Fetales Tabaksyndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das fetale Tabaksyndrom wird durch aktives, aber auch passives Rauchen in der Schwangerschaft ausgelöst, da die rund 5000 verschiedenen Gifte einer brennenden Zigarette auch den Fötus über die Plazenta erreichen. Fehlgeburten und Frühgeburten stehen genauso oft mit dem fetalen Tabaksyndrom in Zusammenhang, ebenso wie der plötzliche Kindstod oder eine allgemeine Entwicklungsstörung, ein niedriger IQ, Asthma und sonstige Atemwegserkrankungen des neugeborenen Kindes.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das fetale Tabaksyndrom?

Wie der Name schon sagt, ist aktiver und passiver Tabakkonsum der werdenden Mutter Ursache für das fetale Tabaksyndrom. Tabakgifte wie Arsen, Blausäure, Benzol, Kadium oder Blei sowie Kohlenmonoxyd und Teer werden durch die Plazenta an den Embryo weitergegeben.
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Unter dem fetalen Tabaksyndrom versteht die Medizin die Gesamtheit aller Erkrankungen und Erscheinungen, unter denen ein ungeborenes Kind durch aktiven und passiven Tabakkonsum während der Schwangerschaft leiden kann. Raucher inhalieren bis zu 5000 verschiedene Chemikalien. Aus diesem Grund rät der Arzt nicht nur generell vom Rauchen ab, sondern speziell in der Schwangerschaft, da das ungeborene Kind mit der Mutter mitraucht.

Auch wenn kein aktiver Tabakkonsum besteht, kann der Fötus unter dem fetalen Tabaksyndrom leiden, so zum Beispiel bei passiv rauchenden Müttern, deren Ehepartner in der Wohnung zur Zigarette greift. Auch nach der Geburt des Kindes kann das fetale Tabaksyndrom schwere Folgen haben.

So wird der plötzliche Kindstod zum Beispiel zur Hälfte aller Fälle mit Passivrauchen in Verbindung gebracht. Häufiger sind allerdings Entwicklungsstörungen, die sich nach der Geburt in einem niedrigen IQ, niedrigem Gewicht, Wachstumsstörungen, Asthma oder Allergieerkrankungen äußern können.

Ursachen

Wie der Name schon sagt, ist aktiver und passiver Tabakkonsum der werdenden Mutter Ursache für das fetale Tabaksyndrom. Tabakgifte wie Arsen, Blausäure, Benzol, Kadium oder Blei sowie Kohlenmonoxyd und Teer werden durch die Plazenta an den Embryo weitergegeben. Die Plazenta ist nicht mit Filtermechanismen ausgestattet und kann daher nicht unterscheiden, welche Stoffe der Fötus benötigt und welche lieber von ihm fern gehalten werden sollten.

Je nach Intensität des Tabakkonsums kann das ungeborene Kind so noch im Mutterleib erheblichen Schaden nehmen und unter Umständen sogar abgehen. Auch die Entwicklungsphasen des Fötus werden durch Tabak negativ beeinflusst, was oft ursächlich für geringes Geburtsgewicht ist.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Welche Symptome und Beschwerden mit dem fetalen Tabaksyndrom einhergehen, lässt sich pauschal nicht vorhersehen. Eine ganze Reihe verschiedener, gesundheitlicher Folgen können mit Tabakkonsum während der Schwangerschaft in Zusammenhang stehen. Häufig haben die Neugeborenen zum Beispiel eine schlechtere Lungenfunktion als Kinder von Nichtraucher-Eltern.

Auch Infektionen, so insbesondere solche des Atemtrakts und der Mittelohren, können durch den Zigarettenkonsum der Eltern begünstigt werden. Genauso häufig werden Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit dem fetalen Tabaksyndrom in Verbindung gebracht. Außerdem kann die frühkindliche Entwicklung als eine Folge des Syndroms verzögert oder anderweitig beeinträchtigt sein.

Im Zusammenhang mit Deformationen kommt die sogenannte Lippenspalte in verschiedener Ausprägung besonders häufig vor. Im Allgemeinen ist in Zusammenhang mit dem fetalen Tabaksyndrom bei Neugeborenen von schlechterer Gesundheitskonsitution die Rede, als bei Neugeborenen von Nichtraucher-Eltern.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose des fetalen Tabaksyndroms stellt sich vor allem auf Basis der Anamnese. Da viele verschiedene und relativ unspezifische frühkindliche Erkrankungen mit dem Syndrom in Verbindung stehen können, ist eine sichere Diagnostik aber kaum möglich. Noch während der Schwangerschaft äußert sich das fetale Tabaksyndrom oft in einer Plazenta-Lösung, sodass es im schlimmsten Fall zur Fehlgeburt oder im bestmöglichen Fall zu einer Frühgeburt kommt.

Der spätere Verlauf des Syndroms hängt stark davon ab, in welchen Symptomen sich der vergangene Tabakkonsum äußert. Im schlimmsten Fall kann der plötzliche Kindstod eintreten. Häufiger treten allgemeine Entwicklungsstörungen oder eine generelle gesundheitliche Abgeschlagenheit auf, die sich unter Umständen über das gesamte Leben des Kindes hinweg manifestieren kann.

Komplikationen

Mit dem fetalen Tabaksyndrom stehen eine ganze Reihe gesundheitlicher Komplikationen in Zusammenhang. Noch während der Schwangerschaft besteht ein erhöhtes Risiko einer vorzeitigen Plazenta-Lösung und in der Folge einer Früh- oder Fehlgeburt. Nach der Geburt führt das Syndrom häufig zu allgemeinen Entwicklungsstörungen und einer generellen gesundheitlichen Abgeschlagenheit des Kindes.

Im schlimmsten Fall kommt es zum plötzlichen Kindstod. Die gesundheitlichen Probleme können sich über das gesamte Leben hinweg manifestieren. Zu den typischen Spätfolgen zählen Verhaltensauffälligkeiten, Konzentrationsschwäche und Hyperaktivität. Außerdem ist bei Kindern mit dem fetalen Tabaksyndrom das Risiko von Krebs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen stark erhöht.

Betroffene Neugeborene haben oftmals eine verringerte Lungenfunktion und leiden im späteren Leben unter Asthma und anderen Atemwegserkrankungen. Außerdem ist das Risiko für Übergewicht und damit auch für Diabetes mellitus Typ 2 erhöht. Viele Betroffene entwickeln bösartige Blut- und Lymphdrüsenerkrankungen, durch die der bereits angeschlagene Organismus noch stärker belastet wird.

Äußerlich kann die Erkrankung zur Bildung von Klumpfüßen, Augenmissbildungen und Hernien führen. In seltenen Fällen ist in der Folge des Syndroms auch das Herz verkleinert oder auf andere Weise geschädigt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei diesem Syndrom ist keine direkte Behandlung durch einen Arzt möglich. Die Betroffenen müssen dabei ihre Sucht überwinden und dürfen keine Zigaretten während der Schwangerschaft rauchen, um das Wohl des Kindes nicht zu gefährden. Sollte allerdings die Abgewöhnung der Zigaretten nicht ohne fremde Hilfe funktionieren, so kann ein Entzug durchgeführt werden. Dadurch können viele Komplikationen und Beschwerden beim Kind vermieden werden. Hierfür kann auch eine psychologische Unterstützung und Behandlung sehr ratsam sein.

Weiterhin sind Besuche beim Arzt bei diesem Syndrom auch dann notwendig, wenn das Kind aufgrund des Tabakkonsums an verschiedenen Fehlbildungen leidet. Diese sollten schon sehr früh diagnostiziert und behandelt werden. Vor allem Beschwerden an den Ohren oder am Herzen können auftreten und den Alltag des Patienten erschweren.

Das Syndrom selbst kann von einem Allgemeinarzt oder von einem Kinderarzt diagnostiziert werden. Die weitere Behandlung erfolgt allerdings durch die jeweiligen Fachärzte und ist stark von der Ausprägung der Beschwerden abhängig. Bei einem frühen Aufgeben des Rauchens können die meisten Beschwerden allerdings eingeschränkt werden. Dadurch wird auch die Lebenserwartung des Kindes deutlich gesteigert.

Behandlung & Therapie

Der Arzt entscheidet sich in Abhängigkeit von den vorliegenden Symptomen für eine geeignete Behandlung. Da der zurückgelegene Tabakkonsum die Ursache für das fetale Tabaksyndrom ist, kann im engeren Sinn keine kausale, sondern nur mehr eine symptomatische Behandlung mehr erfolgen.

Fehlbildungen wie die Lippenspalte lassen sich durch operative Eingriffe beheben. Zur Behandlung von Atemwegserkrankungen stehen spezielle Medikamente zur Verfügung. Dasselbe gilt für Diabetes und viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die allgemeinen Entwicklungsstörungen der betroffenen Kinder lassen sich allerdings kaum auflösen.

Aussicht & Prognose

Die gesundheitlichen Schäden bei einem fetalen Tabaksyndrom gelten als nicht heilbar. Der Tabakkonsum der werdenden Mutter löst im Entstehungs- und Wachstumsprozess des Kindes während der Schwangerschaft in vielen Fällen dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen aus.

Allgemeine Störungen der Entwicklung, Minderwuchs oder eine geistige Verminderung müssen nach der Geburt individuell getestet und diagnostiziert werden. Die Prognose des fetalen Tabaksyndroms ist daher maßgeblich von den ganz unterschiedlich auftretenden Folgeschäden des aktiven oder passiven Tabakkonsums der schwangeren Frau abhängig.

In schweren Fällen kommt es zu einem plötzlichen Kindstod. Überlebende Kinder leiden oftmals das gesamte Leben unter den Auswirkungen des Tabaksyndroms. Die Lebensqualität des Kindes ist durch Allergien, Erkrankungen der Atemwege, einer geistigen Auffälligkeit oder einem geringen Körpergewicht geprägt.

Werden unmittelbar nach der Geburt gezielt Maßnahmen zur Förderung ergriffen, können langfristige Verbesserungen des Wohlbefindens erreicht werden. Durch ausgewählte Therapien oder eine frühzeitige medizinische Versorgung wird das Immunsystem des Kindes unterstützt und stabilisiert.

Werden die Umgebungsbedingungen auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt, können kognitive Verbesserungen wie auch gesundheitliche Optimierungen erreicht werden. Erwachsene sind im Normalfall in der Lage, ihre Lebensführung selbständig zu gestalten. Dennoch haben sie ein erhöhtes Risiko, an Folgeerkrankungen wie Asthma, Krebs oder psychischen Störungen zu leiden.


Vorbeugung

Dem fetalen Tabaksyndrom lässt sich vorbeugen. Schwangere sollten in diesem Zusammenhang zum Beispiel das Rauchen aufgeben. Ist ihnen das nicht möglich, gilt eine drastische Reduzierung des Tabakkonsums auf höchstens fünf Zigaretten am Tag als Mindestanforderung. Da aber auch passiver Tabakkonsum das fetale Tabaksyndrom auslösen kann, sollten sich werdende Mütter ebenso wenig in verrauchten Räumen aufhalten.

Ist ihr Partner Raucher, so sollte er zum Rauchen beispielsweise die Wohnung verlassen. Selbstverständlich müssen Eltern auch einen Säugling immer von Tabakrauch fernhalten. Obgleich in diesem Zusammenhang nicht mehr von einem fetalen Tabaksyndrom die Rede sein kann, könnte der Zigarettenrauch auch dann den plötzlichen Kindstod oder Atemwegserkrankungen auslösen, wenn das Kind erst in den ersten Wochen nach der Geburt damit in Kontakt gerät.

Nachsorge

Bei dieser Krankheit sind in den meisten Fällen die Maßnahmen oder Möglichkeiten einer Nachsorge sehr stark eingeschränkt, sodass das Tabaksyndrom in erster Linie verhindert werden muss. Während der Schwangerschaft ist daher auf jeden Fall auf das Rauchen zu verzichten, damit es beim Kind nicht zu Fehlbildungen oder zu anderen Defekten kommt.

Die Nachsorge selbst richtet sich dabei sehr stark nach der genauen Art und der Ausprägung der Defekte und der Fehlbildungen, sodass dabei keine allgemeine Voraussage getroffen werden kann. In den meisten Fällen sind die Kinder dabei auf die Hilfe der Familie oder der Angehörigen beim Tabaksyndrom angewiesen, um den Alltag meistern zu können. Dabei wirkt sich immer eine liebevolle Pflege und Unterstützung positiv auf den weiteren Verlauf der Erkrankung aus.

Auch psychische Verstimmungen müssen nicht selten behandelt werden, wobei auch Gespräche mit Freunden und mit der Familie hilfreich sein können. Um die Entwicklung des Kindes zu fördern sind intensive Maßnahmen notwendig, wobei auch viele Übungen im eigenen Zuhause durchgeführt werden können. Dabei müssen vor allem die Eltern aktiv werden, um die Beschwerden des Tabaksyndroms zu lindern. Eventuell ist durch das Tabaksyndrom die Lebenserwartung des Kindes eingeschränkt.

Das können Sie selbst tun

Die beste Form der Selbsthilfe besteht beim fetalen Tabaksyndrom in konsequenter Vorbeugung. Das Syndrom wird auschließlich durch regelmäßiges Rauchen oder Passivrauchen während der Schwangerschaft verursacht. Raucherinnen sollten sich deshalb vor einer Schwangerschaft darüber im Klaren sein, ob sie auf den Tabakkonsum tatsächlich für neun Monate verzichten können und wollen. Dabei sollte mit dem Nikotinentzug begonnen werden, bevor die betroffene Frau versucht, schwanger zu werden.

Wer das Rauchen nicht ohne Hilfe aufgeben kann, sollte sich hierzu Unterstützung suchen. Zum einen gibt es Selbsthilfegruppen im Internet, die Betroffene ermutigen und unterstützen und dazu beitragen, dass sie die Motivation nicht verlieren. Darüber hinaus gibt es spezielle Kaugummis und Dragees aus der Apotheke, die den Entzug erleichtern. Betroffene sollten sich hier von einer Apothekerin oder einem Apotheker beraten lassen.

Da auch Passivrauchen für den Embryo enorm schädlich ist, ist es wichtig, dass im gesamten sozialen Nahfeld der Schwangeren nicht mehr geraucht wird. Der Partner muss sich, sofern er Nikotin konsumiert, das Rauchen ebenfalls abgewöhnen oder die gemeinsame Wohnung und das Auto konsequent verlassen, während er raucht.

Auch am Arbeitsplatz sollte auf eine rauchfreie Umgebung geachtet werden. Arbeitgeber sind verpflichtet, Nichtraucher vor den Folgen des Passivrauchens zu schützen. Herrschen hier am Arbeitsplatz Lücken, sollte der Betriebsrat oder die Gewerkschaft eingeschaltet werden. In der Regel liegt auch ein Verstoß gegen die Arbeitsstättenverordnung vor, sodass die Gewerbeaufsicht eingreifen kann.

Quellen

  • Rath, W., Gembruch, U., Schmidt, S. (Hrsg.): Geburtshilfe und Perinatologie: Pränataldiagnostik - Erkrankungen - Entbindung. Thieme, Stuttgart 2010
  • Wassermann, K., Rohde, A.: Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung. Schattauer, Stuttgart 2009
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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