Gentransfer

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 23. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter dem Gentransfer ist die künstliche oder natürliche Übertragung von fremdem Erbgut auf eine befruchtete Eizelle gemeint. Genauer werden einzelne Gene von einem Spenderorganismus auf einen Empfängerorganismus übertragen. Dabei werden der horizontale und vertikale Gentransfer unterschieden. Gentransfer kann durch Transformation, Konjugation oder Transfektion stattfinden. Technische Verfahren sind zB die Mikroinjektion oder die biolistische Methode, auch „Genkanone“ genannt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Gentransfer?

Unter dem Gentransfer ist die künstliche oder natürliche Übertragung von fremdem Erbgut auf eine befruchtete Eizelle gemeint.

Der horizontale Gentransfer ist ein Verfahren, bei dem genetisches Material ohne sexuelle Fortpflanzungswege und unabhängig von Artgrenzen aufgenommen oder weitergeben wird. Dabei wird ein Gen mit bestimmter Eigenschaft in ein Genom eingeschleust und dort aktiviert. Genauer heißt das, dass Erbmaterial nicht entlang einer Abstammungslinie übertragen wird, während der vertikale Gentransfer durch Vorfahren an Nachkommen erfolgt.

In der Evolutionstheorie bildet der horizontale Gentransfer eine Erklärung für die Entstehung von beispielsweise Mikroorganismen, die durch starke Entwicklungssprünge gekennzeichnet sind. Davon muss wiederum als eine Sonderform die vertikale Transmission abgegrenzt werden, wobei Krankheitserreger über das Erbgut einer infizierten Generation an eine andere weitergegeben wird.

Bei Mikroorganismen und wirbellosen Tieren ist der horizontale Transfer belegt. Unter den Bakterien verbreiten sich beispielsweise Gene, die gegen Antibiotika resistent sind. Bei Wolbachia-Bakterien wiederum wird ein ganzes Genom in die Zellen einer Fruchtfliege geschleust, selbst wenn später nur einige der Gene bestimmte Funktionen übernehmen.

Aufgrund der schnellen Zersetzung tansgener DNA außerhalb einer Zelle ist es eher unwahrscheinlich, dass ein horizontaler Gentransfer in der mikrobiologischen Fauna vorkommt. Meistens findet er im Labor statt. Alleine die Entstehung verschiedener Resistenzen und Krankheitserreger könnten wiederum dennoch Aufschluss über einen natürlich ablaufenden Gentransfer geben.

Nachgewiesen wurde ein solcher Gentransfer zB bei dem Bodenbakterium „Agrobacterium tumefaciens“, das über die Fähigkeit verfügt, DNA auf pflanzliche Zellen zu übertragen, ein Vorgang, der durch die belgischen Molekularbiologen Marc Van Montagu und Jozef Schell 1983 das erste Mal beschrieben wurde, und bei dem gramnegativen Stäbchenbakterium „Bartonella henselae“, das in der Lage ist, DNA über ein eigenes Transportsystem in eukaryotische Zellen zu übertragen.

Der vertikale Gentransfer wiederum ist eine Kreuzung, die bei zwei Individuen oder Pflanzen auf sexueller Basis stattfindet, wodurch die Gene an die nächsten Generationen weitergegeben werden. Die Rede ist dann von einer Weitergabe entlang der vertikalen Abstammungslinie.

Werden zB transgene und nicht-transgene Pflanzen gekreuzt, nehmen auch die nicht-transgenen die Konstrukte der Gene auf. Ebenso kann es sich um eine Weitergabe an Chromosomen handeln, die Gendefekte besitzen.

Bei Mikroorganismen heißt das Vererben der DNA an Nachkommen vertikale Transmission. Dieser Begriff beschreibt wiederum zusätzlich die Übertragung von Pathogenen während Schwangerschaft, Geburtsvorgang und nach der Geburt durch die Mutter an das Kind. Hier können Infektionskrankheiten auftreten, zB Röteln oder HIV.

Funktion & Aufgabe

In der Gentechnologie wird der horizontale Gentransfer zur Erschaffung gentechnisch veränderter Organismen genutzt. Das Verfahren beinhaltet zahlreiche Methoden, die von der jeweiligen Veränderung abhängen, zB ob es sich um einen Prokaryoten oder Eukaryoten handelt. Ersteres bezeichnet Lebewesen, die über keinen Zellkern verfügen. Das sind zB Bakterien, genauer Eubakterien und Archaebakterien. Sie zeichnen sich durch eine hohe biologische Anpassungsfähigkeit und eine einfache Morphologie aus, besitzen keine Mitochondrien, ein im Zytoplasma freies Genom, weisen eine komplexe extrazelluläre Matrix und eine zusätzliche DNA auf.

Dementsprechend sind Eukaryote Lebewesen, die einen Zellkern aufweisen und sich aus zellkernenthaltenden Ausgangszellen entwickeln. Das wiederum können Sporen oder Zygoten sein. Eine Zygote ist eine diploide Zelle, die aus Ei- und Samenzelle entstanden ist. Sporen sind ein- oder mehrzellige Mikroorganismen mit einer hohen Widerstandskraft gegenüber Umwelteinflüssen.

Bei Prokaryoten erfolgen Transformation, Transduktion und Konjugation, bei Eukaryoten eine Transfektion. Bei der Transduktion werden durch eine Infektion mit Bakteriophagen zwischen zwei Bakterien DNA-Fragmente übertragen. Bei der Konjugation wird DNA von einem Bakterium auf ein anderes übertragen. Auch von Spender zu Empfänger über die Artgrenzen hinaus. Bakterien, die als Spender fungieren, weisen den F-Faktor auf, der Konjugation überhaupt erst möglich macht. Mittels einer Plasmabrücke wird eine Verbindung zwischen den Bakterien geschaffen und der Spender überträgt das Plasmid auf den Empfänger. Die Transformation wiederum ist die Aufnahme freier DNA durch Bakterien.


Krankheiten & Beschwerden

Forscher konnten mittlerweile nachweisen, dass menschliche Erbanlagen nicht nur über den vertikalen Gentransfer von einer Generation zur nächsten übertragen wurden, sondern dass der Mensch diese im Laufe der Evolution auch von Bakterien übernommen hat. So gelangten mehr als hundert Gene von Mikroorganismen über den horizontalen Gentransfer in das menschliche Genom.

Das Ergebnis der Forschung erregte 2001 erstmals viel Aufsehen, galt aber noch als umstritten. Da im Fortschreiten der Jahre schließlich eine umfangreichere Genomdatenbank zur Verfügung stand, verglichen britische Wissenschaftler Gene von Fruchtfliegenarten, Primaten, verschiedenen Fadenwürmern und Menschen mit Erbanlagen der Mikroorganismen. Das Ergebnis beim Menschen waren 145 Gene, die ursprünglich aus der Welt der Mikroben stammen und dazu auch noch wichtige Aufgaben erfüllen, so sind sie zB am Fettstoffwechsel oder an unterschiedlichen Immunreaktionen beteiligt.

Solch ein horizontaler Gentransfer fällt wahrscheinlich in eine Zeit, als die unterschiedlichen Arten sich noch nicht aufgespalten hatten. Demgegenüber existiert bei Fadenwürmern und Fruchtfliegen bis heute ein Gentransfer in dieser Form. Wie das Schleusen solcher Bakterien in das Erbgut des Menschen stattgefunden hat, konnte allerdings noch nicht geklärt werden. Eine mögliche Erklärung sind Viren, die als Transortmittel gedient haben könnten.

Generell kann der Gentransfer sowohl positiv auf die Gesundheit von Organismen wirken, indem er sie immun gegen äußere Anfälligkeiten macht, es kann jedoch auch das Gegenteil eintreten wodurch Krankheitserreger, wie im Fall des HI-Virus, an einen anderen Organismus weitergegeben werden.

Quellen

  • Buselmaier, W. et al.: Humangenetik für Biologen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2005
  • Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
  • Passarge, B.: Taschenatlas Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2008

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