Ammonshorn

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Ammonshorn ist ein Teil des Gehirns. Es befindet sich im Hippocampus und ist verortet in der dortigen eingerollten Rindenstruktur. Es hat eine wichtige Aufgabe im Lernprozess.

Inhaltsverzeichnis

= Was ist das Ammonshorn?

Das Ammonshorn hat eine wichtige Aufgabe bei der Gedächtniskonsolidierung. Dabei handelt es sich um das Lernen oder Lernvorgänge.
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Das Ammonshorn wird medizinisch als Cornu ammonis bezeichnet. In einigen Quellen wird er auch als Hippocampus proprius betitelt. Das Ammonshorn bildet einen Teil der inneren Struktur des Hippocampus. Dieser befindet sich zum größten Teil im inneren Rand des Temporallappens.

Dieser Bereich wird auch als Schläfenlappen bezeichnet. Der Hippocampus ist für das Lernen, die Emotionen und die Gedächtnisbildung zuständig. Er wird als Teil des limbischen Systems gesehen. Das Ammonshorn trägt einen wesentlichen Teil zum Lernprozess bei. Er bildet die Grundlage für die Bildung von Langzeiterinnerungen.

Im Hippocampus befindet sich der Archikortex. Dieser ist dreischichtig und gilt als Hippocampusformation. Die drei Schichten werden unterschieden in den Gyrus dentatus, das Ammonshorn und das Subiculum. Der Gyrus dentatus ist das wichtigste afferente System im Hippocampus. Das Subiculum bildet einen Großteil des efferenten Systems des Hippocampus. Daher fließen die meisten Informationen im Hippocampus durch den Gyrus dentatus sowie dem Subiculum. Das Ammonshorn kann aufgrund der unterschiedlichen Gewebestruktur in vier Regionen unterscheiden. Diese werden CA1, CA2, CA3 sowie CA4 genannt.

Anatomie & Aufbau

Der Hippocampus ist auf der Innenseite der Schläfenlappen lokalisiert. Es hat optisch die Form des Körpers eines Seepferdchens ohne den Kopf. Sobald im unteren Teil des Schwanzes ein Frontalschnitt durchgeführt wird, werden die drei Schichten, der Gyrus dentatus, das Ammonshorn und das Subiculum sichtbar.

In diesem Bereich hat das Gewebe eine sehr charakteristische Struktur. Sie wird als eingerollte Rindenstruktur bezeichnet. Diese mikroskopische Archikortexstruktur ist in drei Schichten unterteilt. Der Bereich des Ammonshorns wird in verschiedene Felder zytoarchitektonischer Struktur unterteilt. Dies sind vier Sektoren, die CA1-CA4 benannt werden. Das Feld CA1 enthält sehr viele kleine Pyramidenzellen. Im Feld CA2 befinden sich besonders große Pyramidenzellen.

Diese sind dicht gepackt sind. Die gleichen großen Zellen befinden sich auch im Feld CA3. Hier sind sie jedoch locker angeordnet. Im Feld CA4 sind die Abstände zwischen den Zellen noch größer. Die zellreiche Schicht wird als Stratum pyramidale bezeichnet. Die Dendriten der Pyramidenzellen strahlen in das Stratum radiatum ein. Von dort gelangen sie weiter in das Stratum lacunosum und das Stratum moleculare.

Funktion & Aufgaben

Das Ammonshorn hat eine wichtige Aufgabe bei der Gedächtniskonsolidierung. Dabei handelt es sich um das Lernen oder Lernvorgänge. Damit ist der Prozess gemeint, der die Informationen vom Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis überführt. Dieser nimmt ein Zeitfenster von einigen Tagen bis Monaten in Anspruch. Erst dann sind die Erinnerungen auch dauerhaft im Gedächtnis gespeichert.

In dem Ammonshorn findet die so genannte Langzeitpotenzierung statt. Diese dient als Grundlage aller Lern- und Gedächtnisprozesse. Das gilt hauptsächlich für die langfristigen Erinnerungen und die Wissensbildung im deklarativen Gedächtnis. Hier werden Informationen wie Fakten und Ereignisse gespeichert. Dazu zählen ebenso sachliche Zusammenhänge wie auch räumliche Gegebenheiten. Darüber hinaus ist das Ammonshorn auch an der Bildung des impliziten Gedächtnisses beteiligt. Zu diesen Gedächtnisinhalten gehören Handlungsabläufe, Gewohnheiten, das motorische Lernen sowie das emotionale Lernen.

Die Pyramidenzellen im Ammonshorn sind verantwortlich für die Langzeitpotenzierung. Diese funktioniert nur, wenn die potenzierenden Impulse mit ausreichend hoher Geschwindigkeit einlaufen. Ansonsten sind die Informationen nach kurzer Zeit erloschen. Damit verantwortet das Ammonshorn die Voraussetzung wie auch die Bildung der Gedächtnisinhalte. Wie oben beschrieben, wird das Ammonshorn in vier Felder eingeteilt. Die Bereiche CA1-CA3 spielen bei der operanten Konditionierung eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich um das Erlernen von bestimmten Reiz-Reaktions-Mustern.


Krankheiten

Die Pyramidenzellen des Ammonshorns sind besonders anfällig für Schäden durch Alkoholmissbrauch. Der regelmäßige Konsum von Alkohol führt nach einer mehreren Jahren zu einer Suchterkrankung. Diese kann in schlimmen Fällen zu einer Wernicke-Enzephalopathie oder dem Korsakow-Syndrom führen.

Als Folge des Alkoholmissbrauchs findet beim Patienten Konfabulation statt. Erkrankte können hierbei nicht mehr auf ihre eigenen Erinnerungen zurückgreifen. Aus diesem Grund denken sie sich Antworten auf Fragen oder ganze Geschichten aus. Ihre Ausführungen halten sie für wahr und logisch. Dennoch handelt es sich um eine Produktion objektiv falscher Aussagen oder Erzählungen. Patienten mit den beschriebenen Erkrankungen ist es nicht möglich, das Fehlen der Erinnerungen zuzugeben. Die Konfabulation findet als Folge der Erkrankung statt.

Die Störung des Gedächtnisses wird grundsätzlich als Amnesie bezeichnet. Dabei sind die anterograde und die retrograde Amnesie voneinander zu unterscheiden. Die anterogerade Amnesie hat zur Folge, dass keine neue Gedächtnisbildung ermöglicht wird. Bei der retrograden Amnesie sind die Gedächtnisinhalte nicht mehr verfügbar, die vor einer Gehirnschädigung entstanden sind. Sie sind teilweise oder vollständig gelöscht.

Das Ammonshorn spielt bei der Bildung von Gedächtnisinhalten eine wesentliche Rolle. Beeinträchtigungen seiner Funktionsfähigkeit führen insbesondere zu Problemen bei der Langzeitgedächtnisbildung.

Eine Läsion des Hippocampus in Folge von Durchblutungsstörungen oder durch Gehirnentzündungen führen zusätzlich zu dem Verlust der Merkfähigkeit zu völliger zeitlicher sowie örtlicher Desorientierung. Defekte des Hippocampus haben über die bestimmten Formen der Gedächtnisstörungen hinaus auch eine Relevanz bei Erkrankungen wie Epilepsie. Die Ammonshornsklerose gilt als der häufigste neuropathologische Befund bei einer Temporallappenepilepsie. Dies ist eine besondere Form der Epilepsie.

Quellen

  • Aumüller, G., et al.: Duale reihe Anatomie. Thieme, Stuttgart 2017
  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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