Angststörung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Angststörung, Angstneurose ist eine psychosomatische Erkrankung, bei der Betroffene vor allem von Angstattacken oder Panikattacken betroffen sind. Zumeist begleiten körperliche Symptome eine Angststörung, ohne das tatsächlich eine physische Erkrankung vorliegt.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Angststörung?

Da eine Angststörung die Lebensqualität des Patienten gravierend verschlechtern kann, ist der Besuch beim Arzt vor allem bei einem schweren Verlauf empfehlenswert. Vor allem wenn angstauslösende Situationen im Lebensalltag nicht mehr vermieden werden können.
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Angst ist ein natürliches Gefühl für Gefahr. Ist die Bedrohung vorbei, verschwindet auch die Angst. Als eine Störung wird der Zustand erst bezeichnet, wenn der Betroffene eine übermäßige Angstreaktion zeigt, ohne dafür einen objektiven Grund zu haben, die fast immer mit körperlichen Symptomen einhergehen. Früher auch Angstneurose genannt, gibt es unterschiedliche Formen der Angststörung.

Am bekanntesten sind so genannte Phobien, die sich auf bestimmte Objekte oder Situationen beziehen. Des Weiteren gibt es die Panikstörung, die sich in plötzlich auftretenden Angst- und Panikattacken äußert, ohne erkennbaren Grund. Bei der generalisierten Angststörung steht eher das Gefühl einer ständigen Bedrohung im Vordergrund. Die Betroffenen können nicht lokalisieren, woher die Angst kommt.

Ursachen

Die Ursachen der Angststörung sind bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Viele Faktoren kommen zusammen, die erst gemeinsam und in Wechselwirkung die Krankheit auslösen. Es wird angenommen, dass eine der Ursachen innere Konflikte sind. Besonders in der Psychoanalyse konzentriert man sich darauf. Der Betroffene hat nicht gelernt, mit normaler Angst umzugehen. Experten verschiedener Fachrichtungen suchen und erforschen andere Ursachen.

Angststörungen und Depressionen können sich gegenseitig fördern. Ein depressiver Mensch, der sich über alles Sorgen macht, wird schnell an Zukunftsängsten leiden. Andererseits kann die Beeinträchtigung der Lebensqualität zu einer Angststörung führen.

Andere Ursachen können bestimmte Krankheiten sein, wie zum Beispiel eine Schilddrüsenfehlfunktion. Man geht auch davon aus, dass im Gehirn bestimmte Botenstoffe, so genannte Neurotransmitter, aus dem Gleichgewicht geraten sind. Angststörungen treten oft nach extremen Belastungen oder nach dem Genuss bestimmter Substanzen auf, wie Drogen, Koffein oder Alkohol.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei der Angststörung hat der Betroffene es mit unterschiedlichen Ängsten zu tun. Sehr häufig beginnt eine Angststörung als sogenannte Generalisierte Angststörung. Hierbei treten Ängste auf, die alle Bereiche des täglichen Lebens betreffen. Der oder die Erkrankte fürchten sich dabei vor Situationen, die grundsätzlich nicht bedrohlich sind, plötzlich aber als bedrohlich wahrgenommen werden.

Die Ängste beziehen sich auch auf mögliche Auswirkungen der jeweiligen Situation. Eine andere Form der Angststörung fördert Ängste zutage, die mit vorher erlebten Situationen zusammen hängen, die dann als so genannter Trigger wirken. Nach einem Verkehrsunfall beispielsweise kann eine Angststörung bezüglich des Autofahrens auftreten.

Die Symptome einer Angststörung sind das typische Auftreten von Angst, starker Unruhe und Besorgnis und sämtliche Gedanken, die um diese Themenkomplexe kreisen. Im fortgeschrittenen Stadium können Panikattacken hinzukommen, die Übergänge sind fließend. Die Angst ist mit einer Ausschüttung von Adrenalin verbunden, ein Hitzegefühl wird wahrgenommen. Der Kopf fühlt sich taub an, der Betroffene fürchtet eine nahe Ohnmacht.

Der Pulsschlag ist stark beschleunigt und wird körperlich wahrgenommen, auch der Blutdruck steigt an. Eine Angst- oder Panikattacke wird als sehr anstrengend und stressvoll bewertet, meist erfolgt danach ein Spannungsabfall. Viele Betroffene entwickeln eine zunehmende Angst vor der Angst und fürchten sich davor, dass die Angst wieder auftritt. Dies beeinflusst die Lebensqualität.

Verlauf

Der Krankheitsverlauf hängt davon ab, um welche Form der Angststörung es sich handelt. Unbehandelt besteht die Erkrankung oft über Jahre oder Jahrzehnte, wobei sich Phasen mit heftigen und weniger starken Symptomen abwechseln. Nur in seltenen Fällen kommt es zu einer „spontanen Heilung“ der Angststörung (bei Panikstörungen betrifft dies ca. 10 - 30% der Betroffenen).

Wo es möglich ist, meidet der Betroffene die angstauslösende Situation. Bei der generalisierten Angststörung ist dies natürlich nicht möglich. Solche Patienten entwickeln oft Begleiterkrankungen, die psychosomatisch bedingt sind. Häufig gehören Magen-Darm-Erkrankung dazu.

Viele Angststörungen gehen mit Vermeidungsverhalten einher. Daraus können sich soziale Komplikationen ergeben, die möglicherweise rückkoppelnd zur Verschlechterung der Angststörung beitragen. Beispiele dafür sind Spott, Mobbing, Unverständnis und fehlende Geduld von engen Angehörigen.

Im Verlauf einer Angststörung kann es zur Agoraphobie kommen. Betroffene meiden dann Plätze und Situationen, in denen sie in einem Notfall nur erschwert Zugang zu Hilfe hätten. Die Angst kann außerdem dazu führen, dass sich Betroffene in ihre Wohnung zurückziehen und das Haus nicht mehr verlassen – oder sie nur noch geringe Strecken zurücklegen, zum Beispiel zum nächsten Supermarkt oder zur Bank. Je nach Art der Angststörung kann die Vermeidung sich auf viele Lebensbereiche ausweiten. Auch berufliche Einschränkungen sind möglich.

Im Rahmen einer Psychotherapie ist es notwendig, die Ängste und Sorgen zu besprechen und sich ihnen in einem geschützten Rahmen auszusetzen. Diese Konfrontation stellt für viele Patienten eine Belastung dar und kann die Therapiemotivation beeinträchtigen.

Komplikationen

Darüber hinaus können Angststörungen mit verschiedenen anderen psychischen Beschwerden einhergehen. Viele Menschen, die unter einer Generalisierten Angststörung (GAS) leiden, suchen erst spät Hilfe. Dadurch entwickelt sich bei der Mehrheit der GAS-Patienten eine weitere psychische Erkrankung. Dafür kommen unterschiedliche psychische Störungen in Frage.

Häufig sind zum Beispiel weitere Angststörungen, Depressionen und Schlafstörungen. Weitere Komplikationen können durch Selbstmedikation, Drogen, Alkohol, problematisches Essverhalten und andere Versuche, die Angst eigenständig zu bewältigen, entstehen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da eine Angststörung die Lebensqualität des Patienten gravierend verschlechtern kann, ist der Besuch beim Arzt vor allem bei einem schweren Verlauf empfehlenswert. Vor allem wenn angstauslösende Situationen im Lebensalltag nicht mehr vermieden werden können, sollte der Gang zum Arzt unbedingt vollzogen werden. Die typischen Symptome einer Angststörung, wie zum Beispiel Atemnot, Herzrasen und innere Anspannung, bringen den Körper des Patienten in einen Alarmzustand und gefährden so auch die physische Gesundheit.

Wenn sich neben den belastenden seelischen Zuständen, wie Hilflosigkeit und Angst, auch körperliche Schmerzzustände und weitere körperliche Symptome bemerkbar machen, sollte der Arzt eine umfassende Untersuchung des Patienten durchführen. So kann einer eventuell hinter der Symptomatik liegenden körperlichen Ursache auf den Grund gegangen werden. Wenn die Angststörung nur in mildem Ausmaß auftritt und mit keinerlei Einschränkungen für das alltägliche Leben einhergeht, muss der Patient selbst entscheiden, ob er einen Besuch beim Arzt für sinnvoll hält.

Die erste Anlaufstelle kann bei einer Angststörung der Hausarzt sein, der dann eine Überweisung an die Spezialisten schreiben kann. Zur Behandlung einer Angststörung empfiehlt sich der Besuch eines Psychiaters, der bei Notwendigkeit auch Medikamente verschreiben kann. Bei einem milderen Verlauf empfiehlt sich die alleinige Behandlung mittels Gesprächstherapie, die meist von einem Psychologen durchgeführt wird.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung der Angststörung beruht auf zwei Säulen. Zum einen werden Medikamente eingesetzt, die eine sofortige Linderung verschaffen. Das können Antidepressiva sein, die die Botenstoffe im Gehirn wieder ins Gleichgewicht bringen sollen und angstlösend wirken. Benzodiazepine sind Psychopharmaka, die bei Spannungs-und Angstzuständen eingesetzt werden. Sie wirken dämpfend, entspannend und krampflösend und weitaus schneller als Antidepressiva.

Jedoch kann es schnell zu einer Abhängigkeit kommen, weshalb sie nur vorsichtig verschrieben werden. Andere Medikamente für die Behandlung von Angststörungen können Johanniskrautpräparate, Neuroleptika oder Betablocker sein. Um längerfristig eine Verbesserung zu erzielen, werden psychotherapeutische Maßnahmen durchgeführt, da die Angststörung häufig psychische Ursachen hat. Für spezielle Phobien bietet sich eine Konfrontationstherapie an, in der der Betroffene mit Hilfe des Therapeuten lernt, die Situation auszuhalten.

Bei einer generalisierten Angststörung wird häufig eine kognitive Therapie angewandt. Der Patient soll lernen, seine Denkmuster, die zu der Angststörung führen, zu erkennen und zu korrigieren. Dazu gehört noch das Erlernen von Entspannungstechniken als Hilfe zur Selbsthilfe.

Aussicht & Prognose

Gegen eine Angststörung kann in der Regel mit Hilfe von Verhaltenstherapie und Medikamenten erfolgreich angegangen werden. Die Prognose ist dabei umso besser, je eher die Behandlung einsetzt: Bereits sehr lange bestehende Ängste erfordern einen weit höheren Therapieaufwand und können nicht immer vollständig gelöst werden. Grundsätzlich lassen sich einzelne Phobien besser therapieren als eine generalisierte Angststörung, die fast immer eine langwierige Behandlung erfordert. Auch nach erfolgreicher Therapie kommt es häufig vor, dass anhaltender Stress oder eine Lebenskrise nach einer längeren angstfreien Phase die alten Ängste wieder zum Vorschein bringen.

Versucht der Betroffene, die Angststörung ohne Hilfe zu bewältigen, ist die Prognose schlechter: Die Angst vor der Angst führt in vielen Fällen zu einem Vermeidungsverhalten, das den Alltag massiv einschränken kann. Sozialer Rückzug bringt oftmals Vereinsamung mit sich, diese geht nicht selten mit Depressionen und Suizidgedanken einher. Häufig flüchten sich Angstpatienten in Süchte, was eine Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit mit allen negativen körperlichen und psychosozialen Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Angststörungen sind als chronische Erkrankungen zu sehen, die auch nach erfolgreicher Therapie immer wieder aufflackern können. Ein weitgehend normales Leben ist dennoch möglich, wenn Angstpatienten in einem stabilen sozialen Umfeld leben und sich einer Behandlung gegenüber aufgeschlossen zeigen.


Vorbeugung

Angststörungen lassen sich nicht direkt vorbeugen. Allerdings helfen Entspannungstechniken, wie Autogenes Training, viele Alltagsprobleme besser zu meistern und somit weniger Angst vor Situationen zu entfalten. Ebenso helfen Kräuterextrakte, wie Johanniskraut, Baldrian und Melisse.

Leichte Angststörungen bedürfen selten einer Nachsorge. Sie treten bevorzugt in Krisensituationen auf und verschwinden anschließend wieder. Komplexere Angststörungen müssen aber behandelt werden. Oftmals geschieht das erst Jahre nach dem ersten Auftreten, wenn der Leidensdruck unerträglich geworden ist.

Nachsorge

Je nachdem, ob ein klinischer Aufenthalt nötig wurde oder eine längere psychotheraopeutische Behandlung erfolgte, ist Nachsorge üblich oder nicht. Manche Kliniken, die Angststörungen behandeln, sorgen aktiv dafür, dass ihre Patienten auch nach dem Klinikaufenthalt betreut werden. Sie vermitteln sie beispielsweise in ortsnahe Selbsthilfegruppen.

Andere empfehlen eine Psychotherapie oder Verhaltenstherapie als Nachsorgemaßnahme. In diesem Fall überstellt die Klinik dem behandelnden Therapeuten Unterlagen über die Art der Angststörung. Wenn die Angststörung mit Depressionen verbunden war, kann die Nachsorge in einer medikamentösen Überwachung bestehen.

Sportliche Betätigung stellt einen wichtigen Teil der Nachsorgemaßnahmen dar. Entspannungskurse oder therapeutisches Malen können ebenfalls eine hilfreiche Nachsorge sein. Auch die Rentenversicherung bietet Nachsorgemöglichkeiten an. Zur Nachsorge gehört es unbedingt, dass ein Betroffener nach einer Angststörung selbst Maßnahmen ergreift, um nicht wieder in seine Ängste hineinzufallen.

Zur Nachsorge kann es beispielsweise gehören, einen stressärmeren Arbeitsplatz zu suchen oder etwas an seinem Leben zu verändern. Ohne eine Nachsorge können die guten Vorsätze, die im Rahmen einer psychosomatischen Kur aufgestellt wurden, kaum eingehalten werden.

Das können Sie selbst tun

Eine Angststörung gehört zu den Erkrankungen, in denen Betroffene aktiv an einer Verbesserung oder gar Beseitigung der Symptome mitarbeiten können. Dies ist im Rahmen der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, aber auch alleine möglich.

Bei der Angststörung stehen vielfach körperliche Symptome wie Herzrasen oder Schwindelattacken im Vordergrund, die die Patienten auf den Gedanken bringen schwer krank zu sein. Nach einer ärztlichen Abklärung ist es wichtig, auf die Diagnose Angststörung zu vertrauen und nicht ständig nach weiteren organischen Ursachen zu suchen. Oft führt die Angststörung zu einem Vermeidungsverhalten im Hinblick auf Situationen, in denen die unangenehmen Symptome aufgetreten sind.

Es ist wichtig, über die bewusste Konfrontation mit diesen angstauslösenden Situationen wieder neu zu lernen, dass die Angst unbegründet ist und nichts Schlimmes passiert. Dies können Betroffene allein üben, indem sie beispielsweise mit für sie eher leichten Konfrontationen anfangen und Schritt für Schritt Selbstvertrauen wiederfinden.

Zudem können Patienten mit einer Angststörung an ihrer inneren Ausgeglichenheit arbeiten, indem sie regelmäßig Ausdauersport betreiben oder eine der vielen Entspannungsformen wie die Progressive Muskelrelaxation oder das Autogene Training erlernen. Auch regelmäßiges Yoga kann hier einen wertvollen Beitrag leisten, weil es dabei hilft, den Atemfluss zu regulieren, und über Meditation und Tiefenentspannung für mehr Ruhe und Gelassenheit zu sorgen.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Möller, H.-J.: Therapie psychischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart 2006
  • Schneider, D., Richling, F.: Checkliste Arzneimittel A-Z. Thieme, Stuttgart 2013

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