Stimmbandlähmung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Stimmbandlähmung beeinträchtigt oder unterbindet nicht nur die Stimme, sondern kann auch zu gefährlicher Atemnot führen. Entzündungen, Krebs oder Gefäßschädigungen können die Ursachen sein. Daher ist immer eine ärztliche Behandlung angezeigt beim Auftreten der Symptome einer Stimmbandlähmung.
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Was ist eine Stimmbandlähmung?
Stimmbandlähmung bezeichnet eine Funktionseinschränkung an den diversen Muskeln des Kehlkopfes. Speziell betroffen ist der Musculus vocalis (Stimmmuskel), der als Teil der inneren Kehlkopfmuskulatur die Spannung der Stimmbänder einstellt. Der Arzt spricht von einer Recurrensparese. Recurrens ist die Abkürzung für „Nervus laryngeus recurrens“, im Deutschen „Rückläufiger Kehlkopfnerv“ genannt.
Eine Parese ist eine nicht vollständig ausgeprägte Lähmung. Jedoch kann eine Stimmbandlähmung auch auf einem totalen Ausfall des Recurrens beruhen und ist dann eine sogenannte „Paralyse“.
Die Stimmbandlähmung tritt grundsätzlich in 2 Formen auf:
1. Einseitig, durch die Lähmung nur eines Stimmbandes wird die Stimmritze asymmetrisch
2. Beidseitig, durch die Lähmung beider Stimmbänder bleibt die Stimmritze symmetrisch
Deutliche Unterschiede in der Symptomatik trennen die beiden Varianten der Stimmbandlähmung.
Ursachen
Auch Tumore der Schilddrüse sowie im Bereich des oberen Brustraumes können den Recurrens angreifen. Denn der linke Recurrens verläuft vom Gehirn (abzweigend vom Nervus vagus) ausgehend zunächst zwischen Speiseröhre und Luftröhre absteigend, um wieder kopfwärts umbiegend zum Kehlkopf zu ziehen (daher die Bezeichnung „rückläufig“ -bemerkenswert ist, dass der rechte Recurrens von dem geschilderten Verlauf abweicht).
Aufgrund dieses „Umweges“ ist dieser Nerv anfällig für Krankheitsgeschehen nicht nur des Halses, sondern auch des oberen Brustraumes. Daher kann auch ein Aortenaneurysma (Aussackung der Hauptschlagader) den Recurrens schädigen. Schließlich sind es noch Nervenentzündungen, die den Recurrens beinträchtigen. Folge ist auch hier letztlich eine Stimmbandlähmung.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Je nachdem, ob die Störung ein- oder beidseitig auftritt und in welcher Position sich die gelähmten Stimmbänder befinden, können unterschiedliche Symptome auftreten. Typischerweise kommt es bei einer Stimmbandlähmung zu Heiserkeit und Stimmstörungen. Die Stimme kann nicht mehr stark belastet werden, bevor es zu erwähnter Heiserkeit und schließlich zum zeitweiligen Stimmverlust kommt.
Der Atem ist meist sehr geräuschvoll, wobei die Geräusche rasselnd bis keuchend sein können. Begleitend dazu kann es zu Reizhusten und Schluckstörungen kommen. Als Folge der eingeschränkten Sauerstoffzufuhr tritt der sogenannte Lufthunger auf, bei welchem die Betroffenen scheinbar nach Luft schnappen. Zudem kann es infolge der Stimmbandlähmung zu Schlafstörungen kommen, welche mit weiteren Beschwerden einhergehen.
Die einseitige Stimmbandlähmung äußert sich hauptsächlich durch Heiserkeit und eine kraftlose Stimme. Hohe Töne können nur unter großer Anstrengung gehalten werden. Eine beidseitige Stimmbandlähmung macht sich durch eine zunehmende Atemnot bemerkbar. Dadurch sind die Betroffenen schnell erschöpft und können anstrengenden körperlichen Tätigkeiten sowie Sport meist nicht mehr nachgehen.
Dies führt langfristig auch zu einer Abnahme der Lebensqualität und des Wohlbefindens. Die Symptome der Stimmbandlähmung entwickelt sich meist akut, nachdem die Stimmbänder im Rahmen einer Operation oder durch einen Unfall geschädigt wurden.
Diagnose & Verlauf
Eine Stimmbandlähmung äußert sich durch Heiserkeit, die in unterschiedlichen Schweregraden auftritt. Dabei sind die Probleme der Stimmbildung bei einseitiger Stimmbandlähmung meistens weniger gravieren als bei der einseitigen Ausprägung des Krankheitsbildes. Luftnot und Atemgeräusche sind typisch für die doppelseitige Recurrensparese.
Bei diesen Symptomen führt der Hals-Nasen-Ohren-Arzt eine Laryngoskopie (Kehlkopfspiegelung) durch. An der Stellung der Stimmbänder erkennt der Mediziner die Stimmbandlähmung und ob ein oder beide Stimmbänder betroffen sind. Eine Elektromyographie (EMG, ähnlich dem EKG) zeigt Störungen in der Aktivität der Kehlkopfmuskulatur an.
Die Heilungschancen der Stimmbandlähmung hängen davon ab, ob der Recurrens irreversibel geschädigt oder nur akut beeinträchtigt ist. In der Regel führen konservative oder operative Methoden zur Heilung einer Stimmbandlähmung.
Komplikationen
In erster Linie kommt es aufgrund einer Stimmbandlähmung zu einem vollständigen Stimmverlust. Der Betroffene kann dabei nicht mehr sprechen, was die Kommunikation mit anderen Menschen erheblich beeinträchtigen. Die Lebensqualität des Patienten wird dadurch erheblich eingeschränkt und verringert. Auch der Alltag wird durch die Stimmbandlähmung deutlich erschwert.
Vor allem bei Kindern kann diese Lähmung zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Entwicklung führen und diese verzögern. Weiterhin leiden viele Betroffene an einer Heiserkeit und eventuell auch an einer Atemnot. Ebenso kommt es häufig zu krankhaften Atemgeräuschen. In schwerwiegenden Fällen kann die Stimmbandlähmung auch zu einem Bewusstseinsverlust und damit zur Schädigung der inneren Organe durch die Atembeschwerden führen.
Die Betroffenen leiden ebenso an Husten und an Schluckbeschwerden. Durch die Schluckbeschwerden kann es auch zu Schwierigkeiten bei der Einnahme von Nahrung und Flüssigkeiten kommen, sodass die Betroffenen an einer Dehydrierung leiden oder an Gewicht verlieren. Die Behandlung der Stimmbandlähmung richtet sich nach der Ursache.
In den meisten Fällen können die Beschwerden gelindert werden, sodass der Betroffene wieder sprechen kann. Im Falle von Tumoren hängt der weitere Verlauf sehr stark von der Art und Ausprägung des Tumors ab, sodass keine allgemeine Voraussage über den Verlauf der Erkrankung gegeben werden kann. In den meisten Fällen wird die Lebenserwartung allerdings nicht negativ beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei einer Stimmbandlähmung ist eine Behandlung durch einen Arzt sinnvoll. Da es bei dieser Krankheit meist nicht zu einer Selbstheilung kommen kann und sich die Beschwerden unbehandelt weiterhin verschlimmern, sollte immer schon bei den ersten Anzeichen und Symptomen der Stimmbandlähmung ein Arzt aufgesucht werden.
In jedem Falle wirkt sich eine frühzeitige Diagnose positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus. Ein Arzt ist bei der Stimmbandlähmung dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an einer starken Heiserkeit leidet. In der Regel verschwindet diese auch nicht wieder von alleine und kann auch nicht durch Maßnahmen der Selbsthilfe behandelt werden. Weiterhin deuten auch Schluckbeschwerden oder ein starker Husten auf diese Krankheit hin. In einigen Fällen leiden die Betroffenen durch die Stimmbandlähmung auch an starken Schlafbeschwerden, welche sich negativ auf den allgemeinen Zustand des Betroffenen auswirken können.
Eine Stimmbandlähmung kann meistens relativ gut durch einen HNO-Arzt oder durch einen Allgemeinarzt behandelt werden. Ob es allerdings zu einer vollständigen Heilung kommen kann, kann nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden.
Behandlung & Therapie
Die Stimmbandlähmung erfordert je nach ein- oder beidseitiger Ausprägung unterschiedliche Therapien. Bei einseitiger Recurrensparese hilft ein logopädisches Stimm-Training. Ziel ist es, das erschlaffte Stimmband so zu richten, dass eine Stimmbildung wieder möglich wird. Elektrotherapeutische Maßnahmen stimulieren die Fasern des rückläufigen Kehlkopfnervens. Sind diese Bemühungen nicht erfolgreich, führt der Chirurg eine operative Straffung des Stimmbandes durch.
Eine doppelseitige Recurrensparese erfordert zunächst eine Beseitigung der Atemnot. Die Stimmritze ist oft soweit verschmälert, dass dringend und unverzüglich eine Tracheotomie durchgeführt werden muss. Dabei wird die Luftröhre direkt unterhalb des Kehlkopfes geöffnet, so dass ein künstliches Atemloch entsteht. Dieses „Tracheostoma“ soll später durch eine operative Korrektur der Stimmbänder ersetzt werden. Die Weitung der Stimmritze ist auch durch die Verkleinerung der Stimmbänder mit dem Laser möglich. Oft bleibt jedoch eine gestörte Stimmtonbildung zurück. Dann verspricht das Einsetzen von Implantaten an den Stimmbändern eine Besserung der Situation.
Neben diesen symptomatischen Therapieansätzen muss die Ursache der Nervenschädigung gefunden und möglichst beseitigt werden. Priorität hat dies besonders im Falle von Tumoren und Aortenaneurysmen, aber auch Nervenentzündungen müssen bekämpft werden. Die ernstzunehmenden Ursachen erfordern immer eine ärztliche Behandlung der Stimmbandlähmung.
Vorbeugung
Um der Stimmbandlähmung vorzubeugen sollte vorallem die Schonung der Atemwege ermöglicht werden. Rauchen oder übergreifende Bronchialinfekte können letztlich auch die rückläufigen Kehlkopfnerven beeinträchtigen. Freilich sind andere Ursachen wie das angeborene Aortenaneurysma nur nachträglich korrigierbar und entziehen sich der Vorbeugung einer darauffolgenden Stimmbandlähmung.
Nachsorge
Eine Nachsorge ist erforderlich, wenn die Stimmbandlähmung operativ behandelt wird. Betrifft der Eingriff eine einseitige Stimmbandlähmung, ist eine Belastung der Stimme schon wenige Tage später möglich. Im Normalfall ist eine verbesserte Tragfähigkeit der Stimme zu verzeichnen. Je nachdem, welches OP-Material zur Anwendung kam, reduziert sich der Therapieerfolg einige Wochen oder Monate nach dem Eingriff wieder.
Dies ist besonders dann der Fall, wenn sich das Material von selbst wieder auflöst. Kommt dagegen permanentes Implantationsmaterial zur Anwendung, zeigt sich der Behandlungserfolg an der Stimme bleibend. Findet die Operation bei einer beidseitigen Stimmbandlähmung statt, verspürt der Patient schon kurz nach dem Eingriff eine deutliche Besserung beim Einatmen.
Durch Wundbeläge drohen in den ersten Tagen nach der chirurgischen Behandlung wiederum Verengungen der Atemwege, was eine weitere Operation nötig machen kann. In der Regel ist der Behandlungserfolg nach dem Abheilen der Wunde aber von Dauer. Eine wichtige Rolle nach einer Operation der Stimmbandlähmung spielen die anschließenden Kontrolluntersuchungen. Hat der Patient das Krankenhaus verlassen, vereinbart er kurzfristig Termine mit dem behandelnden Chirurgen. Dabei überprüft der Arzt das Resultat der Behandlung und ob sich die Stimme verbessert hat. Bei einer beidseitigen Stimmbandlähmung sollte auch die Atemkapazität kontrolliert werden.
Das können Sie selbst tun
Bei einer Stimmbandlähmung ist das Bewahren von Ruhe und Souveränität besonders wichtig. Hektik, Stress oder aggressive Energien sind grundsätzlich zu vermeiden. Bei einem ungünstigen Verlauf kann es neben der Störung der Stimmumgebung auch zu einer Atemnot kommen. Daher ist jedwede Aufregung zu unterlassen.
Die Kommunikation sollte auf anderen Wegen mit alternativen Methoden stattfinden. Mit Handzeichen, dem Aufschreiben von Worten oder die Nutzung von modernen digitalen Hilfsmitteln kann im Alltag gut gearbeitet werden. Der Austausch mit anderen Menschen ist dadurch ermöglicht und kann bei Klärungsbedarf jederzeit verwendet werden.
Sofern der Betroffene merkt, dass eine innere Unruhe oder Nervosität entsteht, sollte er ganz bewusst aus der Situation hinausgehen. Langsames Atmen, Hinsetzen oder Hinlegen können dabei helfen, um eine innere Aufgeregtheit zu reduzieren. Alle Bewegungsabläufe sollten verlangsamt stattfinden. Dies trägt erheblich dazu bei, um eine Aufregung oder Hektik entgegenzuwirken.
Auch die körperlichen Bewegungen sollten an die Bedürfnisse des Betroffenen angepasst werden. Bei sportlichen Aktivitäten sind die Grenzen des Organismus zu beachten. Es kann zu einer Zunahme der Beschwerden oder einem lebensbedrohlichen Zustand kommen, wenn der Betroffene sich selbst zu viel abverlangt. Zur Vorbeugung von Husten oder einem Kratzen im Hals können Pastillen oder reizlindernde Produkte wie Bonbons genutzt werden.
Quellen
- Arnold, W.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
- Boenninghaus, H. G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2012
- Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009