Dementia pugilistica
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter der Dementia pugilistica versteht die Medizin eine traumatische Enzephalopathie mit ähnlichen Symptomen wie Morbus Parkinson. Die Erkrankung ist vor allem unter Boxern und anderen Menschen verbreitet, die häufig Schläge auf den Kopf ertragen müssen. Eine ursächliche Therapie existiert zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.
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Was ist Dementia pugilistica?
Die Dementia pugilistica ist auch als chronisch traumatische Enzephalopathie, faustkämpferisches Parkinson-Syndrom oder Boxer-Syndrom bekannt. Diese neurologische Erkrankung betrifft vor allem Menschen, die oft Schläge oder Stöße auf den Kopfbereich ertragen müssen. Besonders häufig kommt die Krankheit daher unter Boxern, Football-Spielern und anderen Profi-Sportlern vor.
Auch Drogensüchtige oder Alkoholabhängige sind aber vermehrt davon betroffen, da sie häufiger stürzen und sich so oft regelmäßig den Kopf stoßen. Unter den Boxern ist Jack Dempsey einer der bekanntesten Patienten der Dementia pugilistica. In der NFL werden wiederum Namen wie Chris Henry mit der Erkrankung in Verbindung gebracht. Die Krankheit baut sich in der Regel über mehrere Jahre auf und hat ihren Beginn oft schon bei einem Alter von nur 16 Jahren. Bislang ist die Erkrankung mit ihren Ursachen und Verlaufsformen nicht abschließend erforscht.
Ursachen
Bis heute sind die genauen Ursachen der Dementia pugilistica nicht abschließend geklärt. Da die Erscheinung vermehrt bei Boxern auftritt, geht die Medizin ursächlich von harten Schlägen auf den Kopfbereich aus. Der Verlust von Hirnzellen spielt für das Krankheitsbild offenbar eine genauso große Rolle, wie traumatische Schädigungen des Kleinhirns und die Narbenbildung auf der Gehirnmasse. Narbengewebe im zentralen Nervensystem erschwert unter anderem die Reizübertragung.
Letztlich verlieren alle vernarbten Gehirnbereiche ihre ursprüngliche Funktion. Solange die betroffenen Bereiche nur begrenzten Flächen entsprechen, wird der Funktionsverlust der Zellen vom umliegenden Gewebe kompensiert. Bei größeren Narbenbereichen ist eine solche Kompensation nicht mehr möglich. Wieso nicht alle Boxer an der Dementia pugilistica erkranken, ist der Medizin bislang weitestgehend unklar. Auch ein definitiver Zusammenhang mit dem Boxsport wurde bisher nicht belegt. Zweifellos erwiesen ist dafür, dass die Dementia pugilistica eine erworbene Erkrankung ist.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Rein äußerlich erinnert die Dementia pugilistica mit ihren Symptomen an den Morbus Parkinson. Der Tremor ist eines der Leitsymptome dieser Krankheit. Die Ausprägung des Zitterns variiert von Fall zu Fall. Meist stellen sich zusätzlich Gangunsicherheiten ein. Durch diese Erscheinungen kommt es außerdem oft zu Schwierigkeiten bei der Koordination. Meist nimmt die Koordinationsfähigkeit im Krankheitsverlauf zusehends ab.
Diese Symptome werden zuweilen von den klassischen Symptomen einer Demenz begleitet, so zum Beispiel von einem langsamen Zerfall der Erinnerung und der Persönlichkeit. Normalerweise verändern sich als Begleiterscheinung dazu auch die Verhaltensweisen im Alltag. Die Patienten reagieren auf alltägliche Situationen oft mit wenig nachvollziehbaren Handlungen oder Gemütsregungen.
Auch psychische Symptome treten auf. So leiden die Betroffenen zum Beispiel häufig an anhaltend depressiven Verstimmungen. Abgesehen davon kann die Sprachfähigkeit beeinträchtigt sein. Starke Sprachprobleme werden oft sogar als Leitsymptom beschrieben.
Diagnose
Für die Diagnose der Dementia pugilistica spielt die Anamnese eine entscheidende Rolle. Wenn die Anamnese bei den beschriebenen Leitsymptomen auf vermehrte Schläge auf den Kopf schließen lässt, wird der Neurologe vermutlich einen ersten Verdacht hegen. Krankheiten wie die Demenz und insbesondere Parkinson sind differentialdiagnostisch zu beachten.
Ein MRT des Schädels zeigt vermehrte Narbenbildung, die ein weiterer Hinweis auf das Krankheitsbild sein kann. Bei Boxern stellen sich die ersten Symptome in der Regel etwa 20 Jahre nach dem ursächlichen Schädeltrauma ein. Der Verlauf der Erkrankung ist bis zu einem gewissen Grad individuell und eventuell sogar durch die psychische Konstitution der Patienten beeinflussbar.
Komplikationen
In den meisten Fällen kommt es durch die Dementia pugilistica zu einem Zittern und damit zum sogenannten Tremor. Dieser kann die Lebensqualität des Patienten extrem verringern und auch den Alltag für den Patienten erschweren. Gewöhnliche Tätigkeiten sind damit nicht mehr möglich, sodass der Patient aufgrund der Einschränkungen auch an psychischen Erkrankungen und Depressionen leiden kann.
Ebenso treten Unsicherheiten beim Laufen ein, die von Koordinationsstörungen begleitet werden. Die Patienten können Distanzen und Wege nicht mehr richtig einschätzen. Ebenso kann auch die Sprachfähigkeit eingeschränkt werden, was sich vor allem in einer Wortfindungsstörung widerspiegelt.
Nicht selten ist der Patient dann auf die Hilfe von anderen Menschen im Alltag angewiesen. Auch die Angehörigen können durch die Dementia pugilistica stark belastet werden. Eine kausale Behandlung der Dementia pugilistica ist leider nicht möglich. Es können daher nur die Symptome etwas eingeschränkt werden, um den Alltag für den Patienten erträglich zu gestalten.
Dabei werden vor allem Therapien und eine logopädische Betreuung angesetzt. Oft können Depressionen durch Gespräche mit einem Psychologen oder mit Hilfe von Medikamenten eingeschränkt werden. Die Lebenserwartung nimmt durch die Krankheit ab.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Leider kann die Dementia pugilistica nicht vollständig geheilt oder eingeschränkt werden. Allerdings kann eine frühzeitige Diagnose zur Verbesserung der Symptome beitragen, sodass bei dieser Erkrankung auf jeden Fall eine ärztliche Behandlung notwendig ist. Ein Arzt muss dann aufgesucht werden, wenn der Betroffene an einem Tremor leidet. Dabei können auch Gangunsicherheiten auf die Erkrankung hindeuten und müssen untersucht werden. Vor allem Koordinationsstörungen treten bei der Dementia pugilistica häufig auf und stellen ein gewöhnliches Symptom dar.
Weiterhin muss auch die Demenz von einem Mediziner festgestellt und behandelt werden. Damit kann der Alltag des Betroffenen und seiner Angehörigen deutlich erleichtert werden. Ebenfalls können auch plötzliche Verstimmungen oder Depressionen auf diese Krankheit hindeuten. Auch hierbei ist ein Arzt aufzusuchen. Die Diagnose dieser Erkrankung kann in der Regel durch den Allgemeinarzt gestellt werden. Die weitere Behandlung erfolgt durch verschiedene Fachärzte und richtet sich in der Regel auch nach dem jeweiligen Zustand des Patienten. Eine vollständige Heilung kann leider noch nicht erreicht werden.
Behandlung & Therapie
Schädigungen des zentralen Nervensystems lassen sich nach dem heutigen Stand der Medizin nicht rückgängig machen. Eine Behandlung der Ursachen ist bei der Dementia pugilistica daher nicht möglich. Damit handelt es sich bei der Erkrankung um eine unheilbare Spätfolge nervensystematischer Traumata. Trotz der Unheilbarkeit und der Unaufhaltbarkeit des Krankheitsverlaufs lassen sich zumindest einige Symptome der Erkrankung behandeln.
Wie bei allen unheilbaren Erkrankungen ist das Ziel der supportiven Therapie vor allem eine Verbesserung der Lebensqualität. Wenn Nervengewebe abstirbt, können die umliegenden Nervenzellen durch Training unter Umständen lernen, die Aufgaben der defekten Zellen zu übernehmen. Dieses Phänomen ist nicht zuletzt aus der Therapie von Schlaganfallpatienten bekannt und kann auch für die Behandlung der Dementia pugilistica eine Rolle spielen.
Bei Gangstörungen können physiotherapeutische Behandlungen zum Beispiel der Kompensation dienen und so die Lebensqualität der Patienten verbessern. Dasselbe gilt für ergotherapeutische Behandlungen, die im Idealfall den Tremor reduzieren. Sprachstörungen können sich wiederum in logopädischer Betreuung verbessern.
Um mit der Krankheit umgehen zu lernen und die eigene Gefühlslage zu verbessern, werden oft physiotherapeutische Sitzungen empfohlen. Eine stabile Psyche kann den Krankheitsverlauf vermutlich positiv beeinflussen. Gegen besonders starke Depressionen können aber auch medikamentöse Therapien infrage kommen.
Aussicht & Prognose
Die Prognose der Dementia pugilistica ist insgesamt ungünstig. Obgleich es Einflussfaktoren gibt, die eine positive Wirkung auf den Krankheitsverlauf haben, kommt es zu keiner Heilung. Die Dementia pugilistica verläuft langsam über viele Jahre und Jahrzehnte. Die Beschwerden bilden sich schrittweise aus und werden erst spät mit einer Dementia pugilistica in Verbindung gebracht. In dieser Zeit findet im Normalfall aufgrund einer fehlenden Diagnose keine Behandlung statt.
Vermeidet der Betroffene die Ausübung von Kampfsportarten und sonstigen Schlägen auf den Kopf, kann der Krankheitsfortschritt beeinflusst werden. Zusätzlich helfen logopädische Therapien, um eine Verbesserung der Sprachgebung zu erreichen. Dennoch haben sich im Gehirn dauerhaft Narben gebildet, die jederzeit zu einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen können. Da die Ursachen der Dementia pugilistica bis heute nicht abschließend geklärt sind, gibt es keine einheitliche Therapiemöglichkeit. Sicher ist, dass ein Ausbleiben von Schlägen auf den Kopf einen positiven Einfluss auf die Gesundheit erwirkt.
Treten zu der Dementia pugilistica psychische Probleme auf, verschlechtert sich die Aussicht auf eine Linderung erheblich. Die Lebensqualität ist stark eingeschränkt und die Lebenszeit ist meist verkürzt. Allmählich treten Gangunsicherheiten auf. Im weiteren Verlauf benötigt der Patient eine tägliche Pflege und Unterstützung, um den Alltag bewältigen zu können.
Vorbeugung
Da die Dementia pugilistica eine erworbene Erkrankung ist, lässt sich der Erscheinung weitestgehend vorbeugen. Wer Schläge und Stöße auf den Kopf vermeidet und Schädeltraumata zeitnah behandeln lässt, wird vermutlich nicht an dem Phänomen erkranken.
Das können Sie selbst tun
Um mit der Krankheit Dementica pugilistica human umzugehen, sollte zunächst eine Einschätzung des Grades der Erkrankung vorgenommen werden. Hierdurch kann festgestellt werden, welche Möglichkeiten der Behandlung sinnvoll sind. Die erkrankte Person sollte möglichst mit ihrem Umfeld darüber reden. Gemeinsam lassen sich besser Entscheidungen treffen, und Angehörige oder Bekannte haben möglicherweise bereits gute Erfahrungen mit Ärzten oder Therapien gemacht.
Logopädie beispielsweise stabilisiert und erweitert das Sprachvermögen. Mit Hilfe einer Physiotherapie können Erkrankte die motorischen Fähigkeiten wieder trainieren. Erkrankte können sich auch bei der Stadt oder Gemeinde, oder im Internet erkundigen, ob es Selbsthilfegruppen in ihrer Wohnortsnähe gibt. Dort sollten Menschen sein, die bestimmte Erfahrungen untereinander austauschen und sich so mit Hilfe von Sozialarbeitern und geführten Gesprächen Ratschläge, Erfahrungen und Anlaufstellen vermitteln.
Die erkrankte Person sollte auch bewusst Gegenstände beschreiben, diese in die Hand nehmen, von allen Seiten die Besonderheiten betrachten, die Oberfläche fühlen, überlegen, wozu der Gegenstand genutzt werden kann, und möglichst auch diese Eindrücke laut aussprechen, besser noch, aufschreiben. Mit Hilfe eines Wörterbuches oder auch mit Bekannten oder Angehörigen kann der Wortschatz erweitert werden, und die Emotionen verbinden sich mit den richtigen Gegenständen. Räume, Pflanzen, Tiere, Uhrzeit, Tagesgeschehen, alles sollte so bewusst wie möglich erkannt und benannt werden. Die Gegenstände sind dann möglichst wieder an den Platz, von dem sie entnommen wurden, zurückzustellen.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013