Dekubitus (Wundliegen)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Dekubitus, Wundliegen oder Druckgeschwür ist die Zerstörung der Haut und darunter liegender Gewebe. Je tiefer die Wunden sind, umso schwieriger ist die Heilung. Druckentlastung ist die wichtigste Vorbeugung und Therapie des Dekubitus.
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Was ist Dekubitus (Wundliegen)?
Dekubitus (decubare, lateinisch: liegen) nennt der Arzt eine chronische Wunde, die durch mechanische Überbeanspruchung entstanden ist. Je nach Schweregrad unterscheiden die Mediziner 4 Stadien des Dekubitus.
Im Stadium I des Dekubitus zeigt sich auf der Haut eine gerötete Stelle, die oft scharf abgegrenzt ist. Die Rötung verschwindet nicht spontan nach Druckentlastung. Beim Dekubitus II Grades hat sich durch die Ablösung der Oberhaut eine Blase gebildet. Im III Stadium des Dekubitus ist die Ober- und Unterhaut im betroffenen Areal abgestorben (Nekrose).
Auch das Bindegewebe unter der Haut sowie Muskeln können bereits durch entzündliche Prozesse angegriffen sein. Spätestens jetzt sprechen die Ärzte von einem Druckgeschwür. Blank liegende, entzündete Knochenstellen kennzeichnen das IV Stadium des Dekubitus.
Ursachen
Dekubitus entsteht durch andauernden oder regelmäßig auftretenden starken Druck auf die Haut. Dabei ist der äußere Druck größer als der Blutdruck in den feinsten Blutgefäßen (Kapillaren), womit die Durchblutung unterbunden ist. Die Unterversorgung der Haut mit Sauerstoff und Nährstoffen lässt sie absterben und es treten Entzündungen am toten Gewebe auf.
Diese Infizierung mit Erregern greift auf noch gesundes Gewebe über und führt zu geschwürartigen tiefen Löchern. Weil zu starker Außendruck die Ursache für den Dekubitus ist, sind in den meisten Fällen bettlägerige Patienten betroffen.
Doch auch übergewichtige Menschen mit sitzenden Tätigkeiten oder Behinderte im Rollstuhl sind Risikogruppen. Lokalisiert ist der Dekubitus an exponierten Körperstellen, an denen der Knochen wenig mit Bindegewebe oder Muskeln abgepolstert ist. Kreuzbein, Hüfte, Schultern, Fersen und Ellenbogen sind daher die häufigsten Areale des Dekubitus.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Symptome eines Dekubitus zeigen sich an Veränderungen des Hautbildes. Der Krankheitsverlauf wird in vier Stadien unterschieden, die teils von großen Schmerzen begleitet werden.
Grad 1: Das erste Anzeichen für einen Dekubitus ist eine Hautrötung, die auch bei Druckentlastung bestehen bleibt. Drückt man mit dem Finger auf die gerötete Stelle und sie verfärbt sich nicht weißlich, sondern bleibt gerötet, hat das Wundliegen den ersten Grad erreicht. Zudem kann an der betroffenen Hautstelle eine leichte Schwellung oder Verhärtung und Wärme fühlbar sein.
Grad 2: Schreitet die Entwicklung des Druckgeschwürs voran, dringt es nach und nach tiefer in die Haut ein. Der Dekubitus zweiten Grades ist als flaches Geschwür erkennbar. An der betroffenen Stelle bilden sich Abschürfungen oder Blasen. Noch ist die Schädigung im Oberflächenbereich der Haut, nämlich in der Epidermis (Oberhaut) und Teilen der Dermis (Lederhaut), zu erkennen.
Grad 3: Der Dekubitus zieht sich bis in die Unterhaut und auch das darunter liegende Gewebe wird unwiederbringlich in Mitleidenschaft gezogen. In diesem Stadium liegt eine offene tiefe Wunde vor. Kommt es zu einem Keimbefall, treten zudem faulige Gerüche auf.
Grad 4: Das Druckgeschwür reicht bis zu den Muskeln, Knochen und Sehnen. Auch dieses Gewebe wird mit zerstört. Die Betroffenen leiden unter enormen Schmerzen.
Diagnose & Verlauf
Dekubitus diagnostizieren ist in erster Linie eine Sache der Beobachtung. Eine Sichtkontrolle sollte sich auf die besonders gefährdeten Körperstellen konzentrieren. So kann auch ein Laie den Dekubitus bereits im Anfangsstadium anhand roter Hautflecken erkennen. Schon ein Dekubitus II Grades ist so augenfällig, dass ihn niemand übersehen kann.
Freilich wird der Arzt einen Abstrich von der Wunde nehmen, um die richtige Behandlung einzuleiten. Die Frage nach den beteiligten Erregern spielt für die gewählten Mittel eine entscheidende Rolle. Bei einem sehr tief gehenden Druckgeschwür kann eine Röntgenaufnahme sinnvoll sein, um das genaue Ausmaß der Gewebsschädigung abzuschätzen. Die Heilung eines Dekubitus ist meistens ein sehr langwieriger Vorgang, weil es sich um einen entzündlichen und nekrotischen Prozess handelt.
Besonders gravierend ist die Tendenz des Dekubitus, sich immer tiefer zu fressen. Die offene, bakteriell infizierte Körperstelle bedeutet immer auch die Gefahr einer übergreifenden Infektion. So ist eine Blutvergiftung durch Dekubitus ein stets einzukalkulierendes Risiko. Auch Knochenmarkentzündungen können durch den Dekubitus entstehen, sogar die Erreger der Lungenentzündung bahnen sich den Weg über das klaffende Druckgeschwür.
Schließlich führen Schmerzen sowie die Kenntnis einer offenen und tiefen Wunde auch zu psychischen Störungen. So sind oft Depressionen und Teilnahmslosigkeit ebenfalls die Folge eines Dekubitus.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Ein Dekubitus stellt eine ernst zu nehmende Wunde dar, die fachgerecht versorgt werden muss. Grundlage aller Dinge ist, einen Dekubitus durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. Ist trotzdem ein Druckgeschwür entstanden, muss als Minimum eine Pflegefachkraft hinzugezogen werden.
Es ist für pflegende Angehörige ohne Anleitung des Arztes nicht angeraten, bei einem Dekubitus selbst tätig zu werden. Ein Druckgeschwür erfordert immer eine fachgerechte Behandlung. Zugleich sind noch vor dem Abheilen des Druckgeschwürs verbesserte Maßnahmen zu installieren, die ein erneutes Wundliegen verhindern. Spezielle Anti-Dekubitus-Matratzen verhindern, dass sich bei bettlägerigen Patienten Druckgeschwüre bilden.
Die Wundversorgung wird nach Art und Schwere des Druckgeschwürs ausgerichtet. Kleine und trockene Druckgeschwüre können locker mit sterilem Verbandsmaterial abgedeckt werden. Nässende Dekubituswunden müssen zunächst mit steriler Kochsalzlösung gereinigt werden. Danach kann ein luftdicht abschließender Hydrokolloidverband angelegt werden. Dieser hält die Wunde feucht. Das nässende Druckgeschwür kann abheilen, ohne mit dem angelegten Pflasterverband zu verkleben.
Bei einem fortgeschrittenen Dekubitus wird abgestorbenes Gewebe zum Problem. Dieses muss ein Arzt unter Beachtung der Sterilität entfernen. Die Wundreinigung ist aufwendig. Sie wird in mehreren Phasen vorgenommen. Es ist notwendig, regelmäßige Wundabstriche vorzunehmen, um eine Infektion auszuschließen. Gegebenenfalls ist eine Behandlung mit Antibiotika unumgänglich. Besonders tief reichende Dekubitusverletzungen erfordern einen Krankenhausaufenthalt und eine chirurgische Intervention.
Behandlung & Therapie
Wundliegen zu behandeln bedeutet zu aller erst Druckentlastung. Ein bettlägeriger Patient darf nicht nur auf dem Rücken liegen, sondern muss alle 2 Stunden umgelagert werden und zwar rund um die Uhr. Das erfolgt nach einem festgelegten Plan, der so ausgerichtet ist, dass der Patient nicht zu oft auf einer Körperseite zu liegen kommt.
Die Pflegenden nutzen Lagerungshilfen in Form anatomisch angepasster Kissen, um dem Kranken den nötigen Halt im Bett zu geben. Spezielle Dekubitus-Matratzen passen sich plastisch der Körperform an und verteilen den Druck durch Aufliegen gleichmäßiger.
Besonders effektiv wirken Wasserbetten auf die gleiche Weise gegen den Dekubitus, ebenso wie Wasserkissen, die unter dem Laken eingezogen werden können. Die Wundbehandlung beim Dekubitus durch Spülungen mit Kaliumchlorid-Lösung oder Wasserstoffperoxid zielen auf eine Bekämpfung der Infektion ab.
Auch Zubereitungen in Pulverform wie Silbernitrat wirken der Entzündung entgegen. Abgestorbene Gewebsteile beseitigt der Arzt chirurgisch und entfernt damit auch einen Großteil der beteiligten Bakterien. Bei einem allgemeinen Übergreifen der Entzündung ist eine orale Gabe von Antibiotika eine unablässige Therapie beim Dekubitus.
Aussicht & Prognose
Die Abheilung des Dekubitus hängt von verschiedenen Einflussfaktoren ab. Das Stadium der wunden Stellen sowie die vorliegende Grunderkrankung und das Alter des Patienten sind die wichtigsten Kriterien bei der Diagnosestellung. Je eher ein Dekubitus erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Heilungsaussichten. Besteht die Möglichkeit, dass die Grunderkrankung des Patienten heilt, ist er auf eine Bettlägerigkeit nicht mehr angewiesen. In diesen Fällen heilen die wunden Stellen meist innerhalb weniger Wochen vollständig aus.
Ist der Betroffene an eine Bettlägerigkeit oder das Sitzen im Rollstuhl gebunden, verschlechtert sich die Prognose. Eine Heilung ist dennoch möglich. Gleichzeitig steigt jedoch das Risiko, nach einer Genesung erneut an der Dekubitus zu erkranken. Eine schlechte Wundheilung führt ohne eine Behandlung in den meisten Fällen zu einer weiteren Verschlechterung der Gesundheit.
Bei einem ungünstigen Verlauf setzen Folgeerkrankungen ein, die zu langfristigen Behandlungen oder dauerhaften Schäden führen. Dringen Keime in die Wunden ein, besteht die Gefahr einer Blutvergiftung. Unter schlechten Voraussetzungen droht das frühzeitige Ableben des Patienten.
Menschen in einem höheren Lebensalter verfügen naturgemäß über eine schwächere Wundheilung. Unter Umständen kommt es dazu, dass trotz einer medizinischen Versorgung keine Heilung des Dekubitus eintritt. Diese Patienten erleben einen chronischen Verlauf der Erkrankung.
Vorbeugung
Dekubitus durch Druckentlastung vorzubeugen ist in der modernen Pflege längst Standard geworden. Neben Umlagerungen des Bettlägerigen und Lagerungshilfen sind Maßnahmen der Hautpflege ein wichtiger Punkt. Spezielle Öle und Emulsionen unterstützen die Gesunderhaltung der Haut, durchblutungsfördernde Mittel wie Franzbranntwein sollten täglich angewendet werden. Wenn möglich sollten die Pflegenden den Patienten schrittweise mobilisieren. Schließlich sind diese Maßnahmen der aktivierenden Pflege nicht nur eine Vorbeugung des Dekubitus.
Nachsorge
Nach Abheilen eines Dekubitus sollte eine ausreichende Nachsorge der betroffenen Stelle erfolgen. In Absprache mit den behandelnden Ärzten sollten hier pflegende Cremes, Hygienemaßnahmen und Versorgung des Wund- oder Narbengebiets angewandt werden. Außerdem sollte, sowohl zur Nachsorge, als auch zum Schutz vor weiteren Dekubiti, auf eine Schonung der Haut und der umliegenden Weichteile geachtet werden. Dies gilt vor allem für Stellen, die mechanisch besonders belastet werden.
So sollten zum Beispiel keine zu engen Schuhe getragen werden und zu langes Liegen in einer Position sollte, wenn möglich, vermieden werden. Hier können beispielsweise polsternde Kissen unter die Fersen gelegt werden. Bei chronisch bettlägerigen Patienten empfiehlt es sich, mehrmals am Tag die Liegeposition zu wechseln und diese ebenfalls mit weichen Decken oder Kissen zu unterstützen.
Ebenfalls sinnvoll ist hier die ärztliche Verordnung einer Dekubitusmatratze, die sich elektrisch aufbläst um den Auflagedruck zu vermindern. Zur Vorbeugung sollten bestehende Erkrankungen wie ein Diabetes oder Durchblutungsstörungen medikamentös eingestellt und kontrolliert werden.
Dies ist ebenfalls wichtig, wenn Patienten unter noch nicht vollständig abgeheilten Dekubitusstellen neigen, da durch Grunderkrankungen Wundheilungsstörungen und bakterielle Infektionen begünstigt werden. Wenn individuell möglich, sollte vor allem bei übergewichtigen Patienten eine Gewichtsreduktion angestrebt werden. Ebenfalls ist auf eine ausreichende Trinkmenge zu achten.
Das können Sie selbst tun
Die Maßnahmen, die Betroffene eines Dekubitus selbst treffen können, um eine entsprechende Wunde zu versorgen oder gar zu verhindern, richten sich nach dem Grad ihrer vorhandenen Mobilität und ihrer Fähigkeit, die betroffenen Körperstellen richtig wahrzunehmen.
An erster Stelle steht für Betroffene die Kommunikation mit Angehörigen oder Pflegekräften. Auch bei Verdacht auf einen Dekubitus oder einer gefühlten Irritation an einer nicht zugänglichen Körperstelle, sollte dringend auf eine Kontrolle gedrängt werden.
Auch Hygienemaßnahmen sind relevant und durchzusetzen. Gerade nach dem Stuhlgang oder dem Urinieren müssen betroffene Körperpartien gewaschen werden. Andernfalls steigt das Dekubitusrisiko oder eine bereits vorhandene Wunde wird weiter gereizt.
Die Ernährung sollte vitamin- und mineralienhaltig sein, um die Haut zu stärken. Genügend Flüssigkeit ist ebenfalls empfehlenswert. Massagen von wenig bewegten oder anderweitig gefährdeten Körperstellen helfen ebenfalls. Hier eignen sich als Massageöle vor allem Substanzen, die die Durchblutung anregen. Rosmarin oder Pfefferminze kommen hier in Betracht.
Bei bereits betroffenen Stellen ist es wichtig, dass beim Lagern keine Druckpunkte entstehen. Schläuche, Falten aus Kleidung oder Bettwäsche und ähnliches müssen entfernt bzw. vermieden werden. Auch zu enge Kleidung sollte gemieden werden.
Für die Wundpflege eignen sich Ringelblumensalben unterstützend. Die Möglichkeiten zur Selbsthilfe sind allerdings sehr stark vom sonstigen Krankheitsbild abhängig. Betroffene, die sehr eingeschränkt mobil sind, sollten keine Scheu vor der Kommunikation bezüglich Hygiene und anderen Maßnahmen haben.
Quellen
- Grüne, S., Schölmerich, J.: Anamnese, Untersuchung, Diagnose. Springer, Heidelberg 2007
- I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
- Netter, F.H. et. al.: NETTERs Allgemeinmedizin. Thieme, Stuttgart 2006