Elektrokrampftherapie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Elektrokrampftherapie wurde bereits im Jahre 1937 von den beiden italienischen Ärzten Bini und Cerletti zur Behandlung und Linderung psychischer Störungen erfunden. Diese Therapieform wird in der Psychiatrie zwar bis heute noch angewendet, gilt aber selbst unter Fachleuten als umstritten. Bei bestimmten psychiatrischen Krankheitsbildern konnte der Nutzen durch Studien belegt werden.
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Was ist die Elektrokrampftherapie?
Die EKT arbeitet mit elektrischem Strom, daher war auch lange der Begriff Elektroschocktherapie geläufig, dieser ist allerdings komplett aus dem medizinischen Sprachgebrauch verschwunden.
Die Elektrokrampftherapie oder Elektrokonvulsionstherapie, EKT, ist eine Behandlungsform, welche ausschließlich zur Behandlung von psychischen Störungen und psychiatrischen Krankheitsbildern gedient hat und vereinzelt auch noch dient. In den 1970er und 1980er Jahren ist die Elektrokrampftherapie vollständig aus dem psychiatrischen Behandlungsspektrum verschwunden. Die Methode war in diesen Jahrzehnten derart umstritten, dass selbst schwerste Fälle nicht mehr damit behandelt wurden.
Zunächst in Vergessenheit geraten, wird die Elektrokonvulsionstherapie aber heutzutage wieder etwas vermehrt angewandt. Eine Behandlungssequenz ist nur bei strenger Indikationsstellung und unter fachärztlich-psychiatrischer Aufsicht möglich. Seit ihrer Erfindung zwei Jahre vor Ausbruch des 2. Weltkrieges war die Elektrokrampftherapie Gegenstand heftiger, kontroverser Diskussionen, auch in der Öffentlichkeit.
Durch das vermeintliche Arbeiten mit Elektroschocks hatte diese Therapieform von Anfang an einen schlechten Ruf, daran hat sich auch bis heute nichts geändert. Selbst bei vorhandener Indikation ist es den Angehörigen eines Patienten bis heute nur schwer zu vermitteln, warum gerade die Elektrokrampftherapie angewendet werden soll.
Funktion, Wirkung & Ziele
Aus diesen Tatbeständen ergab sich mitunter das bis heute schlechte Bild dieser Therapieform. Die literarische Verfilmung "Einer flog übers Kuckucksnest" zeigt den breiten Einsatz der Elektrokrampftherapie zu Bestrafungszwecken. Dabei gilt der Nutzen bei einigen psychiatrischen Krankheitsbildern bis heute als unbestritten. Die sogenannte perniziöse Katatonie würde beispielsweise ohne den Einsatz der Elektrokonvulsionstherapie zum Tode führen. Hauptindikationen der Elektrokrampftherapie sind sogenannte endogene wahnbildende Depressionen mit und ohne Gefahr eines Suizids, sämtliche Formen von Katatonien und als Therapie der Wahl bei vollständigem Versagen einer Neuroleptikabehandlung.
Da die schon genannte perniziöse Katatonie in der Regel besonders fulminant verläuft, stellt der schnelle Einsatz der Elektrokrampftherapie bisher die einzige lebensrettende Maßnahme dar. Es wurde bereits viel zum Thema Elektrokrampftherapie geforscht, dennoch ist deren genauer Wirkmechanismus bis heute nicht eindeutig geklärt. Erleidet ein Patient einen Krampfanfall, dann geraten, so eine Theorie, Hormone und Neurotransmitter in der Blutstrombahn völlig aus dem Gleichgewicht.
Durch den sofortigen Einsatz der EKT fände eine schlagartige Neuordnung, sozusagen ein Reset der aus dem Ungleichgewicht geratenen Strukturen statt. Aber auch diese in Fachkreisen gängige Theorie ist wissenschaftlich keinesfalls sicher belegt. Patienten müssen die Prozedur in der Regel öfter über sich ergehen lassen, denn um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, sind bis zu 12 Anwendungen in einem Abstand von mindestens 2 Tagen erforderlich. Die Höchstapplikationsrate darf 3 mal in der Woche nicht überschreiten, da die Nebenwirkungen sonst jeglichen Therapieerfolg gefährden würden.
Sofern möglich, müssen der Patient und seine Angehörigen vor jeder Therapiesitzung darüber aufgeklärt werden, nur in lebensbedrohlichen Notfällen ist keine direkte Einwilligung einzuholen. Vor der eigentlichen EKT ist eine Kurznarkose mit stabiler Muskelrelaxation und Sauerstoffbeatmung durch einen erfahrenen Anästhesisten einzuleiten. Für den Notfall sollten die Möglichkeiten zur Beatmung und Intubation gegeben sein, prophylaktische Intubationen sind bei der Durchführung der EKT jedoch nicht vorgesehen. Insgesamt ist die Intubationsrate bei der Elektrokonvulsionstherapie sehr niedrig.
Damit während der Therapie Lippen und Zähne nicht verletzt werden können, ist ein Zahnschutz erforderlich. Sodann wird über einen Generator der Strom für die Dauer von 3 bis 5 Sekunden und in einer Stärke von 600 Milliampere eingeschaltet. Durch dieses Vorgehen wird ein Krampfanfall ausgelöst. Die Platzierung der Elektroden erfolgt unilateral und niemals auf der dominanten Hemisphäre. Hierbei handelt es sich um einem Erfahrungswert aus vielen Behandlungen, denn bei den oft üblichen bilateralen Ableitungen traten viel mehr Nebenwirkungen auf.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Die wichtigsten Kontraindikationen der Elektrokrampftherapie sind erhöhter Hirndruck, Aneurysmen, also Gefäßaussackungen der großen Blutgefäße und im Gehirn sowie akuter Herzinfarkt. Das Vorhandensein eines Herzschrittmachers oder eine Schwangerschaft stellen jedoch keine Gegenanzeigen für eine Behandlung mit der EKT dar. Vor der Behandlung sind deshalb entsprechende, eingehende Untersuchungen notwendig. Eine dauerhafte Hirnschädigung ist auch nach mehrfachem Einsatz der Elektrokrampftherapie nicht zu erwarten.
Quellen
- Köhler, T.: Medizin für Psychologen und Psychotherapeuten. Schattauer, Stuttgart 2014
- Möller, H.-J.: Therapie psychischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart 2006
- Möller. H.-J., Laux, G., Deister, A., Braun-Scharm, H., Schulte-Körne, G.: Duale Reihe Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013