Obstruktive Defäkationsstörung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das obstruktive Defäkationssyndrom ist eine Entleerungsstörung im Enddarm und manifestiert sich besonders bei Frauen. Symptomatisch macht sich die Erkrankung in anhaltendem Stuhldrang mit meist unvollständiger Entleerung und der Erfordernis von starkem Pressen bemerkbar. Konservative und operative Therapieschritte kommen infrage.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das obstruktive Defäkationssyndrom?

Typischerweise geben die Betroffenen in der Anamnese an, Tag für Tag unter vergeblichen, lange andauernden Toilettenbesuchen zu leiden, bei denen sie zur Defäkation entweder stark pressen müssen oder überhaupt keine Erfolge zu verzeichnen haben.
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Als Entleerungsstörungen des Enddarms werden verschiedene Krankheiten und Symptome zusammengefasst, die die Defäkation betreffen. Die obstruktive Defäkationsstörung ist eine dieser Krankheiten. Als häufigstes Symptom der Erscheinung ist die chronische Verstopfung zu nennen. Die Patienten empfinden meist anhaltenden Defäkationsdrang und haben auch nach einem Stuhlgang das Gefühl, nur eine unvollständige Defäkation erreicht zu haben.

Das obstruktive Defäkationssyndrom ist eine relativ häufige Erscheinung. Frauen sind häufiger von dem Syndrom betroffen als Männer. Vor allem Frauen nach mehreren Geburten oder einer zurückgelegenen Entfernung der Gebärmutter haben ein erhöhtes Risiko für obstruktive Defäkationsstörungen. Das verbreitetste Alter für die Erkrankung ist in etwa das sechste Lebensjahrzehnt.

Veränderungen von Darmabschnitten werden in Zusammenhang mit dem Syndrom fast in allen Fällen beobachtet. Diese Veränderungen können altersbedingt sein oder auf Primärerkrankungen wie chronische Verstopfung zurückzuführen sein.

Ursachen

Durch die häufige Vergesellschaftung der obstrukiven Defäkationssörung mit vorausgegangenen Geburten oder einer Gebärmutterentfernung liegt ein Zusammenhang der Phänomene nahe. Damit wäre auch die Geschlechterpräferenz der Erkrankung erklärt. Die Entleerungsstörung des Enddarms kann nach aktueller medizinischer Anschauung auf zwei verschiedene Darmveränderungen zurückzuführen sein.

Zum einen kann eine ventrale Rektozele vorliegen. Dabei handelt es sich um eine innere Ausbuchtung im Enddarm, die nach vorne weist. Zum anderen kann die Ursache der Beschwerden ein innerer Rektumprolaps sein. Bei diesem Phänomen stülpt sich ein Teil des Enddarms in sich ein. Das Phänomen wird auch als rektoanal innere Intussuszeption bezeichnet. Die ventrale Rektozele ist die häufigste Veränderung, die sich im Zusammenhang mit der Defäkationsstörung beobachten lässt.

Meist ist diese Rektozele mit anderen Funktionsstörungen im Bereich des Beckenbodens vergesellschaftet, wie sie nach Geburten oder Gebärmutteroperationen auftreten können. Die definitive Ursache der obstruktiven Defäkationsstörung hängt zwar vom Einzelfall ab, aber Beckenbodenstörungen gelten so als mitunter häufigste Primärursache.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das obstruktive Defäkationssyndrom kann sich klinisch in unterschiedlichster Art und Weise manifestieren. Typischerweise geben die Betroffenen in der Anamnese an, Tag für Tag an vergeblichen, lange andauernden Toilettenbesuchen zu leiden, bei denen sie zur Defäkation entweder stark pressen müssen oder überhaupt keine Erfolge zu verzeichnen haben. Sie haben dauerhaft das Gefühl der unvollständigen Entleerung.

Zusätzlich leiden sie wegen des vermehrten Drucks auf den Beckenbodenbereich oft unter Missempfindungen oder sogar Schmerzen. Im Rahmen der anhaltenden Verstopfung können Bauchschmerzen oder Übelkeit auftreten. Aus der Defäkationsstörung kann sich im Verlauf eine Stuhlinkontinenz im Sinne einer Stuhlhalteschwäche entwickeln, die am Anfang einem Stuhlschmieren entspricht und davon ausgehend oft progredient fortschreitet.

Oft wird anamnestisch von der Verwendung bestimmter Abführmittel oder Einläufe berichtet. Auch eine Stuhlentleerung gebunden an die Zuhilfenahme der Finger kann charakteristisch sein. Neben einem allgemeinen Druckgefühl treten in Einzelfällen Blutungen auf, die meist auf das intensive Pressen zurückzuführen sind. Das Pressen kann in der Spätfolge außerdem zu vergrößerten Hämorrhoiden führen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Bei der Anamnese entwickelt der Arzt einen ersten Verdacht auf das obstruktive Defäkationssyndrom. Zur anschließenden Basisdiagnostik zählt eine körperlicher Untersuchung mit einer Enddarmspiegelung und einem Ultraschall des Schließmuskels. Oft findet auch eine Druckmessung am Schließmuskel statt.

Als zusätzlich diagnostisches Verfahren kommt eine Defäkographie als Röntgenuntersuchung unter Kontrastmittelgabe infrage, die die Veränderungen des Darms verdeutlicht. Differentialdiagnostisch muss der Arzt Erkrankungen wie die chronische Obstipation, die Kolontransportstörung, die segmentäre Transportstörung und die funktionelle Störungen ausschließen.

Die Einordnung der Darmveränderungen ist das mit entscheidendste Moment der Diagnostik, da sich nur mit der Identifizierung des eigentlich ursächlichen Problems eine erfolgsversprechende Therapie erarbeiten lässt. Die Prognose für Patienten einer obstruktiven Defäkationsstörung gilt als günstig.

Komplikationen

Eine obstruktive Defäkationsstörung sollte immer behandelt werden, da sich ihre Symptomatik aufgrund der vorliegenden Bindegewebsschwäche immer weiter verschlimmert ansonsten. Meist kommt es dadurch zwar nicht zu lebensgefährlichen Komplikationen. Aber die Lebensqualität leidet stark darunter. Vor allem bei dem Bemühen, die Defäkation durch starkes Pressen zum Erfolg zu führen, können Komplikationen auftreten.

So hilft starkes Pressen zwar meist nicht, vergrößert aber den nach außen sichtbaren Rektumprolaps und kann Blutungen aufgrund der weiteren Ausprägung der Hämorrhoiden hervorrufen. In der weiteren Folge ist die Entwicklung einer Stuhlinkontinenz möglich. Bei einigen Frauen kann auch eine sogenannte Zystozele auftreten. Eine Zystozele stellt den Vorfall der Blase in die vordere Scheidewand dar. Es kommt zu dauernden Harnwegserkrankungen, Harnverhaltung oder gar zu Harninkontinenz.

Ohne Behandlung findet ein ständiges Fortschreiten der Symptomatik mit starker Einschränkung der Lebensqualität statt. Das kann auch psychische Erkrankungen zur Folge haben. Chronische Schmerzen, das Gefühl der unvollständigen Entleerung sowie Stuhl- und Harninkontinenz können zu Schlafstörungen, psychosomatischen Erkrankungen oder gar zu Depressionen führen.

In seltenen Fällen führt eine unbehandelte obstruktive Defäkationsstörung auch zu einer Enterozele. Hierbei handelt es sich um einen Vorfall von Dünndarmabschnitten in die taschenförmige Einsenkung des Bauchfells zwischen Uterus und Rektum (Douglasraum). Bei einer Enterozele besteht immer die Gefahr der Entstehung eines Darmverschlusses.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einer obstruktiven Defäkationsstörung ist die Defäkation durch eine nicht vollständige Entleerung des Darms gestört. Dieses Problem gehört wegen des Leidensdrucks, der damit verbunden sein kann, unbedingt zum Arzt. Wer ständigen Stuhldrang verspürt, ist in seiner Lebensqualität stark eingeschränkt.

Eine normale Verstopfung löst sich meistens nach der Entleerung des Darms auf. Es ist bei anhaltenden Verstopfungsproblemen oft ausreichend, die Ernährungsweise zu ändern. Mehr Ballaststoffe, eine größere Flüssigkeitszufuhr und mehr Bewegung lösen dieses Problem. Dafür ist kein Arztbesuch notwendig. Doch bei der obstruktiven Defäkationsstörung kann es zu begleitenden Symptomen und Schmerzen kommen. Außerdem besteht die Gefahr, mittelfristig eine Stuhlinkontinenz, eine Zystozele oder Hämorrhoiden zu entwickeln. Auch ein Rektumprolaps durch starkes Pressen wäre möglich.

Der Arztbesuch sollte also erfolgen, wenn der Verdacht auf eine obstruktive Defäkationsstörung besteht. Die zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten umfassen konservative oder operative Methoden. Erschwerend für die Diagnostik ist die Nähe der obstruktiven Defäkationsstörung zu anderen Entleerungsstörungen. Schon deshalb sollte bei anhaltenden Problemen mit der Entleerung des Darms ein Arzt aufgesucht werden. Ob es sich um eine behandlungspflichtige Erkrankung, eine behebbare Störung oder ein psychisches Problem mit der Entleerung handelt, muss abgeklärt werden.

Behandlung & Therapie

Patienten mit obstruktivem Defäkationssyndrom können sowohl konservativ, als auch operativ behandelt werden. Wenn keine Veränderungen des Darms vorliegen, erfolgt eine konservativ symptomatische Therapie. Zu dieser Behandlung zählt vor allem eine Ernährungsumstellung, die meist mit der Gabe von stuhlaufweichenden Medikamenten kombiniert wird.

Wenn dagegen Veränderungen des Darms vorliegen, findet meist eine operativ kausale Therapie statt. Die Beschwerden werden im Rahmen dieser Therapie idealerweise also nicht symptomatisch behandelt, sondern ursächlich behoben. Damit gilt die Defäkationsstörung als heilbare Erkrankung. Zur operativen Behandlung kommt zum Beispiel das Verfahren der transanalen Resektion am unteren Enddarm infrage, das auch als STARR-Operation bekannt ist.

Dieses Verfahren beruht auf zwei Zirkularstaplern und entspricht einer eher jüngeren Behandlungsmöglichkeit des Defäkationssyndroms. Die Behandlungsmöglichkeit wurde für Ursachen wie den inneren Rektumprolaps oder die ventrale Rektozele entwickelt und soll die gesunde Anatomie des Enddarms widerherstellen.

Die rektale Muskelwand erhält durch die Operation wieder Kontinuität, sodass auch etwaige Stuhlhaltestörungen durch die Operation behoben werden können. Das Rektum findet wieder zur durchschnittlich normalen Kapazität. Anatomisch wird bei dem Verfahren die Rektozele oder der Rektumprolaps nachhaltig korrigiert.


Aussicht & Prognose

Eine obstruktive Defäkationsstörung hat eine gute Prognose. Die frühzeitiger eine Diagnosestellung erfolgt und damit ein Behandlungsbeginn stattfinden kann, desto besser ist die weitere gesundheitliche Entwicklung. Durch die Gabe von Medikamenten wird eine Linderung der vorhandenen Beschwerden erwirkt. Die Symptome bilden sich allmählich zurück, bis letztlich eine Genesung erreicht es.

Bei einem schwierigen Krankheitsverlauf muss ein operativer Eingriff vorgenommen werden. Dieser ist mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Dennoch verläuft der in den meisten Fällen ohne weitere Komplikationen. Nach der Wundheilung wird bei dem Patienten im Normalfall innerhalb weniger Wochen oder Monate eine vollständige Beschwerdefreiheit dokumentiert.

Ohne eine ärztliche Behandlung kann es zu einem fortschreitenden Krankheitsverlauf kommen. Die Beschwerden nehmen allmählich an Intensität und Umfang zu. Damit ist die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Eine Spontanheilung tritt in den meisten Fällen nicht ein. Vielmehr sind Folgeerkrankungen und Funktionsstörungen möglich. Bei einem besonders ungünstigen Verlauf kommt es zu einem Darmverschluss. Damit besteht eine potentielle Gefährdung des menschlichen Lebens.

Aufgrund dieser möglichen Entwicklung sollte bereits bei den ersten Unregelmäßigkeiten die Zusammenarbeit mit einem Arzt gesucht werden. Wenngleich die Behandlung meist unangenehm ist, führt sie dennoch zu einer Rückbildung und vollständigen Genesung. Entscheidend für den weiteren positiven Verlauf ist darüber hinaus die Inanspruchnahme weiterer Kontrolluntersuchungen.

Vorbeugung

Eine erfolgsversprechende Vorbeugemaßnahme für die obstruktive Defäkationsstörung ist vor allem eine geeignete Ernährung, die dem Stuhl eine normal weiche Konsistenz verleiht und damit chronischen Verstopfungen entgegenwirkt. Auch Beckenbodentraining kann das Risiko für die Defäkationsstörung unter Umständen verringern. Gegen alterdbedingte Veränderungen existieren abgesehen davon kaum Vorbeugemaßnahmen.

Nachsorge

Wenn die Ursache für ein obstruktive Defäkationsstörung behandelt ist, kommt der Nachsorge in der Regel eine entscheidende Bedeutung zu. Der Grund liegt darin, dass die Defäkationsstörung oft verhaltensbedingt entsteht, nämlich durch starkes Pressen beim Stuhlgang. Um dies zu vermeiden, ist in der Nachsorge unbedingt auf eine Stuhlregulation zu achten.

Verstopfung fördert Pressen, daher sollte der Stuhlgang weich und im Idealfall auch voluminös sein. Dies erzielen Betroffene durch einen hohen Anteil an Ballaststoffen in ihrer Ernährung. Obst und Gemüse sind in diesem Zusammenhang ebenso empfehlenswert wie Vollkornprodukte.

Auch auf Zucker in großen Mengen verzichtet der Betroffene besser. Das Gleiche gilt auch für einen hohen Fleischanteil in der Nahrung und den Genuss von Alkohol. Joghurtprodukte können dagegen oft einen günstigen Einfluss haben. Wichtig ist zudem eine ausreichende Trinkmenge, die am besten durch Wasser und möglichst ungesüßte Kräutertees gedeckt wird.

Bewegung ist bei der Nachsorge der obstruktiven Defäkationsstörung ebenfalls ein wichtiger Faktor, der nicht zu vernachlässigen ist. Der Spaziergang oder die sportliche Betätigung, idealerweise im Bereich Ausdauer, regen die natürliche Darmbewegung an und fördern so die Entleerung. Auch Massagen im Bauchbereich können diese Bewegungen des Darms aktivieren. Wer dennoch weiter zu Stuhlentleerungsstörungen neigt, kann diese oft in einer Hockposition auf der Toilette überwinden, bei der die Füße etwas erhöht platziert werden und der Oberkörper etwas nach vorne geneigt ist.

Das können Sie selbst tun

Die wichtigste Selbsthilfemaßnahme bei einer obstruktive Defäkationsstörung besteht in einer mittel- und langfristigen Ernährungsumstellung. Es ist hier vor allem auf Lebensmittel zurückzugreifen, die einen regelmäßigen und weichen Stuhlgang fördern. Eine entscheidende Rolle nehmen hierbei Ballaststoffe ein. Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Samen und Körner gelten hierbei als ideal. Gutes Kauen verstärkt den Effekt. Es sollte zudem viel Flüssigkeit getrunken werden.

Da allerdings die Verdauung bei jedem Menschen unterschiedlich funktioniert, kann hier ein wenig experimentiert werden. Bei einigen Menschen führen auch Milchprodukte oder beispielsweise Obst zu einem weicheren und regelmäßigerem Stuhlgang. Zudem kann Bewegung das Leiden durch eine obstruktive Defäkationsstörung lindern. So können besonders leichte Ausdauersportarten wie das Schwimmen, Joggen oder Spazierengehen die Peristaltik anregen und eine gefühlte Verstopfung lösen.

Es kann sinnvoll sein, den Stuhlgang in einer Hockposition durchzuführen. Hierfür werden die Füße auf einem circa 20 bis 30 Zentimeter hohem Hocker vor der Toilette gelagert. Der Oberkörper wird leicht nach vorn gebeugt, sodass zwischen Oberschenkeln und Oberkörper ein Winkel von circa 35 Grad entsteht. Diese Position ist evolutionär zum Defäkieren vorgesehen und wird von den meisten Säugetieren eingehalten. Entsprechend kann auch der Mensch dadurch seinen Stuhlgang erleichtern und das Risiko, dass der Darm unvollständig entleert wird, verringern.

Quellen

  • Brühl, W., Wienert, V., Herold, A.: Aktuelle Proktologie. Uni-Med, Bremen 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Winkler, R., Otto, P., Schiedeck, T.: Proktologie. Thieme, Stuttgart 2011

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