung des Auges. Diese kann jedoch ebenfalls operativ behoben werden. Dazu sind ein bis mehrere Eingriffe an der Augenmuskulatur erforderlich. Wenn die Obliquus-superior-Myokymie jedoch nicht konsequent behandelt wird, führt das meist zu einem Rezidiv. Das verschlechtert die Prognose.
Eine alternative Behandlungsoption ist die neurochirurgische Entlastung. Durch eine mikrovaskuläre Druckentlastung des Nervus trochlearis kann manchmal ein Erfolg erreicht werden. Zudem lässt der Erfolg dieser Behandlung den Schluss zu, dass die Obliquus-superior-Myokymie möglicherweise durch Druck auf den Nerv verursacht wird.
Vorbeugung
Eine Möglichkeit zur Vorbeugung vor einer Obliquus-superior-Myokymie ist bisher nicht bekannt.
Nachsorge
Die Nachsorge bei einer Obliquus-superior-Myokymie richtet sich nach der vorherigen Therapie und der eigentlichen Ursache für die Erkrankung. Sollte symptomatisch behandelt werden, so empfiehlt sich eine strenge Überwachung der Medikation. Die Medikamente sind meist sehr reich an Nebenwirkungen und bieten nur bei exakt angepasster Dosierung den gewünschten Effekt.
Sollte sich als Ursache für die Myokomie eine Überanstrengung oder eine Mangelerscheinung herausstellen, so gilt für die Nachsorge selbiges wie für die Therapie: Symptomlinderung durch Ursachen Minimierung. Das bedeutet ausreichend Ruhephasen, genug Schlaf und Entspannung. Auch eine ausgewogene Ernährung ist notwendig um auf lange Sicht eine Symptomfreiheit zu erreichen.
Um eine rezidivierende Erkrankung zu vermeiden können auch verschiedene Entspannungstechniken wie etwa Meditationsübungen nützlich sein. Sofern sogar ein operativer Eingriff nötig wird, ist eine Schonung der Augen danach zwingend nötig. Auch eine medizinische Überwachung der Abheilung ist wichtig.
Im Falle einer neurologischen Ursache für die Obliquus-superior-Myokymie, etwa einer Reizung des Nervus trochlearis durch ein nahegelegenes Gefäß, wird zumeist eine Operation angeraten. Die Prognose für eine vollständige Heilung nach der Operation ist gut. Sollte nach einem erfolgreichen Eingriff doch ein erneutes Muskelzittern auftreten, ist dies oft durch eine erneute Anlagerung des Nerven an ein Gefäß zu erklären. Weitere Schritte sollten dann mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.
Das können Sie selbst tun
Das Augenzittern der Obliquus-superior-Myokymie kann Sehbeschwerden und Schielen verursachen. Solange das Zittern nur vorübergehend für eine kurze Dauer auftritt, können die Betroffenen recht gut damit umgehen. Wenn sich die Symptome jedoch häufiger zeigen, leiden die alltäglichen Tätigkeiten darunter.
Die Patienten sollten bei der Medikation auf die Hinweise ihres Arztes hören. In vielen Fällen lassen sich die Beschwerden dadurch verringern. Das typische Zittern der Augenlider kann auch auf eine Überlastung hinweisen. Hier ist es ratsam, den Augen eine Ruhepause zu gönnen. Genug Schlaf und Entspannung helfen dabei, die Beschwerden zu lindern. Trotzdem sollten die Betroffenen die Symptome genau beobachten. Möglicherweise kommt das Augenzittern auch von einer Mangelerscheinung. In diesem Fall ist eine Normalisierung des Alltags erforderlich. Trotzdem müssen die Patienten damit rechnen, dass es nicht zur kompletten Beschwerdefreiheit kommt. Durch Meditationsübungen lässt sich das zittrige Gefühl gezielt bekämpfen.
Bei starken und episodischen Anfällen sollten die Personen, die unter Obliquus-superior-Myokymie leiden, aber unbedingt einen Arzt konsultieren. Wenn ein spezieller Therapiebedarf besteht, ist es wichtig, sich an den medizinischen Empfehlungen zu orientieren. Auf jeden Fall ist eine erhöhte Unfallgefahr zu vermeiden. Daher führt der Weg bei Schwindelgefühlen oder Lähmungen des Lids in die Arztpraxis.
Quellen
- Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013