Stimmritze
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Stimmritze (Glottis, Rima glottidis) ist der veränderliche Raum zwischen den Stimmlippen (Stimmbändern), mit der die Phonation (Stimmbildung) ermöglicht wird. Das altgriechische Wort Glottis bedeutet im Deutschen Mundstück einer Röhre. Eine Stimmritze setzt sich aus der Pars intermembranacea und der Pars intercartilaginea zusammen.
Die Pars intermembranacea ist der Abschnitt zwischen den Stimmbändern. Dieser macht ungefähr 60 Prozent der Länge einer Glottis aus. Während des stimmhaften Sprechens ist die Pars intermembranacea geöffnet, beim stimmlosen Flüstern dagegen verschlossen. Die Pars intercartilaginea befindet sich zwischen den beiden Processus vocales der Stellknorpel. Dieser Bereich ist bei der Phonation geschlossen und dafür während des Flüsterns geöffnet. Auf diese Weise bildet sich durch die Kontraktion des Musculus cricoarytaenoideus lateralis das sogenannte Flüsterdreieck.
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Was ist die Stimmritze?
Weite und Länge der Stimmritze sind somit die entscheidenden Parameter für Stimmbildung, Sprachlaute und Phonationstypen. Beeinflusst werden sie dabei von der jeweiligen Position der Stellknorpel. Diese können zusammen- sowie auseinandergeführt werden.
Die Weite der Glottis verändert sich entsprechend von einem schmalen Spalt bis zu einem weiten Dreieck. Außerdem vollziehen die Stellknorpel diverse Rotationsbewegungen, die zusätzlich die Weite der Glottis sowie den Spannungsgrad der Stimmlippen regulieren. Das Weiten und Verengen der Stimmritze wiederholen sich zyklisch. Wenn der Luftstrom zunimmt, öffnen sich schließlich allmählich die Stimmlippen und lassen ihn hindurch. Sinkt der Luftdruck wieder ab, gewinnen die Stimmlippen ihre ursprüngliche Form zurück, nehmen auch ihre vorherige Position wieder ein. Diese Vibration der Stimmlippen wird als Bernoulli-Effekt bezeichnet. Das im 18. Jahrhundert u.a. von Daniel Bernoulli entwickelte Gesetz besagt, dass der Druck umso niedriger wird, je schneller die Luft strömt.
Anatomie & Aufbau
Zur Bildung der Stimme kommt es, indem die Glottis ausgeatmete Luft in Schwingungen versetzt. Dabei ist die Frequenz der Luftschwingungen ausschlaggebend für die Tonhöhe. Singt eine Opernsängerin beispielsweise einen extrem hohen Ton, öffnen und schließen sich die Stimmlippen bis zu 1000 Mal pro Sekunde. Ihre Lautstärke bekommt die Stimme mit Hilfe von Resonanzräumen in der Lunge und den Nasennebenhöhlen. Die sogenannte Bruststimme (Brustresonanz) entsteht in diesem Zusammenhang, wenn die Lunge überwiegend den Resonanzraum zur Verfügung stellt. In diesem Fall ist die Stimme vergleichsweise getragen und dunkel. Die Kopfstimme dagegen verdankt ihren hellen und höheren Ton überwiegend der Resonanz in den Nasennebenhöhlen.
Funktion & Aufgaben
Die gegenseitige Positionierung der beiden Stimmlippen zueinander wird durch die Verbindung ihrer hinteren Enden mit den Stellknorpeln ermöglicht. Über den Stimmbändern liegen die sogenannten Taschenfalten. Unter irregulären Bedingungen sind die Taschenfalten an der Stimmbildung beteiligt, weshalb sie auch „falsche Stimmbänder“ genannt werden.
Die Stimme klingt in einem solchen Fall spröde und künstlich gepresst („Taschenfaltenstimme“). Die Stimme kann durch einen kurzzeitigen Verschluss der Glottis unterbrochen werden. Dies hat ein typisches Knacken zur Folge. Ähnliches geschieht durch einen spontanen Verschluss des Kehlkopfes. Fehlentwicklungen der Stimmritze und der Stimmbänder können relativ einfach mit einem Laryngoskop (Kehlkopfspiegel) untersucht werden. Ein Stroboskop, das Lichtblitze aussendet, kann das Schwingungsverhalten der Stimmlippen sichtbar machen. Mit einem Laryngographen schließlich lassen sich sehr gut die Schwingungen der Stimmbänder aufzeichnen.
Krankheiten
Die Stimmbänder können sich nicht mehr in dem erforderlichen Maß auseinanderbewegen. Eine erhebliche Störung der Luftströme ist die Folge. Unter Umständen lässt sich dieser gefährliche Vorfall nur operativ beheben. Die Ursache einer Stimmbandlähmung ist oftmals eine Beschädigung des Nervus recurrens (Nervus laryngeus inferior). Ihr kann beispielsweise eine Schilddrüsenoperation vorangegangen sein, in deren Verlauf dieser Nerv verletzt oder sogar durchschnitten wurde. Auch drohen Lungenkrebs oder andere maligne Tumore in der Hals- und Brustgegend diesen Nerv in schwere Mitleidenschaft zu ziehen.
Die Lähmung kann darüber hinaus entzündliche Ursachen haben. Eine beidseitige Lähmung der Stimmlippen führt bereits im Ruhezustand zu Atemnot. Die Stimme ist oft nur leicht verändert, klingt etwas schwach und brüchig. Beim Einatmen jedoch ist ein rasselndes, keuchendes Geräusch zu hören. Jede kleine Erkrankung im Bereich der Luftwege vergrößert die Atembeschwerden aber sofort und sehr deutlich. Im Gegensatz dazu äußert sich eine einseitige Stimmlippenlähmung in aller Regel nur in leichter Heiserkeit, die aber bei größerer körperlicher Anstrengung auch zu Atemproblemen führt.
Gezieltes Stimmbandtraining vermag bei der einseitigen Lähmung relativ wirksam zur Besserung des Zustandes beizutragen. In leichten Fällen verschwindet die einseitige Stimmlippenlähmung auch von allein wieder. Bei einer notwendigen Operation zur Heilung der beidseitigen Stimmbandlähmung wird ein einem üblichen Verfahren eine der beiden Stimmlippen nach außen gezogen (Laterofixation). So lässt sich der erforderliche Abstand zwischen beiden Stimmbändern wieder herstellen. Auch das Entfernen eines der beiden Stimmbänder führt zum Ziel. Dieser Eingriff muss in jedem Fall unter Vollnarkose durchgeführt werden. Mittels modernder Geräte kann diese Operation auch von innen durch den Mund erfolgen, wodurch aber das Risiko von Komplikationen nur unwesentlich sinkt.
Quellen
- Aumüller, G., et al.: Duale reihe Anatomie. Thieme, Stuttgart 2017
- Lanz, T., Wachsmuth, W.: Praktische Anatomie, Band 3 – Hals. Springer, Berlin 2004
- Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009