Tiefenelektrode

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Tiefenelektrode dient dem operativen Eingriff im Gehirn bei einer Epilepsie-Erkrankung. Mit diesem Verfahren wird ein dünner und biegsamer Stab, an dem sich mehrere Elektroden befinden, vorübergehend in die tiefen Bereiche unterhalb der Hirnrinde implantiert. Er kann genau definierte Bereiche im Kopf eines Patienten elektrisch stimulieren. Auf diese Weise wird es möglich, die Stärke und Häufigkeit epileptischer Anfälle zu reduzieren. Ebenso kann unter bestimmten Umständen die Entfernung betroffener Zellformationen im Gehirn vorbereitet werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Tiefenelektrode?

Die Tiefenelektrode dient dem operativen Eingriff im Gehirn bei einer Epilepsie-Erkrankung.

Die Einpflanzung der Tiefenelektrode in das Gehirn liefert äußerst präzise Informationen über den Ursprungsort der epileptischen Anfälle. Er wird mit einer Genauigkeit von wenigen Millimetern eingegrenzt. Gleichzeitig kann dieses neurochirurgische Verfahren eine detaillierte und sehr sichere Vorhersage über die Intensität und Charakteristik der Gedächtnisleistung nach einer etwaigen Operation treffen.

Somit wird das Risiko minimiert, bei einer Resektion zu viele Nervenzellen im Gehirn zu entfernen. Dies ist vor allem dann von Relevanz, wenn der Herd einer Epilepsie-anfälligen Zone in sehr geringer Entfernung von Gehirnbereichen liegt, die für die Gedächtnisleistung oder sogar die Sprachbildung verantwortlich sind. Selbstverständlich sollten auch alle Risiken abgewogen werden, die zu Störungen im psychischen und physischen Befinden, im Verhalten und in der kognitiven Leistungskraft des Behandelten führen könnten.

Neben der Tiefenelektrode haben in dieser Hinsicht auch sogenannte bildgebende Verfahren, wie zum Beispiel die Magnetresonanztomographie (MRT) und die funktionelle MRT, eine große Bedeutung. Sie geben Aufschluss darüber, ob das sogenannte epileptogene Gebiet (das anfallserzeugende Hirnareal) herdförmig strukturiert ist. Nur in diesem Fall kann es operativ beseitigt werden. Gehen die Anfälle von verstreut liegenden Zellgruppierungen aus, ist ein operativer Eingriff nicht hilfreich. Bei einer herdförmig ausgebildeten Epilepsie kann in sehr dramatischen Fällen eine komplette Hirnhälfte entfernt werden.

Formen, Arten & Typen

Die Chirurgie verfügt für diese Verfahren über hervorragende Möglichkeiten und anerkannte Behandlungsformen, die in hochspezialisierten Einrichtungen angesiedelt sind. Sie kommen grundsätzlich zum Einsatz, wenn die medikamentöse Therapie einer epileptischen Erkrankung nicht zu den erhofften Ergebnissen führt.

Vielen Schätzungen zu Folge ist bei rund 30 Prozent aller Patienten mit fokaler, das heißt herdförmiger Epilepsie, bei ausschließlich medikamentöser Behandlung eine vollkommene Anfallslosigkeit nicht zu erreichen. Dieser Anteil bewegt sich bei nicht operablen Epilepsieformen bei weniger als zehn Prozent. Aus diesen Gründen besteht nur noch sehr selten die Notwendigkeit, eine Tiefenelektrode einzusetzen. Sie hat jedoch den entscheidenden Vorteil, aus sehr tiefen Bereichen des Gehirns ein Elektroenzephalogramm (EEG) ableiten zu können, das eine räumliche Auswertung möglicher Veränderungen zulässt.

Falls tatsächlich ein operativer Eingriff zur Überwindung einer Epilepsie erforderlich ist, kann mittels der Tiefenelektrode eine Abklärung der entsprechenden Risiken für den Patienten erfolgen.

Aufbau & Funktionsweise

Die Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Nervensystems, die auf Veränderungen der Zellstruktur im Gehirn beruht. Diese Veränderungen können sich in epileptischen Anfällen entladen, die mit den typischen Zuckungen am ganzen Körper und der Erstickungsgefahr einhergehen.

Unter medizinischen Gesichtspunkten wird zwischen einem einzelnen epileptischen Anfall und dem nervlich bedingten Krankheitsbild der Epilepsie grundlegend unterschieden. Der epileptische Anfall tritt singulär und in aller Regel sehr selten sowie nur in einem äußerst kleinen Kreis von Patienten auf. Er entsteht durch eine Störung der Nervenzellen im Gehirn, beziehungsweise der elektrischen und chemischen Signale, die sie untereinander aussenden.

Eine sehr große Menge von Nervenzellen entlädt sich dabei gleichzeitig, was einzelne Hirnareale oder das gesamte Gehirn übermäßig reizt. Dieser plötzliche Impuls löst den epileptischen Anfall aus. Ursachen für diese gelegentlichen Vorkommnisse können eine Anomalie im Gehirn, aufgrund von Verletzungen oder Entzündungen, drastische Unterzuckerung, plötzlicher Alkoholentzug, Vergiftungen oder erheblicher Sauerstoffmangel sein.


Medizinischer & gesundheitlicher Nutzen

Zu einer chronischen Epilepsie führt, im Gegensatz zu den Einzelanfällen, eine über längere Zeit entstandene Veränderung im Gehirn des Menschen. In diesem Zusammenhang treten die epileptischen Anfälle wiederholt auf. Es handelt sich dabei um eine Hirnschädigung, die durch Vererbung weitergegeben oder aber neu erworben sein kann.

Von einer fokalen Epilepsie wird gesprochen, wenn die wiederkehrenden Anfälle ihren Herd in einem lokal begrenzten Gebiet des Gehirns haben. Eine sogenannte generalisierte Epilepsie zeichnet dagegen aus, dass die Anfälle in beiden Gehirnhälften entstehen.

Weit häufiger als eine ererbte kommt in der Realität die erworbene (symptomatische) Epilepsie vor. Bei ihr wird das Gehirn oft schon vor oder während der Geburt beeinträchtigt. Entwickelt sie sich in späteren Lebensabschnitten, können ihr Gehirnentzündungen, Kopfverletzungen, Geschwüre und Schlaganfälle zu Grunde liegen.

Die Tiefenelektrode zur Behandlung der chronischen Epilepsie wird nun in verschiedenen Bereichen der Chirurgie zur Anwendung gebracht. Dies kann heilend (kurativ) oder ursächlich (kausal) geschehen. Ein Einsatz der Tiefenelektrode wird schließlich zu der Entscheidung führen, ob das betroffene Zellenareal im Gehirn im resektiven Verfahren beseitigt wird, oder ob ein solcher Eingriff nicht angezeigt ist.

Bei der Resektion wird jene Hirnregion, von der die epileptischen Anfälle ihren Ausgang nehmen, restlos herausgeschnitten. Mit der Tiefenelektrode kann exakt bestimmt werden, ob das richtige Gebiet im Gehirn entfernt wurde. Liegt der epileptogene Herd im Bereich des Schläfenlappens, also nicht in den besonders sensiblen zentralen und tiefen Gehirnbereichen, lässt sich mit der Beseitigung der beschädigten Zellenformation in etwa 60 Prozent dieser Fälle eine vollkommenes Ausbleiben aller epileptischen Anfälle erreichen.

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