Dünndarmatresie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter einer Dünndarmatresie wird eine Entwicklungsstörung des Dünndarms verstanden. Dabei sind das Lumen von Leerdarm oder Krummdarm nicht durchgängig.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Dünndarmatresie?

Bemerkbar macht sich eine Dünndarmatresie meist erst nach der Geburt. Dabei leiden die betroffenen Kinder unter einem Darmverschluss (Ileus).
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Bei der Dünndarmatresie handelt es sich um eine Erkrankung des Dünndarms (Intestinum tenue), die bereits angeboren ist. Der Dünndarm setzt sich aus dem Krummdarm (Ileum) sowie dem Leerdarm (Jejunum) zusammen und ist nicht durchgängig. Grund für eine Dünndarmatresie sind das sackartige Vorwölben einer Membran in den Darm oder eine sogenannte echte Atresie, bei der ein Anteil des Darms fehlt.

Die Häufigkeit der Dünndarmatresie wird auf 1,3:10.000 geschätzt. Die Medizin teilt die Atresie des Dünndarms in mehrere Formen ein. Bei Typ I liegt eine Vorwölbung der Membran vor. Von Typ II ist die Rede, wenn blinde Enden bestehen, deren Verbindung durch ein bindegewebiges Band erfolgt. Im Falle von Typ IIIa verfügen die blinden Enden nicht über eine Verbindung. Typ IIIb trägt auch die Bezeichnung Apple-Peel-Deformität. Von Typ IV sprechen Mediziner, wenn mehrere Atresien hintereinander bestehen.

Ursachen

Verursacht wird eine Atresie des Dünndarms zumeist intrauterin aufgrund eines sogenannten Gefäßzwischenfalls. Grund dafür ist oftmals ein kleines Blutgerinnsel, wodurch ein Teilbereich des Dünndarms nicht mehr ausreichend Blut erhält. Bei älteren Kindern oder erwachsenen Menschen käme es dadurch zu einem Darminfarkt, der als medizinischer Notfall eingestuft wird.

Bei ungeborenen Kindern nimmt dieser Vorgang jedoch einen intrauterinen Verlauf. Das bedeutet, dass die Mutter des Kindes ihn überhaupt nicht bemerkt. Aus diesem Grund ist es nicht immer leicht, die Dünndarmatresie vor der Geburt festzustellen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bemerkbar macht sich eine Dünndarmatresie meist erst nach der Geburt. Dabei leiden die betroffenen Kinder unter einem Darmverschluss (Ileus). Zu Beginn der Erkrankung erwecken die Babys noch einen gesunden Eindruck. Weil sich die Nahrung innerhalb des Darms jedoch nicht weiterleiten lässt, kommt es zu einem meist galligen Erbrechen.

Aufgrund der bereits angeborenen Unterbrechung der Darmkontinuität staut sich der Inhalt des Darms auf. Von der Höhe der Unterbrechung hängt es ab, wie weit sich der Bauch des Säuglings aufbläht. Es erfolgt nur eine geringe oder sogar überhaupt keine Absetzung von Mekonium (Neugeborenenstuhl).

Je nachdem wie ausgeprägt der Defekt des Darms ist, führt er früher oder später zu Erbrechen. In manchen Fällen nimmt das Erbrochene eine stuhlige Konsistenz an. Findet die Diagnose der Dünndarmatresie zu spät statt, droht eine Perforation (Durchbohrung) des Dünndarms, was wiederum eine schwere Entzündung im Bauchraum zur Folge hat.

Diagnose & Verlauf

Eine Atresie des Dünndarms stellt einen medizinischen Notfall dar und bedarf einer umgehenden ärztlichen Untersuchung und Behandlung. Besteht Verdacht auf eine Dünndarmatresie, kann schon vor der Geburt eine Ultraschalluntersuchung stattfinden. Dies ist dann der Fall, wenn sich erweiterte Darmschlingen konstant darstellen lassen.

Außerdem ist es möglich, dass eine überdurchschnittlich große Menge an Fruchtwasser (Hydramnion) vorliegt, die als Hinweis auf eine Dünndarmatresie gilt. Im Anschluss an die Geburt ist der Nahrungsaufbau schwierig und die betroffenen Babys leiden unter galligem Erbrechen. Je höher die Stenose (Engstelle) angesiedelt ist, umso früher setzt das Erbrechen ein.

Bei einer tiefen Stenose kann der Arzt die Atresie an einem ausladenden Bauch erkennen. Besteht der Verdacht auf eine Atresie des Dünndarms nach der Geburt des Kindes, findet eine Röntgenuntersuchung des Bauchraums statt. Dabei kann mitunter eine Kontrastmittelaufnahme erforderlich sein.

Für den Verlauf der Dünndarmatresie ist eine rasche Behandlung von Wichtigkeit. Diese erfolgt stets in Form eines operativen Eingriffs. Findet die Therapie zur rechten Zeit statt, gilt die Prognose als positiv. In der Regel dauert es nach der Operation noch einige Tage, bis sich die Tätigkeit des Darms wieder normalisiert.

Komplikationen

Durch die Dünndarmatresie kann es im schlimmsten Falle zum sogenannten Darmverschluss kommen. Dieser stellt für den menschlichen Körper einen sehr gefährlichen Zustand dar und muss auf jeden Fall vermieden werden. Oft tritt auch Erbrechen auf, wobei der Betroffene nicht selten Galle erbricht. Auch der Bauch des Patienten fühlt sich aufgebläht auf und es besteht kein Appetit mehr.

Durch den Darmdurchbruch kann es zu schwerwiegenden Entzündungen und Infektionen im Bauch kommen, welche zu schweren Komplikationen führen können. Ohne Behandlung kann die Dünndarmatresie damit sogar zum Tode führen. Die Behandlung erfolgt in den meisten Fällen symptomatisch. Es ist allerdings nicht in allen Fällen möglich, die Folgen und Beschwerden der Dünndarmatresie zu behandeln.

Nicht selten ist der Patient dann auf einen künstlichen Darmausgang angewiesen, wodurch die Lebensqualität extrem verringert wird. Die Operation selbst erfolgt meistens ohne Komplikationen. Allerdings wird für den Betroffenen der Alltag durch die Dünndarmatresie erschwert.

Auch sportliche und körperliche Betätigungen können meistens nicht mehr aufgenommen werden. Die Lebenserwartung wird nicht beeinträchtigt, wenn eine frühzeitige Behandlung durchgeführt wird. In den meisten Fällen können sich Kinder von der Krankheit schnell erholen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine Dünndarmatresie stellt einen medizinischen Notfall dar und muss umgehend abgeklärt und behandelt werden. Die Erkrankung wird meist unmittelbar nach der Geburt festgestellt und direkt vor Ort behandelt. Gelegentlich kann eine Atresie des Dünndarms bereits vor der Geburt festgestellt werden. Der zuständige Arzt wird die Eltern des betroffenen Kindes über die Entwicklungsstörung informieren und die nachgeburtliche Operation vorbereiten. Eine schwach ausgeprägte Dünndarmatresie wird dagegen oft erst nach Verlassen der Klinik erkannt.

Bei Komplikationen wie Erbrechen oder Darmverschluss sollten die Eltern schleunigst die nächstgelegene Klinik aufsuchen. Bei einem Darmdurchbruch ist ein Notarzt zu alarmieren. Bleibt die Dünndarmatresie unbehandelt, kann sie zum Tode führen.

Deshalb sollte bereits bei ersten Anzeichen einer Atresie des Dünndarms ärztlicher Rat eingeholt werden. Nach dem chirurgischen Eingriff, bei dem der Dünndarm korrigiert wird, sind weitere Kontrollbesuche angezeigt. Welche Maßnahmen im Detail sinnvoll sind, hängt von den individuellen Beschwerden ab und sollte immer mit dem zuständigen Arzt besprochen werden.

Behandlung & Therapie

Zur erfolgreichen Behandlung einer Dünndarmatresie ist ein chirurgischer Eingriff nicht zu vermeiden. Aufgrund der unterschiedlichen Erweiterungsformen des Darms muss der Arzt vor der Operation entscheiden, ob er nach der Entfernung der Engstelle die beiden verbliebenen Darmenden sofort miteinander vernäht oder zunächst einen künstlichen Darmausgang anlegt. Dies kann zum Beispiel nötig sein, wenn die Durchmesser zwischen den Darmabschnitten eine zu große Differenz aufweisen.

Der künstliche Darmausgang wird als protektives Stroma bezeichnet und nimmt eine schützende Funktion ein. In der Regel kommt es etwa drei bis vier Monate nach der Operation wieder zu seiner Rückverlegung. Erster Schritt der Operation ist das Eröffnen des Bauchraums.

Anschließend überprüft der Chirurg den Darm sorgfältig, um eventuelle weitere Anomalien zu entdecken und sie zu behandeln, falls dies nötig sein sollte. In den meisten Fällen besteht eine ausgeprägte Erweiterung des oberen Darmanteils. Dagegen ist der noch ungenutzte untere Anteil meist verkümmert und verfügt nur über ein geringes Darmlumen.

Um beide Anteile miteinander zu verbinden, muss eine schräge Anastomosetechnik vorgenommen werden. Bei den meisten Operationen wird ein offener Eingriff durchgeführt. Das heißt, dass ein Bauchschnitt stattfindet. So lässt sich eine minimal-invasive Behandlung bei einer Atresie des Leerdarms nicht vornehmen.

Im Anschluss an die Operation erfolgt eine intensivmedizinische Überwachung des Babys. Als Nahrungszufuhr wird die Muttermilch empfohlen, deren Menge sich behutsam steigert. Bis der Darmtrakt seine vollständige Funktionstüchtigkeit erreicht, kann es einige Zeit dauern. In den meisten Fällen erholen sich die Kinder jedoch rasch wieder.

Aussicht & Prognose

Ohne eine medizinische Versorgung hat das Baby eine schlechte Prognose. Mit einer Dünndarmatresie ist ein chirurgischer Eingriff unerlässlich, da es sonst zu einem Darmverschluss kommt. Dieser kann zu einem Darmdurchbruch und damit zu einem lebensgefährlichen Zustand führen.

Eine deutlich bessere Prognose besteht bei Neugeborenen, die einer sofortigen Behandlung unterzogen werden. In einer Operation wird eine Korrektur der angeborenen Fehlbildung vorgenommen. Ärzte legen dabei zusätzlich einen künstlichen Darmausgang an, um das Überleben des Patienten zu sichern. Das Baby wird einige Zeit intensivmedizinisch überwacht und alle Funktionen werden kontrolliert.

Nach mehreren Monaten findet allmählich eine natürliche Funktionsfähigkeit des Darms statt. Der Heilungsprozess ist bei diesem Vorgehen langwierig und oftmals für die Angehörigen sowie dem Neugeborenen schwer zu verkraften. Dennoch bestehen letztlich auf diesem Weg gute Heilungsaussichten. In vielen Fällen ist dafür ein zweiter Eingriff notwendig und der künstliche Darmausgang wird entfernt. Ist die volle Funktionsfähigkeit des Darms hergestellt, wird der Patient aus der Behandlung entlassen. Kontrolluntersuchungen sind im Normalfall nicht notwendig.

Kommt es durch die Narbenbildung im späteren Verlauf zu Beschwerden oder Schmerzen, erfolgt durch eine Lasertherapie eine erneute Behandlung. An der guten Prognose für die Dünndarmatresie ändert dies nichts. Der Patient kann lebenslang eine beschwerdefreie Darmtätigkeit haben.


Vorbeugung

Einer Dünndarmatresie vorzubeugen ist nicht möglich. So handelt es sich um eine bereits angeborene Fehlbildung.

Das können Sie selbst tun

Eine Dünndarmatresie beinhaltet eine seltene Fehlanlage des Dünndarms bei Neugeborenen. Allen bekannten Formen der Atresie ist gemeinsam, dass der Dünndarm entweder an einer oder mehreren Stellen verschlossen ist oder keine Verbindung zu den weiterführenden Darmabschnitten hat.

Das bedeutet, dass der Inhalt des Dünndarms nicht weitergeleitet werden kann. Im Prinzip handelt es sich um den unmittelbar bedrohlichen Zustand eines Darmverschlusses, der schnellstmöglicher operativer Behandlung bedarf. Eine Anpassung des Verhaltens im Alltag ist aufgrund der Dringlichkeit einer Behandlung des Neugeborenen nicht sinnvoll.

Das Hauptbestreben sollte für die Eltern darin liegen, das betroffene Neugeborene von erfahrenen Fachchirurgen in einer entsprechenden Fachklinik untersuchen und operieren zu lassen, da sich ansonsten die Verlaufsprognose der selten auftretenden Erkrankung zusehends verschlechtert. Effiziente Selbsthilfemaßnahmen sind nicht existent, weil unabhängig von der Erscheinungsform der Dünndarmatresie das mangelnde Durchleitvermögen des Darms nur auf operativ-mechanischem Wege hergestellt werden kann.

Falls bereits vor der Geburt Indikationen den Verdacht einer Dünndarmatresie aufkommen lässt, kann der Verdacht per Ultraschall entkräftet oder erhärtet werden, so dass im positiven Fall Vorbereitungen für eine baldige Operation nach der Geburt getroffen werden können. Im Regelfall erholen sich die Neugeborenen nach dem Eingriff schnell, so dass sich bereits wenige Tage nach dem Eingriff eine gewisse Normalität einstellt, die eine Anpassung des Verhaltens im Alltag nicht mehr erfordert, sofern während des operativen Eingriffs die Funktionstüchtigkeit des Darms hergestellt werden konnte.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Messmann, H.: Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2012

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