Epilepsie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Epilepsie beziehungsweise wiederkehrende epileptische Anfälle sind eine neurologische Erkrankung des Gehirns. Besonders die krampfartigen und zuckenden Anfälle sind ein deutliches Zeichen für eine Epilepsie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Epilepsie?

Infogramm zu den EEG-Veränderungen bei einem epileptischen Anfall. Bild anklicken, um zu vergrößern.

Epilepsie ist eine neurologische und chronische Krankheit, bei der es zu den typischen epileptischen Anfällen kommen kann. Diese Anfälle werden zumeist von Krämpfen begleitet. Eine Epilepsie liegt dann vor, wenn es regelmäßig zu solchen Krampfanfällen kommt.

Biologisch betrachtet sind epileptische Anfälle akute Funktionsstörungen im Bereich des zentralen Nervensystems im Gehirn. In der Regel halten die Krampfanfälle bis zu zwei Minuten an. Weiterhin kommt es bei der Epilepsie zu Zittern bzw. Zuckungen und Bewusstseinsstörungen sowie Gedächtnislücken. In Deutschland leiden in etwa ein Prozent der Bevölkerung (vor allem Kinder und Jugendliche) an Epilepsie bzw. epileptischen Anfällen.

Ursachen

Die Ursachen für eine Epilepsie können sehr unterschiedlich sein. Am häufigsten gelten jedoch Depolarisationen, also krankhafte Entladungen, in den Nervenzellen des Gehirns, was zu einer hohen Erregbarkeit führen kann.

Weitere Ursachen sind Hyperventilation, Schlafmangel, psychische und seelische Belastungen, Drogenkonsum (auch Alkohol) und Sauerstoffmangel.

Epilepsie kann erbliche bzw. familiäre Ursachen haben. Vor allem wenn bei den direkten Vorfahren Veranlagungen in Bezug auf Stoffwechselstörungen, Gehirnerkrankungen und psychosomatische Erkrankungen vorlagen. Die Epilepsie selbst, kann man in idiopathische und symptomatische Epilepsie untergliedern.


Symptome, Beschwerden und Anzeichen

Die Symptome bei einer Epilepsie können sehr unterschiedlich ausfallen. So kommt es nicht bei jedem Betroffenen zu Zuckungen und Verkrampfungen. Darüber hinaus ist zwischen fokalen und generalisierten epileptischen Anfällen zu unterscheiden. Als typisches Merkmal eines Epilepsie-Anfalls gelten offene, leere, verdrehte oder starre Augen.

Der Anfall nimmt maximal zwei Minuten in Anspruch. Nicht selten dauert er auch nur wenige Sekunden und macht sich lediglich als Aussetzer bemerkbar. Bei manchen Epileptikern arten die Symptome aber auch in Zuckungen von Gliedmaßen oder umfangreiche Bewusstseins- beziehungsweise Bewegungsstörungen aus. Zeigt sich ein sogenannter Grand-Mal-Anfall, der mit rhythmischen Zuckungen und Krämpfen einhergeht, kommt es in den folgenden Tagen oft zu einem Muskelkater.

Zu differenzieren ist zudem zwischen einem fokalen und einem generalisierten Epilepsie-Anfall. Ein fokaler Anfall hat seinen Ursprung in einer bestimmten Region des Gehirns. Nach dieser Region richtet sich die Art der Beschwerden. Tritt der Anfall auf der rechten Hirnhälfte auf, hat dies Zuckungen auf der linken Körperseite zur Folge. Bei einem Anfall, der von der linken Gehirnhälfte ausgeht, sind dagegen die Gliedmaßen der rechten Körperseite betroffen. Manche Epileptiker nehmen auch Farben oder Lichtblitze wahr.

Des Weiteren drohen Symptome wie Druck im Bauchraum, Herzrasen, Schwindelgefühle, Angstzustände sowie das Wahrnehmen von Stimmen oder Tönen. Von einem generalisierten Epilepsie-Anfall ist die Rede, wenn er vom gesamten Gehirn ausgeht. Dabei kommt es zu ausgeprägten Bewusstseinstrübungen, die bis hin zu starker Bewusstlosigkeit reichen.

Verlauf

Die Epilepsie weist einen chronischen Krankheitsverlauf auf. Das heist, dass die Krankheit immer wiederkehrend ist und die Krampfanfälle bzw. epileptischen Anfälle immer wieder auftreten können.

Wird die Epilepsie behandelt, so ist ihre Prognose zur Genesung recht günstig. Dennoch kann von einer ganzheitlichen Heilung solange nicht gesprochen werden, so lange der Betroffene auf Medikamente gegen die Epilepsie angweisen ist.

Dennoch liegt die Chance auf ein Leben ohne epileptische Anfälle bei erfolgreicher Behandlung in etwa bei 60 bis 80 Prozent. Komplikationen treten in der Regel nur auf, wenn es zu generalisierten Anfällen kommt.

Bei dieser Form der Epilepsie (Status epilepticus) wird von den Betroffenen das Bewusstsein zwischen den Anfällen nicht zurück gewonnen. Hier kann es dann zu einem lebensbedrohlichen Verlauf kommen.

Komplikationen

Gut eingestellte Patienten müssen trotz Beschwerdefreiheit regelmäßige Kontrolluntersuchungen wahrnehmen. Denn auch wenn Medikamente eingenommen werden, kann die Epilepsie wieder auftreten. Der Facharzt stellt anhand von Blutuntersuchungen fest, ob die Medikation ausreicht oder vielleicht sogar gesenkt werden kann.

Auch nach einem operativen Eingriff ist die Kontrolle wichtig. Wurden die Krampfanfälle von einem Tumor oder einem Blutgerinnsel im Kopf ausgelöst, kann es trotz Entfernen der Ursache zu erneuten Ereignissen kommen. Kurz nach einer OP liegen die Kontrollen im engen Zeitrahmen. Nach einer Weile kann der Abstand ausgedehnt werden.

Unbehandelte Epilepsie führt regelmäßig zum Absterben von Gehirnzellen. Das gilt sowohl für die BMS - Krämpfe im Säuglingsalter als auch den Grand-Mal-Anfall bei Jugendlichen und Erwachsenen. Gesunde Hirnzellen können zwar bis zu einem gewissen Grad die Tätigkeit der betroffenen Zellen übernehmen. Die Aussage "bis zu einem gewissen Grad" ist wörtlich zu nehmen, denn im Gegensatz zu anderen Körperzellen können die Zellen des Gehirns nicht repariert oder ersetzt werden.

Eine weitere Gefahr der unbehandelten Epilepsie ist, dass die Anfälle sich häufen und nicht nur die Betroffenen gefährden. Autofahrer, die daran erkrankten, sind ein Risiko für andere Verkehrsteilnehmer. Liegt einem Unfall ein epileptischer Anfall zugrunde, muss der Betroffene mit hohen Strafen rechnen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einem epileptischen Anfall sollte grundsätzlich ein Arzt konsultiert werden. Die Ursache für den Anfall ist medizinisch untersuchen zu lassen, auch wenn er nur wenigen Minuten anhält oder zwischen dem Auftreten des Anfallsleidens mehrere Jahre vergangen sind. Es besteht bei jedem Anfall das Risiko, dass eine Hirnschädigung vorliegt oder der Anfall zu weiteren Funktionsstörungen führt. Diese müssen diagnostiziert und anschließend behandelt werden, um keine dauerhaften Folgen auszulösen.

Individuell wird nach einer umfassenden Untersuchung entschieden, ob eine weiterführende Therapie durchgeführt werden sollte. Spätestens nach dem Erleiden von mehreren epileptischen Anfällen empfiehlt sich der Beginn einer Therapie. Liegen Entzündungserscheinungen oder eine Stoffwechselerkrankung vor, ist eine ärztliche Versorgung notwendig. Bei einigen Patienten wird ein operativer Eingriff vorgenommen, der zu einer dauerhaften Beschwerdefreiheit führen kann.

Da jeder epileptische Anfall aufgrund einer anderen Ursache entstehen kann, ist es nötig, sich bei einem weiteren Anfall erneut untersuchen zu lassen. Hilfreich ist es, wenn ein Beobachter des epileptischen Anfalls bei einem Arztbesuch dabei ist. Dieser kann wichtige Hinweise zum Ablauf des Krampfleidens geben, die zur Diagnosestellung beitragen. Entscheidet sich der Patient für eine medikamentöse Behandlung, sollte er einen Arzt konsultieren, sobald sich ungewohnte Nebenwirkungen einstellen oder es zu Unverträglichkeiten kommt.

Behandlung & Therapie

Die Therapie beziehungsweise Behandlung einer Epilepsie sollte unbedingt von einem Facharzt durchgeführt werden. Dabei ist es wichtig auch Zeugen eines epileptischen Anfalls mitzubringen, um die genaue Symptomatik besser beschreiben zu können. Danach wird zumeist das Gehirn des Patienten mit Magnetresonanztomographie (MRT) untersucht. Hierbei sollen vor allem strukturelle Störungen und Anomalien festgestellt werden. Danach können dann ungewöhnliche neuronale Entladungen mit Hilfe einer Elektroenzephalographie (EEG) diagnostiziert werden.

Sofortmaßnahmen bei einem plötzlich auftretendem epileptischen Anfall sind vor allem Verletzungen durch Stürze zu verhinden. Ebenso sollten in einem Haushalt, in dem ein Epileptiker wohnt, gefährliche und spitze Gegenstände vermieden werden. Günstig sind ebenso ein weicher Fußboden. Daneben sollten Familienmitglieder oder andere Begleitpersonen den Krampfanfall genau dokumentieren. Dies hilft dem Arzt dann später bei einer individuellen Behandlung. Hält der akute Anfall länger als zwei Minuten an, so ist der Notarzt bzw. die dringende medizinische Hilfe anzufordern.

Aussicht & Prognose

Die Epilepsie hat ganz individuelle Prognosen. Es gibt Menschen, bei denen einmal im Leben ein epileptischer Anfall auftritt und anschließend eine vollständige Beschwerdefreiheit gegeben ist. Es treten keine Folgeschäden oder andere gesundheitliche Beeinträchtigungen auf.

Diese Patienten haben eine gute Prognose, obgleich sie anfänglich nicht wissen, dass sie zu diesem Patientenkreis gehören. Treten innerhalb von 3-4 Jahren keine weiteren Anfälle auf, sprechen Ärzte von einer Genesung. Im EEG lassen sich keine Auffälligkeiten mehr nachweisen. Somit gilt die Epilepsie als geheilt.

Bei einer Vielzahl der Patienten kann eine Grunderkrankung diagnostiziert werden. Deren Prognose ist abhängig von der Krankheit und kann ganz unterschiedlich sein. Kommt es zu einer Heilung der vorliegenden Krankheit, verschwindet auch die Epilepsie. Lässt sich die Epilepsie jedoch nicht heilen, kann in den meisten Fällen mit einer medikamentösen Behandlung eine Linderung der Beschwerden erreicht werden. Ungefähr 90% der Patienten werden durch die Arzneien anfallsfrei und können trotz Epilepsie eine gute Lebensqualität erleben.

Dies gilt insbesondere bei Patienten, die von kurzzeitigen Anfällen mit leichten Bewusstseinsstörungen betroffen sind. 50-80 % der Patienten, die besonders schwere Anfälle erleiden, erfahren mit einer Therapie innerhalb eines Jahres eine deutliche Verbesserung der Beschwerden. Dennoch besteht die Möglichkeit lebenslanger starker Beeinträchtigungen sowie schwerer Folgeschäden aufgrund der Epilepsie.


Nachsorge

Da eine Epilepsie unheilbar ist, ist eine regelmäßige und umfassende Nachsorge erforderlich. Die Epilepsie, die ihre Ursache im Gehirn hat, kann sich im Laufe der Erkrankung ständig verändern. Deswegen sollte regelmäßig ein EEG angefertigt werden, eventuell ist sogar eine Bildgebung des Kopfes wie zum Beispiel im MRT nötig, um die Ursache zu erkennen und gegebenenfalls neu einzustellen.

Ebenso sollte der Arzt Liquor, also das Nervenwasser, punktieren, da die Ursache so ebenfalls gefunden werden kann. Der Patient sollte regelmäßig einen Arzt aufsuchen, um die Einstellung der Medikamente sowie mögliche Nebenwirkungen zu überprüfen und gegebenenfalls eine Umstellung durchzuführen. Sollte eine medikamentöse Therapie und auch deren Umstellung versagen, kann eine operative Therapie eine alternative Möglichkeit darstellen.

Über diese Möglichkeit sollte der Patient aufgeklärt werden und bei Zustimmung dementsprechend vorbereitet werden. Ebenfalls kann eine psychologische Betreuung des Patienten sinnvoll sein, um psychische Folgeerkrankungen zu erkennen und vorzubeugen. Eventuell sind dann Antidepressiva nötig, da die Depression eine häufige Folgeerkrankung darstellt.

Auch eine psychologische Betreuung der Angehörigen kann empfehlenswert sein. Zusätzlich sollten die Angehörigen geschult werden, um im Fall eines epileptischen Anfalls diesen zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Im Fall eines Krampfes sollte sofort der Notarzt gerufen werden, da dieser lebensgefährlich sein kann.

Das können Sie selbst tun

Epileptiker haben einige Möglichkeiten, die Chancen auf einen Anfall zu reduzieren, ohne ausschließlich Medikamente zu sich zu nehmen.

So hat sich etwa gezeigt, dass eine ketogene Diät (fettlastig, kaum Kohlenhydrate, mäßiger Eiweißanteil) das Anfallsrisiko bei circa zwei Dritteln der Betroffenen senkt. Warum dies so ist, ist unklar. Wirksam ist diese Diät nach einigen Wochen und sollte über mehrere Jahre durchgeführt werden. Sie bringt - gerade zu Anfang - ein paar Nebenwirkungen mit sich und kann sich auf Dauer belastend auf das Herz-Kreislauf-System auswirken.

Im Rahmen einer sogenannten Biofeedback-Therapie und im Zuge verhaltenstherapeutischer Maßnahmen, ist es Betroffenen möglich, eine gesteigerte Kontrolle über die auslösenden Hirnareale zu erlangen. So ist es in vielen Fällen möglich, einer reizbedingten Übersteuerung des entsprechenden Areals entgegen zu wirken.

Eine transkutane Vagusnervstimulation ist nicht invasiv und macht keinen Klinikaufenthalt notwendig. Sie besteht darin, dass mittels eines im Ohr angebrachten Impulsgebers der Vagusnerv gezielt stimuliert wird, was vom Betroffenen in der Intensität und Häufigkeit selbst einzustellen ist. Die Erregung durch ein mildes Kribbeln wird ins Hirn geleitet und reduziert die Anfallswahrscheinlichkeit.

Das Mitführen eines Epilepsie-Hundes bringt Sicherheit, denn es stellt ein Frühwarnsystem dar. Diese Hunde können zumeist darauf trainiert werden, den Epileptiker zu warnen, gefährliche Gegenstände aus seinem Umfeld zu entfernen und die Aufmerksamkeit (zwecks Hilfe bei einem Anfall) auf ihn zu lenken.

Quellen

  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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