Familiäre Hypercholesterinämie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die familiäre Hypercholesterinämie ist eine vererbbare Erkrankung, durch welche der Cholesterinspiegel im Blut krankhaft erhöht wird. Die Folge sind schwere Störungen des Blut-Kreislauf-Systems. Die Behandlung erfolgt medikamentös und wird durch einen gesunden Lebensstil unterstützt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Familiäre Hypercholesterinämie?

Zunächst treten bei der familiären Hypercholesterinämie keine Symptome auf. Oft wird jedoch durch einen Zufallsbefund bereits bei jungen Menschen ein stark erhöhter Gesamtcholesterinwert gemessen.
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Familiäre Hypercholesterinämie ist die genetisch bedingte Erhöhung des Cholesterinspiegels im Blut. Die Vorsilbe hyper- bedeutet „über“ und die Nachsilbe –ämie steht für „Blut“; Hypercholesterinämie heißt folglich so viel wie: Überangebot von Cholesterin im Blut.

Cholesterin ist ein wichtiger Baustein im Körper. Es ist an verschiedenen körperlichen Vorgängen beteiligt; unter anderem an der Hormonbildung und am Energiehaushalt. Cholesterin wird sowohl im Körper selbst hergestellt, als auch mit der Nahrung aufgenommen. Bei der familiären Hypercholesterinämie ist der Stoffwechsel gestört, was dazu führt, dass sich weit mehr Cholesterin im Körper befindet als gesund ist.

Man unterscheidet verschiedene Formen. Bei der polygenen familiären Hypercholesterinämie bewirken nicht allein die Gene die Erhöhung des Cholesterins, sondern auch die Lebensweise und der Ernährungsstil. Die monogene familiäre Hypercholesterinämie ist rein erblich bedingt. Sie unterteilt sich in heterozygote und homozygote familiäre Hypercholesterinämie, je nachdem ob nur ein Elternteil (heterozygot) oder beide Elternteile (homozygot) die genetische Veränderung vererbt haben.

Ursachen

Die Ursache für die familiäre Hypercholesterinämie ist eine Veränderung der Gene, die für den Stoffwechsel der Zellen verantwortlich sind und speziell für die Aufnahme von LDL-Cholesterin. Diese sogenannten LDL-Rezeptoren nehmen das Cholesterin, das von verschiedenen Organen produziert wird, aus dem Blut in die Zellen auf.

Bei der familiären Hypercholesterinämie können die LDL-Rezeptoren aufgrund einer Störung nicht genügend Cholesterin aus dem Blut ziehen. Dadurch lagert es sich an den Blutgefäßen an und führt allmählich zu einer Arteriosklerose, das heißt, zu einer Verkalkung der Gefäße.

Wenn nur ein Elternteil die Genveränderung vererbt hat, ist die Störung wesentlich geringer, da hier noch mehr funktionierende LDL-Rezeptoren vorhanden sind. Liegt die homozygote Form vor, bei der sowohl Vater als auch Mutter das veränderte Gen weitergegeben haben, wird der Fettstoffwechsel wesentlich stärker gestört und es kommt zu massiv erhöhten Cholesterinwerten.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Zunächst treten bei der familiären Hypercholesterinämie keine Symptome auf. Oft wird jedoch durch einen Zufallsbefund bereits bei jungen Menschen ein stark erhöhter Gesamtcholesterinwert gemessen. Allerdings entwickeln sich bei den betroffenen Personen frühzeitig die typischen Symptome der Arteriosklerose. Auch das Auftreten einer Vielzahl von Xanthomen und Xanthelasmen deutet auf eine hohe Cholesterinkonzentration im Blut hin.

Xanthome stellen gelbliche Ablagerungen von Plaques in der Haut dar. Sie erscheinen als gelbliche Hautveränderungen, die in unterschiedlichen Formen auftreten können. Bei Xanthelasmen befinden sich die gelblichen Ablagerungen im Gewebe des Ober- und Unterlids der Augen. Die Arteriosklerose entwickelt sich sehr schnell und führt bereits bei jugendlichen Betroffenen oft zu hochgradigen Gefäßverengungen und gar Gefäßverschlüssen, die Herzinfarkte oder Schlaganfälle verursachen.

Neben den Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommt es häufig auch zur Schädigung der Nieren. Ein weiteres häufig auftretendes Symptom bei der familiären Hypercholesterinämie ist eine ring- bis bogenförmige Degeneration der Hornhaut, die auch als Greisenbogen oder Arcus senilis bezeichnet wird. Der Arcus senilis tritt normalerweise ab einem Alter von 80 Jahren auf.

Bei der familiären Hypercholesterinämie zeigen bereits junge Menschen dieses Merkmal. Insgesamt ist die Lebenserwartung der betroffenen Personen durch die Gefäßverschlüsse und die daraus folgenden Komplikationen stark herabgesetzt. Selbst bei der maximal möglichen lipidsenkenden Therapie erreichen die Betroffenen lediglich ein durchschnittliches Alter von circa 33 Jahren.

Diagnose & Verlauf

Junge Menschen mit familiärer Hypercholesterinämie haben meist noch keine Beschwerden und so bleibt die Krankheit anfangs oft unentdeckt. Die Gefahr dabei ist, dass der erhöhte Cholesterinspiegel zwar noch keine spürbaren Symptome verursacht, aber dennoch im Körper Schäden anrichtet.

Die Arterienverkalkung beginnt unbemerkt und schreitet ständig fort. Fett wird in die Gefäßwände eingelagert. Der Durchmesser der Gefäße wird immer geringer, was zu einer Behinderung des Blutflusses führt. Wenn die Blutversorgung vermindert ist, bewirkt dies eine schlechtere Versorgung der Organe und des gesamten Körpers. Je nachdem welche Gefäße betroffen sind, können die Folgen Angina pectoris (Herzenge) und Herzinfarkt, Gefäßverschlüsse an den Beinen mit Entstehen eines sogenannten Raucherbeins und ein Schlaganfall sein.

In der Haut kann sich Cholesterin ablagern und zu gelblichen Knötchen führen, meist an den Augenlidern und zwischen den Fingern. Zur Diagnosestellung der familiären Hypercholesterinämie wird dem Patienten Blut entnommen und die Werte von Cholesterin und Triglyceriden bestimmt. Des Weiteren werden Herz-Kreislauf-Funktionen und der Allgemeinzustand des Körpers überprüft. Mithilfe eines Gentests kann das Vorliegen einer familiären Hypercholesterinämie nachgewiesen werden.

Komplikationen

Da ein hoher Cholesterinspiegel häufig keine Symptome verursacht, bleibt die familiäre Hypercholesterinämie oftmals unbemerkt. Dadurch kommt es zu einer fortschreitenden Arterienverkalkung, die eine Behinderung der Blutzirkulation nach sich zieht. Komplikationen durch Gefäßverengungen oder Gefäßverschlüsse (Angina Pectoris, Herzinfarkt, Schlaganfall) sind in jedem Lebensalter möglich.

Liegt die homozygote Form der Erbkrankheit vor, kann es bereits in früher Kindheit zu tödlichen Herzinfarkten kommen. Bei der heterozygoten familiären Hypercholesterinämie variiert der Zeitpunkt für das erste Auftreten von Herz-Kreislauf-Komplikationen sehr stark. Bestehen noch weitere Risikofaktoren, ist eine frühe Manifestation vor dem 30. Lebensjahr möglich. Häufig zeigen sich kardiovaskuläre Probleme erst ab einem Alter von 50 oder 60 Jahren.

Die Behandlung der familiären Hypercholesterinämie erfolgt in der Regel mit cholesterinsenkenden Medikamenten (Statinen). Als häufige Nebenwirkung droht neben einer Erhöhung der Leberwerte auch die Entstehung von Diabetes mellitus. Bei der Lipid-Apherese (Blutwäsche) besteht die Gefahr von akuten und langfristigen Komplikationen.

Als Nebenwirkungen können während der Therapie Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Blutdruckabfall oder Ödeme auftreten. Die Eisenmangelanämie stellt auf längere Sicht eine mögliche Folge der Behandlung dar. Als schwerwiegende Komplikation der Blutwäsche werden sehr selten Hämolyse, allergische Reaktionen sowie ein Schock beobachtet.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei dieser Erkrankung ist ein Besuch bei einem Arzt immer notwendig. Die Beschwerden der Erkrankung können allerdings durch einen gesunden Lebensstil mit einer gesunden Ernährung relativ gut eingeschränkt werden. Eine frühzeitige Diagnose kann sich sehr positiv auf die Erkrankung auswirken. Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn der Betroffene an starken Fettablagerungen unter der Haut leidet.

Auch Herzbeschwerden oder Erkrankungen am Kreislauf können auf diese Krankheit hindeuten und sollten untersucht werden. Bei einer Blutuntersuchung kann auch ein erhöhter Wert an Cholesterin auf diese Krankheit hindeuten. Vor allem Raucher sollten daher an regelmäßigen Untersuchungen teilnehmen, um die Krankheit schon frühzeitig zu erkennen.

In den meisten Fällen kann diese Erkrankung durch einen Allgemeinmediziner oder durch einen Internisten diagnostiziert werden. Die weitere Behandlung richtet sich allerdings stark nach der Ausprägung der Symptome und wird von unterschiedlichen Fachärzten durchgeführt. In akuten Notfällen kann dabei auch eine Blutwäsche durchgeführt werden, falls der Wert an Cholesterin sehr hoch ist. Neben der gesunden Ernährung sind die Betroffenen auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen, um die Symptome dieser Erkrankung zu verringern oder vollständig einzuschränken.

Behandlung & Therapie

Ziel der Therapie von familiärer Hypercholesterinämie ist es, den Cholesterinspiegel im Blut wieder zu senken und in einem normalen Bereich zu halten. Dazu werden Medikamente verabreicht, welche einerseits die körpereigene Produktion von Cholesterin hemmen und andererseits seine Aufnahme aus dem Blut in die Körperzelle steigern.

Liegt eine sehr massive Erhöhung vor, so wird manchmal auch eine Blutwäsche außerhalb des Körpers eingesetzt um das Cholesterin zu senken. Neben diesen medizinischen Behandlungen muss der Patient selbst aber auch durch eine Veränderung seines Lebensstils und seiner Ernährung zu einer Verbesserung der Werte beitragen.

Die Nahrung sollte fettarm und gesund sein, das heißt viel Obst und Gemüse, wenig mageres Fleisch und Fisch. Ausreichend Bewegung und leichter Sport unterstützen die Therapie. Da die familiäre Hypercholesterinämie genetisch bedingt ist, muss die Behandlung sowohl in der Gabe von Medikamenten als auch in der Ernährungsumstellung bestehen. Eine Diät alleine würde bei dieser Form der Erkrankung nicht ausreichen.

Aussicht & Prognose

Die Generkrankung ist nach den derzeitigen Möglichkeiten nicht heilbar. Aufgrund rechtlicher Vorgaben dürfen Wissenschaftler und Mediziner keine Veränderungen an der Genetik des Menschen vornehmen. Das hat zur Folge, dass keine Heilung der familiären Hypercholesterinämie möglich ist.

Die Erkrankung wird symptomatisch behandelt. Die Beschwerden können dadurch gut reguliert werden, was zu einer deutlichen Verbesserung der Gesundheit führt. Durch die Gabe von Medikamenten kann die Linderung der Beschwerden erzielt werden. Der Cholesterinspiegel wird reguliert und vermindert die Symptome. Der Patient muss sich dafür einer lebenslangen Therapie unterziehen, da mit dem Absetzen der Arzneien eine sofortige Rückbildung der Beschwerden erfolgt.

Die Prognose der Erkrankung kann vom Betroffenen wesentlich mitbeeinflusst werden. Bei einer gesunden Lebensweise und guten Ernährung kann ein positiver Krankheitsverlauf verzeichnet werden. Sportliche Aktivitäten, die Vermeidung von Schadstoffen sowie die Kontrolle der Nahrungsmittelzufuhr müssen gut aufeinander abgestimmt sein, damit der Cholesterinspiegel nicht zu hoch wird. Schafft es der Betroffene, die notwendige Sorgfalt walten zu lassen, erlebt er eine erhebliche Verbesserung der Gesundheit und steigert seine Lebensqualität.

Zu berücksichtigen ist bei der familiären Hypercholesterinämie, dass sich bei Patienten in einem Alter ab 50 Jahren oftmals kardiovaskuläre Störungen entwickeln. Dieser Prozess hat eine negative Auswirkung auf die Gesamtprognose.


Vorbeugung

Da die familiäre Hypercholesterinämie genetisch verursacht ist, kann man nicht dagegen vorbeugen. Die erhöhten Cholesterinwerte entstehen auch bei gesunder Lebensführung. Ist jedoch bekannt, dass man von familiärer Hypercholesterinämie betroffen ist, sollte man seine Kinder hinsichtlich der Erkrankung untersuchen lassen, um frühzeitig behandeln und schwerwiegende Schäden vermeiden zu können.

Nachsorge

Da die Familiäre Hypercholesterinämie eine genetische Erkrankung ist, sollte eine geregelte Nachsorge angestrebt werden. Der Patient muss beim Hausarzt regelmäßige Blutkontrollen machen, um die Werte der Fette im Blut zu kontrollieren. Sollte diese weiterhin erhöht sein, ist eine erneute Einstellung der Medikamente zu unternehmen zum Beispiel durch Erhöhung der Dosis der Statine oder Umstellung auf Fibrate oder anderen Medikamenten.

Ebenfalls sollte die Verträglichkeit der Medikation erfragt werden. Des Weiteren sollten typische Folgeerkrankungen eines zu hohen Cholesterinspiegels untersucht werden. Dazu zählt eine mögliche Atherosklerose, welche ein erhebliches Risiko für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall darstellt. Dazu sollte beim Arzt regelmäßige EKG-Kontrollen erfolgen, wobei beim geringsten Verdacht interveniert werden sollte.

Xanthelasmen, also Ablagerungen von Cholesterin in der Haut, können aus kosmetischen Gründen entfernt werden. Ein weiteres Risiko stellen diese gelblichen Plaques nicht weiter dar. Ein weiterer Schritt der Nachsorge sollte die Untersuchung der weiteren Familienangehörigen sein, da die Erkrankung an diese weitervererbt wird.

Diese sollten bei Vorliegen der Erkrankung ebenso medikamentös versorgt werden und ebenfalls regelmäßig zur Nachsorge kommen. Ebenso sollten die Angehörigen über das Risiko der Erkrankung und deren Folgen aufgeklärt werden, sowie über die Vererblichkeit der Erkrankung. Gegebenenfalls sollte eine genetische Analyse erfolgen.

Das können Sie selbst tun

Die genetisch bedingte familiäre Hypercholesterinämie zeichnet sich durch einen krankhaft erhöhten Wert an LDL-Cholesterin im Blut aus, während der Spiegel für HDL-Cholesterin eher im Normbereich bleibt. Die erhöhte LDL-Konzentration hat mit krankhaft veränderten LDL-Rezeptoren zu tun.

Sie bewirken eine verlängerte Verweildauer des LDLs im Blut, was mit der Gefahr der Ablagerung des LDL in den Gefäßwänden verbunden ist. Um das Risiko einzudämmen, bereits im jugendlichen oder im frühen Erwachsenenalter an einer Arteriosklerose oder einer koronaren Herzerkrankung, werden Medikamente zur Senkung des LDL-Spiegels verschrieben.

Als Selbsthilfemaßnahme gilt die Einhaltung einer strikten Ernährung, um die medikamentöse Therapie zur Senkung des LDL-Spiegels zu unterstützen. Allerdings ist es so, dass etwa 70 bis 80 Prozent des Cholesterins in den Körperzellen selbst, in der Darmschleimhaut und vor allem in der Leber synthetisiert wird. Sehr hilfreich ist eine Ernährung, die zusätzlich die Konzentration der HDL-Cholesterine steigert.

Das Risiko für eine frühe koronare Herzerkrankung steigt drastisch an, wenn ein hoher LDL-Cholesterinwert von einem niedrigen HDL-Wert begleitet wird. Entscheidend ist das Verhältnis LDL zu HDL. Der Quotient sollte möglichst nicht höher als 3,5 sein. Besonders günstig wirken sich einige kalt gepresste Ölsorten mit einem hohen Omega-3 Fettanteil auf die Erhöhung des HDL-Wertes aus und senken damit das Arteriosklerose-Risiko.

Quellen

  • Burkhardt, D.: Gesund leben. Laborwerte deuten. Müller Verlag, Köln 2005
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Schänzler, N., Bieger, W.P.: Laborwerte. Gräfe und Unzer, München 2009

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