Steißbeinluxation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Steißbeinluxation
Hilfreiche Videos: MedLexi.de auf YouTube

Bei der Luxation des Steißbeines (Os coccygeum) handelt es sich um eine selten vorkommende Verschiebung der verknöcherten untersten Wirbel in Richtung des Kreuzbeins. Die Ursachen für dieses schmerzhafte Ereignis sind vielfältig, oft aber durch Stürze hervorgerufen. Die Steißbeinluxation kann ohne Operation gut behandelt werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Steißbeinluxation?

Die Verschiebung der Gelenke verursacht starke Schmerzen, die auch in die Beine ausstrahlen können. Laufen und besonders das Sitzen ist kaum möglich oder nur dann, wenn das Gewicht sehr vorsichtig auf die weniger betroffene Seite des Beckens verlagert wird.
© ilusmedical – stock.adobe.com

Das Steißbein besteht aus drei bis fünf zusammengewachsenen Wirbeln am Ende der Wirbelsäule. Es ist durch das Sakrokokzygealgelenk mit dem Kreuzbein verbunden. Bei der Luxation findet sich eine Verschiebung dieser Verbindung. Zu unterscheiden ist die Steißbeinluxation von der Steißbeinfraktur und der Steißbeinprellung.

Bei einer Prellung sind Wirbel weder gebrochen noch verschoben. Eine Fraktur kann aber eine Verschiebung des Gelenks zum Kreuzbein beinhalten. Alle drei Ereignisse verursachen zunächst ähnliche Beschwerden und Schmerzen. Eine genaue Diagnose ist Voraussetzung für die richtige Therapie und den Behandlungserfolg.

Ursachen

Der Diagnostiker kann eine Steißbeinluxation nach einem ungebremsten Sturz mit Aufprall auf den unteren Rücken oder des Beckens vorfinden. Bei einem solchen Ereignis wirken extrem hohe Kräfte plötzlich auf den unteren Teil der Wirbelsäule ein, die diese nicht abfedern kann. Als Folge werden Gelenke schlagartig aus ihrer normalen Lage verschoben, was sofort heftige Schmerzen auslöst.

Auch bei Opfern von Autounfällen kann eine Verschiebung der unteren Wirbel vorliegen. Ebenfalls können dauerhafte Fehlhaltungen wie langes Liegen oder Sitzen, eine schleichende Luxation von Wirbeln und Gelenken zur Folge haben. Fehlhaltungen wirken sich ungünstig auf die Funktion der Bänder und Sehnen aus, die die Lage des Steißbeines stabilisieren sollen.

Verändern sich diese Haltemechanismen über einen langen Zeitraum, können sich Gelenkverbindungen verschieben. Die Folge sind zunehmende Schmerzen unter anderem auch Nervenentzündungen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Verschiebung der Gelenke verursacht starke Schmerzen, die auch in die Beine ausstrahlen können. Laufen und besonders das Sitzen ist kaum möglich oder nur dann, wenn das Gewicht sehr vorsichtig auf die weniger betroffene Seite des Beckens verlagert wird. Husten, Lachen oder Niesen verursachen ebenfalls Schmerzen.

Grund dafür ist, dass viele Sehnen und Muskeln am Steißbein ansetzen. Diese haben eine wichtige stabilisierende Funktion. Ist die Steißbeinluxation durch plötzliche Gewalteinwirkung entstanden, findet sich als sichtbares äußeres Zeichen oft ein entsprechendes Hämatom auf der Haut. Dieser „blaue Fleck“ ist ein Zeiger für die Quetschung von Gewebe mit Einblutung und kann zur Lokalisation der Luxation hilfreich sein.

Allerdings ist ein sichtbares Hämatom nicht immer ein Zeichen für eine Gelenkverschiebung. Je nach Grad der Luxation können die Schmerzen in das Gesäß ausstrahlen. Wurden Nerven eingeklemmt kann es zu einem Kribbeln kommen, das sich ähnlich anfühlt, wie ‚eingeschlafene‘ Extremitäten. Erst die genaue Untersuchung zeigt, ob es sich um eine Ausrenkung, einen Bruch oder eine Prellung handelt. Letztere bedarf meistens keiner Behandlung.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Eine gesicherte Diagnose, durch die eine Fraktur ausgeschlossen werden kann, lässt sich mit einer Röntgenaufnahme erzielen. Sie wird in den meisten Fällen veranlasst. Bei unsicherem Befund können weitere Untersuchungen wie die Ultraschalluntersuchung, die Untersuchung per Computertomographie oder durch die Magnetresonanztomographie eingesetzt werden. Ein erfahrener Arzt kann eine Steißbeinluxation mit dem Finger ertasten.

Der Krankheitsverlauf ist abhängig vom Grad der Luxation und der Konstitution des Patienten. In erster Linie aber von der Diagnose. Wird die Aushebelung des Gelenks nicht erkannt, weil die Steißbeinluxation nicht in den Focus des Behandlers rückt, kann es zu einem langen Krankheitsverlauf mit Folgeschäden kommen.

Sobald die Verschiebung korrigiert ist, sind Patienten meist schnell schmerzfrei. Je nachdem, wodurch die Gelenkverschiebung verursacht wurde, kann der Patient mit entsprechendem Training dafür sorgen, dass ein solches Ereignis nicht so schnell wieder eintritt.

Komplikationen

Eine Luxation des Steinbeins ruft starke Schmerzen hervor, die bis in die Beine ausstrahlen können. Meist treten die Schmerzen sowohl beim Laufen und Sitzen als auch beim Husten, Lachen oder Niesen auf. Wurden Nerven eingeklemmt, können Sensibilitätsstörungen und ein unangenehmes Kribbeln auftreten. Typisch sind „eingeschlafene“ Arme oder Beine, die bei den Betroffenen meistens ein starkes Unwohlsein hervorrufen.

Wird die Verschiebung des Gelenks nicht erkannt, kann sich eine chronische Erkrankung mit Folgeschäden entwickeln. Im Lauf der Zeit treten zum Beispiel Gelenkverschleiß und Gelenkschäden auf, die zu weiteren Bewegungseinschränkungen führen. Chronische Schmerzen belasten nicht zuletzt auch die Psyche – es können sich Depressionen entwickeln. Bei der Behandlung einer Steißbeinluxation gehen die Risiken hauptsächlich von den verordneten Schmerzmitteln aus.

Erfolgt die Einnahme über einen langen Zeitraum hinweg, ist das stets mit Nebenwirkungen verbunden und kann außerdem zu Spätfolgen wie Herz- und Leberschäden oder chronischen Magen-Darm-Erkrankungen führen. Ist eine Physiotherapie notwendig, so kann es beispielsweise zu Muskelkater, Verspannungen oder Blutergüssen kommen. Größere Komplikationen treten auf, wenn der Patient über einen längeren Zeitraum falsch behandelt wird. Bei der Behebung der Luxation durch den Proktologen sind Komplikationen unwahrscheinlich.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Kommt es nach einem Sturz oder Unfall zu Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, wird ein Arzt benötigt. Über bildgebende Verfahren und eine Tastuntersuchung wird abgeklärt, welche Beschwerden im Bereich des Rückens oder Beckens vorliegen. Kann die Fortbewegung nicht mehr problemlos stattfinden oder verursacht bereits Husten oder Niesen ein Schmerzempfinden im Rücken, liegt eine Störung vor, die diagnostiziert und behandelt werden muss. Sensibilitätsstörungen, ein Kribbeln auf der Haut oder das Gefühl von eingeschlafenen Extremitäten sind Anzeichen einer bestehenden Unregelmäßigkeit.

Bei unvermindert über mehrere Tage oder Wochen anhaltenden Beschwerden oder einer Zunahme der Intensität, ist ein Arztbesuch anzuraten. Bei einer Fehlhaltung des Körpers, Problemen mit den Gelenken oder bei Verfärbungen des Hautbildes ist eine Abklärung der Ursache notwendig. Häufig bilden sich Hämatome, die zu einer Blaufärbung der Haut führen. Sie sind Anzeichen einer vorhandenen Störung, die einem Arzt vorgestellt werden sollte.

Ist das Laufen oder das Sitzen nur eingeschränkt oder kaum möglich, besteht Anlass zur Besorgnis. Die Einnahme von Schmerzmitteln sollte unterlassen werden, bis die Rücksprache mit einem Mediziner stattgefunden hat. Kann der Betroffene das Eigengewicht nur sehr langsam von einer Seite des Beckens auf die andere verlagern, ist dies ein Hinweis auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die untersucht werden muss.

Behandlung & Therapie

Eine unkomplizierte Steißbeinluxation lässt sich von einem erfahrenen Arzt (Proktologe) rektal mit dem Zeigefinger ertasten und sofort beheben. Eine Operation ist dazu nicht erforderlich. Der Arzt führt seinen Zeigefinger in den Enddarm ein und findet so den Ort der verschobenen Wirbel und Gelenke. Diese können nun mit einem gezielten Zug vom Kreuzbein weg, wieder in ihre ursprüngliche Position gebracht werden.

Hierzu fasst der Arzt das Steißbein mit Zeigefinger und Daumen, wobei der Daumen außen am Körper liegt. Der Patient verspürt sofort Erleichterung und nachlassenden Schmerz. Sollten die Schmerzen länger anhalten, ohne dass ein anderer Grund dafür zu finden ist, kann es hilfreich sein den Patienten nach erfolgreicher Behandlung mit einigen Physiotherapieeinheiten zu versorgen.

Hilfreiche Videos für Ihre Gesundheit: MedLexi.de auf YouTube
Hier klicken

Vorbeugung

Unfälle geschehen selten mit Ankündigung und noch seltener mit Vorsatz, sodass die Vorbeugung von Geschehnissen nur das Bemühen in der Vermeidung von Risikofaktoren liegen kann. Und doch ist Vorbeugung insofern möglich, als dass Muskeln und Sehnen des Körpers vital und leistungsfähig gehalten werden. In erster Linie heißt dies: Muskeln und Bänder des Halteapparates zu stärken und beweglich zu bleiben.

Sport und Bewegung, wie natürliche Nahrungsmittel mit Zufuhr von Vitaminen und Mineralien gehören dazu. Dadurch werden Gelenke und Wirbel an ihrem Platz gehalten und nicht so leicht verschoben. Ein gut trainierter Körper federt deshalb nicht nur Stöße und Belastungen besser ab, sondern regeneriert auch schneller mit weniger Komplikationen als ein untrainierter.

Nachsorge

Bei einer Steißbeinluxation stehen Betroffenen in der Regel nur wenige und auch nur sehr eingeschränkte Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung, sodass bei dieser Krankheit frühzeitig ein Arzt aufgesucht werden sollte, um das Auftreten von anderen Beschwerden und Komplikationen zu verhindern. In der Regel kann es nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen, sodass der Betroffene immer auf eine Behandlung von einem Arzt angewiesen sind.

In den meisten Fällen können die Beschwerden der Steißbeinluxation gut durch Maßnahmen einer Physiotherapie und einer Krankengymnastik gelindert werden. Dabei kann der Betroffene auch viele der Übungen im eigenen Zuhause wiederholen, um die Behandlung zu beschleunigen. Ebenso sollte sich der Betroffene dabei möglichst schonen und keine starken körperlichen Belastungen oder stressigen Tätigkeiten durchführen, um den Körper nicht unnötig zu belasten.

In vielen Fällen ist auch die Hilfe und die Unterstützung der eigenen Familie sehr wichtig, um den Alltag des Betroffenen zu erleichtern. Ebenso kann sich auch eine gesunde Lebensweise mit einer ausgewogenen Ernährung positiv auf den Verlauf der Steißbeinluxation auswirken und dabei die Heilung beschleunigen.

Das können Sie selbst tun

Der Betroffene sollte im Alltag auf die Signale seines Organismus hören. Sofern Störungen oder Beschwerden auftreten, sollte er darauf entsprechend reagieren. Das Eingehen unnötiger Risiken ist zu unterlassen. Daher sind insbesondere physische Überforderungen oder starke Belastungen zu vermeiden. Bei sportlichen Aktivitäten oder der Ausführung von beruflichen Tätigkeiten sind die Grenzen des eigenen Körpers zu berücksichtigen. Regelmäßige Pausen und Zeiten der Erholung sind für den Körper wichtig, damit er sich in einem ausreichenden Maß regenerieren kann.

Oftmals helfen physiotherapeutische Übungen, um eine Verbesserung der Bewegungsmöglichkeiten zu erzielen. Bei Verspannungen oder Störungen des Muskelapparates können Massagen helfen, um eine Linderung der Beschwerden zu erreichen. Darüber hinaus ist auf eine ausreichende Wärmezufuhr des Organismus zu achten. Wärmende Bäder und ein erholsamer Nachtschlaf sind im Alltag besonders hilfreich. Daher ist die Schlafhygiene zu kontrollieren und gegebenenfalls zu verbessern.

Sofern es zu Empfindungsstörungen auf der Haut kommt, muss geprüft werden, welche Ursache vorliegt. Bei Störungen der Durchblutung sind unverzüglich Gegenmaßnahmen durch die Veränderung der Körperposition einzuleiten. Da bei einer Steißbeinluxation häufig starke Schmerzen auftreten, ist darauf zu achten, dass die Medikamente den Vorschriften entsprechend eingenommen werden. Darüber hinaus kann das Nutzen von mentalen Techniken dabei helfen, die Schmerzwahrnehmung zu optimieren.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

Das könnte Sie auch interessieren