Dammriss

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Dammriss

Bei jeder dritten bis vierten spontanen Geburt, aber auch bei Zangen oder Saugglockengeburten, kommt es bei der Entbindenden zu einem sogenannten Dammriss: Das Gewebe zwischen After und Scheide wird in der Austreibungsphase durch den Druck des Kindes so stark gedehnt, dass es einreißen kann. Diese Geburtsverletzung tritt in unterschiedlich starken Ausprägungen und Schweregraden auf.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Dammriss?

Auch Wochen nach der Geburt sind Beschwerden wie Schmerzen, Brennen oder Blutungen noch möglich. Wenn der Dammriss nicht gleich bei der Geburt bemerkt und behandelt wird, macht er sich häufig durch Schmerzen beim Gehen, Sitzen oder Sport bemerkbar.
© Morphart – stock.adobe.com

Der Dammriss ist eine von Schwangeren gefürchtete Geburtsverletzung, die bei der Geburt des Kindes auftreten kann, aber nicht muss. Das Reißen dieser empfindlichen Dammregion wird zudem in unterschiedliche Schweregrade unterteilt, anhand derer die Verletzung nach der Entbindung vom versorgenden Arzt eingestuft wird:

Beim Dammriss ersten Grades reißt nur die obere Hautschicht bis maximal zur Dammmitte, reicht also nicht bis zum After und verschont die tieferliegenden Muskelschichten. Den stärkeren Scheidenriss des Muskelgewebes bis kurz vor den After bezeichnet man als Dammriss zweiten Grades.

Beim dritten Grad reißt der komplette Damm und umfasst auch den Schließmuskel. Beim letzten und deutlichsten Grad reißen der komplette Damm, der Schließmuskel und die vorderen Anteile der Wand des Mastdarms.

Ursachen

Während der Austreibungsphase, auch als "Presswehen" bekannt, kommt es zu einem sehr starken Druck nach unten durch die Kontraktionen der Gebärmutter und das Pressen der Mutter.

Das gesamte Gewicht des Babys drückt in dieser Phase auf den empfindlichen Beckenboden der Frau und übt einen für die empfindliche Dammregion unüblichen Druck aus. In der letzten Phase der normalen Spontangeburt wird zunächst das Köpfchen des Kindes, dann seine Schulter und im Anschluss der Rest seines Körpers geboren.

Die Größe des Kopfes und Körpers drücken sehr stark auf die Scheiden- und Dammmuskulatur und der Scheidenausgang wird bis auf sein Maximum gedehnt. Wird es jedoch überdehnt, kommt es an dieser Stelle zum beschriebenen Reißen des Gewebes mit oder ohne Muskulaturbeteiligung. Es können auch mehrere Dammrisse gleichzeitig auftreten.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Auch Wochen nach der Geburt sind Beschwerden wie Schmerzen, Brennen oder Blutungen noch möglich. Wenn der Dammriss nicht gleich bei der Geburt bemerkt und behandelt wird, macht er sich häufig durch Schmerzen beim Gehen, Sitzen oder Sport bemerkbar. Leichte Blutungen können auftreten, die aufgrund der natürlichen Nachblutungen oft nicht selbst erkannt werden.

Vor allem der Stuhlgang und das Urinieren können in den ersten Tagen nach der Geburt sehr schmerzhaft sein und sind oft mit einem starken Brennen verbunden. Auch wenn die Wunde meist schnell verheilt, kann sich die Haut verhärten. Diese Verhärtung kann, abhängig von der Schwere der Verletzung, häufig ertastet werden und auch nach der Abheilung noch Schmerzen bei sexueller Aktivität oder Sport verursachen.

Wenn der Damm selbst starke Schmerzen erzeugt und möglicherweise von übel riechendem Urin begleitet ist, kann dies ein Anzeichen auf eine Infektion der Naht oder auch eines Harnwegsinfektes sein. Rund um die Dammnaht können sich zudem Hämorrhoiden und Abszesse bilden, die sich durch Juckreiz, Schmerzen und gegebenenfalls leichte Blutungen äußern. Die meisten Anzeichen und Beschwerden eines Dammrisses verschwinden allerdings innerhalb der ersten Wochen nach der Geburt wieder.

Diagnose & Verlauf

Anhand der Einteilung in Schweregrade dieser Geburtsverletzung kann der Arzt feststellen, wie viele Stiche zum Vernähen notwendig werden. Direkt im Anschluss an die Entbindung, nach der Abnablung des Neugeborenen, wird die Verletzung der Frau unter lokaler Betäubung vernäht.

Sollte die Geburt unter einer Periduralanästhesie stattgefunden haben, wird die zu vernähende Stelle nicht mehr extra betäubt. An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass das Einreißen des Dammes zum Zeitpunkt der Austreibung für die Gebärende selbst als eher angenehm und erleichternd als schmerzhaft empfunden wird, da ihrem Becken der gesamte Druck genommen wird. Auch die Versorgung der Verletzung geschieht unter Einfluss von körpereigenen Hormonen und wird selten als ernsthaft schmerzhaft empfunden.

Komplikationen

Ein Dammriss kann zu verschiedenen Komplikationen führen. Abhängig vom Grad der Verletzung können harmlose Hautverletzungen oder schwere Risse am Schließmuskel auftreten, die mit Schmerzen, Funktionsstörungen und weiteren Beschwerden verbunden sind. Ein operativer Eingriff kann mit weiteren Verletzungen und Infektionen im Bereich des Afters verbunden sein.

Bei Risikopatienten besteht außerdem die Gefahr eines Kreislaufschocks und ähnlicher Komplikationen. Im Verlauf der Wundheilung kann es zu Schwellungen und Schmerzen kommen. Ein genähter Damm verursacht noch einige Tage später Spannungsschmerzen und andere Beschwerden. Beim Toilettengang kann es zu brennenden Schmerzen und selten zu einem Aufreißen der Narbe kommen.

Nach der Abheilung der Wunde kann es zu überschießender Narbenbildung kommen, die vor allem beim Stuhlgang und beim Geschlechtsverkehr zu Beschwerden führt. Bei höhergradigen Dammrissen kann es zur Bildung von Abszessen kommen, die eine erneute Operation notwendig machen. Bei schweren Dammrissen können außerdem Fisteln zwischen Scheide und Darm entstehen.

Ein verletzter Schließmuskel kann zu einer vorübergehenden Inkontinenz führen, die vor allem den Abgang von Winden betrifft. Die eingeschränkten Muskelfunktionen können nach einem Dammriss funktionelle Beschwerden verursachen, die mit Hilfe von Beckenbodentraining gezielt behandelt werden müssen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein Dammriss entsteht in einer unmittelbaren Verbindung zu einer Geburt. Diese sollte grundsätzlich von einem Arzt und/oder einer Hebamme begleitet und unterstützt werden. Reißt der Damm außerhalb eines Geburtsvorganges, gilt dies als ungewöhnlich. Treten Schmerzen und Beschwerden am After beim Stuhlgang oder bei sexuellen Aktivitäten auf, sollten sie von einem Arzt untersucht und abgeklärt werden. Nehmen die Beschwerden zu ober breiten sie sich weiter aus, ist ein Arzt aufzusuchen, damit die Ursache dafür herausgefunden werden kann.

Treten Blutungen auf oder sind offene Wunden in der Region um den After oder dem Scheidenausgang vorhanden, können Keime in den Organismus gelangen und weitere Erkrankungen auslösen. Aus diesem Grund ist ein Arzt zu konsultieren, damit die Wunden steril behandelt und geschlossen werden können. Bei Fieber, Juckreiz, Veränderungen der Haut oder einem brennenden Gefühl auf der Haut, ist ein Arzt um Rat zu bitten. Ein Arztbesuch ist ebenfalls notwendig, wenn es zu Beschwerden bei der Fortbewegung, im Sitzen oder während einer bückenden Körperhaltung gibt.

Findet über mehr als zwei Tage kein Stuhlgang statt, muss eine ärztliche Untersuchung eingeleitet werden. Selbst bei kleinen Rissen der Haut in der Nähe des Damms sollte ein Arzt konsultiert werden, da es bei einer Selbstversorgung der Wunde zu Komplikationen kommen kann.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des Dammrisses erfolgt wie beschrieben durch direktes Vernähen der Wunde. Manche Ärzte entscheiden sich auch schon unter der Geburt für einen prophylaktischen Dammschnitt, der jedoch immer weniger durchgeführt wird, da die eingerissenen Nahtstellen besser zusammenwachsen und verheilen als die vom Skalpell verursachten.

Da die Damm- und Scheidenregion sehr stark beansprucht und Schleimhaut beteiligt ist, kann es beim Heilungsprozess zu Verzögerungen oder Schwierigkeiten kommen. Durch sitzen, laufen oder durch Toilettengänge wird die Naht ständig gedehnt und belastet, so dass es zu Wiedereinreißen der Nahtstelle oder zu Wundheilungsstörungen kommen kann.

Hygiene hat oberste Priorität an dieser Stelle, aber auch Vorsicht und Geduld. Meist werden beim Vernähen resorbierbare, also selbstauflösende Fäden verwendet, die nicht mehr extra gezogen werden müssen. Trotzdem sollte die Naht regelmäßig vom Frauenarzt oder der Nachsorgehebamme auf Entzündungen oder Wundheilungsstörungen anderer Art untersucht werden.

Aussicht & Prognose

Ein Dammriss ist mit den heutigen medizinischen Möglichkeiten gut heilbar. Der Eingriff dauert wenige Minuten und gilt als Routinebehandlung. Der Patient wird im Normalfall bereits wenige Tage oder Wochen nach dem Korrektureingriff aus der Behandlung entlassen. Dennoch kann es zu lebenslangen Komplikationen oder Beeinträchtigungen kommen.

Da der Dammriss genäht wird, besteht das Risiko, dass es dabei zu einer ungewollten Narbenbildung kommt. Diese führt in einigen Fällen zu Problemen beim Stuhlgang oder beim Geschlechtsverkehr. Zur Verbesserung des Wohlbefindens kann der Patient verschiedene Maßnahmen ergreifen, die im Alltag hilfreich und entlastend sind.

Beim Toilettengang ist starkes Pressen zu vermeiden. Die Ernährung sowie die Hygiene können optimiert werden. Als angenehm und heilsam werden kurze, lauwarme Sitzbäder empfunden. Sollten die ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, kann der Patient die Narbenbildung in einer weiteren Therapie behandeln lassen. Die Prognose ist in diesen Fällen individuell und abhängig von der Intensität der vorhandenen Narben.

Eine Verschlechterung gilt jedoch als eher unwahrscheinlich. Als Spätfolgen kann es bei einem Dammriss vermehrt zu Entzündungen kommen. Diese gelten als unangenehm, sind jedoch ebenfalls gut behandelbar. In ungünstigen Fällen sind durch die Spätfolgen des Dammrisses eine Darmspiegelung, Einläufe oder andere Darmuntersuchungen schwierig. Dies gilt insbesondere bei der Krebsvorsorge als unglücklich.


Vorbeugung

Zur Vorbeugung eines Dammrisses kann eine Dammmassage mit einem geeigneten Öl im Verlauf der letzten Schwangerschaftswochen durchgeführt werden. Es gibt verschiedene Techniken, bei denen meist der Daumen etwa tampontief in die Scheide eingeführt und mit dem Zeigefinger mit vorsichtigem Druck vom After zur Scheide hin massiert wird. Eine regelmäßige Massage kann das Gewebe weicher machen und so besser auf den Druck unter der Geburt vorbereiten.

Nachsorge

Durch den Dammriss und dem anschließenden Nähen des selbigen wird das Gewebe gereizt und schwillt stark an. Um dies zu verhindern, erhalten die Patienten umgehend abschwellende Medikamente verabreicht.

Eine Kühlung des Bereiches mittels speziellen Kühl-Gelen oder Cool-Packs bewirkt ebenso eine Schwellung und lindert die Schmerzen. Hebammen empfehlen zudem in Speiseöl getränkte Vorlagen einzufrieren und anstelle von Gel oder Cool-Packs anzuwenden. Die so erzielte Kältewirkung wird als angenehmer empfunden und wirkt gleichzeitig pflegend auf die Haut.

Manche Betroffenen bevorzugen stattdessen heilende Sitzbäder aus warmem Wasser mit speziellem Badezusatz oder heilenden Pflanzenextrakten. Die Bäder sollten jedoch nur einmal täglich für etwa zehn bis fünfzehn Minuten angewandt werden, um ein Aufweichen der Wunde und eine erhöhte Schwellneigung zu vermeiden.

Immens wichtig ist die Einhaltung einer Schonzeit von mindestens fünf Tagen, in welcher die Betroffenen möglichst nicht sitzen oder gehen sollten. Für Gänge zur Toilette sind kleine Trippelschritte empfohlen, bei denen die Wunde nicht gedehnt und belastet wird.

Beim Toilettengang selbst ist auch Einiges zu beachten. Eine erhöhte Flüssigkeitsmenge verdünnt den Urin und vermindert damit Brennen beim Wasser lassen. Ebenso können Betroffene sich unterdessen lauwarmes Wasser aus einem Glas zwischen die Beine gießen, um eine weitere Verdünnung zu erzielen und die Schmerzen zu minimieren.

Das können Sie selbst tun

Damit ein Dammriss gut verheilen kann, sollte die Naht nicht stark belastet werden. Es sollte viel Luft an die frische Wunde kommen und der Nahtbereich möglichst trocken gehalten werden. Das Vermeiden von Sitzpositionen wie dem Schneidersitz ist ratsam. Bauch- und Beckenmuskulatur sollten ebenfalls nicht zu stark belastet werden, weshalb bis zur vollständigen Heilung keine Sportarten wie das Radfahren empfohlen werden.

Um das Sitzen zu erleichtern, kann ein weiches Kissen untergelegt werden, allerdings sollte kein ringförmiges Sitzkissen verwendet werden, da dadurch ein starker Druck nach unten entsteht. Zum Aufstehen aus einer liegenden Position empfiehlt sich das Abrollen zur Seite hin. Darüber hinaus sollte für einen weichen Stuhlgang Sorge getragen werden. Dieser kann durch das Trinken von Wasser gefördert werden, das Essen von Joghurt und Trockenobst, oder durch die zusätzliche Gabe von Magnesium.

Schmerzhaftem Brennen beim Wasserlassen kann vorgebeugt werden, indem die Wunde währenddessen mittels einer Flasche mit warmem Wasser gespült wird. Sanfte Spülungen und Sitzbäder können auch mit pflanzlichen Extrakten aus der Kamille oder Eichenrinde durchgeführt werden, die in der Apotheke erhältlich sind. In den ersten Tagen kann die Wunde auch mit einem in ein Handtuch eingeschlagenen Coolpad gekühlt werden, um das Abschwellen zu begünstigen und Schmerzen zu lindern.

Quellen

  • Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
  • Schneider, H., Husslein, P., Schneider, K.T.M.: Die Geburtshilfe. Springer, Berlin Heidelberg 2011
  • Stiefel, A., Geist, C., Harder, U.: Hebammenkunde: Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf. Hippokrates, Stuttgart 2012

Das könnte Sie auch interessieren