Pilus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Pilus ist ein Adhäsin, das Bakterien die Anheftung an Zellen ermöglicht und damit zur Kolonisierung des Wirts beiträgt. Vor allem gramnegative Bakterien sind typischerweise mit einem Pilus oder mehreren Pili ausgestattet. Das Vorhandensein von Pili kann die Pathogenität eines Erregers bedeutend steigern und gilt als Virulenzfaktor.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Pilus?

Pili sind vor allem für Bakterien mit gramnegativem Färbeverhalten typisch. Diese Arten von Bakterien besitzen, je nach Individuum, einen bis vier dieser Zellfortsätze.
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Der Pilus oder auch Fimbrien ist ein Bestandteil von Prokaryoten. Es handelt sich um ein fadenähnliches Protein, das als Zellfortsatz außerhalb von Zellen liegt und zu den Adhäsinen gehört. Adhäsine sind Oberflächenkomponenten von Bakterien, die dem Mikroorganismus die Anheftung an biologische Strukturen seines Wirts ermöglichen. Damit entsprechen Abhäsine sogenannten Virulenzfaktoren, da sie eine Grundvoraussetzung für die Kolonisierung darstellen.

Es handelt sich im engeren Sinn um bakteriell produzierte Faktoren, die dem Bakterium die Anheftung an Strukturen oder Zellen des Wirts ermöglichen. Bei einer Adhäsion durch Adhäsine schwemmt das Bakterium zum Beispiel nicht einfach ab.

Die Expression der Adhäsine variiert bei einigen Bakterien-Arten in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen. Von Pili im Sinne eines Adhäsins existieren unterschiedliche Typen. Die Zellanhängsel unterscheiden sich nach Protein, Länge und Durchmesser. Auch ihre Funktion kann von Bakterium zu Bakterium leichten Variationen unterworfen sein. Die Länge kann zwischen 0,1 und 20 Mikrometern variieren. Der Durchmesser der Pili beträgt zwischen zwei und rund 20 Mikrometern.

Neben der Adhäsion an Grenzflächen zwischen Feststoff und Flüssigkeit oder Gas und Flüssigkeit ermöglichen Pili auch die Anheftung der Bakterien an andere Bakterien sowie die Fixierung an tierischen Epithelzellen. Darüber hinaus sind die Fortsätze zuweilen am DNA-Austausch von Bakterien beteiligt. Anders als bakterielle Geißeln sind Pili kurz und starr. Sie ragen nach intra- und extrazellulär.

Bedeutung & Funktion

Pili sind vor allem für Bakterien mit gramnegativem Färbeverhalten typisch. Diese Arten von Bakterien besitzen, je nach Individuum, einen bis vier dieser Zellfortsätze. Durch die Pili können sich wasserbesiedelnde Bakterien an Feststoffe anheften und auf diese Weise in flüssigen Medien am selben Ort bleiben. Das Medium spült neue Nährstoffe an ihnen vorüber und wäscht die Abbauprodukte ihres Stoffwechsels fort.

Indem sie sich über ihr Pilus oder ihre Pili zwischen Luft und Flüssigkeit heften, können Bakterien außerdem Nährstoffe aus dem flüssigen Medium entnehmen und zur selben Zeit Sauerstoff aus der Luft ziehen. Die Anheftung einer dichten Bakterienschicht auf der Oberfläche von flüssigen Medien wird auch als Kahmhaut bezeichnet.

Manche Arten von Pili dienen dem horizontalen Gentransfer. Diese Pili heißen F-Pili oder Sexualpili. Es handelt sich um relativ dicke und hohle Anhängsel, die nur Spender-Bakterien oder Donatoren besitzen. Das Empfänger-Individuum wird als Akzeptor oder Rezipient bezeichnet und der Pilus wird nach dem Kontakt zu ihm wieder abgebaut. Damit vermindert sich automatisch der Zellabstand zwischen Akzeptor und Donator.

Außerhalb des Pilus kann so bei extrem geringem Abstand eine Plasmabrücke aufgebaut werden, die der Übertragung von genetischer Information dient. Resistenz-(R-)Faktoren und Fertilitäts-(F-)Faktoren werden über die Plasmabrücke zum Austausch gebracht. Im Rahmen dessen wird der Doppelsträng der DNA in Einzelstränge aufgewunden, wonach Anteile des Strangs vom Donator zum Rezipienten wandern. Darauf folgt die Auflösung der Plasmabrücke. Die Bakterien vervollständigen den Einzelstrang daraufhin zum Doppelstrang.

Wieder andere Bakterien besitzen sogenannte Typ IV Pili, die ihnen die Fortbewegung auf einer festen Oberfläche erlaubt. Ihre Pili bestehen aus PilA-Protein-Kopien und sind nicht hohl. Meist sitzen sie an beiden Polen eines damit ausgestatteten Bakteriums.

Andere Typen des Pilus sind der Hrp-Pilus, der vor allem bei Pflanzenpathogenen vorkommt, der Typ-I Pilus, der Typ-IV Pilus und der Pap-Pilus. Die Gemeinsamkeit der Pili liegt in ihrem Bau-Protein, das dem sogenannten Pilin entspricht. Außerdem sind die meisten Pili röhrenförmig ausgebildet.


Krankheiten & Beschwerden

Bei vielen Bakterien wird die Pathogenität durch die Ausstattung mit Pili gesteigert. Das heißt, dass ein Bakterium mit Pilus in vielen Fällen krankheitserregender ist als ein Bakterium ohne Pilus. Pili übernehmen in diesem Fall nicht nur die Rolle eines Adhäsins, sondern auch die Rolle eines Virulenzfaktors. Als Virulenzfaktoren gelten in diesem Zusammenhang sämtliche Eigenschaften eines Mikroorganismus, die seine krankmachende Wirkung und damit seine Virulenz bestimmbar machen.

Neben Pili zur Anheftung an Zellen spielen Instrumente zum Eindringen in Zellen und Mechanismen zur Zellzerstörung für die Virulenzfaktoren eines bestimmten Mikroorganismus eine Rolle. Virulenzfaktoren sind häufig Strukturelemente wie die Pili, können aber auch Stoffwechselprodukten des Mikroorganismus entsprechen.

Bei vielen Gattungen von Bakterien sind die Pili das entscheidende Strukturelement zur Besiedlung eines Wirtsorganismus. Wenn sich ein Bakterium nicht an seinen Wirt anheften kann, ist es in der Regel auch weniger zum Eindringen in den Wirtsorganismus in der Lage. Solange das Bakterium nicht eindringt, kann es sich im Wirt nicht vermehren und damit keinen pathologischen Zustand im Körper des Wirts hervorrufen.

In den meisten Fällen reagieren Pili auf spezifische oder unspezifische Art und Weise mit einzelnen Rezeptoren innerhalb der Zielzellmembran, um das Bakterium darin zu verankern.

Auch die spezialisierten Pili zum DNA-Austausch zwischen Bakterien fördern im weitesten Sinne die Aggressivität eines pathogenen Erregers. Je schneller sich ein Erreger im Körper des Wirts ausbreiten kann, desto aggressiver und schneller verläuft auch die dadurch entstehende Infektion.

Quellen

  • Bachmann, K.: Biologie für Mediziner. Springer, Berlin 1990
  • Marre, R. et al: Klinische Infektiologie. Infektionskrankheiten erkennen und behandeln. Urban & Fischer, München 2007
  • Schwarzkopf, A.: Multiresistente Erreger im Gesundheitswesen. mhp Verlag, Wiesbaden 2016

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