Ermüdungsbruch (Ermüdungsfraktur)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Ermüdungsbruch (Ermüdungsfraktur) entsteht durch Überlastung eines Knochens und bildet sich allmählich aus. Die Symptome sind schleichend und werden oft nicht als Anzeichen für einen Bruch wahrgenommen. Ein Ermüdungsbruch benötigt mehrere Wochen oder auch Monate bis er ganz verheilt ist.
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Was ist ein Ermüdungsbruch?
Ein Ermüdungsbruch ist eine Fraktur, die durch Belastung über einen längeren Zeitraum entsteht. Im Gegensatz zum akuten Bruch, bei welchem eine zu hohe Kraft einmalig auf den Knochen einwirkt und ihn brechen lässt, wird beim Ermüdungsbruch der Knochen wiederholt und dauerhaft einer Belastung ausgesetzt.
Dies führt dazu, dass er mit der Zeit brüchig wird und kleinste Risse in der Struktur entstehen. Man unterscheidet zwei Arten von Ermüdungsfraktur. Die Insuffizienzfraktur entsteht, wenn die Knochen durch eine Krankheit bereits vorgeschädigt waren. Als Stressfraktur bezeichnet man den Bruch gesunder Knochen, die nur durch die dauerhafte Überlastung gebrochen sind.
Sehr häufig tritt der Ermüdungsbruch bei Sportlern auf, wie beispielsweise beim Laufsport, aber auch in bestimmten Berufen, bei welchen immer wiederkehrende kraftvolle Bewegungen erforderlich sind, kommt der Ermüdungsbruch vor. In der Regel sind ein oder mehrere Mittelfußknochen, ein Hals oder Brustwirbel oder die Rippen betroffen. (siehe auch: Sportverletzungen)
Ursachen
Der Ermüdungsbruch entsteht durch eine ständige Überlastung eines Knochens. Die Krafteinwirkung ist nicht stark genug, um den Knochen sofort brechen zu lassen. Aber die immer wiederkehrende Belastung führt dazu, dass sich das Knochengewebe verändert.
Es entstehen sogenannte Mikrofrakturen, das sind kleinste Spalten und Risse in der Knochenmasse. Da der Körper immer versucht, auftretenden Störungen entgegenzuwirken, bildet er mehr Knochensubstanz, die dann wieder abgebaut wird. Durch den ständigen Auf- und Abbau wird der Knochen poröser und bricht schließlich. Die Überlastung des Knochens wird durch Fehlstellungen der Füße, durch zu wenig Muskelmasse oder auch durch zu dünne Knochen begünstigt.
Der Ermüdungsbruch am Fuß entsteht meist beim Laufsport (Jonesfraktur oder Marschfraktur). Wirbel und Rippen können bei starken Hustenanfällen, die über einen längeren Zeitraum auftreten, entstehen (Hustenfraktur). Der Ermüdungsbruch an Brust- oder Halswirbeln wird auch als Schipperkrankheit bezeichnet, da er durch immer wiederkehrende Schaufelbewegungen verursacht wird.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Der Ermüdungsbruch entsteht durch Überlastung, meist durch harte körperliche Arbeit oder beim Sport. Es handelt sich dabei häufig um eine angebrochene Stelle, weniger häufig um einen glatten Durchbruch. Deshalb weist der Ermüdungsbruch oftmals auch ganz andere Symptome auf als der klassische Bruch, der meist durch ein Ereignis wie Sturz oder Schlag ausgelöst wird.
So wird der Ermüdungsbruch vom Patienten meist auch nicht direkt als solcher erkannt. Er äußert sich in mittelstarken bis starken Schmerzen. Die Betroffene Region kann nicht mehr richtig belastet werden und verliert an Funktionalität. Findet dennoch eine Belastung statt, so ist diese mit starken Schmerzen verbunden. Meist kommt der Ermüdungsbruch im Fuß oder in der Hand vor. In diesen Bereichen sind vergleichsweise kleine Knochen einer sehr hohen Belastung ausgesetzt.
Die vom Ermüdungsbruch betroffene Stelle schmerzt nicht nur sehr stark, sondern schwillt auch deutlich sichtbar an. Das umliegende Gewebe wird stärker durchblutet und fühlt sich deshalb oft warm oder sogar heiß an. In seltenen Fällen ist der Ermüdungsbruch auch von einem Hämatom begleitet. Dieses Hämatom entsteht im Inneren, kommt aber nach einigen Tagen an die Hautoberfläche.
Deutlichstes Indiz neben den Schmerzen ist eine teilweise bis nahezu vollkommene Immobilität und Leistungsschwäche des betroffenen Körperteils. Eine Verschiebung der Knochen wie beim klassischen Bruch wird seltener beobachtet.
Diagnose & Verlauf
Ein Ermüdungsbruch macht sich anfangs durch einen leichten Schmerz bemerkbar. Mit andauernder Belastung nimmt der Schmerz zu, in Ruhestellung dagegen lässt er wieder nach. An der Bruchstelle kommt es häufig zu Schwellungen und einer Rötung der Haut. Oft werden die Beschwerden nicht als Bruch wahrgenommen, da sie sich schleichend ausbilden.
Im Gegensatz zur akuten Fraktur, bleibt der Knochen beim Ermüdungsbruch noch lange funktionsfähig. Erst nach einem längeren Zeitraum wird es für die Betroffenen unmöglich den Knochen zu belasten. Zu diesem Zeitpunkt lassen auch die Schmerzen im Ruhezustand nicht mehr nach, sondern sind dauerhaft spürbar.
Die Diagnose wird anhand von bildgebenden Verfahren gestellt, wie Röntgen, Magnetresonanztomographie (MRT), Szintigraphie oder Computertomographie (CT). Dabei kann der Arzt die feinen Risse im Knochengewebe und den Bruch selbst gut erkennen. Allerdings wird die Diagnose meist recht spät gestellt, da die Symptome oft nicht richtig gedeutet werden und erst nach längerem Leidensweg der Arzt aufgesucht wird.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn ein zunehmender Schmerz bemerkt wird, der auf keine andere Ursache zurückzuführen ist, sollte ein Arzt konsultiert werden. Ein Ermüdungsbruch bedarf auf jeden Fall einer medizinischen Abklärung und Behandlung. Darum wird am besten schon bei ersten Anzeichen ein Allgemeinmediziner aufgesucht. Spätestens, wenn Schwellungen und eine Rötung der Haut auftreten, ist fachlicher Rat gefragt. Weitere Warnzeichen: Ruheschmerzen und Einschränkungen in der Bewegungsfähigkeit des betroffenen Glieds. Wer diese Symptome feststellt, sollte einen Arzt aufsuchen.
Ein Ermüdungsbruch entsteht durch ständige Belastung der Knochen. Personen, die viel Sport treiben oder körperlich anstrengende Arbeit leisten, sollten deshalb regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchführen lassen und bei genannten Warnzeichen mit dem Hausarzt sprechen. Weitere Ansprechpartner sind der Orthopäde oder der Chiropraktiker, abhängig von der Position und Schwere des Bruches. Bei akuten Beschwerden sollte das nächste Krankenhaus aufgesucht werden. Nach der Erstversorgung sind physiotherapeutische Maßnahmen angezeigt. Zum einen, um die Genesung zu fördern und zum anderen, um erneute Ermüdungsbrüche zu vermeiden.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung eines Ermüdungsbruchs orientiert sich daran, wie weit die Schädigung des Knochens fortgeschritten ist und an welcher Stelle der Bruch vorliegt. Wird ein drohender Ermüdungsbruch schon früh erkannt, so genügt es oft, die verursachende Belastung zu vermeiden und den Körperteil zu schonen.
Dadurch kann sich der Knochen erholen und das Knochengewebe regeneriert sich. Des Weiteren können physiotherapeutische Maßnahmen die Heilung unterstützen. Ist der Ermüdungsbruch bereits eingetreten, so wird der Knochen durch einen Gipsverband ruhig gestellt und schmerzhemmende Medikamente verabreicht. Wurde der Ermüdungsbruch lange nicht erkannt und ist der Knochen sehr geschädigt, so kann eine Operation nötig sein. Hierzu gibt es verschiedene operative Verfahren.
Der Knochen kann mit einem Nagel, der in das Knochenmark eingebracht wird, verstärkt werden. Auch die Verschraubung mit Metallplatten von außen wird bei einem Ermüdungsbruch angewendet. Schließlich gibt es noch die Spongiosaplastik. Hierbei wird Knochenmaterial aus dem Becken entnommen und in die Bruchstelle eingefügt. Je nach Behandlungsart kann der Knochen nach zwei bis vier Wochen wieder vorsichtig und sehr leicht belastet werden. In schweren Fällen eines Ermüdungsbruchs kann es aber auch bis zu sechs Monate dauern, bis der Knochen wieder einsatzfähig ist.
Vorbeugung
Einem Ermüdungsbruch kann man vorbeugen, indem man den Körper nicht dauerhaft überlastet. Beim Sport sollte man einerseits auf die richtige Körperhaltung achten und andererseits eventuelle Signale des Körpers, die eine Überlastung anzeigen, ernst nehmen. Beim Laufsport dienen stoßdämpfende Schuhe der Vorbeugung. Bei bestehenden Grunderkrankungen, wie der Osteoporose, sollte man als Vorbeugung gegen einen Ermüdungsbruch grundsätzlich die Belastung des Bewegungsapparats gering halten.
Nachsorge
Ein Ermüdungsbruch verlangt viel Nachsorge und Aufbauarbeit. Die früher "Marschfrakturen" genannten Ermüdungsbrüche waren ehemals ein häufig beobachtetes Phänomen bei marschierenden Soldaten. Heute ermüden Knochen eher bei sportlich aktiven Menschen, allerdings meist ohne einen äußeren Anlass, der einen Knochenbruch rechtfertigen würde.
Nach der Akutbehandlung des Ermüdungsbruchs erfolgt eine Entlastungsphase. In dieser wird der entmineralisierte Knochen des Patienten durch Physiotherapie behandelt. Durch Krankengymnastik erhalten die Knochen Impulse, damit sie die Knochensyntheseleistung beibehalten können. Belasten kann der Betreffende den Knochen nach einem Ermüdungsbruch erst, wenn ausreichend Stabilität in der Knochenstruktur gegeben ist.
Treten bei Belastung Schmerzen auf, muss der Knochen erneut entlastet und gekräftigt werden. Zu den wichtigsten Punkten der Nachsorge gehört, dass die Trainingsbelastung geringer gehalten wird als bisher. Die Trainingseinheiten müssen angepasst werden, damit es nicht zu einer erneuten Ermüdungsfraktur kommen kann. Die Nachsorgephase kann mitunter sehr lange dauern.
Liegen keine Trainingsüberlastungen vor, muss während der Nachsorge eine Analyse der Ursachen für den Ermüdungsbruch erfolgen. Mittels Ganganalysen oder Gerätetraining können Überlastungszonen festgestellt und ausgeglichen werden. Infrage kommen etwa spezielles Schuhwerk oder orthopädische Einlagen. Auch eine Veränderung bestimmter Bewegungsabläufe kann für zusätzliche Entlastung sorgen. Außerdem die Einnahme von Kalzium, Vitamin D-Präparaten oder Bisphosphonaten den Knochen zusätzlich stärken.
Das können Sie selbst tun
Da der Ermüdungsbruch in der Regel durch Überbelastung zustandekommt, können Patienten auch im Alltag im Rahmen der Selbsthilfe einige Dinge tun, um ein unkompliziertes und schnelles Ausheilen des Bruchs zu erzielen sowie ein neuerliches Auftreten zu vermeiden.
In der Akutphase geht es hier vor allem darum, die Verhaltensregeln des Arztes genau zu befolgen und das betroffene Areal konsequent zu schonen. Im Fußbereich kann dies beispielsweise die Verwendung von Gehhilfen sein. Eventuelle Schmerzen oder Schwellungen können zudem durch Hochlagern des entsprechenden Körperteils, durch Kühlen oder durch schmerzstillende Trauma-Salben gut selbst behandelt werden.
Auch in der an den Akutzustand des Ermüdungsbruchs anschließenden Regnerationsphase ist die Mithilfe des Patienten gefragt. Die Wiederbelastung, zum Beispiel eines betroffenen Fußes, wird am besten schrittweise gesteigert, um einen erneuten Bruch zu vermeiden. Zudem ist es wichtig, die Muskulatur der betroffenen Region zu kräftigen, da sich Muskeln wie ein schützendes Korsett um den Stütz- und Bewegungsapparat legen.
Im Fußbereich sind hier Bewegungen sinnvoll, die die kleinen Muskeln des Fußes stärken und zudem die Beweglichkeit in diesem Bereich erhöhen. All diese Maßnahmen, die vorher am besten mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden, dienen dazu, die Funktonsfähigkeit wieder in vollem Umfang herzustellen und das Risiko einer erneuten Verletzung zu minimieren.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
- Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015