Amnesie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Amnesie ist keine autonome Krankheit, sondern vielmehr das Symptom einer äußeren oder inneren Einwirkung auf das Gehirn. Dieses ist daraufhin nicht mehr fähig, neue Erinnerungen zu speichern oder vorhandene abzurufen. Die verschiedenen Arten unterscheiden sich nach Typ des Verlusts und Art der Einflussnahme, sind jedoch nicht zwingend bedrohlich für Betroffene.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Amnesie?

Amnesie ist eher das Symptom einer äußeren oder inneren Einwirkung auf das Gehirn. Dieses ist daraufhin nicht mehr fähig, neue Erinnerungen zu speichern oder vorhandene abzurufen.

Gedächtnisteile, die Handlungsabläufe speichern, sind in der Regel nicht von der Amnesie betroffen. Daher sind Patienten meist noch imstande, Auto zu fahren oder sich die Schuhe zu binden. Es werden mehrere Formen unterschieden, auch wenn sich einzelne Krankheitsbilder oftmals überschneiden. Die häufigste Form ist der anterograde Gedächtnisverlust.

Den Leidtragenden gelingt es nicht oder nur bedingt, neue Inhalte aufzufassen und abzuspeichern. Die retrograde Amnesie hingegen löscht sämtliche Erinnerungen aus dem Zeitraum vor der Hirnschädigung. Dieser Zustand kann Sekunden, aber auch Tage, Wochen oder Monate andauern und hängt oft mit einem anterograden Gedächtnisverlust zusammen.

Eine weitere und zugleich die schwerste Form ist die globale Gedächtnisstörung. Betroffene sind unfähig neue Inhalte aufzunehmen. Gleichzeitig können sie nicht auf Erinnerungen, die Jahre oder Jahrzehnte zurückliegen, zugreifen. Der globale Erinnerungsverlust ist irreversibel und grenzt sich von der transient globalen Amnesie ab. Diese betrifft ebenfalls alle Gedächtnisinhalte, dauert jedoch nur einige Stunden an.

Ursachen

Die Ursachen für Gedächtnisschwund sind vielseitig und nicht immer erkennbar. Es gibt viele Faktoren, die dessen Auftreten auslösen oder begünstigen. Eine Störung des Gehirns kann sich durch Schädel-Hirn-Traumata, epileptische Anfälle, Schlaganfälle, Demenz oder seelische Belastungen entwickeln.

Auch Alkohol-, Drogen-, oder Medikamentenmissbrauch kann den Erinnerungsverlust begünstigen. Ein Hirntrauma führt oft zu einer retrograden Gedächtnisstörung. Hierbei besteht kein Zusammenhang zwischen dem Andauern der Erinnerungslücke und dem Ausmaß der Schädigung. Betroffene des transienten globalen Gedächtnisverlusts leiden oft an psychischen Belastungen oder einer ausgeprägten körperlichen Anstrengung. Bei der psychogenen Amnesie verdrängen Patienten traumatische Erlebnisse.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Abhängig von dem Krankheitsbild zeigen die Patienten unterschiedliche Symptome und Beschwerden. In der Regel sind jedoch die Gedächtnisteile, die für die Abspeicherung von Handlungsabläufen zuständig sind, nicht betroffen. Einmal erlernte Fähigkeiten können weiterhin abgerufen werden. Am häufigsten leiden Patienten an der anterograden Amnesie.

Sie sind nicht mehr oder nur noch bedingt in der Lage, neue Inhalte zu erfassen und abzuspeichern. Patienten mit retrograder Amnesie haben keinerlei Erinnerungen an den Zeitraum vor der Hirnschädigung. Die schwerste Verlaufsform ist die globale und irreversible Amnesie, die sämtliche Erinnerungen löscht. Patienten mit einer psychogenen Amnesie zeigen Beschwerden und Verhaltensweisen, die für Außenstehende nicht immer verständlich sind, da sie traumatische Ereignisse aus dem Gedächtnis verdrängen.

Die verschiedenen Symptome wie Verwirrtheit, Orientierungsstörungen und mehr oder weniger stark ausgeprägte Gedächtnislücken erschweren den Alltag der Patienten maßgeblich. Fehlende Erinnerungen führen zu einem Identitätsverlust und verursachen psychischen und emotionalen Stress. Amnesie verändert das Verhalten, die Handlungsabläufe und Beziehungen der Betroffenen zu anderen Menschen.

Die Unfähigkeit, neue Inhalte zu erfassen und Erinnerungen abzurufen kann zu Leistungsabfall in Schule oder Beruf führen. Da Amnesie auch als Sekundärerkrankung nach einem Schlaganfall oder aufgrund eines Tumors auftreten kann, werden die Erinnerungslücken häufig von den Beschwerden der Grunderkrankung begleitet, was zu weiteren Komplikationen führt.

Diagnose & Verlauf

Für die zuverlässige Diagnostik und Erforschung der Ursachen sind umfangreiche Untersuchungen unerlässlich. In vielen Fällen ist jedoch keine eindeutige Diagnose möglich. Zu Beginn ist ein ausführliches Patientengespräch (Anamnese) unumgänglich. Auch Aussagen von Familie und Freunden sind hilfreich, um die Art des Gedächtnisverlusts zu erkennen.

Weiterhin wird meist ein Test zur Überprüfung von Lang- und Kurzzeitgedächtnis durchgeführt, um zu beurteilen, inwieweit das Gedächtnis beschädigt ist. Um Beeinträchtigungen des Gehirns zu entdecken und Blutungen oder Tumore aufzuspüren, werden Computertomografien oder Kernspintomografien durchgeführt. Ein EEG misst Gehirnströme, um Epilepsie als Ursache auszuschließen. Die Untersuchung des Hirns auf die Blutversorgung anhand der Single-Photon-Emissions-Computertomografie (SPECT) kann Symptome von Alzheimer oder Epilepsie erfassen.

Gedächtnisverlust ist unvorhersehbar und bricht in der Regel ebenso schnell aus, wie er endet. Ausnahmen sind Erkrankungen älterer Menschen wie beispielsweise Demenz. Hier ist es jedoch unmöglich, den Grad des Erinnerungsvermögens exakt zu bestimmen. Betroffene gedenken meist noch Ereignissen aus früher Kindheit und Jugend, während dahinter liegende Zeiten nach und nach verschwinden. Häufig erinnern sich Erkrankte detailreich an Dinge, die sie seit Jahrzehnten vergessen hatten.

So sind ihnen Namen ehemaliger Klassenkameraden geläufig, während sie die ihrer eigenen Kinder vergessen. Ist die Amnesie psychisch bedingt, kann sich das Hirn gelegentlich von den erlittenen Schäden erholen, wodurch Erinnerungen schrittweise zurückkehren.

Komplikationen

Die Folgen einer Amnesie sind weitreichend und können zu verschiedenen Problemen im Alltag und im Berufsleben führen. Zunächst verändert ein Gedächtnisverlust die täglichen Handlungen und die persönlichen Beziehungen, woraus sich langfristig emotionaler Stress und psychische Störungen entwickeln können. In Beruf und Schule kann eine Amnesie zu einem Leistungsabfall und in der Folge zu einer Isolierung des Betroffenen führen.

Mögliche Erinnerungslücken können den Leidensdruck noch erhöhen, etwa dann, wenn die Amnesie in Folge eines Unfalls auftritt oder die vergessenen Erinnerungen für den Betroffenen von emotionaler Wichtigkeit sind. Nicht nur der Gedächtnisverlust selbst, auch die möglichen Ursachen (Tumor, Schlaganfall u.a.) können zu Komplikationen führen, insofern das Grundleiden nicht rechtzeitig oder unsachgemäß behandelt wird.

Amnesie in Folge eines Tumors geht im Verlauf mit weiteren Gedächtnisstörungen einher, die sich je nach betroffener Hirnregion auf den gesamten Körper und die Funktion der Organe auswirken können. Bei der Behandlung einer Amnesie gehen die Risiken von einer gescheiterten Traumatherapie (bei psychologischen Ursachen) und einer schlecht eingestellten Medikation (bei körperlichen und psychologischen Ursachen) aus. Durch die Einnahme bestimmter Arzneimittel kommen zu der Amnesie dann weitere Beschwerden dazu. Dies zeigt sich mitunter an Müdigkeit und Vergesslichkeit, wodurch das Genesung mitunter stark verlangsamt wird.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Beim Verdacht auf eine Amnesie ist es sinnvoll, einen Arzt aufzusuchen, wenn die Probleme andauern oder stark ausgeprägt sind. In der Regel ist es ausreichend, zunächst einen Allgemeinmediziner aufzusuchen. Gedächtnisprobleme können verschiedene Ursachen haben; ein Hausarzt ist in der Lage, eine erste Einschätzung vorzunehmen. Sollte eine spezielle Behandlung erforderlich sein, kann er den Patienten anschließend zu einem entsprechenden Facharzt überweisen. In einigen Städten gibt es spezialisierte Gedächtnisambulanzen, in denen eine ausführliche Testung auf Alzheimer und andere potenzielle Ursachen möglich ist.

Wenn bei Familienmitgliedern relevante Erkrankungen bekannt sind, die mit einer Amnesie einhergehen können, sollten Patienten beim Arztbesuch ausdrücklich darauf hinweisen. Eine bestimmte Form von Alzheimer ist beispielsweise maßgeblich genetisch bedingt und beginnt typischerweise früher als andere Arten von Demenz.

Medikamente kommen ebenfalls als Ursache für die Amnesie in Frage. Treten die Erinnerungsprobleme auf, nachdem ein Arzneimittel neu verschrieben wurde? In diesem Fall sollten sich Patienten an den behandelnden Arzt wenden.

Darüber hinaus sollte ein Arzt aufgesucht werden, wenn die Amnesie in zeitlicher Nähe zu einem Sturz, Unfall, Schlaganfall oder einem ähnlichen Ereignis auftritt. Eine plötzliche schwere Amnesie macht einen Arztbesuch auch dann ratsam, wenn kein direkter Zusammenhang oder Grund erkennbar ist. Wenn sich andere akute Symptome wie Verwirrtheit, Seh- und Hörprobleme, Orientierungsstörungen, Kribbelgefühle, Kurzatmigkeit oder Brustschmerzen ebenfalls zeigen, sollte ein Arzt (ggf. ein Notarzt oder ein Arzt in der Notaufnahme) die Situation beurteilen, um beispielsweise einen Schlaganfall auszuschließen.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung einer Amnesie ist primär von einer zweifelsfreien Diagnose abhängig und der Behandlungserfolg kann stark variieren. Epilepsie-Patienten bleiben bei einer eindeutigen Diagnose und geeigneten Medikamenten manchmal ihr ganzes Leben lang beschwerdefrei.

Krankheiten wie Alterserscheinungen und Demenz hingegen lassen sich bisweilen nur begrenzt oder gar nicht behandeln. In diesen Fällen bewahrt die Behandlung Betroffene in erster Linie vor unnötigen Leiden. Ein Großteil der hierbei eingesetzten Medikamente hat jedoch schwerwiegende Nebenwirkungen, die zu weiteren Beschwerden führen. Im Falle einer psychologisch bedingten Amnesie können Psychologen und Psychiater im Rahmen einer Therapie die Ursachen aufspüren. Hier haben sich tiefenpsychologische und verhaltenstherapeutische Methoden bewährt.

Die Therapieform und gegebenenfalls begleitende medikamentöse Maßnahmen sind von Ärzten und Therapeuten zu bestimmen. Auch Entspannungstechniken wie autogenes Training werden häufig in die Behandlung integriert. Es ist allerdings umstritten, ob eine vollkommene Genesung traumatisierter Patienten immer möglich ist. Die Behandlung von Gedächtnisstörungen ist langwierig und orientiert sich stets an der individuellen Vorgeschichte der Patienten. Nur so bestehen Aussichten auf Behandlungserfolge.

Nachsorge

Eine Amnesie entsteht in den meisten Fällen durch eine starke Gewalteinwirkung auf den Kopf oder durch dramatische Ereignisse. Betroffene Personen klagen über große Gedächtnislücken und einer Unfähigkeit im Merken von Informationen. In der Regel ist eine Amnesie auf eine Grunderkrankung zurückzuführen, die zwingend eine entsprechende Behandlung erfordert.

Nach einer überstandenen Amnesie sollten auf jeden Fall entsprechende Nachuntersuchungen stattfinden. Nur mittels solcher Untersuchungen können Folgeerkrankungen gänzlich ausgeschlossen werden. Verzichtet die betroffene Person auf eine solche Nachsorge, setzt sie sich einer unnötigen Gefahr aus.

Unter Umständen kann es zu einer lebensgefährlichen Gefahr kommen, falls die Amnesie bleibende Schäden hinterlassen hat. Um diese Schäden und eventuellen Erkrankungen zu erkennen, muss eine entsprechende Nachsorge stattfinden. generell sind die Heilungs- und Genesungschancen bei einer Amnesie durchaus positiv.

Allerdings sollte beachtet werden, dass entsprechende Nachsorgeuntersuchungen erfolgen. Nur wenn eine entsprechende Nachsorge stattfindet, ist eine vollständige und zeitnahe Genesung möglich. Findet keine Nachsorge statt, so können unter Umständen bleibende Schäden entstehen, die im Nachhinein nicht mehr behandelt beziehungsweise wiederhergestellt werden können. Sogar mehrere Monate nach der überstandenen Amnesie sollten immer noch Nachsorgeuntersuchungen stattfinden, um jedes Risiko ausschließen zu können.

Aussicht & Prognose

Zunächst sind die Ursachen für die Amnesie von entscheidender Bedeutung, um eine Prognose abzugeben. Eine leichte Verwirrung oder Gedächtnisstörung, zum Beispiel nach einem Sturz, ist in der Regel nicht von Dauer. Ist aber eine Form der Demenz der Grund für den Verlust des Gedächtnisses, kann von einer Verschlechterung der Symptome ausgegangen werden.

Es ist möglich eine Hirnhautentzündung durch Medikamente gut zu behandeln und eine Amnesie kann oftmals rückgängig gemacht werden. Eine Verbesserung der Gedächtnisleistung nach einem Schlaganfall ist je nach Schweregrad wahrscheinlich.

Auch eine retrograde Amnesie kann sich unter Umständen auflösen. Doch meistens bleibt ein Gedächtnisverlust bestehen. Anders sieht es bei einer globalen Amnesie aus. Hier ist der Verlust des Gedächtnisses nicht umkehrbar.

Bei einer globalen Amnesie, die nur vorübergehend (transient) auftritt, kommt das Gedächtnis in den meisten Fällen wieder von alleine und vollständig zurück. Hinweise auf bleibende Störungen liegen hierbei nicht vor. Lediglich können noch einige Tage nach dem Ausfall das Gefühl von gedächtnisbezogenen Einschränkungen und Irritationen auftreten.

Bei psychologischen Ursachen für eine Amnesie, etwa durch die Verdrängung eines Ereignisses, ist die Prognose vom Einzelfall abhängig. Mit Hilfe einer Psychotherapie können bestimmte Gedächtnisinhalte wieder ins Bewusstsein der Patienten gerückt und traumatische Erlebnisse gemeinsam mit dem Therapeuten bearbeitet werden.


Vorbeugung

Das Vermeiden schädlicher Substanzen sowie ein achtsamer und gesunder Lebensstil sind die einzigen Möglichkeiten, einer Hirnschädigung durch äußere Einwirkungen vorzubeugen. Eine angemessene Forderung von Körper und Geist durch Gedächtnistraining, Bewegung und Entspannungsmethoden hilft dem Gehirn auf die Sprünge. Für Amnesie-Patienten ist es förderlich, an bekannte Dinge anzuknüpfen und sich mit Vertrautem zu umgeben.

Das können Sie selbst tun

Dank des Fortschritts in der Medizin erreichen immer mehr Menschen ein beachtliches Lebensalter. Und um stets eine gute Lebensqualität zu gewährleisten, spielen die körperliche und die geistige Fitness eine Rolle. Für die letztere kann jeder Mensch selbst etwas tun. Das Gehirn, seine Konzentrationsleistung und Gedächtnisfähigkeit, kann u. a. durch sinnvolle Ernährung auf einem hohen Funktionslevel gehalten werden. Die Omega3-Fettsäure DHA spielt dabei eine besonders wichtige Rolle. Diese ist in Kaltwasserfischen enthalten. Neue Studienergebnisse haben gezeigt, dass besonders ältere Menschen regelmäßig Fisch essen sollten. Dies senkt das Demenzrisiko um fast die Hälfte.

Das Gehirn speichert nicht alle Wahrnehmungen. Somit sind gelegentliche Gedächtnislücken nicht besorgniserregend. Um zunehmendem Gedächtnisverlust vorzubeugen, können die Betroffenen die Gehirnleistung trainieren. Es gibt verschiedene Übungen, die helfen individuelle Merksysteme zu entwickeln. Eine ist, Inhalte mit Bildern zu verknüpfen. Diese Methode lässt sich jederzeit anwenden. Ein Spaziergang hilft beispielsweise dabei, die Namen diverser Frühlingsblumen dauerhaft zu lernen. Das Aufschreiben alltäglicher Sachverhalte unterstützt den Erinnerungsprozess ebenfalls.

Generell ist jede Form der Geselligkeit immer ein gutes Mittel gegen Amnesie. Schon Gespräche mit Freunden können helfen, denn sie trainieren die Konzentrationsfähigkeit. Neben der ausgewogenen Ernährung ist regelmäßige Bewegung ein wichtiger Faktor. Auch Musik und Tanz können dabei helfen, die Merkfähigkeit zu steigern.

Quellen

  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Leuwer, M., et al.: Checkliste Intensivmedizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mumenthaler, M., Mattle, H.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012

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