Gedeihstörung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Gedeihstörungen bei Babys kommen bedingt durch die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen heute meist nicht mehr in gesundheitsgefährdenden Dimensionen vor. Bei Anhaltspunkten, dass ein Kind nicht richtig gedeiht, ist ärztliche Hilfe aber unerlässlich.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Gedeihstörung?

Gedeihstörungen beziehen sich auf die gesamtkörperliche Entwicklung eines Kindes. Insgesamt sind die betroffenen Kinder für ihr Alter und ihre Größe zu leicht.
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Von einer Gedeihstörung spricht man dann, wenn ein Säugling oder Kleinkind sich nicht altersgerecht zu entwickeln scheint. Bei Neugeborenen macht man dies am Gewichtsverlauf fest.

In den ersten Lebensmonaten sollten sie durchschnittlich 200 Gramm pro Woche zunehmen. Sollte dieser durchschnittliche Wert dauerhaft deutlich unterschritten werden, kann eine Gedeihstörung vorliegen. Gedeihstörungen im Kleinkindalter werden neben dem Gewichtsverlauf und Größe auch am motorischen und sprachlichen Entwicklungsverhalten festgemacht.

Verläuft die motorische Entwicklung beispielsweise extrem verlangsamt, wenn gleichzeitig auch Gewicht und Größe unterdurchschnittlich sind, kann eine Gedeihstörung vorliegen.

Ursachen

Ursachen einer Gedeihstörung liegen beim Säugling meist in einer zu geringen Nahrungsaufnahme begründet. Stillen ist nach wie vor eindeutig die beste Nahrung für Säuglinge und ist auch von Natur aus hochkalorisch.

Wenn das Stillen gut läuft, bekommt ein Baby hierüber alle Energie, die es benötigt. Stillprobleme, auch solche, die von der Mutter zunächst gar nicht bemerkt werden, können aber auch Ursache einer Gedeihstörung sein. Weitere Ursachen können eine unzureichende Energie- und Nährstoffaufnahme über den Brei sein. Zwischen dem 5. und dem 7. Lebensmonat beginnt man in der Regel mit der Beikost.

Wird dann abgestillt oder werden die Milchfläschchen reduziert, wenngleich das Kind aber noch nicht genug Breikost zu sich nimmt, kann die Gewichtskurve deutlich absinken. Damit verbunden sein kann eine in dieser Phase verlangsamte Entwicklung. Auch im weiteren Kleinkindalter sind Gedeihstörungen meistens darauf zurückzuführen, dass betroffene Kinder nicht genug essen oder in erster Linie leere Kalorien zu sich nehmen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Gedeihstörungen beziehen sich auf die gesamtkörperliche Entwicklung eines Kindes. Insgesamt sind die betroffenen Kinder für ihr Alter und ihre Größe zu leicht. Sie sind entweder leichter als 97 Prozent der Kinder ihrer Altersgruppe oder ihre Gewichtsentwicklung ist langfristig langsamer als die der anderen Kinder. Bei länger bestehender Gedeihstörung ist auch das Längenwachstum beeinträchtigt.

Vielfach wird vermutet, dass bereits eine Gedeihstörung besteht, wenn die Kinder sehr dünn bleiben. Das ist aber nicht der Fall, wenn das Längenwachstum normal ist und die Kinder weiterhin leistungsfähig sind. Auch in diesen Fällen wird der Körper ausreichend mit Energie und Nährstoffen versorgt. Bei Gedeihstörungen sind allerdings nicht nur das Gewicht und das Wachstum verzögert, sondern oft auch die kognitive, geistige und motorische Entwicklung.

Der Körper dieser Kinder leidet neben einem Mangel an Energie auch an einem Mangel an wichtigen Proteinen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen. Gedeihstörungen führen neben den Wachstumsverzögerungen auch zu Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Daneben leiden die Kinder auch unter den Symptomen der zugrunde liegenden Erkrankungen.

Das können zum einen Verdauungsstörungen durch Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Zöliakie, Malabsorption bei Magen- und Darmerkrankungen oder Nahrungsmittelallergien sein. Zum anderen treten Gedeihstörungen auch bei psychischen Erkrankungen auf, die mit Essstörungen einhergehen. Dazu zählen unter anderem Magersucht, Autismus oder geistige Behinderungen.

Diagnose & Verlauf

Der Verlauf einer Gedeihstörung kann schleichend sein. Gerade beim ersten Kind und in den ersten Lebenswochen hat man als Eltern noch keine großen Erfahrungen und auch oftmals keine direkten Vergleichsmöglichen zu anderen Babys, wie diese gedeihen. Deswegen fällt es nicht immer direkt auf, wenn ein Kind nicht richtig gedeiht.

Aus diesem Grund wird die Diagnose Gedeihstörung oft zum ersten Mal beim Kinderarzt ausgesprochen. Bei den regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen werden die Kinder gemessen und gewogen, auch der Kopfumfang wird festgehalten. Aus diesen Werten kann der Kinderarzt ablesen, auch welcher Perzentilkurve sich das Baby oder das Kleinkind bewegt. Alles, was unterhalb der Perzentilkurve liegt, gilt als untergewichtig beziehungsweise deutlich zu klein. In diesem Fall muss die weitere Entwicklung noch genauer beobachtet werden.

Komplikationen

In der Regel kann eine Gedeihstörung zu sehr schwerwiegenden Beschwerden und Komplikationen beim Kind führen. Im schlimmsten Falle verstirbt das Kind aufgrund der Gedeihstörung, wenn diese nicht behandelt wird oder die Behandlung erst verzögert eintritt. Es kommt dabei oft zu einer Unterernährung und damit zu einer Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen und Vitaminen.

Die Entwicklung des Kindes ist dadurch eingeschränkt und kann nicht gewöhnlich ablaufen. Aus diesem Grund kommt es zu Störungen des Wachstums und auch zu Störungen der geistigen Entwicklung und der Intelligenz. Bei einer andauernden Gedeihstörung tritt auch eine Retardierung auf, die in der Regel nicht mehr im Erwachsenenalter behoben werden kann.

In den meisten Fällen kann eine Gedeihstörung relativ gut behandelt werden, wobei die Mutter allerdings immer ärztlichen Rat einholen muss, um Folgeschäden vorzubeugen. Durch eine ausreichende und gesunde Ernährung können Komplikationen vermieden werden, sodass es zu keinen weiteren Beschwerden kommt. Die Lebenserwartung des Kindes wird dabei nicht beeinflusst, wenn die Störung rechtzeitig erkannt und behandelt wird. In einigen Fällen leiden die Eltern aufgrund der Gedeihstörung an psychischen Beschwerden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wird bei einem Kind eine Gedeihstörung von den Angehörigen oder Personen der näheren Umgebung wahrgenommen, sollte ein Arzt konsultiert werden. Bei einer Entwicklungsstörung des Kindes ist es notwendig, dass rechtzeitig Kontrolluntersuchungen eingeleitet werden.

Zeigt das Kind im direkten Vergleich zu Gleichaltrigen deutliche Verzögerungen der Entwicklung, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Ist das Wachstum vermindert, sind die kognitiven Fähigkeiten deutlich verringert oder ist eine Lernschwäche erkennbar, sind die Beobachtungen ärztlich abklären zu lassen.

Kommt es zu Konzentrationsstörungen, ist die Aufmerksamkeit des Kindes ungewöhnlich, treten Orientierungsschwierigkeiten auf oder zeigen sich Gedächtnisstörungen, wird ein Arzt benötigt. Neigt das Kind zu einer sozialen Isolation und wendet es sich von Gleichaltrigen, Familienmitgliedern oder anderen Menschen des Umfeldes ab, ist es ratsam, einen Arzt zu kontaktieren. Besorgniserregend sind Verhaltensauffälligkeiten wie ein aggressives Auftreten, die Verweigerung der Nahrung oder Störungen bei der Verarbeitung von Informationen sowie Reizen der Umgebung.

Entsteht durch die Nahrungsverweigerung eine Unterernährung oder entwickelt sich eine Essstörung muss ein Arztbesuch erfolgen. Hautauffälligkeiten, Regulationsproblematiken und Unregelmäßigkeiten des Stoffwechsels sollten von einem Arzt untersucht und behandelt werden. Bei Teilnahmslosigkeit, Schlafstörungen, der Entwicklung von Ängsten, Apathie oder einer Verminderung der Lebensfreude, ist es notwendig, einen Arzt aufzusuchen.

Behandlung & Therapie

Um eine Gedeihstörung effektiv zu behandeln, ist es notwendig, ihre Ursachen zu kennen. Hier muss medizinisch angesetzt werden. Stellt sich beispielsweise heraus, dass Stillprobleme die Ursache der Gedeihstörung sind, so soll und muss dies keinesfalls das Abstillen bedeuten.

Kinderarzt und Hebamme können der Mutter wichtige Tipps zur erhöhten Milchbildung geben. Auch ein festes Schema zum Anlegen an die Brust kann hilfreich sein, um die Milchproduktion weiter anzuregen und dem Baby so mehr hochkalorische Nahrung zukommen zu lassen. Regelmäßiges Wiegen, was aber nicht in Zwang ausarten sollte, sichert den Erfolg der Behandlung.

Vereinzelt mag es bei Säuglingen auch notwendig sein, zumindest phasenweise zuzufüttern, bis die Gewichtskurve und die Gesamtentwicklung wieder zufriedenstellend sind. Leidet ein Kleinkind an einer Gedeihstörung, muss zunächst der alltägliche Speiseplan analysiert werden.

Kleine Kinder haben oft Phasen, in denen sie wenig essen möchten, gleichzeitig aber einen hohen Bewegungsdrang haben. Dies kann die Gewichtskurve zum Abstürzen bringen. Hochkalorische Speisen, viel Milch beispielsweise, können oft eine Gedeihstörung schnell beheben. Auch hier sind regelmäßige Kontrollen wichtig.

Aussicht & Prognose

Gedeihstörungen sind ernste Nebenerscheinungen einer Grunderkrankung. Sie können bedeuten, dass das Baby auch in den nächsten Lebensjahren mit den Folgeerscheinungen zu kämpfen haben wird. Allerdings besitzen Kinder in diesem Alter bereits große Kräfte, sodass eine Gedeihstörung bei angemessener Behandlung und frühzeitiger Erkennung der Grunderkrankung genauso gut keinerlei Auswirkungen auf die Gesundheit im Kindes- und Erwachsenenalter haben kann.

Eine genaue Prognose kann der behandelnde Kinderarzt erstellen, denn diese ist Abhängig von der Grunderkrankung, dem allgemeinen Gesundheitszustand des Babys, Körpergewicht und Zeitpunkt der Geburt. Bei Gedeihstörungen ist nicht nur zu beachten, was diese mit der körperlichen Gesundheit eines Babys machen, sondern auch mit der psychischen Entwicklung.

Ist es beispielsweise aus medizinischer Sicht erforderlich, das Baby stationär aufzunehmen oder ein Frühchen in einen Brutkasten zu legen, dann tut das zwar der physischen Gesundheit gut, bedeutet aber dennoch eine gewisse Trennung von Mutter und Kind. Das kann sich negativ auf die seelische Entwicklung des Kindes auswirken und Folgen für den Aufbau einer guten Mutter-Kind-Bindung haben.

Bei der Behandlung von Gedeihstörungen und den auslösenden Grunderkrankungen sollte daher darauf geachtet werden, dass sich das Baby währenddessen trotzdem so normal wie möglich entwickeln kann, entsprechend seiner Möglichkeiten gefördert wird und auch die Mutter-Kind-Bindung nicht unter der Situation leidet.


Vorbeugung

Stillende Mütter können einer möglichen Gedeihstörung am besten vorbeugen, indem sie sich schon vor der Geburt mit dem Thema Stillen befassen. Stillgruppen beispielsweise bieten viele Tipps und Tricks für Anfänger an. Wenn man zu Beginn weiß, auf was man am besten achten soll, klappt es oftmals viel besser und Gedeihstörungen treten seltener auf.

Jeder Mutter ist die Hebamme eine wichtige Hilfe. Bei Problemen kann sie auch über die achte Lebenswoche hinaus die junge Familie begleiten. Hebammen beraten auch in Ernährungsfragen. Bei Verdacht auf eine Gedeihstörung ist auch der Weg zum Kinderarzt eine gute Maßnahme der Vorbeugung. Stellt er wirklich eine Störung des Gedeihens fest, kann man mit entsprechenden Maßnahmen sofort gegensteuern, bevor das Gedeihen ernstlich gefährdet ist.

Nachsorge

Bei der Gedeihstörung handelt es sich um eine sehr ernsthafte und lebensbedrohliche Erkrankung, die dringend einer ärztlichen Überwachung bedarf. Erst nach einer erfolgreichen Behandlung sollten alle Maßnahmen getroffen werden, damit die Gedeihstörung nicht erneut auftritt. Andere Möglichkeiten der Nachsorge sind in der Regel nicht möglich.

Das betroffene Kind muss bei dieser Beschwerde zuerst mit Nahrung versorgt werden, um die Beschwerden der Störung auszugleichen. Dabei sollte Nahrung eingenommen werden, die relativ viele Kalorien enthält, um dem Kind Energie beizufügen. Weiterhin sind auch regelmäßige Untersuchungen durch eine Hebamme oder durch einen Kinderarzt notwendig, um Schäden am Körper des Kindes zu erkennen und weiterhin auch frühzeitig zu behandeln.

Dabei muss sich der Arzt auch den Speiseplan des Kindes betrachten, um mögliche Missverständnisse bei den Eltern zu klären. In vielen Fällen ist auch der Kontakt zu anderen Eltern sinnvoll, da es dabei zu einem Austausch an Informationen kommen kann, welche für den Alltag sinnvoll sind. Die Gedeihstörung kann in der Regel gut behandelt werden. Auch die Unterstützung durch die eigene Familie oder durch Freunde ist bei dieser Krankheit sinnvoll.

Das können Sie selbst tun

In den meisten Fällen kann eine Gedeihstörung gut vermieden werden. Auch bei der Behandlung stehen den Patienten verschiedene Mittel der Selbsthilfe zur Verfügung, die die Beschwerden einschränken können.

Nach der Geburt sollte sich die Mutter direkt mit dem Stillen befassen. Dabei können nützliche Informationen direkt im Krankenhaus oder bei Stillgruppen erworben werden. Dadurch können die Störungen in den meisten Fällen vollständig vermieden werden. Auch die Hebamme kann dabei eine Hilfestellung geben und zu einer richtigen und gesunden Ernährung beraten.

Je früher eine Gedeihstörung erkannt wird, desto schneller und einfacher kann diese wieder behandelt werden. Bei einer Gedeihstörung sollte die Milchproduktion angeregt werden. Auch ein regelmäßiges und häufiges Wiegen des Kindes kann dieser Störung entgegenwirken. Denn häufig kommt es beim Füttern von kleinen Kindern und Babys zu Schwierigkeiten.

Bei einem hohen Bewegungsdrang sollte die Ernährung in Form eines kalorienreichen Essens zugeführt werden. Allerdings sollten die Eltern immer auf ein gesundes Gewicht und auf eine gesunde Ernährung achten.

Bei Fragen ist es immer ratsam, sich direkt an einen Arzt zu wenden. Eine direkte medizinische Behandlung der Gedeihstörung ist dabei nur in wenigen Fällen notwendig.

Quellen

  • Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Hellstern, G., et al: Kurzlehrbuch Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Kerbl, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2011

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