Steißbeinfraktur

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der unterste Teil der Wirbelsäule, der ein Relikt aus unserer tierischen Vergangenheit darstellt, nennt sich Steißbein. Es ist ein aus verwachsenen Wirbeln zusammengesetztes, knöchernes Gebilde, das durch Rückbildung des Schwanzes im Laufe der Evolution entstanden ist. Eine Steißbeinfraktur kann sehr schmerzhaft sein und eine langwierige Heilung bedeuten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Steißbeinfraktur?

Meist versucht der Arzt festzustellen, ob die Wahrscheinlichkeit eines Steißbeinbruches gegeben ist, indem er sich von den Patienten den Unfallhergang schildern lässt. Die Fraktur lässt sich mit einem Röntgenbild dann leicht sicher feststellen.
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Die Wirbelsäule wird in fünf Bereiche eingeteilt. Von oben nach unten sind dies die Hals-, die Brust- und die Lendenwirbelsäule, das Kreuzbein und das Steißbein. Während in den oberen drei Abschnitten die Wirbel klar voneinander getrennt und durch die Bandscheiben vor Stößen geschützt sind, bestehen das Kreuzbein und das Steißbein aus miteinander verwachsenen Wirbeln.

Das Steißbein, an dem mehrere Muskeln und Bänder des Bewegungsapparates ansetzen, lässt sich leicht mit den Fingern ertasten. Oft ist es auch äußerlich durch eine kleine Erhebung durch die Haut sichtbar. Durch einen Unfall oder einen Sturz kann es zu einer Steißbeinfraktur kommen. Gemeint ist damit nichts anderes als ein Bruch des Os Coccygis, des Steißbeins.

Ursachen

Zu einer Steißbeinfraktur kommt es durch äußere Einwirkungen mechanischer Art. Das heißt, dass auf das Os coccygis eine bestimmte Kraft einwirken muss, um eine Fraktur zu bewirken. Bei Menschen mit geringer Knochendichte wie etwa bei Frauen mit Osteoporose kann diese Krafteinwirkung sehr klein sein. Es genügt beispielsweise ein Ausrutschen und Fallen auf einen Stuhl oder ein heftiges Anstoßen an einem Türstock oder einer Mauerkante.

Normalerweise braucht es jedoch größere Kräfte, die ausreichen, um die Fraktion des Steißbeines hervorzurufen. Fast immer passiert die Fraktur durch einen Sturz aus dem Stand auf den Hintern, etwa während des Duschens oder beim Steigen aus der Badewanne - also aus einer gewissen Höhe. Klassisch ist auch der Sturz auf die harte Eisfläche beim Eislaufen oder das Ausrutschen auf Treppenstufen.

Sollte die Landung auf einer Kante erfolgen (Duschwannenrand, Badewannenrand, Stufenkante), ist die Fraktur besonders schnell passiert und noch schmerzhafter. Auch heftige Tritte in den Hintern können einen Steißbeinbruch zur Folge haben.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Es handelt sich bei der Steißbeinfraktur um eine sehr schmerzhafte Verletzung. Nicht nur, dass der Bruch selbst extreme Schmerzen verursacht, es sind in der Folge vor allem die Tätigkeiten und Bewegungen, die trotz der Verletzung ausgeführt werden müssen, die langfristig Beschwerden verursachen.

Bewegungen wie Sitzen oder Liegen, bei denen immer irgendeine Art von Druck auf das gebrochene Steißbein ausgeübt wird, lassen sich nie ganz vermeiden und belasten den Betroffenen. Sehr schwierig und schmerzhaft kann auch das Pressen aus dem Anus und mit dem Beckenboden sein, wie es zum Beispiel beim Stuhlgang erforderlich ist. In den ersten Tagen nach der Fraktur sind von außen oft Schwellungen und Blutergüsse sichtbar.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Meist versucht der Arzt festzustellen, ob die Wahrscheinlichkeit eines Steißbeinbruches gegeben ist, indem er sich von den Patienten den Unfallhergang schildern lässt. Die Fraktur lässt sich mit einem Röntgenbild dann leicht sicher feststellen. Wenn weder Arzt noch Patient die Notwendigkeit eines Röntgenbildes sehen, kann eine Fraktur über den Anus ertastet werden.

Dies kann für die Betroffenen jedoch recht schmerzhaft sein, da der Arzt beim Ertasten das Steißbein zu bewegen versucht. Bei einer Steißbeinfraktur ist mit mehrwöchigen Beschwerden zu rechnen. Selten kommt es zu chronischem Schmerzempfinden, das jahrelang anhalten kann.

Komplikationen

Eine Steißbeinfraktur geht mit sehr starken Schmerzen einher, heilt in der Regel aber wieder aus, ohne dass mit ernsthaften Komplikationen oder Langzeitschäden gerechnet werden muss. Bei manchen Patienten können die Schmerzen so stark werden, dass oral verabreichte Analgetika nicht ausreichen und Spritzen oder Infusionen erforderlich werden.

Manche Patienten entwickeln auch eine starke Verstopfung oder Magen-Darmbeschwerden, da die Dehnung des Anus bei der Darmentleerung zu so starken Schmerzen führt, dass die Patienten nicht mehr defäkieren. Bei machen Patienten bilden sich die Schmerzen nach der Heilung der Fraktur zwar zurück, treten aber bei einer Belastung des Steißbeins sporadisch immer wieder auf. Die Schmerzen machen sich dann ohne spezifischen Auslöser bei alltäglichen Aktivitäten wie Liegen, Sitzen, Bücken oder Stehen sowie beim Toilettengang bemerkbar.

Mit solchen Komplikationen müssen insbesondere Frauen mit Kinderwunsch rechnen. Während einer Schwangerschaft nimmt das Körpervolumen beträchtlich zu, wodurch sich auch der Druck auf das Steißbein erhöht. Insbesondere dann, wenn die Fraktur noch nicht lange zurückliegt oder am Ende noch gar nicht richtig ausgeheilt ist, kann dies sehr starke Schmerzen verursachen.

Komplikationen sind außerdem auch bei der Geburt möglich. Da die Flexibilität des Steißbeins aufgrund des Bruchs meist beeinträchtigt wird, kann sich dieses bei der Geburt häufig nicht mehr nach außen biegen, was bei der Gebärenden das Risiko von Verletzungen bis hin zum erneuten Steißbeinbruch stark erhöht. Verletzungen beim Kind sind ebenfalls möglich.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Stellen sich nach einem Sturz, einem Unfall oder einer Gewalteinwirkung im Bereich des Gesäßes starke Schmerzen ein, ist ein Arzt aufzusuchen. Kann die Fortbewegung oder das Sitzen nicht mehr beschwerdefrei erfolgen, liegt eine Störung vor, die untersucht und behandelt werden muss. Bei einer Steißbeinfraktur kommt es zu einer ungewöhnlich intensiven Schmerzentwicklung. Bei jeder Bewegung oder Einwirkung von außen leidet der Betroffene unter den Beschwerden.

Da keine Spontanheilung zu erwarten ist, ist schnellstmöglich ein Arzt aufzusuchen. Es sollten keine Schmerzmedikamente ohne die Rücksprache mit einem Mediziner eingenommen werden. Die Risiken und Nebenwirkungen der Präparate sind hoch und müssen mit einem Arzt abgesprochen werden. Andernfalls drohen Folgeerscheinungen und eine weitere Verschlechterung der Gesundheit. Bei einem Ruheschmerz oder einer Druckempfindlichkeit im Unterleib ist ein Arzt zu konsultieren. Kommt es zu Störungen des Magen-Darm-Traktes, Durchfall oder Verstopfungen, wird ebenfalls ärztliche Hilfe benötigt. Bei Blutungen aus dem Darm, Schwellungen oder Veränderungen des Hautbildes sind weitere Untersuchungen zur Klärung der Ursache angezeigt.

Treten bei Kindern eine plötzliche Weinerlichkeit oder Veränderungen das Verhaltens auf, sollten sie unverzüglich einem Arzt vorgestellt werden. Kommt es zu einer spontanen Inkontinenz, ist dies ein Hinweis auf eine vorhandene gesundheitliche Störung. Sie sollte fachärztlich untersucht und behandelt werden.

Behandlung & Therapie

In der Körperregion des Steißbeines gibt es keine Möglichkeiten des Eingipsens oder Ruhigstellens. Infolgedessen muss mit mehr Zeit gerechnet werden, bis völlige Beschwerdefreiheit eintritt. Wie bei allen Frakturen ist es nötig, den Körper nicht zu belasten und Ruhephasen einzuhalten. In den ersten Tagen nach der Fraktur werden die meisten Patienten und Patientinnen schmerzstillende Medikamente (Analgetika) und Entzündungshemmer (zum Beispiel Cortison) benötigen.

Bei sehr starken Schmerzen werden wegen der schnelleren und intensiveren Wirkung Infusionen oder Spritzen verabreicht. Auch kalte Kompressen helfen gegen die Schwellungen und Blutergüsse, die zusätzlichen Schmerz verursachen. Um weitere Probleme zu verhindern, muss der Stuhl der Patienten weich gehalten werden - dies erspart den Betroffenen ein unangenehmes Pressen beim Stuhlgang und damit Druckschmerz.

Eine Umstellung der Nahrung mit viel Ballaststoffen und Flüssigkeit kann dabei unterstützend sein. In manchen Fällen werden am Anfang Einläufe benötigt, wenn die Patienten aufgrund zu großer Schmerzen nicht pressen können. Sehr selten muss die Fraktur operativ behoben werden (chirurgische Resektion). Diese Maßnahme wird aber erst ergriffen, wenn die konservative Therapie wie oben beschrieben keine Hilfe darstellt. Problematisch ist nämlich, dass die Operation, bei der das Steißbein entfernt wird, genauso schmerzverursachende Narbenbildung zur Folge haben kann.

Im Normalfall dauert es - wie bei den meisten Brüchen - etwa zehn Wochen, bis die Betroffenen wieder normal einsatzfähig sind. Erst dann werden alltägliche Bewegungsabläufe und Handlungen möglich sein, das heißt wieder normal sitzen, liegen oder laufen können, ohne nennenswerte Schmerzen zu empfinden.

Ein Sitzring kann den Patienten und Patientinnen große Dienste leisten, da er den Beckenboden, Bänder und Muskulatur, die mit dem gebrochenen Steißbein in Verbindung stehen, entlastet.


Vorbeugung

Wer seinen Bewegungsapparat gesund und stabil erhält, lebt mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit, eine Fraktur - egal welcher Art - zu erleiden. Dazu gehört eine eiweiß- und kalziumreiche Kost, viel Bewegung und Sport. Frauen in den Wechseljahren und danach sollten regelmäßig ihre Knochendichte überprüfen lassen und - wenn nötig - entsprechende Medikamente einnehmen. Einem Steißbeinbruch kann nur durch Unfallvermeidung, wo immer diese möglich ist, vorgebeugt werden.

Weil bei einer Fraktur des Steißbeins im Gegensatz zu anderen Knochenbrüchen keine Ruhigstellung möglich ist, bedürfen Therapie und Nachsorge großer Geduld. So benötigt der Heilungsprozess mehr Zeit. Der Körper sollte in den ersten Tagen nicht belastet werden. Daher muss der Patient regelmäßige Ruhephasen einhalten. Zur Behandlung der Schmerzen werden entsprechende Medikamente verabreicht.

Nachsorge

Die Abheilung einer Steißbeinfraktur nimmt mehrere Wochen, manchmal sogar Monate in Anspruch. Eine exakte Eingrenzung des Heilungsverlaufs lässt sich nicht treffen. So spielen verschiedene unterschiedliche Faktoren wie die Bruchlage, die physische Konstitution sowie das Lebensalter des Patienten eine bedeutende Rolle. In Extremfällen dauert es manchmal sogar Jahre, bis völlige Schmerzfreiheit erreicht wird. Auch ein chronischer Verlauf der Steißbeinschmerzen ist möglich.

Wann sich nach einer Steißbeinfraktur wieder sportliche Aktivitäten vornehmen lassen, richtet sich nach dem Schmerzempfinden des Betroffenen. Zuvor muss der Bruch jedoch vollständig abgeheilt sein, sodass sich die Frakturstelle wieder komplett belasten lässt. Um die Belastungsfähigkeit festzustellen, sind regelmäßige Nachuntersuchungen beim Arzt nötig.

Bis der Arzt grünes Licht für sportliche Aktivitäten gibt, darf sich der Patient nur leicht bewegen und sollte sich möglichst schonen. Als sinnvoll gelten Bewegungen, die die allgemeine Fitness erhalten, da sonst ein größerer Abbau von Muskelmasse droht. Die maßvolle Bewegung fördert den Heilungsprozess der Steißbeinfraktur. Zur Unterstützung lassen sich schmerzlindernde und entzündungshemmende Salben oder Cremes verabreichen.

Das können Sie selbst tun

Bei Schmerzen im Bereich des Steißbeins sollte zunächst ein Arzt konsultiert werden. Der Mediziner hat die notwendigen diagnostischen Mittel zur Verfügung, um einen möglichen Steißbeinbruch zu diagnostizieren. Wurde eine Fraktur festgestellt, können weitere Maßnahmen ergriffen werden.

Wichtig ist in erster Linie körperliche Ruhe. Die verletzungsbedingten Schmerzen können relativ intensiv ausfallen und treten in verschiedenen Situationen auf. Umso wichtiger ist es, längere Belastungen des Steißbeins zu vermeiden, indem beispielsweise ein orthopädisches Kissen untergelegt wird. Auch Ringkissen oder spezielle Wärmekissen bieten sich an, um akute Schmerzen zu lindern und die Entstehung von Verspannungen zu vermeiden. Kühlende Pads dienen der Schmerzlinderung und helfen vor allem bei akuten Schmerzen und Schwellungen im Bereich des Steißbeins.

Nach den ersten Tagen sind kurze Spaziergänge und Entspannungsübungen angezeigt. Sie helfen dabei, die Muskeln zu lockern und Verspannungen zu lösen. Ältere Patienten sollten außerdem Krankengymnastik durchführen, um die volle Beweglichkeit des Steißbeins nicht zu verlieren. Bei größeren Brüchen dauert die Schonphase zwei bis drei Monate an. Während dieser Phase müssen die notwendigen Maßnahmen für eine Genesung ergriffen und Rücksprache mit dem Facharzt gehalten werden.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

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