Rektusscheide
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Rektusscheide umhüllt die geraden Bauchmuskeln. Sie dient dem Schutz vor äußeren Einflüssen und spielt bei der Formgebung des Rumpfes die entscheidende Rolle, solange sie nicht an dieser Funktion gehindert wird.
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Was ist die Rektusscheide?
Der Begriff Rektusscheide setzt sich zusammen aus dem mittleren Namensteil des Musculus rectus abdominis (gerader Bauchmuskel) und der ursprünglichen Bedeutung des Wortes Scheide = Hülse.
Sie ist eine bindegewebige Hülle, die sich um die beiden Muskelbäuche schlingt, die neben der Mittelinie des unteren Rumpfes verlaufen. Sie bildet dabei tatsächlich eine Struktur, die von ihrer Form mit einer Schwertscheide verglichen werden kann. Allerdings fehlt der Bewegungsaspekt. Die Muskeln können nicht wie ein Schwert aus der Scheide herausgezogen werden. Sie sind fixiert und besitzen nur eine geringe Verschieblichkeit. Die Rektusscheide wird aus den Aponeurosen (flächenhafte Sehnen) der anderen Bauchmuskeln gebildet. Dazu gehören die schrägen Bauchmuskeln (M. obliquus abdominis externus und internus) und der quere Bauchmuskel (M. transversus abdominis).
Die Sehnenausläufer bilden von links und rechts kommend eine Struktur, bei der der Faserverlauf der einzelnen Blätter der ursprünglichen Zugrichtung der zugehörigen Muskeln entspricht. Dadurch entsteht ein Fasernetzwerk, das sich systematisch um den M. rectus abdominis spannt.
Anatomie & Aufbau
Von oben nach unten werden sie kontinuierlich schmaler. Zwischen den beiden Muskelbäuchen befindet sich eine Lücke, die Linea alba (weiße Linie), die oberhalb des Nabels breiter ist als unterhalb. Die von den anderen Bauchmuskeln geformte Rektusscheide umfasst die beiden Muskelbäuche nach einem organisierten System, welches in einen Teil über und einen unter der Linea arcuata (bogenförmige Linie) eingeteilt wird. Die untere Partie ist nur noch schwach und dünn ausgeprägt. Für die Organisation des oberen Abschnittes teilt sich die Aponeurose des Musculus obliquus abdominis internus am äußeren Rectusrand in zwei Blätter. Eines zieht an seine Rückseite, das andere bedeckt die Vorderseite.
Das oberflächliche Blatt wird ergänzt von Ausläufern der Sehnen des M. obliquus abdominis externus, das tiefe von denen des M. transversus abdominis. Im Bereich der Linea alba überkreuzen und vernetzen sich die Fasern der verschiedenen Anteile.
Funktion & Aufgaben
Die Rektusscheide hält den M. rectus abdominis in Form. Gemeinsam mit den 3 – 4 Zwischensehnen (Intersectiones tendinae), die die beiden Muskeln in einzelne Kompartimente unterteilen, bilden sie die Grundlage für den Sixpack (manchmal auch ein eightpack) bei gutem Trainingszustand. Im Überkreuzungsbereich verhindert sie das zu starke Auseinanderweichen der Linea alba.
Eine wichtige Funktion aller an dem System beteiligten Komponenten ist der Schutz der Baucheingeweide. Die Rektusscheide ist zu diesem Zweck bauchwärts mit der Faszie und dem Bauchfell verwachsen, so dass zusammen mit den Muskelbäuchen eine kräftige schützende Decke an der Vorderseite des Bauches entsteht, seitlich ist hauptsächlich der M. transversus abdominis für diese Funktion zuständig.
Die besondere Konstruktion der Rektusscheide mit den sich überkreuzenden Faserzügen der verschiedenen Muskeln ist der entscheidende Faktor für die Taillierung des Rumpfes in diesem Bereich. Die Konstruktion entspricht einem Stützkorsett. Die Diagonalen Fasern des M. rectus abdominis externus einer Seite gehen ohne Kontinuitätsverlust in die des M. obliquus abdominis internus der anderen Seite über. Dieses diagonale Netzwerk wird schließlich durch die querverlaufenden Fasern des M. transversus abdominis vervollständigt. Eine bewusste Anspannung der beteiligten Muskeln führt zu einer Akzentuierung der Formen in der Körpermitte bei normalem Körpergewicht.
Die Einbindung der Aponeurose des M. transversus abdominis am Rektusrand verhindert, dass der Bauch durch die Spannung dieses Muskels zu stark eingezogen wird. Ein solcher Vorgang wäre für die darunter befindlichen Organe nicht von Vorteil.
Die diagonale Vernetzung zweier interner und externer schräger Bauchmuskeln vereinigt und verstärkt ihre jeweilige Bewegungs- und Stabilitätsfunktion. Dies ist besonders bei Bewegungen bedeutsam, die mit einer Flexion und einer Rotation der Wirbelsäule einhergehen, wie sie zum Beispiel im Bauchmuskeltraining gegen die Schwerkraft benutzt werden.
Krankheiten
Sie tritt typischerweise in der Schwangerschaft auf, wenn die Bauchdecke sich so sehr weitet, dass die auftretenden Zugkräfte von den Sehnenfasern nicht mehr kompensiert werden können. Aber auch starkes Übergewicht oder eine ausgeprägte Bindegewebsschwäche können dieses Geschehen verursachen. In den beiden ersten Fällen ist der Vorgang reversibel, wenn der Bauchumfang wieder auf das Normalmaß zurückgeführt wird. Regelmäßiges Training der schrägen Bauchmuskeln fördert den Regenerationsprozess.
Im Bereich des Bauchnabels ist die Bindegewebsstruktur der Linea alba durchbrochen. Dort wo beim Embryo die Nabelschnur war, befindet sich nach der Geburt ein Muskelring, der bei Säuglingen, aber auch bei manchen Erwachsenen zu schwach ausgebildet ist. Durch zu starken Druck können Teile des Bauchfells durch diese Pforte herausgedrückt werden, es entsteht die sogenannte Nabelhernie. Diese ist oft nur optisch auffällig und beschwerdelos.
Eine Bauchfellentzündung, Peritonitis genannt, entsteht als Folge von Entzündungen im Bereich der Bauchorgane und wird meist durch Bakterien ausgelöst. Das hintere Blatt der Rektusscheide mit seiner unmittelbaren Nähe zum Bauchfell kann von dem Entzündungsprozess betroffen sein.
Eine typische Verletzung, bei der die Rektusscheide in Mitleidenschaft gezogen sein kann, ist die Bauchmuskelzerrung. Primär entsteht dabei ein Riss in den Muskelfasern. Aber die verursachende plötzliche Erhöhung der Spannung überträgt sich auch auf die bindegewebigen Anteile des Systems. Dort können ebenfalls Risse oder umschriebene Defekte entstehen, die hoch schmerzhaft sind.
Quellen
- Fritsch, H., Kühnel, W.: Taschenatlas der Anatomie. Bd. 2: Innere Organe. Thieme, Stuttgart 2018
- Kirsch, J. et al.: Taschenlehrbuch Anatomie. Thieme, Stuttgart 2017
- Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012